Die andere Seite der Co-Abhängigkeit

  • Hallo Elke...

    Auch ich bin "im großen Stil" Co-Abhängige. Ich bin von Geburt an mit Alkoholikern aufgewachsen (Eltern, Freunde der Eltern, Nachbarn, spätere Lebenspartner, etc.PP). Ich bin also praktisch in dem Glauben aufgewachsen, dass diese "Umgebung" "normal" ist. Ich habe lange gebraucht um einzusehen, dass ich Co bin und Deine Worte hier kommen mir sehr bekannt vor...
    Der Witz an der Sache ist, dass erst mein trockener Partner mich darauf aufmerksam gemacht hat, dass "etwas mit meinen Verhaltensweisen" nicht stimmt. Wir haben lang und breit darüber gesprochen, haben mich seelisch praktisch "auseinandergepflückt" bis ich an dem Punkt war wo ich begriffen habe, dass mein Verhalten mit meiner Vergangenheit zusammenhängt...
    Gut, dass ist aber jetzt ein anderes Thema. Zurück zu Deiner Frage, wie ein trockener Partner mit seinem Co-Partner umgeht. Ich kann jetzt natürlich nur von unserer Beziehung sprechen.
    Anfangs wusste er nicht mit meinen Stimmungsschwankungen umzugehen und mit meiner Opferrolle, in die ich immer wieder hineinschlüpfte. Die Lösung heißt einfach: Darüber reden. Immerwieder Gespräche führen, ehrlich zu sich selbst sein (was mir auch verdammt schwer gefallen ist, weil ich immer das Gefühl hatte meine wunden Punkte zu offenbaren), über seine GEfühle reden...
    Mir fällt es auch heute noch schwer offen über meine Wünsche zu sprechen, aber die Wünsche meines Partners zu erfüllen steht praktisch über allem anderen :roll: ... Aber ich habe bereits feststellen dürfen, das einem nicht der Kopf abgerissen wird wenn man offen seine Meinung äußert oder seine Wünsche preisgibt. Es ist einfach so, dass wir Cos wieder Vertrauen lernen müssen. Wir müssen ihm vertrauen wenn er "Ja" sagt. Punkt. Wenn er eigentlich "nein" meint (oder wir in dem GLAUBEN sind, dass er eigentlich nein meint...) ist das im Grunde genommen sein Problem, denn wer hat ihm denn gesagt dass er unehrlich sein soll? Eigentlich schadet er sich selbst damit und nicht uns...
    Aber andersreum, wie oft sagt ein Co täglich ja und meint eigentlich nein?? Wir müssen vor allem lernen mit uns selbst ehrlich zu sein. Sich selbst zu belügen ist so einfach als Co. Obwohl das ehrlich zu sich selbst sein uns freier machen würde...
    Also, im großen und ganzen hat dieses Thema sehr viel mit dem eigenen Selbstwertgefühl zu tun. Wir müssen lernen, dass wir auch etwas wert sind (sogar sehr sehr viel!!!), auch wenn wir uns nicht bis zum letzten Krümel aufopfern.
    Der trockene Partner kann einem nur dabei helfen, indem er uns bewusst auf unsere Opferrolle aufmerksam macht, uns zeigt, dass er auch "alleine" klar kommt, selbst Verantwortung übernehmen kann, oder das er uns auch "gerne" etwas abnimmt. Das das dann nichts damit zu tun hat, dass wir mal mehr mal weniger wert sind... Er muss uns deutlich zeigen, dass wir frei vertrauen können und das Fehler menschlich sind.

    ...Ich hoffe ich konnte Dir ein wenig weiterhelfen und hab nicht zu wirr geschrieben... 8) Lieben Gruß, KM

    Der richtige Weg ist nicht unbedingt auch der einfachste...

  • Hallo Elke!!

    ...Ja, diese Art von Zusagen (die eigentlich keine sind...) kenne ich auch noch aus meinen vergangenen Beziehungen. Leere Versprechungen machen es uns Co's natürlich nicht gerade leichter dem Partner Vertrauen zu schenken und oft (wie Du es schon auf den Punkt gebracht hast) sind auch die trockenen Partner manchmal noch nicht dazu in der Lage offen zuzugeben, wenn sie etwas nicht einhalten können...
    Das wir Co's nach "vorgelebten" Verhaltensweisen und Mustern "funktionieren" ist auch ein Thema, was tief in unsere Wurzeln zurück reicht. Automatisch vergleichen wir Situationen, die wir erlebt und als unsere Erfahrung in uns tragen mit solchen, die damit überhaupt nicht verglichen werden können- da wir keine anderen Perspektiven kennen... Das dabei oft Missverständnisse ausgelöst werden brauche ich nicht weiter zu erörtern :wink: ... Aber wir haben es zumindest erkannt und können an unserer "verkommenen" Gefühlswelten noch arbeiten...

    Lieben Gruß, KM

    Der richtige Weg ist nicht unbedingt auch der einfachste...

  • Hallo Elke,

    die Frage wie ein Alkoholiker auf dem Weg in die Trockenheit und auch wärend seiner weiteren Trockenarbeit mit der Co-Abhängigkeit seines Partners umgeht sehr interessant.

    Das ganze ist ja von vielen verschiedenen Faktoren abhängig, z.B. wie stark die Co-Abhängigkeit ausgeprägt ist und welchen Veränderungsschritten die Persönlichkeit des Alkoholikers unterworfen ist / wird.
    Für beide stellt das alles ja eine neue Lebenssituation dar, in der beide Partner Ihren neuen Platz finden müssen.

    Ich hoffe Du bekommst hier noch viele verschiedene Antworten auf die Frage.

    Kannst Du formulieren warum Du die Frage gestellt hast ? Möchtest du Deinen Partner besser verstehen, Dich gar neu auf Ihn einstellen oder willst Du wissen was auf Dich zukommt ?

    viele Grüsse

    White

    m. , Bj. 67 :wink: , abstinent seit 2005

    Wir gehen unseren Weg, weil wir nur den Einen haben. Hätten wir mehrere zur Auswahl, wären wir total zerrissen und unglücklich. Einzig die Gestaltung unterliegt uns in gewissen natürlichen Grenzen.

  • Hallo Elke!

    Den Tread finde ich richtig gut. da ich ja Neuling mit Partnerin bin, kannste dir ja vorstellen was bei uns partnerschaftlich losgetreten wird.

    Gestern erst, hat meine Frau mir gesagt unter Tränen, daß sie nicht weiß wie sie mit mir umgehen soll. Ob sie mich lassen soll. Darf sie Fragen stellen. Wann überfordert mich was. Sie fühlt sich mit meiner Veränderung verunsichert (ich doch mich selber auch noch).

    Bei mir geht es ja zur Zeit viel um gesunden Egoismus. Ich finde diesen gesunden Egoismus muß der Partner auch wieder für sich erlangen, weil ja gerade es in der partnerschaft einiges ins Ungleichgewicht geraten ist. das habe ich auch meiner Partnerin gesagt und ihr gesgt, sie soll ertsmal bei sich bleiben und vorallem, ob sie sich nicht doch nach mal überlegen will in eine SHG zu gehen, wo sie mit all ihren Gedanken und Ängsten nicht alleine wäre.

    Ich werde diesen Tread mit Interesse verfolgen und danke dir jetzt schon für diesen Beitrag.

    LG panther

    Kompromisse bedeuten ein Rückfall riskieren
    (vor dem trink - Rückfall geht ein Verhaltensrückfall vorraus)
    nicht Trinkende seid 04.03.07

  • Hallo Elke,

    gehört jetzt nicht hierher.....

    .....aber eine Frage an Dich: Woher kennst Du meinen Kater?
    Und wie kommt er auf Dein Avatar? :wink::wink:

    Wollte ich schon lange mal los werden, entschuldige bitte!

    Lieben Gruß
    Speedy

  • Hallo Elke,

    mein Mann sagt, dass der Verlust der "Märtyrerrolle" und der damit verbundenen Bewunderung/Narrenfreiheit anfangs schwer wäre. Und dass er mich jetzt ernst nehmen muss und bei Entscheidungen nicht mehr seinen Willen unter dem Deckmäntelchen der Verantwortung durchsetzten kann.
    Und dass ich nicht mehr so "pflegeleicht" wäre! :D

    Aber auch wieder eine tolle Partnerin!

    Fides

    nordisch by nature

  • Hallo Elke,
    konntest Du für Dich was rausziehen aus dem Thread?

    Ich will da bei dem geschriebenen von Hobbit nochmal kurz einkaken.
    Natürlich ist die Co-Abhängigkeit eine eigenständige Sucht ab einem gewissen Punkt. Es ist ein eigenständiges Krankheitsbild das auch vollster Aufmerksamkeit bedarf.
    Ich weiss nicht ob Du Dich mit dieser CO-CO Frage nicht etwas ins theoretische verrennst.

    Ich möchte mich da als "Stoffsüchtiger" mal Fides Erfahrungen anschliessen.
    Es ist schon nicht ganz einfach mit einer Persönlichkeitsumstellung klarzukommen.

    Wenn doch aber die Ziele klar sind, die Trockenheit auf der einen Seite mit dementsprechenden Veränderungen und das erstarken des Co-Abhängigen auf der anderen Seite, sollte man sich wirklich mal zusammensetzen und die Bedürfnisse und Ansprüche neu ordnen wenn es immer wieder zu Spannungen kommt...???

    Viele Grüsse

    White

    m. , Bj. 67 :wink: , abstinent seit 2005

    Wir gehen unseren Weg, weil wir nur den Einen haben. Hätten wir mehrere zur Auswahl, wären wir total zerrissen und unglücklich. Einzig die Gestaltung unterliegt uns in gewissen natürlichen Grenzen.

  • Wirklich interessantes Thema.
    Ich denke, die Co-Abhängigkeit ist ja grundsätzlich eine Schwäche sich gegenüber einem Partner nicht abgrenzen zu können. Das zeigt sich ja dann in Dingen, dass man nachgiebig ist, nicht nein sagt obwohl man es meint, sich selbst vergißt usw.
    Der alkoholkranke Partner hat aber gleichermaßen eine Schwäche, dass er nicht Nein sagen kann, aber eben gegenüber dem Alkohol. Vielleicht aber auch gegenüber seinem Partner oder in seinem Umfeld. Er überwindet aber diese Schwäche durch den Alkohol, macht sich ja dadurch stark, d.h. pseudostark. Gemeinsam haben sie nun das Problem, dass dem anderen keine Stärke 'vorgelebt' wird, also in dieser brisanten Konstellation nichts voneinander lernen können.Gewissermaßen könnte es ja auch sein, dass man sich irgendwie in dem anderen wie einen Spiegel sieht und dadurch eine Art unbewußte Abwehrhaltung ensteht. So ne Art Haß-Liebe. Die schwäche des Co erleichtert dem Alkoholiker das trinken erheblich. Die Abhängigkeit des Alkoholikers könnte man auch mal unter dem Gesichtspunkt betrachten, dass sie zwar das Leben des Co's erheblich vermiest, seinem 'Helfersyndrom' aber widerum erheblich nützt. Ein Widerspruch an sich. Er kann sehr viel geben, was er als Liebe empfindet, bis er sich verausgabt. Der Co will kontrollieren. Der Alkoholiker hat jegliche Kontrolle verloren und ihm widerstrebt es kontrolliert zu werden. Das wäre ja doppelte Schwäche.
    Er will sich also nicht bevormunden lassen. Daher ist es wohl auch so schwierig bis nahezu unmöglich einen nassen Alkoholiker zu überzeugen, schon garnicht vom Partner. Bei meinem Vater war es der Arzt, der ihn hat überzeugen können. Also gewissermaßen eine Respektperson. Ein mensch, den er als wissend, stark usw. einschätzt. Die Coabhängige Mutter dagegen kann viel reden. Das entgeht ja selbst dem nassen Alkoholiker nciht, dass sie ja nicht klar kommt. Von 'so einer' will er sich doch nicht auch noch was sagen lassen. Mein Vater, der sich nun auf eine Therapie eingelassen hat , hat zunächst einmal dicht gemacht. Reden über seine probleme? Um Gottes willen. Die gehen keinen was an. Durch die Gruppe jedoch hat es ihm wohl dann doch die Augen geöffnet. Vieles wurde mit der Zeit logisch und er hat sich selbst in den anderen wieder erkannt. Was dann zur Folge hatte , dass er eine ungeheure Wichtigkeit bekam. Er war sich selbst plötzlcih so viel wert , hatte nun das Gefühl, dass er die Weisheit mit Löffeln gefressen hatte. Meine mutter bleib ausßen vor, auf dem alten Stand der Dinge. Wie konnte es auch anders sein. Sie wurde bockig, trotzig , fühlte sich unverstanden. Er hat sich jetzt fein rausgenmacht und sie kam sich vor , glaube ich wie ein liegengelassener Müllabladeplatz. Dieses Schema kannich in vielen thread hier wieder finden. Der Mann macht ne Therapie und die Partnerin fühlt sich vernachlässigt, obwohl sie doch vorher alles dafür getan hatte, damit er es endlcih einsieht. Klingt alles sehr widersprüchlich. Aber ist für mich sehr gut nachvollziehbar. Die Coabhängige hat ja eventuell keine Möglichkeit gehabt IHRE SUCHT aufzuarbeiten oder ihre eigenen Sucht nie gesehen. Sie glaubt, dass er ja jetzt trocken ist, oder auf dem Weg dahin und damit hat sich das Thema erledigt.
    Sie ist ja aber noch immer Co. Und wohin mit diesem Helfersyndrom, nenn ich es jetz mal so, wenn der Partner plötzlich aufgewacht ist , keine Hilfe mehr braucht und will? Die Coabhängigkeit kann man natürlich fein weiter leben, sie ist ja nicht an den Alkohol gebunden. Man kann sich neue Opfer suchen. Sie im Stillen weiter leben. Der Alkoholiker, der eine gewisse Stärke jetzt erreicht hat kann nun die Rolle des Helden spielen, den Beschützer für den ja immer noch schwachen Coabhängigen und schon ist wieder ein neues Abhängigkeitsverhältnis geschaffen. Eines, dass man glaube ich recht häufig in vielen nichtalkoholischen Beziehungen vorfindet.

  • Was mir jetzt gerade so auffällt bezüglich der Coabhängigkeit:
    Coabhängige haben ja nunmal echt eine Schwäche ihre Grenzen zu setzen. Dadruch erfahren sie ja wie man hier auch immer wieder überall lesen kann ungeheures Leid. Dieses Leid ertragen sie dann teilweise über 10 , 20 Jahre. Dazu gehört ja gewissermaßen auch wieder eine ungeheure Stärke. Dann, wenn es aber darum geht den Partner mal loszulassen und dieses 'Leid' zu ertragen, da kapitulieren die meisten.
    Dabei wäre es doch sinngemäß die beste Möglcihkeit sich selbst zu Gunsten des Partners, nämlich zu Gunsten seiner Gesundheit zurückzunehmen und in der daraus resultierenden Einsamkeit mal so richtig in seinem Leid aufzugehen. Da verstehe eienr die Co's.
    Eine schöne Lösung finden - wohl auch viele hier im Forum- darin loszulassen, um dann aber weiterhin ihre Kontrolle über den Partner ausüben zu können. Nämlich indem sie jeden Schritt seiner Therapie eifrigst überprüfen und darüberhinaus sich trotzig den Therapeuten verhalten, an ihrer Qualifikation zweifeln und einen regelrechten Therapieneid entwickeln. Am liebsten wohl selber diese Therapie führen würden mit dem Ziel ihren Partner zwar trocken , aber doch in einem Zustand widerzuerhalten, wo er weiterhin kontrollierbar ist. Also mit all seinen Schwächen, damit er in Zukunft nicht mehr auf seinen Alkohol greifen muß , sondern sich an die helfende Partnerin wendet, die ja aufopfernd alle seine Probleme zu lösen weiß und sich auch noch wunderbar dabei fühlt. Dann ist er ihr ja so vieles schuldig, sie fühlt sich gebraucht, unentbehrlich und kann sich in einer Sicherheit schwelgen, dass sie ihren 'Job' nie verlieren wird. Verlustängste?

  • Hallo Elki,

    sorry, aber ich muss nochmal auf unsere beiden "Schönheiten" zu sprechen kommen.

    Der schwarze Kater, hier auf meinem Avatar, ist mein Speedy!

    Könnte er nicht ein Zwilling von Deinem Strubbel sein?

    Ich hoffe, so ein wenig Zwischenmenschliches darf auch mal sein, oder? :wink:

    Lieben Gruß an Dich und natürlich an Strubbel!!!
    Speedy

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