Beiträge von Lust for Life

    du kannst zu einem Arzt deines Vertrauens gehen, muß doch kein Allgemeinmediziner sein. Er sollte sich eben nur gut mit Sucht auskennen.

    Das freut mich ehrlich. Im Moment ist die Frau von der Suchtberatung hier für mich das, was am nächsten an einen Mediziner dem ich vertraue herankommt. Auch wenn sie als Psychologin streng genommen keine Ärztin ist, die Frau weiß tatsächlich wovon sie redet und ich werde auf ihre Meinung hören. Ob sie mir einen weiteren Besuch bei einem "richtigen" Mediziner empfehlen wird, kann ich nicht einschätzen, aber Dienstag werde ich es in Erfahrung bringen.

    Ansonsten wäre mir heute noch die Zahnärztin geblieben, die übrigens ausgesprochen nett und einfühlsam ist. Sie hat heute nur etwas Zahnstein entfernt und "die Baustelle besichtigt". Es steht anscheinend doch nicht so schlimm um meine Zähne, wie ich selbst angenommen habe. Zwei müssen dringend gezogen werden und ein paar Wurzeln müssen raus. Ich habe das mit dem Alkoholismus bei ihr angesprochen, sonst erstmal nichts, der nächste Termin ist auch erst in zwei Wochen, da macht sie dann eine Fülllung. Mit der Frau würde ich auch über meine Suchtverlagerung und den geplanten Entzug reden, aber sie ist nun mal in erster Linie Zahnärztin und da wollte ich die Kirche dann auch mal im Dorf lassen.

    Warum also wieder versuchen diesen Weg zu gehen. Den werden wir auch im geschützten Bereich nicht begleiten.

    Damit bin ich vollkommen einverstanden. Das ausschließlich der Gang zum Allgemeinmediziner als gerader Weg gelten muss, stimmt mich etwas unglücklich. Dennoch bringst du mich dazu, das offensichtliche zu sehen, da bin ich gerade noch ziemlich blind für.

    Ich habe mich nun in einem Programm für begleiteten Cannabisentzug angemeldet. Ging problemlos online, sagt noch nichts über die Qualität aus, aber am 01.09 habe ich meinen ersten Chattermin. Darüber hinaus wollte ich ohnehin noch einmal zu der örtlichen Suchthilfe um dort der Psychologin einmal für das erreichte zu danken und eine Art Check Up zu machen. Auch dort werde ich meine Suchtverlagerung und den geplanten Entzug ansprechen.

    Hinzu kommt, da du schon den Vergleich zu vor einem Jahr ziehst, ich nun ein deutlich stabileres auch familiäres Umfeld habe. Eventuell werde ich in Zukunft auf einen Freund verzichten müssen, der auch kifft, aber dafür sicher viele neue gewinnen. Ich bereite, nicht zuletzt Dank deiner Hilfe, einen wie ich hoffe stabilisierten, rücksichtsvollen Entzug vor.

    Wäre das dann eventuell auch etwas, was wir im offenen Bereich besprechen können? Ich gebs ja ungern zu, aber ein paar von euch sind mir schon ein bisschen ans Herz gewachsen mit der Zeit.

    Ok, das war jetzt alles ein bisschen peinlich, vor allem weil ich hier Meinungen geteilt habe, hinter denen ich eigentlich nicht stehe. Ich war nicht nur nicht ganz bei mir, ich war überhaupt nicht bei mir und das hat mir massiv zu denken gegeben.

    Erstmal: Nein, ich bin nicht Rückfällig geworden was Alkohol angeht, aber fast. Ich habe hier eine Sache verschwiegen, mir dadurch ein massiv schlechtes Gewissen erarbeitet und wollte dann mit dem Kopf durch die Wand. So wurde aus "ich habe leider noch ein Problem mit Drogenkonsum" ein "ich habe überhaupt kein Problem, alle anderen haben eins." Ich hoffe allein schon das wirre Zeug, das ich hier teils vom Stapel gelassen habe, zeigt deutlich, dass auch Cannabiskomsum keineswegs harmlos ist. Im übrigen halte ich nichts von Substitutionstherapie und das ich es fast geschafft habe mir selbst zu attestieren, ich würde mich irgendwie mit Cannabis therapieren, ist schon richtig dreist und verlogen. Genau deshalb brauchen wir SHG's, weil wir eben nicht immer so den Durchblick haben, wie wir das gerne hätten.

    Ich bin trockener Alkoholiker und das soll auch so bleiben. Das Bolle völlig recht hat, stelle ich nicht in Frage. Mein Plan ist folgender: Ich versuche da jetzt alleine von loszukommen. Sollte das klappen, Prima, sollte ich merken, das wird so nichts, werde ich mich für den geschützten Bereich bewerben. Das habe ich sonst ohnehin für den Herbst geplant. Zahnarzttermin ist am Freitag wie geplant und Ich hoffe, ich bin hier niemandem all zu sehr auf die Füße getreten.

    Wie nahe sehe ich mich vor einem Rückfall stehen.

    Im Moment eigentlich recht weit weg davon und das ist das bescheuerte und wo mir jetzt auch noch ein bisschen der Schuh drückt: Ich habe euch hier über Monate hinweg etwas vorgemacht in Bezug auf Suchtverschiebung und das hat mich psychisch auf Dauer echt ausgelaugt.

    Die Lügen haben mir den Grundstein für den Rückweg in nasse Verhaltensmuster geebnet, ohne das ich dafür auch nur einen Tropfen Alkohol trinken musste. Und darüber nachzudenken, da sollte ich ein paar Tage mit zu tun haben.

    Hallo Morgenrot,

    Wir möchten hier nicht, dass Drogenkonsum schön geredet, oder darüber diskutiert wird.

    Ja und das werde ich akzeptieren. - edit - Mir geht es hier um meine Gesundheit und Freiheit vom Alkohol, sonst nichts.

    Deshalb muß es ja nicht gut sein, es gibt auch Kliniken die das kontrollierte Trinken anwenden, das wird erst einmal offensiv beworben, und wird sich mit Sicherheit nicht durchsetzen.

    Da bin ich übrigens vollkommen deiner Meinung, ich habe solche Programme gesehen, als ich die ersten Male Informationen zur Alkoholsucht einholte und ich finde es äußerst bedenklich, dass man das in der Größenordnung durchführen und vor allem auch bewerben darf.

    Hallo Hartmut,

    Sondern über das Schönreden von Suchtstoffen, das folgende Verharmlosen, sich irgendwie in die Opferrolle zu flüchten und auf Verständnis zu hoffen. Du rechtfertigst dein Kiffen, als vermeiden eines Alkoholrückfalls. Das sind nasse, Sucht orientierte Gedanken.

    Hättest kein Gras da oder bekommen, würdest dann wieder saufen?

    Danke erstmal. Alles was du oben schreibst ist vollkommen richtig, aber ich möchte die Frage zuerst beantworten: Nein. Jedenfalls nicht aus einer Kurschzschlusspanik heraus, dass mir "mein Heilmittel" fehlen würde. Graß ist für mich kein Heilmittel, es ist ein Substitut und dass ich es zur Not entziehen kann ohne das gleich die Welt zusammen bricht, ist mir ungeheuer wichtig.

    Vieles mit dem Schönreden und der Opferfolle kam eher davon, dass ich eben nicht einfach gesagt habe, was los ist. Ich halte mich für einen der letzten der Suchtstoffe schön reden möcht, dafür stecke ich da zu tief drin. Und dafür merke ich übrigens auch die Nebenwirkungen vom Marijuana zu deutlich, das schränkt auch die Lebensqualität ein.

    Deswegen sehe ich das nicht so.

    Und das siehst du vollkommen richtig. Denn ich war ja gerade erst noch dabei mir ein frisches Netzwerk an Heimlichkeiten und allem was so nötig ist, um ein nasses Leben zu führen aufzubauen. Das jetzt einreißen zu können und einfach ehrlich zu sein, wird hoffentlich dabei helfen wieder mehr Stabilität in meine Lebensführung und Entscheidungsfindung bringen.

    Mir ist richtig froh ums Herz, das hier jetzt endlich zu schreiben: Ich bin rückfällig geworden, vor mehr als fünf Monaten, mit Cannabis. Nicht einen einzigen Tag mit Alkohol wohlgemerkt. Die wirren Eskapaden der letzten Tagen und für die möchte ich mich zuerst ausdrücklich entschuldigen, waren dem tiefsten Wunsch geschuldet endlich schreiben zu können: EDIT.

    Mir geht dieses ein Wort für alles finden auf die Nerven, aber ich habe mit allen möglichen Drogen experimentiert und Graß ist die, mit der ich gerade noch so leben kann. Die Betonung liegt auf l e b e n, denn ich habe mir ja keinen der Gründe ausgedacht, weshalb ich mich hier angemeldet habe, auch wenn man das die letzten Tage mit Sicherheit zu recht in Frage hätte stellen können. Ich habe schon fast drauf gewartet.

    So, damit hat diese Selbsthilfegruppe mir auch wirklich mal wieder weitergeholfen, denn jetzt ist der Stress weg, den ich ja auch in den Alltag geschleppt habe. Ich hoffe das zeigt, wie wichtig mir das hier ist, denn es ist keine Selbstverständlichkeit über diese Art von therapeutischem Ansatz überhaupt schreiben zu können. Da mir Links nicht so ohne weiteres gestattet sind, verkneife ich mir das gerade, aber ja, es kriegen bereits Menschen Cannabis bezahlt um damit etwas gegen ihre Alkoholsucht zu unternehmen. In Deutschland.

    Wie schlau man sowas findet, bzw. für wie erfolgsversprechsprechend manch einer hier solch einen Ansatz hält, das wäre viel interessanter als all der Unsinn den ich hier die letzten Tage zusammengetragen habe und der Teils sicher auch gelöscht gehört. Nur ob das so überhaupt möglich ist, und noch dazu in der Öffentlichkeit, das kann ich selbstverständlich überhaupt nicht entscheiden. Sollte man mich nun sperren, weil man Bedenkzeit braucht, fände ich das unnötig. Ich bin bereit hier für alles Frage und Antwort zu stehen und zur Not schweige ich gern ein paar Tage.

    Wer sich in seinem Vertrauen verletzt sieht: Tut mir leid, aber einfach nur so reinschreiben, dass ich mir nach wenigen Monaten Trockenheit Graß besorge, hätte vielleicht mehr kaputt gemacht, als es geholfen hätte. Was Alkohol angeht: Ich bin staubtrocken und das eben auch Dank eurer Hilfe. Ich hätte deutlich früher ehrlich sein sollen, dann bräuchten wir jetzt nicht so viel Drama, aber es ist leider wie es ist und ich bin Schuld. Sorry.

    Danke für deine nette Worte Stern. In der Tat war bereits der Tag heute schon ganz unterhaltsam, weil ich nun zu meinen Zähnen stehe. Auf die Frage, wo genau es denn bei mir schmerzt, habe ich einer Bekannten heute einfach meine Zähne gezeigt (also RICHTIG den Mund aufgerissen), daraufhin hatte sich die Frage dann erledigt :mrgreen:.

    Die Medizinerin, der ich diese Mammutaufgabe nun anvertrauen werde, ist ein altes Schlachtross, kurz vor der Pension und macht so gut wie alles alleine. Da hatte ich zur Abwechslung auch keine Fachkraft für Abwimmeln an der Strippe, sondern die Ärztin selbst.

    Wird bestimmt nicht schön der Prozess, aber besser als Rückfällig werden, denn das werde ich mit unbehandelten Zähnen irgendwann zwangsläufig.

    So und bevor ich mich nun wieder in die Arbeit stürze, möchte ich nun doch noch kurz etwas zum Dating-Thema schreiben:

    Ich denke, einer der Hauptgründe warum ich das mit dem "trockenen-Alkoholiker-Dasein" bislang wohl tatsächlich etwas früh erwähnt habe (ich trinke keinen Alk, reicht ja erstmal eigentlich), dürften meine Zähne sein. Ernsthaft, ich wollte einfach den Alkoholismus vorschieben um dann sagen zu können: "Ja, die sehen wirklich schlecht, aber ich habe es ja so, so schwer gehabt und jetzt küss mich, ich kau auch Mentos vorher."

    Das ist hochgradig albern und gar nicht so weit weg vom typischen nassen Verhalten, wo man auch alles als Ausrede benutzt um nur das eigentliche Problem nicht angehen zu müssen: Was früher der Alk war, sind jetzt halt (noch) die Zähne. Man redet nicht gern drüber, es wird mit der Zeit immer schlimmer und irgendwann muss man ohnehin etwas dagegen tun, oder erleidet fatale Konsequenzen.

    In jedem Fall bin ich wirklich froh, dass das Thema Zähne hier damit nun auf dem Tisch ist. Das ich vom ersten Termin berichten werde, versteht sich von selbst.

    Ups, jetzt muss ich nochmal revidieren: Habe nun doch einen Termin für nächsten Freitag bekommen (zwei Städte weiter). Habe auch gleich angesprochen, dass da einiges zu machen sein wird (hat nun mal nicht jeder Zahnarzt Lust drauf), und das wurde positiv aufgenommen. Ich freu mich jedenfalls drauf, denn mit so schlechten Zähnen möchte ich, unabhängig von den Schmerzen, einfach nicht mehr rumlaufen. Das verleidet einem nämlich unter anderem auch den Appetit.

    Wow, das war jetzt wirklich ernüchternd: Außer akut bei Notfall soll ich es, ja, weiß man gerade nicht so genau, gerne im nächsten Jahr noch einmal probieren. Nein, keine Ausrede, sondern ziemlich genau das, was mir die Sprechstundenhilfe mitgeteilt hat. Es gibt hier keine Zahnartzttermine, außer es muss unbedingt sein, und dann gibt es auch keinen Termin, dann kommt man auch mal so ran.

    Ich muss sagen, einerseits ist mein innerer Schweinehund jetzt natürlich erstmal ganz froh, weil er mit dem üblichen Blödsinn durchkommt, aber so wirklich glücklich macht mich das nicht. Denn zur Akutbehandlung muss ich ja trotzdem auf kurz oder lang, nur mich hätte das wirklich von ganzen Herzen gefreut, wenn das dann ein Mediziner übernehmen würde, der mich auch gern als Patienten hätte.

    Die nächsten größeren Städte sind von hier wahlweise eine halbe Stunde mit der Bahn oder eine mit dem Bus, da such ich telefonisch mal weiter. Ansonsten habe ich jetzt noch eine der Einheimischen als Unterstützung, die versucht mir privat jetzt zumindest einen Termin zu besorgen, bei dem das Gröbste erledigt werden kann. Von der Vorstellung in absehbarer Zeit (innerhalb von 1 -2 Monaten) so gut wie alles erledigen zu können, muss ich wohl so oder so Abstand nehmen...

    Hallo Sunshine,

    Du brauchst dir keine Sorgen machen: Morgen um 11:30 werde ich von hier abgeholt und zum Zahnarzt gebracht. Jetzt habe ich keine Ausreden mehr, aber momentan auch keine Schmerzen. Wären diese nicht abgeklungen (kein Schmerzmittel heute), hätte ich die nötigen Hebel bereits in Bewegung gesetzt um sofort beim Arzt vorgelassen zu werden.

    Wir müssen übrigens nicht drüber reden, ob das ein Stück weit eine Ausrede ist: Ist es, und sollte ich bis morgen Mittag immer noch nicht beim Zahnarzt gewesen sein, dann würde ich mir selbst Sorgen machen, nur soweit wird es nicht kommen. Die Praxis sieht auch ganz ok aus, soweit man das nach Google Rezensionen beurteilen kann. Immerhin haben sie überhaupt eine eigene Website und werben mit hochwertigem Zahnersatz :).

    Sollte sich jemand wundern, warum ich heute wirklich viel schreibe: Ich glaube, es ist einfach nötig. So etwas wie den Beitrag vorhin habe ich früher als Blogartikel beim Morgenkaffee veröffentlicht, der Automatismus sitzt tatsächlich noch ein bisschen und heute habe ich gar nichts zu tun. Ich war vorhin spazieren, aber das hat eher die Schmerzen verstärkt.

    Die letzten Tage sind seltsam, jetzt mal von den Zahnschmerzen abgesehen: Es fühlt sich teilweise wirklich so an, als hätte ich frisch entgiftet, aber auch wenn ich darüber nachdenke, was ich die letzten Tage gegessen habe, halte ich selbst die zufällige Zufuhr von Alkohol in mein System für ausgeschlossen. Ich war allerdings nach der Entgiftung ähnlich empfindlich wie jetzt, mit dieser vermutlich nicht so harmlosen Entzündung im Mund. Wohlgemerkt, ich habe keinerlei körperlichen Entzugssymptome, ich fühle mich eher etwas angeschlagen und neben der Spur. Schmerzmittel habe ich heute auch genommen und das scheint mir doch etwas "dämmrig" zu machen.

    Ich war besoffen "stolz" auf meine schlechten Zähne, als wären die ein Zeichen von irgendwas, außer meiner eigenen Idiotie: Mir scheint ich lerne in mancherlei Hinsicht wohl einfach sehr langsam, aber dafür hoffentlich gründlich.

    Ach, und...: Ich habe erst zu Schmerzmitteln gegriffen, als auch Beten nicht mehr zu helfen schien. Das hat heute allerdings ganz gut geklappt, was Sinn macht, wenn man bedenkt, das Beten und Meditation nicht so weit voneinander weg sind. Ich geh sogar einen Schritt weiter: Wenn Beten als Ablenkung bei Suchtdruck funktioniert, reicht mir persönlich das als Gottesbeweis und es ist bedeutend besser als noch gedanklich an dem zu hängen, was ich bei mir den "Gottkönig Alkohol" genannt habe.

    Denn heute weiß ich, dass der Alkohol a) nichts dafür kann und er b) weder besonders göttlich macht, noch "einzigartig" ist. Der Hauptgrund, warum so viele Leute saufen und so wenige sich einfach gleich Heroin drücken, hat schon massiv was mit Verfügbarkeit und Konsenz zu tun, aber viel, viel weniger mit der Wirkung, als man sich gesamtgeselllschaftlich gerne einredet (These). Auch "harte" Drogen lassen sich weich genug dosieren um den Alltag so zu bestreiten, wie nasse "funktionierende" Alkoholiker es für gewöhnlich tun.

    Aber sein wir ehrlich: Das schaffen die wenigsten Konsumenten. Früher oder später scheint die ungebremste Drogen/Alkoholerkrankung jeden zuverlässig in den Wahnsinn zu treiben, was Sinn macht, da ich mir schwer vorstellen kann, dass unser Belohnungssystem für die Einnahme von Nervengift gemacht worden ist. Trinken wir dennoch um "heiter" zu werden, dürfte das ein Brachialfehler sein, da die Heiterkeit sich ja durchaus einstellt, unser Bewusstsein jetzt aber massiv Feedback vom Belohnungssystem bekommt und das sagt: Alles Richtig Gemacht! Und das ist vollkommen unbabghängig davon, ob wir gerade den Geschäftsabschluss überhaupt gemacht haben, oder in der Gosse liegen.

    Durch regelmäßiges "Training" des Belohnungssystem in Situationen, die wir vermeintlich für "harmlos" halten, weil der Alkohol ja "nicht im Fokus" steht, basteln wir uns unser eigenes Suchthirn zurecht. Langsam, schleichend oft unerkannt über Jahre hinweg: Das kann für niemanden Gesund sein, nicht einmal für den mäßigen Trinker . Es stört nur eben in den meisten Fällen auch nicht so sehr, dass Abhilfe gesucht werden würde.

    Das man stattdessen jedoch oft gleich das kollektive sich Vergiften zur Normalität erklärt, und das trotz der Tatsache, dass Alkoholismus eine vererbliche Komponente besitzt, darüber bin ich jeden Tag auf's neue erstaunt, denn es scheint mir evolutionär überhaupt keinen Sinn zu ergeben.

    Ich habe bislang nur einen Mediziner darauf (Alk.) hinweisen müssen, in dem Fall allerdings, weil ich genau deswegen da war: Ich brauchte irgendein Kostenübernahmeformular. Der Mann hat sich sichtlich gefreut und war bemüht mir zu helfen, fand ich gut. Der wird als Allgemeinmediziner auch unabhängig von den Härtefällen genug alkoholinduzierte Schädigungen sehen dürfen, da ist jemand, der davon loskommen möchte, sicher eine nette Abwechslung :) .

    Ansonsten muss ich auch nicht jedem von meiner Alkoholkrankheit erzählen, aber dem Zahnarzt auf jeden Fall, vor dem hab ich Angst :mrgreen: .

    Ich machte mir gedanklich, eine Liste und stellte positive und negative Erlebnisse, Taten unter Alkoholeinfluss gegenüber. Über die Jahrzehnte war „die Liste“ der Verfehlungen unendlich lang, sofern ich mich noch daran erinnerte, auf der positiven Seite sah es sehr leer aus.

    So eine Liste habe ich mir auch mal gemacht, da ging es aber konkret darum, was mit Alkohol besser ist als ohne - und da hatte ich meine Entscheidung bereits gefällt. Auf der mit Alkohol Seite der Liste stand einfach gar nichts, weil Alkohol tatsächlich überhaupt nichts besser macht, außer die Wirkung der durch ihn erst verursachten Entzugserscheinungen zu dämpfen. Sind die körperlichen Entzugserscheinungen weg, bietet Alkohol keinerlei Vorteile mehr und all die kleinen "Partys", die in meinen Synapsen ja doch gefeiert worden, waren bereits gesundheitsschädlichem narkotischem Trinkverhaltem geschuldet: Ich möchte mich an nichts Positives im Kontext Alkhohol erinnern, weil ich der Erinnerung nicht vertrauen kann.

    Und entschuldige, dass ich hier einfach so reinstolpere Erna, aber das hat sich gerade gut angeboten :)

    Ja nu, Dating hat sich mit den Zähnen ohnehin erstmal erledigt :| :

    So, da ich nun für heute auch auf Arbeit freigestellt bin, kann ich gleich mal ein bisschen Gedanken sortieren: Für mich ist es demnächst Zeit wieder in den öffentlichen Raum zu treten. Die Vorstellung, man könne wie früher als Künstler einfach nur seine Werke produzieren und dann Abseits des Verkaufs keinen Publikumskontakt haben, ist ziemlich überholt in dem Sinne, dass sich das kaum noch jemand leisten kann, und es auch nicht mehr nötig ist.

    Früher habe ich es im Bereich Werbung in sozialen Medien mit "einfach nur ich selbst sein" probiert. Das kann mal funktionieren und auch recht symphatisch wirken, aber da fehlt zum einen schnell der rote Faden und zum anderen wird der Kontakt zum Publikum dabei etwas zu eng. Tatsächlich braucht man so etwas wie eine Kunstfigur um wieder auf den Boden der Tatsachen kommen zu können. Ich weiß nicht mehr, woher ich das Zitat habe, aber die Frau eines berühmten Wissenschaftlers soll auf seine Ambitionen mal sinngemäß geantwortet haben: "Das kannst du alles machen, aber vorher isst du deine Suppe auf."

    Meine Suppe ist noch nicht ganz ausgelöffelt, wie mir jetzt die Zahnschmerzen überdeutlich demonstriert haben, diese sind allerdings körperlich zumindest gefühlt die letzten Überbleibsel massiver Verwahrlosung, während der Rest schon wieder sehr gut in Schwung gekommen ist.

    Was mir nun vorschwebt, ist zwar das Thema Alkoholverzicht bewusst in meinen medialen Auftritt einzubauen, jedoch nicht die eigene Suchterkrankung in den Vordergrund zu stellen, denn die ist dann irgendwo doch auch Privatsache. Ich weiß, dass einige das anders handhaben und tatsächlich sich selbst als geläuterte "EX-Trinker" verkaufen, aber die kommen dann auch selten weiter als bis zu eben genau dieser Thematik.

    Bei meiner Suche nach irgendeiner Quelle, die mir eine gute Grundlage für eine sinnvolle Abstinenztheorie liefern könnte, bin ich tatsächlich gestern Abend noch erfolgreich gewesen und zwar bei Doktor Med. Gustav von Bunge, bzw. allgemein in der Geschichte der Anti-Alkohol und Abstinenzbewegung, die doch etwas weiter zurückreicht, als ich Naivling angenommen habe. Das hat sein eigenes Thema verdient, hier nur mal ein paar Zitate aus "die Alkoholfrage" (1886, Bunge):

    Zitat

    "Niemals aber wird ein Mensch durch geistige Getränke geistreich. Dieses so verbreitete Vorurteil beruht auf einer Selbsttäuschung; es ist gleichfalls nur ein Symptom der beginnenden Hirnlähmung: in dem Masse, als die Selbstkritik sinkt, steigt die Selbstgefälligkeit."

    "Es ist ein festgewurzelter Glaube, dass der Alkohol den Müden stärke zu neuer Leistung und Anstrengung. Das Müdigkeitsgefühl ist das Sicherheitsventil an unserer Maschine. Wer das Müdigkeitsgefühl betäubt, um weiterzuarbeiten, gleicht dem, der gewaltsam das Ventil verschliesst, um die Maschine überheizen zu können."

    Da ist schon sehr viel von dem vorhanden, was wir heute noch wissen und achten. Ich möchte jedoch noch einmal betonen, dass diese Worte nicht von einem trockenen Alkoholiker stammen, sondern von jemand, der aus wissenschaftlichen sowie moralischen Gründen die komplette Abstinenz der Bevölkerung zum Teil der Staatsräson machen wollte, denn:

    Zitat

    "Wer aber an kein Narkotikum gewöhnt ist, wird auch durch kein Narkotikum leistungsfähiger."

    Und was jetzt kommt finde ich hochinteressant:

    Zitat

    "Besser als durch alle wissenschaftlichen Deduktionen wird die völlige Nutzlosigkeit, ja Schädlichkeit auch der mässigsten Alkoholdosen bewiesen durch die tausendfachen Massenexperimente, welche bei der Verpflegung der Heere gemacht worden sind und welche bereits festgestellt haben, dass die Soldaten in Kriegs und Friedenszeiten, in allen Klimaten, bei Hitze, Regen und Kälte alle Strapazen der angestrengtesten Märsche am besten ertragen, wenn man ihnen vollständig alle alkoholischen Getränke entzieht."

    Ich denke das ist die Art von Informationen, die man überzeugten und seriösen Menschen heute noch liefern kann, ohne auf Ablehnung zu stoßen und die vor allem auch etwas: "mit ihnen macht". Angesichts der heutigen Krisenzeiten käme mir das Wiederaufleben von Abstinenzbewegungen aller Art im übrigen auch ausgesprochen vernünftig vor, warum also nicht einfach selbst einen Anfang machen?

    ich weiß nicht, ob schon geschrieben. Solltest eine Spritze bekommen, denke bitte daran, dass Alkoholiker ein schnelleres Abklingen von Schmerzmittel haben.

    Danke, das habe ich hier schon öfter mitgeschnitten, aber es ist gar nicht so leicht, dazu konkrete Hinweise im Internet zu finden. Ich werde allerdings den Arzt in jedem Fall deutlich darauf hinweisen. Da ich das Trinkverhalten hier in der Region einigermaßen kenne (dünn besiedelt, niedriges Einkommen), werde ich wohl auch nicht der erste sein, der solche Probleme hat, impliziere das wäre nicht ohnehin schon bei der Grundausbildung im Bereich Narkose mit eingeschlossen, wovon ich eigentlich ausgehe.

    Ja, eben Schmerzen können den Verstand ausschalten.

    Ich wäre gestern bereit gewesen so ziemlich alles zu machen, nur damit die Schmerzen aufhören. Hätte ich aus irgendwelchen Gründen Alkohol zu Hause gehabt, keine Chance dagegen anzukommen. Auf der Haben-Seite bin ich ziemlich sicher, dass ich mich dann zeitnah in die Entgiftung begeben hätte, aber es hat zum Glück auch so funktioniert.

    So kannst Du die Behandlung Deiner Zähne angehen und Dich um Deine Gesundheit kümmern!

    Ich müsste lügen, wenn ich jetzt sagen wollte, dass ich mich deshalb gerade vor Freude überschlage, aber ich bin mir auch sicher: Sobald der erste Termin geschafft ist, sieht das schon anders aus. Und wenn die Zähne dann erstmal fertig sind, werde ich sicher äußerst zufrieden damit sein, es endlich gemacht zu haben.