Sollte sich jemand wundern, warum ich heute wirklich viel schreibe: Ich glaube, es ist einfach nötig. So etwas wie den Beitrag vorhin habe ich früher als Blogartikel beim Morgenkaffee veröffentlicht, der Automatismus sitzt tatsächlich noch ein bisschen und heute habe ich gar nichts zu tun. Ich war vorhin spazieren, aber das hat eher die Schmerzen verstärkt.
Die letzten Tage sind seltsam, jetzt mal von den Zahnschmerzen abgesehen: Es fühlt sich teilweise wirklich so an, als hätte ich frisch entgiftet, aber auch wenn ich darüber nachdenke, was ich die letzten Tage gegessen habe, halte ich selbst die zufällige Zufuhr von Alkohol in mein System für ausgeschlossen. Ich war allerdings nach der Entgiftung ähnlich empfindlich wie jetzt, mit dieser vermutlich nicht so harmlosen Entzündung im Mund. Wohlgemerkt, ich habe keinerlei körperlichen Entzugssymptome, ich fühle mich eher etwas angeschlagen und neben der Spur. Schmerzmittel habe ich heute auch genommen und das scheint mir doch etwas "dämmrig" zu machen.
Ich war besoffen "stolz" auf meine schlechten Zähne, als wären die ein Zeichen von irgendwas, außer meiner eigenen Idiotie: Mir scheint ich lerne in mancherlei Hinsicht wohl einfach sehr langsam, aber dafür hoffentlich gründlich.
Ach, und...: Ich habe erst zu Schmerzmitteln gegriffen, als auch Beten nicht mehr zu helfen schien. Das hat heute allerdings ganz gut geklappt, was Sinn macht, wenn man bedenkt, das Beten und Meditation nicht so weit voneinander weg sind. Ich geh sogar einen Schritt weiter: Wenn Beten als Ablenkung bei Suchtdruck funktioniert, reicht mir persönlich das als Gottesbeweis und es ist bedeutend besser als noch gedanklich an dem zu hängen, was ich bei mir den "Gottkönig Alkohol" genannt habe.
Denn heute weiß ich, dass der Alkohol a) nichts dafür kann und er b) weder besonders göttlich macht, noch "einzigartig" ist. Der Hauptgrund, warum so viele Leute saufen und so wenige sich einfach gleich Heroin drücken, hat schon massiv was mit Verfügbarkeit und Konsenz zu tun, aber viel, viel weniger mit der Wirkung, als man sich gesamtgeselllschaftlich gerne einredet (These). Auch "harte" Drogen lassen sich weich genug dosieren um den Alltag so zu bestreiten, wie nasse "funktionierende" Alkoholiker es für gewöhnlich tun.
Aber sein wir ehrlich: Das schaffen die wenigsten Konsumenten. Früher oder später scheint die ungebremste Drogen/Alkoholerkrankung jeden zuverlässig in den Wahnsinn zu treiben, was Sinn macht, da ich mir schwer vorstellen kann, dass unser Belohnungssystem für die Einnahme von Nervengift gemacht worden ist. Trinken wir dennoch um "heiter" zu werden, dürfte das ein Brachialfehler sein, da die Heiterkeit sich ja durchaus einstellt, unser Bewusstsein jetzt aber massiv Feedback vom Belohnungssystem bekommt und das sagt: Alles Richtig Gemacht! Und das ist vollkommen unbabghängig davon, ob wir gerade den Geschäftsabschluss überhaupt gemacht haben, oder in der Gosse liegen.
Durch regelmäßiges "Training" des Belohnungssystem in Situationen, die wir vermeintlich für "harmlos" halten, weil der Alkohol ja "nicht im Fokus" steht, basteln wir uns unser eigenes Suchthirn zurecht. Langsam, schleichend oft unerkannt über Jahre hinweg: Das kann für niemanden Gesund sein, nicht einmal für den mäßigen Trinker . Es stört nur eben in den meisten Fällen auch nicht so sehr, dass Abhilfe gesucht werden würde.
Das man stattdessen jedoch oft gleich das kollektive sich Vergiften zur Normalität erklärt, und das trotz der Tatsache, dass Alkoholismus eine vererbliche Komponente besitzt, darüber bin ich jeden Tag auf's neue erstaunt, denn es scheint mir evolutionär überhaupt keinen Sinn zu ergeben.