Zuerst vielen Dank für eure Begrüßung, Yvonne, kommal und Andi,
als ich die Zeilen schrieb, habe ich vor lauter Freude, dass ich euch berichten konnte, dass ich bisher durchgehalten habe, gar nicht daran gedacht auch zu schreiben, dass es bisher viel Kraft gekostet hat wieder im normalen und schönen Leben angekommen zu sein.
Tja nach dem totalen Absturz im März im vorigen Jahr habe ich 6 Wochen in der Psychiatrie verbracht. Es war eine furchtbare Zeit. Ich musste erkennen, so konnte und wollte ich nicht mehr weiterleben. Es hat ziemlich lange gedauert, bis ich mich dann zu einer Langzeittherapie entschließen konnte.
In den drei Monaten dort lernte ich mich selbst wieder kennen bzw. mir wurde dort erst klar, wie sehr ich mich in den letzten Jahren durch den Alkohol verändert hatte. Ich habe unendliche Tränen vergossen, da ich anfänglich keine Lösungen für mich sah und ich in meinen Kopf ein einziges Chaos hatte. Schritt für Schritt nur klein und langsam begann ich aufzuräumen. Dort begann ich wieder lebendig zu werden, mich an den kleinsten Dingen zu freuen. Schon ein kleines Lächeln kann so viel bewirken. Ich fuhr die Achterbahn meiner Gefühle. Eine ständige Berg- und Thalfahrt.
Als ich wieder zu Haus war, habe und ich folgende Zeilen verfasst und an die Klinik geschickt.
Ich glaube, das gibt am besten wieder, wie es mir ergangen ist.
Einfach Mut machen! 31. August 2008
Am 2. Juli 2008 habe ich schweren Herzens die Klinik in L. verlassen.
Ich spüre noch heute auf dem Weg vom Haus D zum Parkplatz, meine aufsteigenden Tränen, die ich im Abschiedsschmerz versuchte, zu unterdrücken.
Für Neuankömmlinge in L. wohl unvorstellbar. Die Reaktionen sehe ich, direkt vor meinen Augen. Ungläubiges Kopfschütteln und Worte, wie: „Was ist denn das für ein Blödsinn?“
Hätte ich, an meinem Anreisetag, am 9. April 2008, so etwas gelesen, ganz ehrlich, ich hätte genauso reagiert.
Wie kann es sein, dass eine ehemalige Patientin nach 3 Monaten solche Gefühle haben kann?
Ich könnte jetzt sagen, ganz einfach. Doch einfach, war es keineswegs.
Gekommen bin ich, als Alkoholtrinkende mit Depressionen und einem totalen Kopf-Wirrwarr . Meine Krankheit zwar wahrnehmend, jedoch nicht begreifend, was wirklich mit mir los war. Kraftlos, antriebslos, schlaflos, freudlos, gefühllos, unruhig, voller Schuldgefühle, problembeladen, zurückgezogen. Ich wollte alles mit mir allein ausmachen – es gab für mich keinen Ausweg mehr. Ich war physisch und psychisch am Ende.
Ich hatte mich vergessen und hatte mich durch meine selbst verursachte Isolierung immer weiter nach unten gezogen.
Gegangen bin ich, als abstinente Alkoholikerin, die es geschafft hatte, 4 Monate trocken zu bleiben. Mit einem klaren Konzept im Gepäck.
Meine Tage habe ich für mich festgehalten, um zu sehen, wie war meine Zeit hier in L. Es war nicht geplant alles aufzuschreiben, es hat sich einfach so ergeben.
Ich weiß, es ist für Jeden schwierig, sich völlig fremden Menschen zu öffnen. Doch mit jedem Tag fasste ich mehr Vertrauen und heute kann ich sagen, es ist möglich. Doch ohne eigene Mitarbeit über das Vergangene nachzudenken und dem Willen, Änderungen selbst herbeizuführen, geht es nicht.
Ein einfaches Danke an die gesamten Mitarbeiter der Klinik kann nicht ausdrücken, wie sehr mir alle Vorträge und Therapien in L. geholfen haben, wieder die Frau zu werden, die ich vor meinem Absturz war.
Mir wurde die Gelegenheit gegeben, zu erkennen, wie schön das Leben sein kann.
Herrn S. und Frau H. gilt mein besonderer Dank. Sie waren gute Zuhörer und haben mir über so manches seelische Tief hinweggeholfen. Gaben mir Ratschläge, mit denen nicht immer gleich einverstanden war, doch später erkannte, wie wertvoll diese für mich waren und geworden sind.
Als ich unter der Käseglocke an 30. Juni 2008 hervorkroch, hatte ich Angst. Vor meinem zu Hause. Vor dem Alleinsein. Vor den Verlockungen. Denn die Gedanken an den Alkohol haben sich in mir festgesetzt und sind allgegenwärtig. Und das wird bleiben.
Ich bin erstaunt, will jedoch nicht verschweigen, die ersten 2 Wochen in der „normalen Welt“ waren schwer. Doch mit jedem Tag geht es besser.
Unglaublich für mich, im Rückblick zu sehen, wie habe ich früher meine Tage verbracht? Mit Nichtstun und meinem Freund „Alkohol“!
Heute reicht mir kaum die Zeit. Ich lese, höre Musik, treibe regelmäßig Sport, gehe zur ambulanten Nachsorge, meine Arbeit macht mir wieder Freude und das Wichtigste, ich mag selbst wieder. Ich nehme ab und mache was aus mir. Ich habe keinen Partner, für den ich das tue. Ich tu es einfach für mich und fühle mich gut dabei. Ich kann nach einer durchgeschlafenen Nacht, mein Spiegelbild wieder ohne Abscheu betrachten. Mein Inneres ist aufgeräumt. Meine Probleme sind noch immer da, aber ich packe sie wieder an und bleibe hartnäckig.
In 6 Tagen werde ich 6 Monate trocken sein. Ein herrliches Gefühl.
Ich wünsche meinen Nachfolgern, dass sie ebenso fühlen können, wie ich, wenn sie die Klinik verlassen.
Glaubt mir, es lohnt sich!!!
Habe die Kritik von Andi angenommen und hoffe, dass es nun etwas mehr über meinen bisherigen Weg aussagt.
Also ich bin gespannt.
Einen schönen Abend an alle wünscht Iv.