Mein 2. aber diesmal ehrlicher Anlauf
Ich habe gestern 1 1/2 Stunde geschrieben und als ich den ganzen Text losschicken wollte, kam die Nachricht ich wäre nicht berechtig und solle mich einloggen. Hab ich zwar nicht verstanden, da ich schon eingeloggt hatte, doch ich bin der Anweisung gefolgt. Mit dem Ergebnis, mein ganzer Text war weg. Also auf ein Neues.
Ich möchte von meiner ersten Woche zu Haus nach der Langzeittherapie berichten.
Die letzten 3 Monate lebte ich unter einer „Käseglocke“. Behütet von den Therapeuten und es war immer jemand zum Reden da. Ich habe in dieser Zeit angefangen zu schreiben. Ca. täglich 2 bis 3 Stunden. War nicht geplant, ist einfach so passiert. Das Wunderbare daran, ich konnte, das durch den Alkohol und meine Depressionen verursachte Chaos in meinem Kopf aufräumen. Hat zwar auch fast 3 Monate gedauert. Denn zu meiner Entgiftung war ich vor Ort auch schon 5 Wochen in einer psychiatrischen Klinik. Ich hatte solche Angst, dass es ohne mich auf Arbeit nichts mehr weitergeht . Meine Schuldgefühle erdrückten mich fast. Ich hatte mich bereits aufgegeben. Ich sah aus meinen vielen Problemen zur damaligen Zeitpunkt keine Auswege mehr.
Durch das Schreiben konnte ich Gegenwart und Vergangenes für mich aufarbeiten. Ich konnte nun mit klarem Kopf und ungetrübten Augen, wie auf mich selbst sehen. Die Erkenntnisse waren furchtbar. Doch das, was ich aus der Langzeittherapie für mich mitnehmen konnte und was ich über mich selbst wieder herausgefunden habe und unbeschreiblich.
Der Weg war nicht einfach. Eine Achterbahn der Gefühle und ich habe viele Tränen vergossen. Doch das war es wert. Auch wenn ich das am Anfang noch nicht sehen konnte.
Durch Stressbewältigung am Arbeitsplatz, Selbstsicherheitstraining, 4 Gruppentherapien und ein wöchentliches Einzelgespräch bin ich behutsam an alles herangeführt worden. Ich war selbst erstaunt, was noch alles möglich ist.
Ich habe jetzt noch Urlaub und nutze die Tage. Gehe viel raus und habe gestern meinen Fitnesskurs begonnen mit Nutzung der Schwimmhalle. Da habe ich gestern 5 Stunden zugebracht. Durch die Wassergymnastik in der Klinik habe ich schon eine gute Kondition aufgebaut. War selbst erstaunt. Kein Muskelkater heute.
Doch das Alleinsein wieder zu Haus ist nicht so einfach. Mein Sohn lebt zwar noch bei mir, doch durch seine Schichten sehen wir uns sehr selten. In den letzten Jahren habe ich mich von allem sehr zurückgezogen. Auch von meiner Familie. Ich wollte keinen mit meinen Problemen belasten und hab mich immer tiefer in den Sumpf reingezogen.
Ich habe zwei Leben gelebt. Das eine auf Arbeit . Immer freundlich, immer mit einer Maske auf dem Gesicht. Überstunden bis zum Umfallen. Hat ja keiner zu Hause gewartet. Meine Arbeit war mein einziger Lebensinhalt. Wenn ich zu Hause war und die Wohnungstür hinter mir zu machte, war ich ausgepowert. Wollte nur noch alles vergessen und wenigstens mal 2 Stunden schlafen (hatte 10 Jahre Schlafstörungen). Um abschalten zu können, half mir damals nur eins. Mein „Freund, der Alkohol“.
Auch jetzt denke ich noch immer an ihn. Aber seit dem 6.3.2008 bin ich trocken und habe bisher allen Versuchungen wiederstanden.
Das es ohne mich auf Arbeit nicht geht, den Zahn musste ich mir ziehen lassen. Aber meine Kollegen haben bemerkt, dass mein Arbeitsgebiet für einen allein nicht zu schaffen ist.
Gestern hatte ich eine Situation, da wurde ich doch wankelmütig. Ich hatte mich schon gewundert, dass sich meine Tochter über Tage nicht gemeldet hat. Sie lebt seit 4 Jahren in USA. Als ich eine Mail an sie absandte, worin ich schon besorgt nachfragte, melde sie sie sich. Mein Gefühl hat mich nicht getäuscht. Sie lag im Krankenhaus. Blut im Bauchraum. Sie hat tierische Schmerzen gehabt. Hat mit Absicht alles von mir ferngehalten. Es geht ihr immer noch nicht so besonders und ich kann ihr nicht helfen. Das wäre für mich früher eine typische Situation gewesen, um zu trinken. „Dann wäre alles nicht so schlimm gewesen.“ Den Selbstbetrug habe ich nun endlich erkannt. Hinterher war alles noch viel schlimmer.
Ich möchte einfach klar sein, wenn ich mit ihr rede und auch am nächsten Tag noch alles wissen, was sie mir erzählt hat.
Ich weiß auch nicht, wenn ich erst mal anfange zu schreiben, kann ich immer nicht damit aufhören. Doch für den Anfang will ich es erst mal belassen.
Ich freue mich über Eure Meinungen und Anmerkungen.
Einen schönen Tag wünscht Euch Iv