Schönen guten Morgen ihr Lieben,
ich schreibe das jetzt mal bewusst in den offenen Bereich, damit es diejenigen lesen können, die neu bei uns im Forum aufschlagen.
Zur Zeit ist es gerade so, dass ich mich durch den Vorstellungsbereich ganz stark an eine Zeit erinnere in der ich noch getrunken habe oder immer wieder kurze Trinkpausen eingelegt habe.
Ich kam hier an und habe erstmal alles was mir die alten Hasen geraten haben, mit einem "Ja, aber....." abgetan.
- aber, ich bin anders
- aber, ich kann das auch alleine schaffen
- aber, ich bin ja nicht so tief unten
- aber, ich habe nicht regelmäßig getrunken
- aber, aber, aber (ihr könnt hier gerne beliebig ergänzen )
Ich war immer der Meinung, dass ich keine Hilfe brauche.
Arzt? Nee, ich möchte nicht, dass das bekannt wird. Ich versuche es lieber erst einmal so.
Hilfe? Nee, die brauche ich nicht. Ich bin eigentlich ein willensstarker Mensch. Das schaffe ich alleine.
Es hat lange bei mir gedauert, bis ich verstanden habe, dass es für mich einfach nicht reicht, nur nicht zu trinken. Ich habe eine Krankheit. Eine tödliche Krankheit.
Ich muss aktiv werden und an meiner Trockenheit arbeiten.
An einem Tag letztes Jahr war ich dann verzweifelt genug, nach etlichen Versuchen es "alleine" zu schaffen, dass ich mir Hilfe gesucht habe.
Und diese Hilfe hat die letzten zehn Monate für mich komplett geändert. Zum ersten Mal in meinem Leben, durfte ich das erste Glas stehen lassen und war dabei glücklich.
Mein Leben ist nicht nur rosarot und ich bin noch ganz am Anfang. Von daher steht es mir vielleicht gar nicht zu, solche einen Text zu schreiben.
Und ich habe auch noch genug schlechte Momente in meinem Leben.
Aber es fühlt sich anders an diesmal.
Ich arbeite täglich an meiner Trockenheit und ich mache es gerne.
Ich verbinde mich täglich mit anderen trockenen Alkoholikern. Sei es hier, in anderen Gruppen oder durch meine SHG´s.
Ich lese Literatur, gehe in Meetings, rede.
Trotzdem bin ich nicht davor gefeit, dass es auch mal ganz anders aussehen kann. Dass der Suchtdruck mit einem Mal urplötzlich auftaucht und mich umhauen möchte. Aber ich bin dann zumindest gut aufgestellt. Weil ich viele Menschen um mich herum habe, die mich verstehen.
Trockenheit bedeutet für mich Arbeit. Es ist aber eine Arbeit, die ich sehr gerne mache, weil ich so viel da raus ziehen kann. Neue Freundschaften, neue Ansichten und ein ganz neues Gefühl für meinen Geist und meinen Körper.
Ohne diese Hilfe hätte ich weiter getrunken und ohne diese Hilfe werde ich auch wieder trinken. Das weiss ich ganz genau.
Heute kann ich die Beiträge von langjährig Trockenen mit ganz anderen Augen lesen als damals. Früher habe ich mich sofort angegriffen gefühlt. Dass diese Beiträge aber einfach von sehr viel Erfahrungen her stammen, wollte ich nicht sehen.
Danke an alle, die sich hier so toll einbringen und ein ganz tolles Forum auf die Beine stellen. Eure Erfahrungen und Geschichten sind so hilfreich für mich.