Hallo liebes Forum,
es sind schon wieder einige Tage vergangen, seitdem ich mich vorgestellt habe, nun jedoch mag ich an dieser Stelle auch einen eigenen, kleinen Thread erstellen - In der leisen Hoffnung, den ein oder anderen Rat für meinen weiteren Weg erhalten zu dürfen.
Um ganz ehrlich zu sein, hätte ich gerne auch schon viel früher damit beginnen wollen, habe mich aber doch zunächst darauf beschränkt, hier zu lesen und weiter in mich zu horchen. In vielen Beiträgen habe ich mich, oder besser gesagt: mein Verhalten!, wiedererkennen können und das allein hat mich bereits weiter bestärkt, den eingeschlagenen Weg weiter zu beschreiten.
Nach fast 6-wöchigem Nicht-Trinken, merke ich langsam, wie ich ein wenig Ordnung in meine Gefühlswelt bekomme, und mir wird ferner auch bewusst, dass ich Vieles aufzuarbeiten habe und vor Allem, dass ich mir die Zeit dafür nehmen muss: Eigentlich wollte ich hier auch meine kleine Suchtgeschichte niederschreiben, aber nach drei Stunden und nichtendenwollenden Zeilen muss ich erkennen, dass dieses Unterfangen den Rahmen eines Forums einfach sprengt!
Nur so viel sei als "technische" Info dazu gesagt:
Seit 16 Jahren Alkohol,
seit 12 Jahren täglich.
Im wesentlichen nur Bier, Menge 6-8 Flaschen a 0,5l.
Ausbrüche: 1 Trinkpause von ca. 6 Wochen im Jahr 2000 und in den Jahren 01/02 eine Phase mit bis zu 3 Flaschen Wein pro Tag.
Additionals: Bis vor 8 Jahren auch viel Cannabis und 95/96 Amphetamine (bis hin zu psychotischen Zuständen, nicht lustig!).
Das nur so zu den Eckdaten, genauer kann ich das jetzt textlich nicht beschreiben, da auf einen Satz zwei weitere, erläuternde Sätze folgen, die ihrerseits wieder einer Erklärung bedürfen. Ich beantworte aber gerne jede aufkommende Frage!
Nun ja ...
Ich habe mich in dieser Woche endlich aufgerafft, und mich auf die Suche nach weiterführender Hilfe begeben. Suchtklinik, Caritas, Hausarzt ... überall bekomme ich zwar Rat und auch Angebote, aber überall werde ich auch anders eingeschätzt und bekomme entsprechend andere Empfehlungen. Im Einzelen: Die Suchtklinik bietet mir die Möglichkeit, ein 16-wöchiges, stationäres Therapieprogramm zu durchlaufen. Wartezeit dafür beträgt etwa 3 Monate und in der Zwischenzeit gibt es Gruppen- und Einzelgespräche im wöchentlichem Wechsel. Die Caritas bietet ein ähnliches Angebot, allerdings mit einem ambulanten Rehabilitationsprogramm (ca. 1 Jahr). Mein Hausarzt, der mich vielleicht am besten einschätzen kann, rät mir von der stationären Lösung eher ab und empfiehlt auch eine allgemeine psychotherapeutische Behandlung.
Ganz konkret stelle ich mir also nun grad die Frage, ob ich das stationäre Angebot wahrnehmen soll, oder ob ich es eher auf dem ambulanten Weg versuchen soll! viele Argumente sprechen dafür: Sich einfach mal allen Belastungen entziehen und den Fokus ganz konzentriert auf sich richten zu können, sind schon verlockende Aussichten. Andererseits bedeutet diese "Flucht" aber auch, dass ich viele Verpflichtungen des täglichen Lebens meiner Partnerin auf's Auge drücken würde und zudem ein erhebliches finanzielles Problem entstehen würde: Die Suche nach einem qualifizierten Job habe ich zwar bis auf Weiteres hinten angestellt, eine einfache Helfertätigkeit scheint mir aber doch möglich zu sein. Nicht nur der finanzielle Aspekt spielt hier eine Rolle, sondern auch das Gefühl, etwas für den eigenen Lebensunterhalt leisten und wieder Energie aus getaner Arbeit schöpfen zu können.
Ich bin einfach total unsicher, wie ich da jetzt weiter vorgehen soll. Wirkliche "Tiefpunkterfahrungen" in Form von ernsthafter existenzieller Bedrohung habe ich mit meinem Alkoholkonsum nicht erlebt, auch wenn ich häufig psychisch schwer "am Ende" war. Brauche ich vielleicht diesen klinischen Rahmen, um das Gefühl des Scheiterns zu manifestieren oder habe ich die Kraft, aus der rationalen Überlegung heraus diesen doch aufkommenden, manchmal wehmütigen Abschied vom Alkohol zu überwinden?
Ich weiss, am Ende muss ich diese Entscheidung ganz allein für mich treffen, aber vielleicht hat der ein oder andere von Euch einen kleinen Rat oder Denkanstoß für mich.
OK, soweit, ich danke jedenfalls fürs Lesen und freu mich über jede Antwort!
Liebe Grüße
J.