Hallo in die Runde!
Eigentlich wollte ich einen neuen Thread anfangen, aber ich mache hier einfach weiter, weil dieser Thread ja im Prinzip mein persönliches Tagebuch darstellt.
Ich war jetzt über 2 Jahre nicht hier aktiv, erst gestern fiel mir auf, daß da ja noch ein Account existiert.
Löschen wollte ich den Account aber nicht, weil es mir dann doch wichtig ist, meine Geschichte zu erzählen. Evtl. profitiert ja schon der nächste davon! Ich habe zu Anfang meiner Trockenheit auch von den Geschichten der anderen Alkoholiker profitiert.
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Nun sind mittlerweile erneute 2,5 Jahre vergangen, in denen ich weiterhin trocken geblieben bin.
Am heutigen Punkt angelangt kann ich feststellen, daß sich meine Trockenheit gut gefestigt hat und es keine Situationen gibt, die mich irgendwie zum wanken bringen oder wo ich schwach werden könnte.
Woran liegt das?
Weil ich die Entscheidung damals in der Klinik, mein weiteres Leben ohne Alkohol zu verbringen, in meinen Alltag integriert habe. Meine Bekannten kennen mich nun als "Antialkoholiker" und neuen Bekanntschaften erkläre ich lapidar, daß ich eben keinen Alkohol trinke.
Erklären musste ich mich noch nie, ausser einmal, da kam eine kurze Nachfrage: "Naja, einen kleinen kann man sich doch genehmigen!".
Dazu gab es dann von mir ein kurzes: "Nein, ich vertrage keinen Alkohol!" - und damit war das erledigt.
Bin ich nun trocken, ohne jemals Gedanken an Alkohol zu haben?
Nein, das gibt es nicht. Ich bin Alkoholiker und werde zwischendurch immer mal wieder "alkoholische Gedanken" haben. Das lässt sich nicht abstellen. Wichtig ist, wie ich damit umgehe.
Es sind keine Gedanken im Sinne von "...ich will Alkohohol/trinken....", sondern "was wäre wenn"-Gedanken. Mit denen gehe ich aber recht konsequent um, indem ich sie zulasse, ihnen aber nicht nachgebe!
Ein Gedankengang nach dem Motto "Was wäre wenn" bringt mich immer blitzschnell auf den Boden der Tatsachen zurück und zeigt mir meinen Weg, den ich bisher gegangen bin. Es ist eine Selbstreflexion, eine kritische Sicht auf das eigene Verhalten. Und das schadet mir zwischendurch nicht.
Wichtig für mich: es hilft mir, konsequent zu bleiben.
Genauso ist es mit den "Alkoholträumen":
Zu Anfang der Trocjenheit waren die teils sehr heftig; mittlerweile ist das nur noch "Traumgeplänkel". Es kommt selten zu solchen Träumen (hab sie nicht gezählt, aber so 4-5x/Jahr), in denen ich gezielt zum Alkohol greife. Aber selbst im Traum eskaliert das nicht mehr und ich erkenne, daß ich die Finger davon lassen muss.
Ich mache mir da aber keine großen Gedanken mehr - ich sehe, was ich jeden Tag trocken erreiche und das ist Motivation genug.
Selbstschutz
Sehr wichtig!
Im Laufe der Jahre habe ich gelernt, sofort auf Situationen zu reagieren, in denen ich früher gesoffen hätte. Heute gibt es diese Situationen extrem selten, weil ich nur selten auf Partys gehe oder irgendwo bin, wo gesoffen wird.
Es sind eher Situationen wie im folgenden Beispiel, welches ich Ende letzten Jahres erlebt habe:
Ich hatte keine Lust auf meinen bisherigen Job in der Klinik (als Krankenpfleger) und hab beschlossen, ein paar Monate LKW zu fahren (Führerschein hatte ich noch...)
Im Oktober habe ich dann bei einer Firma angefangen, wo gerne getrunken wird. Nicht während dem fahren, aber abends auf der Raststätte. Zum Glück hatte ich einen Kollegen dabei, der selten Alkohol trinkt, von daher war es akzeptabel.
Bis wir dann, 4 Wochen später, das Fahrzeug gewechselt hatten. Als ich mir abends auf der Raststätte mein Bett zurecht machte, kamen da diverse Flachmänner zum Vorschein.
Okay, ich hatte kein Problem damit und auch kein Verlangen, diese zu trinken (oder überhaupt zu trinken).
Aber die Tatsache, daß ich in meiner engsten Umgebung Alkohol vorfinde, ging nun gar nicht. Mein Prinzip: in meinem häuslichen Bereich gibt es keinen Alkohol und auch nichts, was an Alkohol erinnert (Biergläser etc.)
Und jetzt die Flachmänner!
Da habe ich für mich beschlossen, die Reißleine zu ziehen und habe gekündigt.
In der zweiten Firma lief das ähnlich und auch da hab ich dann aufgehört, weil zuviel Alkohol um mich herum existierte.
Selbstschutz geht mir über alles! Ich erkenne mittlerweile auch sehr schnell, ob irgendwo Alkohol drin ist. Bin ich mir unsicher, lasse ich es stehen (Kuchen oder Torten z.B.)
Es gibt dann aber auch die lustigen Anekdoten, die aus Unwissenheit der anderen passieren. Z.B. habe ich Mitte Dezember wieder in der Pflege angefangen zu arbeiten und war auf die Weihnachtsfeier eingeladen. Die Belegschaft hatte gewichtelt und meine Chefin wollte mir nun auch ein Geschenk zukommen lassen.
Also bekam ich eine Tüte mit:
- Schokolade (gut!)
- 1 Flasche Rotwein (ups!)
Als ich die Flasche auspackte (aus Neugier, was man mir nun geschenkt hatte), meinte meine Chefin: "Na, ist der Rotwein ihr Geschmack?"
Darauf kam meine sehr spontane Standardantwort: "Danke für die Schokolade, aber ich trinke keinen Alkohol!"
Damit war das blitzschnell erledigt. Es kam auch gar keine Nachfrage mehr.
Zu Anfang meiner Trockenheit hatte ich vor solchen Situationen Angst, weil ich mich evtl. erklären muss, aber das passiert nie. Heutzutage ist es akzeptiert, keinen Alkohol zu trinken - vor 30 Jahren hätte es permanent dumme Kommentare gehagelt.
Selbsthilfegruppen
Bin ich zu Anfang regelmäßig hingegangen, mittlerweile gar nicht mehr. Das hat den einfachen Grund, daß sich dort die Diskussionen oft im Kreis drehen und ich diese schon tausendmal gehört habe. Das brauche ich nicht mehr...
In einer anderen Gruppe gingen mir dagegen ein paar Leute auf den Geist, die ihre vermehrten Rückfälle als etwas "Besonderes" hinstellten, frei nach dem Motto: "Ohne Rückfall bist du nicht wirklich trocken..."
Auch das muss ich mir nicht geben...
Ich habe aber immer meine AA-Onlinegruppe in der Mailbox, lese die Beiträge, kommentiere ab und zu oder schreibe selbst was. Nicht oft, aber es existiert und dabei bleibe ich auch.
Deshalb fand ich es auch sehr passend, daß ich wieder über dieses Forum gestolpert bin und werde mal versuchen, hier ein wenig aktiv zu werden....
Ein Termin ist für mich jedes Jahr Pflichtprogramm:
Das Deutschlandtreffen der AA. Hab das jetzt 2x mitgemacht und es ist hypermotivierend.
So, jetzt erst mal genug geschrieben.........ich schau mich hier mal etwas um.....
Gruß
joschi