Beiträge von loewenzahnkind

    Es lief ab wie bei jemandem der verstorben ist. Die Person war für mich schlichtweg nicht mehr existent, was es mir trotz des nachtrauerns, doch rückblickend betrachtet, relativ einfach machte mit dem ganzen abzuschließen.

    Jap. So läuft das bei mir auch. Langes Hin und Her, bis ich soweit bin, aber WENN, ist Feierabend. Komplett. Ich mache mir dann bewusst, dass es den Menschen, den ich mal geliebt habe, nicht mehr gibt. Ein lebender Todesfall, sozusagen. Diese Affirmation funktioniert ganz hervorragend.

    Jep. Hätte ich genauso schreiben können. Wenn’s nicht so unpassend wär, hätte ich jetzt nen zuprostenden Emoji gewählt. Sorry, aber schwarzer Humor (Stichwort unpassend/schwarzes Schaf) gehört noch mit auf die Liste. N bisschen Zynismus geht immer… :?

    Nein, ich habe kein Alkoholproblem, ich habe mittlerweile auch eine Aversion gegen Alkohol entwickelt, aber ich bin durch meine Vergangenheit gefährdet und greife bestimmt schneller zu einem Glas als wer anderer.

    […]

    Ich merke nur wenn ich mich damit umgebe dass ich eben leichter hineinkippe auf Grund meiner Vergangenheit.

    Das kenne ich nur zu gut. Leider.

    Maß halten kann ich einfach nicht. Bzw. Konnte, denn das ist (wie alles) ein Lernprozess und ich hab das Gefühl, dass das schon deutlich besser wird, auch mit der Abgrenzung, mal ‚nein‘ zu sagen. Oder eben nach 1-2 Gläsern aufhören zu können. Da hilft mir aber auch ein Sicherheitsnetz, mich möglichst nicht in so Situationen zu begeben oder wenn, dann mit der Option abhauen zu können. Mein Partner hat mir da auch sehr geholfen über die Jahre. Früher hab ich ihn angefeindet und bekämpft, wenn er das ‚Schatz, es ist genug/wir gehen‘ über mir ausgeschüttet hat. Da bin ich ab einem bestimmten Level regelrecht ausgetickt, das habe ich leider von meinem Vater, der im Suff total starrsinnig wird und eine Art Persönlichkeitsverschiebung durchmacht.

    Ich musste lernen, dass mein Partner nicht mein Feind ist und hab akzeptiert, wenn er (und wie) er mir hilft, so Situationen zu umschiffen oder gar nicht erst reinzugeraten. Das hat viel Zeit und Vertrauen gebraucht und ist als EKA doppelt schwierig, weil man verlässliche Menschen ungerne zu nah an sich heran lässt. Das kennt man eben nicht von kleinauf.

    Anstatt etwas anzunehmen, ist es oft vermeintlich auch übrigens einfacher, für andere alles von sich herzugeben, bis man ganz ausgezehrt ist. Auch das kenne ich. Gerne für Menschen, die das absolut nicht wert sind.

    Liebe Claudia,

    herzlich willkommen! Dass du den Schritt hierher gewagt hast und dich öffnest, ist doch schon mal toll! Du wirst hier viele Gleichgesinnte treffen und auch das Ganze für dich nieder geschrieben zu haben, wird dir helfen.

    Dass du dich schämst, kann ich verstehen. Bei der ein oder anderen Zeile hatte ich auf der Zunge dir zu schreiben ‚Mensch, Mädel! Wach auf!‘ Aber ein Stück weit bist du es ja, sonst wirst du nicht hier.

    Du musst das anders betrachten: Klar kannst du dich dafür schämen, was du dir hast antun lassen. ABER: Du suchst dir Hilfe. Du suchst den Ausweg, bleibst nicht passiv. Das ist doch mutig!

    Mit erlaubt dir das Erleben von Stolz und Zuversicht. Das ist ein Prozess und wir Alkikinder brauchen oft länger als andere, um manche Dinge zu begreifen oder umzusetzen.

    Das liegt nicht an deiner eventuellen Schwäche, sondern ist genau genommen dem Gegenteil geschuldet: Wir sind leidensfähiger als andere. Unsere Schmerzgrenzen liegen höher und das Selbstwertgefühl meilenweit unter dem Maß der Anderen.

    Das erst mal vorab. Mach dich also nicht noch kleiner, sondern sieh nach vorne. Was willst du, was wünschst du dir für dich? Mach dir einen Plan, eine Liste, was du für dich möchtest und wie du das erreichst. Schritt for Schritt. Eigene Wohnung ist gut. Entfolgen: Nicht gut.

    Würde es dir helfen, eine neue Social Media-Identität zu schaffen, um gar nicht der Versuchung zu erliegen? Neue Handynummer, etc.? Dann tu es. Sei mutig. Die Liebe zu verlieren ist schwer. Aber wenn man sich einmal klar gemacht hat, dass man diesen Wunschpartner, den man gesehen hat, niemals (!) bekommen wird, kann man loslassen. Und weitergehen.

    Was du im Umkehrschluss tun kannst: Du dachtest, er würde der Vater deiner Kinder. Mal dir bitte mal aus, wie es weitergehen könnte, wenn du zurück gehst und es darauf anlegtest. Er legt jetzt schon Hand an dich. Möchtest du mit deinen schützend über den schwangeren Bauch gelegten Armen in der Ecke kauern, während er über dir steht und wer weiß was tut? Möchtest du ein Baby, ein Kind seinen körperlichen Misshandlungen aussetzen? Noch trägst du nur für dich allein die Verantwortung, das ist schon mehr als genug. Du bist mehr wert, als so ein scheiß! Überleg dir das bitte sehr gut und genau, wie so etwas enden kann.

    Das ist keine Liebe. Das ist einfach nur scheiße, entschuldige, dass ich das so klar sage. Niemand verdient, so behandelt zu werden. Und wenn du dir deines eigenen Wertes bewusst wirst, wird dir jemand begegnen, der dir genau das wieder spiegelt und dir zeigt, wie Liebe wirklich sein kann.

    Ich wünsche dir ganz viel Kraft und gute Entscheidungen!!

    Alles Liebe von

    Löwenzahnkind

    Was mir noch einfällt:

    Da Cadda ansprach, dass das Thema Offenheit immer wichtig sei (sehe ich auch so):

    Mein Vater und ich reden mittlerweile ganz offen über seinen Alkoholismus und seinen und den Weg meiner Mutter. Es hat lange gedauert, bis ich meine Mutter überhaupt verstehen konnte, ihren Absturz, aber ich hab da vieles aufarbeiten können, das ich jetzt mit ihm teile. Auch, was meine Kindheit und Jugend betrifft. Meine Beziehungen, den Verlauf meines Lebens bis hier und die Rolle meiner Mutter darin. Er kam mittlerweile damit raus, dass er es damals durchaus gesehen hat, dass meine Mutter mir nicht immer fair gegenüber war und ich es mit ihr zu schwer hatte, dass unsere Beziehung auch zu verfahren und schwierig war. (Was alle, die meine Mutter und mich kannten, sagen: Dass sie mich einfach zu sehr runtergeputzt und kleingehalten hat). Er gibt zu, dass er sich mehr bzw. überhaupt für mich hätte einsetzen müssen und er ihr einfach zu sehr freie Hand in meiner "Erziehung" gelassen hat; dass er sich zu sehr rausgenommen hat. Das wird nun nichts mehr ändern, aber es ist ein "reiner-Tisch-Machen" auf den letzten Metern. Es hilft aber, besser einzuschätzen, dass ich schon alles ganz richtig gesehen und gefühlt habe und nicht ich der Fehler in der Matrix war oder bin, (wie ich mich ja nach wie vor immer empfinde); und es hilft verzeihen. Loslassen. Daran wachsen.

    Gleichzeitig ist das auch wieder ein Wagnis, mich meinem Vater anzunähern, weil er einfach nicht zuverlässig ist und ja auch nicht langfristig greifbar. Er wird nicht trocken werden und früher oder später, eher früher, wird ihn auch der Schlag treffen. Er hat so oft Saufunfälle bei seinen Abstürzen... das lässt viel Raum für Überlegungen, wie es dann wohl passieren wird. Das wird dann ein umso schmerzvollerer Abschied, als wenn es mir jetzt schon gelingt, mich zu distanzieren. Meine Eltern haben mich halt beide betrogen, um meine Kindheit und Jugend und vor allem auch um ein Familienleben mit Rückhalt als Erwachsene. Das tut jeden Tag aufs Neue weh, gerade, weil ich mit Kind, Exmann, Arbeit, Alleinleben (Beziehung, ja, aber dennoch getrennt lebend) so viel zu stemmen habe. Mir fehlt eine Familie, die Unterstützung meiner Eltern. Mir fehlen Großeltern für meinen Sohn und es bricht mir das Herz, wenn er mit seinen zarten 7 Jahren sagt: "Mama, ich bin traurig für dich, dass du traurig bist, aber ein bisschen bin ich auch froh, dass Oma weg ist. Sie war immer so böse zu uns." Ich hätte das so gerne: Eltern, an die man sich auch als Erwachsene anlehnen kann. Die man um Rat fragen kann. Die einen mal im Alltag unterstützen. Die sich dafür interessieren, wie sich der Enkel entwickelt. Stattdessen gibts nen Vater, der einfach nur seinen Stiefel durchzieht und einen Stiefvater, der dafür gesorgt hat, dass meine Mutter ihr Testament um- und mein Elternhaus auf ihn überschreibt. Seit er das Haus für sich hat, herrscht auch Funkstille. Schade.

    Nun, es ist, wie es ist. Darüber nachzudenken macht mich gerade schon wieder viel zu traurig. Eigentlich ist es kein Wunder, dass ich aktuell täglich 3 Tafeln Schokolade fressen könnte und den ganzen Tag nur über den nächsten Serotoninkick nachdenke. Wie ichs immer wieder extra betone: Solange es nur sowas ist... Aber dennoch, als Suchtgefährdete gibt es immer die Gefahr, dass sowas kippen kann, wenn der Druck zu groß wird.

    Ach Mann. Ich muss einfach mal wieder ein bisschen was Positives erleben dürfen.

    Wie immer: Keine Zeit, keine Zeit, aber das muss dann doch schnell rüberkopiert/niedergeschrieben werden, wenigstens für mich, wenn ich wieder mal den Bedarf habe, mir Geschehenes vor Augen zu führen. Durch Caddas Reaktion auf mein in einem anderen Thread Geschriebenes ging mir auf, dass ich das tatsächlich mal hier her verschieben muss, da es eine gar nicht mal so unscheinbare Begebenheit war und die Zusammenhänge für mein eigenes Konsumverhalten recht wichtig sind.

    "Zum Trigger kann ich Folgendes sagen: Ich bin glücklich über den Umstand, dass ich den Rausch hasse. Das hängt mit diesem Kontrollzwang als Alkoholikerkind zusammen. Klar gibt es Situationen, dass ist so ein Angedüdeltsein ganz putzig, aber das kippt oft und schnell. Meiner Erfahrung nach - und meiner Erfahrung nach können Suchtkranke und -Gefährdete niemals den Absprung kontrollieren. Da nehme ich mich ein, ‚ein bisschen‘ geht einfach nicht.

    Jetzt kommt das große ABER: Es ist der Trigger auf Geschmack und Situation. Der optische vor allem - das ist ja auch davon abhängig, welche Sorte Mensch man ist; ob er visuell geprägt oder über Gerüche, Gefühle (VAKOG-Modell). Aber oft summiert sich das im Unbewussten.

    Beispiel: Mein Alkoholiker-Vater hat meinen kleinen Sohn und mich anlässlich des Todestags meiner Mutter (Leberkoma) zum Essen eingeladen. Bzw. Wörtlich: „Wir können ja einen Sambuca auf sie trinken.“ Ich habe das Ganze so arrangiert, dass das in einem Laden stattfindet, der um 17 Uhr schließt, um 16 Uhr haben wir uns getroffen. Und, wichtig: Mein Sohn und ich waren zu Fuß da und mein Partner als Backup auf Spazierrunde, um uns abzuholen. Also keine Möglichkeit, alkoholisch und emotional abzustürzen. War auch alles gut so! Jetzt das, worauf ich eigentlich raus wollte: Mein kleiner Sohn bekam eine Limo in so einer SanP Mini-Flasche und ein total cooles Kristallglas dazu, Eis bis oben hin. Mein Instant Trigger: Gin Tonic!! Ich hab sofort Lust darauf bekommen. Habe ich mich sofort mit meinem Vater drüber unterhalten, auch über meinen Austausch hier im Forum. War er erst mal entsetzt vonwegen „Aber du brauchst den Alkohol dich gar nicht“, bis ich ihm das mit dem Trigger und der nicht erlernten Grenzkenntnis erklärt habe. Und sowas geht extrem schnell bei mir, bei dem, was ich im Fernsehen oder bei anderen sehe (an Getränken). Sobald es nett arrangierte Gläser sehe, klickt was in meinem Kopf und ich krieg da Bock drauf. Nicht den Rausch, aber die Situation: Das Gesellige, leckerer Drink. Was ja gerne kippt dann."

    So, und das ist der Knackpunkt. Aktuell ist ja wieder die Zeit, da wird es schön draußen. Länger hell, wärmer, alles streckt sich innerlich und äußerlich. Bei uns ist es dann so, dass direkt Biergartenlaune aufkommt. Klassiker, das sich-irgendwo-Hinsetzen-und-was-Trinken. Das fängt mich jetzt direkt schon wieder an zu nerven! Ich tappe immer wieder in diese Falle...

    Ich muss ein bisschen ausholen.

    Seit dem "Tod" meiner Mutter (ich weigere mich immer noch, es als einfachen Tod anzuerkennen, für mich war das Selbstmord unter Assistenz meiner Väter, Krankheit hin oder her) hab ich mein eigenes Trinkverhalten (und das meines Partners) stark beobachtet, hinterfragt und auch verändert. Das Ärgerliche an sich ist ja schon, dass mein Freund bis zum "Eintritt "in meine so genannte Familie nie etwas getrunken hat. Das hat sich seitdem stark verändert. Hat alles in allem auch nur negative Folgen, vor allem körperlich (Gewichtszunahme), auch wenn das immer nur Phasen sind. Keiner von uns BRAUCHT den Stoff, Gott sei Dank!!!!! Ich erwähne das für mich immer wieder, damit ich mir klar mache, dass keine körperliche Abhängigkeit besteht und ich nichts überdramatisieren muss. Ich bin eher übervorsichtig oder daueralarmiert. Will sagen: Bei jedem Glas krieg ich innerlich die Krise und denke "Toll, schon wieder Alkohol". Zumal es ja nicht mal um die lustige Laune geht, sondern einfach nur um den Geschmack. Also wie beim Heißhunger auf Schokolade, einfach das Schmecken.

    Das nervt mich ohne Ende. Es gibt auch Tage, Wochen, da komme ich überhaupt gar nicht ran und es schmeckt auch gar nicht. Da denke ich dann insgeheim, wenn das Thema mal wieder hochkommt, "Na, na, na, nicht, dass das mal Quartalstrinkertum wird", aber es geht ja nie ums Besaufen oder den Rausch. Der Rausch ist unerwünscht. Zuletzt war hier tatsächlich wochenlang nix, war auch ok. Gab es weder Anlass noch Laune zu. Da hab ich nicht mal sagen können, wann ich zuletzt was getrunken hatte, weil es keine Rolle gespielt hat. Konnte bzw. kann mich auch gänzlich mühelos davon abkapseln, wenn mein Freund Lust hat, ein Glas Whiskey o.ä. zu trinken. Also stattdessen nix trinken oder nur ein Glas von was anderem und dann nix mehr oder wie auch immer. Aber seit den zwei Wochen Quarantäne im Februar sind wir wieder voll drin: Wein zum Essen, ab und an mal ein Schnaps danach, nach dem Spazierengehen einen Spritz/Alster, sowas. Und das Essen selber... Mann, oh Mann!

    Nicht falsch verstehen: Hier geht es nicht um Sucht oder Zwang. Es ist an sich alles kontrollierbar. Aber es NERVT, weil es tatsächlich genau wie mit Schokolade und Süßigkeiten ist: Es ist so schwer, sich das Süßigkeitengefresse abzugewöhnen und hast dann erst mal Phasen (JETZT!!), da ziehst du dir den Schrott haufenweise rein. Nicht "man", ICH – meine Mutter hat es gehasst, wenn jemand von MAN gesprochen hat. Also, bei MIR ist es so, dass ich phasenweise vor Süßigkeitenheißhunger wahnsinnig werde und mir echt viel reinziehe. Mit dem normalen Essen ist es dann auch so: Ich habe Phasen, da kann ich mich halbwegs gesund ernähren und auch insgesamt weniger essen. Und dann wieder nur Schrott, wie aktuell. Oder überwiegend – Pizza und Burger lassen grüßen.

    Ich hab ja gar nicht vor, mich rund um die Uhr zu knechten und zu regulieren, ABER ich will mal wieder aus der Spule raus, dass aktuell ALLES nur noch ungesund sein muss! Ich fresse schon den ganzen Vormittag Kaugummis vorm Rechner, damit ich wenigstens irgendwas aktiv kaue, was kein Essen ist. Homeoffice ist halt auch eh schwierig. Impulskontrolle ist das Wort, ich weiß es. Ich weiß auch, dass ich grundsätzlich in der Lage bin, das anders zu handhaben. Ich war schon immer der Stressfresser, wenns an der Arbeit rundging, und bei uns gehts eigentlich nur noch rund. Ich musste selbst während der Quarantäne durcharbeiten (daheim), obwohls mir echt kacke ging. Ich fühl mich andauernd müde und unwohl. Gucke ich in meinen Zykluskalender, gibts eigentlich genau 3 Tage der letzten 5 Monate, an denen ich mal nicht "Müdigkeit" oder "Akku schwach" eingetragen hab. So fehlt mir halt auch die Energie, gesünder zu leben – so blöde sich das anhört. Dass sich das bedingt, weiß ich sehr wohl. Dass das besser wird, wenn man den Hintern hoch bekommt, auch. Ich habe ein Drittel meines Lebens Leistungssport gemacht und das zweite Drittel durchgehend getanzt. Ich weiß, dass ich mich mit Bewegung sehr viel wohler fühle und dann auch gar nicht in die Spule komme, Schrott zu Essen oder Alkohol zu trinken. Ich weiß auf der anderen Seite, dass ich durchaus "ok" bin und mir das ganze letzte Jahr – oder besser auch noch das davor – einfach mal vergeben muss. Familiär und beziehungstechnisch war zu viel los bei mir, dazu das Grundrauschen der überstressigen Arbeit (schon während ich hier schriebe, was ich mir zeitlich null leisten kann, kommen parallel wieder 800 Mails rein). Ich weiß, es ist mein Mindset, das ich ändern muss, der Rest folgt von alleine. Ich weiß (eigentlich), dass ich gar nicht so stark suchtgefährdet bin, wie ich mir immer angstvoll an die Wand male. Weil ich anders bin als meine Eltern. Klar kann es mir trotzdem passieren, reinzurutschen, aber durch meine aktive Arbeit an und mit mir selber sinkt die Wahrscheinlichkeit deutlich.

    Aber ich würde gerne auf den Prozess verzichten und mit den Fingern schnippen und alles ist besser – wer nicht, klar. Ich erwarte ja gar nicht, morgen aufzuwachen und 10 KG weniger zu wiegen (wärs so: schön! Wenn nicht: auch ok), aber diese dauernde Müdigkeit und Schlappheit und das Gestresstsein, die mir im Wege stehen, anzugehen, wie ich mich insgesamt wieder wohler fühlen kann. Klar ist es einfacher, sich dann auf dem Sofa mit nem Glas Spritz oder ner Packung Balisto zu "belohnen" – für die FAULHEIT. Ersatzserotonin fürs WiedernichthochgekommenSein. Schön dumm isses auch, gerade, wenn man das nicht mal genießen kann, weil man sich parallel dazu so richtig hasst.

    Psychologisch gesehen ist alles soooo einfach und von allen Seiten von mir beleuchtet. Und, ja, ich muss auch Gnade walten lassen. Ich brauche Zeit.

    Aber das Physische... Mann, da ist gerade echt der Knick drin. Ich hoffe, auf die widerlichen dunklen, endlosen Winterwochen ist das aktuell nur der Frühjahrsmüdigkeit und den täglichen 20 Grad Temperaturunterschied geschuldet. Ich will mcih echt endlcih mal besser fühlen, dann spielt auch mein Geist besser mit.

    So, jetzt hab ich den status quo für mich auch mal festgehalten. Auf an die 800 Emails......... ;(

    Ich meine damit, dass Alkohol so allgegenwärtig ist, man muss schon damit rechnen in den ungewöhnlichsten Situationen damit konfrontiert zu werden.

    Absolut. Alkohol ist einfach eine komplett gesellschaftsfähige Droge, die zu wenig hinterfragt und zu selbstverständlich verallgegenwärtigt wird. Siehe den Thread der alkoholhaltigen Lebensmittel, bei denen man niemals auf den Trichter käme, gezielt darauf zu achten. Und gesellschaftlich ist es nun mal so, dass man blöd angeguckt und bedrängt wird, wenn man nichts trinkt. Anderersherum erlebt man es kaum, dass sich jemand einmischt und sagt ‚trink doch lieber mal Wasser statt Bier/Wein etc.“ Die Gesellschaft hat da leider noch einen Knick.

    Doch Veru, man kann sich seinen Freundeskreis "backen" ;)

    Familie kann man sich nicht aussuchen, Freunde schon!

    …aber auch in Familien gilt: Wenn’s zu viel ist oder nicht funktioniert, kann oder muss man den Kontakt abbrechen. Auch Familie kann einen zugrunde richten oder in völligem Unverständnis auseinander brechen. Tut weh, macht einen aber ungleich stärker. Alkoholiker und Alki-Kinder müssen einfach immer etwas mehr arbeiten und sich mehr anstrengen, als andere. Das ist so. Das ist auch keine Frage der Fairness - richtig scheiße ist das, offen gesagt. Aber da es nun mal ist, wie es ist, braucht man nicht die woanders benötigte Energie dafür aufwenden, sich darüber den Kopf zu zerbrechen. Neues Umfeld schaffen und sehen, was daraus erwächst. Ist ein bisschen wie Gärtnern im Frühling, das Ergebnis ist die Arbeit wert :wink:

    Zur Erklärung fallen mir auch nur die üblichen Klischees ein: Männer sind wagemutiger und leichtsinniger, Frauen vernünftiger und außerdem eher dazu bereit, sich Hilfe zu holen. Männer versuchen bis zuletzt, alles auf eigene Faust durchzuziehen, bis sie entweder sterben oder kapitulieren. Vielleicht ist ja doch etwas dran an diesen Klischees ...

    Ich habe zum Glück irgendwann kapituliert und die weiße Fahne rausgestreckt.

    Klischee: Frauen sind vernünftiger (ich weiß aber, was du meinst). Frauen sind bzgl. Alkohol meiner Erfahrung nach genauso doof. Aber sie können es besser vertuschen (als Alkis) ABER gleichzeitig sind sie auf der Co-Seite eher die, die sich Hilfe suchen und Redebedarf haben. Da wir von Klischees sprechen, kann ich mir vorstellen, dass es bei Männern auch öfter oder eher ans Tageslicht kommt, da es berufsbedingt schon offensichtlicher ist (siehe Handwerk, Baustellen - sind nun mal Männerdomänen). Allein daher kann Frau das schon besser heimlich ‚nebenher’ abreißen. Bis bei meiner Mutter und der Mutter meines besten Freundes mal klar wurden, dass sie saufen… da war’s schon lang zu spät. Wie wir alle wissen, können Alkis unheimlich gut sich und anderen Märchen erzählen, was den Konsum und/oder dessen Folgen betrifft. Das können Frauen meiner Erfahrung nach noch x-mal besser als Männer. In meinem Freundes- und Familienkreis ist das Verhältnis echt ausgewogen, wenn nicht sogar (eben insgeheim) frauenlastig. Nur, dass es überall bisher unter den Tisch gekehrt und als normal abgestempelt wurde. Bis sich eben die erste totgesoffen hat, seitdem sind sie da alle etwas kleinlaut. Nicht, dass das jetzt langfristig etwas geändert hätte. :cursing: Aber ja, im Angehörigenbereich sind Frauen eindeutig die mitteilsameren Betroffenen. Männer ‚schaffen das schon irgendwie‘ alles allein, hat die Evolution ja so vorgegeben…….

    Perfekt, genau das mein ich. Weiter so! :thumbup: <3

    Hab mich wahrscheinlich irgendwo komisch ausgedrückt und damit die Liebe Cadda verwirrt. Keine Absicht, versprochen. ;)

    Guten Morgen Cadda,

    hab ich schon richtig verstanden, ich vermute dennoch dahinter, dass sie das ganze Thema noch nicht so ganz erfasst hat. Einfach mal so rauszuhauen, dass man das ‚NICHT‘ tut, besagt erst mal gar nichts. Ihr habt es doch oben gut aufgedröselt: Teinke ich es, um das Trinken an sich auszugleichen (siehe Energydrink), gerne begleitend zu denen, die Trinken, oder trinke ich ähnlichen Stoff, um den Stoff auszugleichen.

    Eines von beidem ist es und es gibt nichts dazwischen und keinen Sonderweg. Wenn trocken, dann ganz weg, um jeglichen Trigger zu vermelden. Da trickst man kein System aus, sondern wird auf lange Sicht direkt wieder reingezogen. Und gerade ‚Frischlinge‘ mögen das Ganze noch nicht in der Gänze durchdrungen haben… Ich bin da leider eher bei Hartmut: Es wurde noch niemand trocken gestreichelt, erst recht nicht mit Substituten.

    Aber das Erkennen, Analysieren, Nicht-Leugnen ist erst mal der Türöffner für alles Weitere. Das wollte ich damit sagen.

    Guten Morgen zusammen,

    ich bin eigentlich nur inaktiv in diesem Thread, weil ich als EKA nur bedingt mitreden kann, aber dieser Thread hat mich so beschäftigt, dass ich vor lauter Kopfschütteln sogar mit meinem Partner darüber sprechen musste. Besonders die letzte Aussage ist stark fragwürdig. Es mag sein, liebe Lisa, dass du es aus deiner Sicht nicht trinkst, WEIL, aber dein Suchtgedächtnis ist um ein Vielfaches schlauer, als du denkst. Ich bin selber (zum Glück) kein Alkoholiker, aber stark suchtgefährdet durch meinen familiär bedingten erlernten Umgang mit dem Zeug, aber selbst ich kann ein Lied vom Trigger singen. Es gibt nichts, was so stark triggert wie Optik und Gerüche, da mach dir mal ja nichts vor!

    Ich möchte und kann mir nicht anmaßen, deine 73 Tage Trockenheit kleinzureden, ich gratuliere zu jedem einzelnen Tag! Aber sei dir gewiss, dass du eine Neugeborene bist und die Moderatoren hier im Vergleich Dinos sind (bitte nehmt mir den holprigen Vergleich nicht übel, ihr wisst ja, was ich meine). Die Jungs und Mädels wissen alle ganz genau, wovon sie reden und wenn hier klipp und klar gesagt wird „Haltet euch von sowas fern“, wäre es empfehlenswert, sich daran zu halten und nicht rumzueiern, warum man als einziger Mensch auf der Welt einen Sonderweg gehen kann. Ich begreife dann auch nicht, wie sich jemand wie der Threadersteller angegriffen fühlen kann. Sucht man hier nun Hilfe durch Austausch, oder nicht?! Dann bitte einfach mal auf die Erfahrungen der Langjährigen vertrauen; es sind viele und nicht nur eine einzelne abstrakte Meinung!

    Zum Trigger kann ich Folgendes sagen: Ich bin glücklich über den Umstand, dass ich den Rausch hasse. Das hängt mit diesem Kontrollzwang als Alkoholikerkind zusammen. Klar gibt es Situationen, dass ist so ein Angedüdeltsein ganz putzig, aber das kippt oft und schnell. Meiner Erfahrung nach - und meiner Erfahrung nach können Suchtkranke und -Gefährdete niemals den Absprung kontrollieren. Da nehme ich mich ein, ‚ein bisschen‘ geht einfach nicht.

    Jetzt kommt das große ABER: Es ist der Trigger auf Geschmack und Situation. Der optische vor allem - das ist ja auch davon abhängig, welche Sorte Mensch man ist; ob er visuell geprägt oder über Gerüche, Gefühle (VAKOG-Modell). Aber oft summiert sich das im Unbewussten.

    Beispiel: Mein Alkoholiker-Vater hat meinen kleinen Sohn und mich anlässlich des Todestags meiner Mutter (Leberkoma) zum Essen eingeladen. Bzw. Wörtlich: „Wir können ja einen Sambuca auf sie trinken.“ Ich habe das Ganze so arrangiert, dass das in einem Laden stattfindet, der um 17 Uhr schließt, um 16 Uhr haben wir uns getroffen. Und, wichtig: Mein Sohn und ich waren zu Fuß da und mein Partner als Backup auf Spazierrunde, um uns abzuholen. Also keine Möglichkeit, alkoholisch und emotional abzustürzen. War auch alles gut so! Jetzt das, worauf ich eigentlich raus wollte: Mein kleiner Sohn bekam eine Limo in so einer SanP Mini-Flasche und ein total cooles Kristallglas dazu, Eis bis oben hin. Mein Instant Trigger: Gin Tonic!! Ich hab sofort Lust darauf bekommen. Habe ich mich sofort mit meinem Vater drüber unterhalten, auch über meinen Austausch hier im Forum. War er erst mal entsetzt vonwegen „Aber du brauchst den Alkohol dich gar nicht“, bis ich ihm das mit dem Trigger und der nicht erlernten Grenzkenntnis erklärt habe. Und sowas geht extrem schnell bei mir, bei dem, was ich im Fernsehen oder bei anderen sehe (an Getränken). Sobald es nett arrangierte Gläser sehe, klickt was in meinem Kopf und ich krieg da Bock drauf. Nicht den Rausch, aber die Situation: Das Gesellige, leckerer Drink. Was ja gerne kippt dann.

    Macht euch da mal nichts vor. Der Teufel sitzt immer auf der Schulter und wartet auf seinen Einsatz!! Wenn man da nicht hellwach ist, erwischt es einen. Wenn man leugnet, hat es einen schon erwischt.

    Hier geht es Niemandem um den erhobenen Zeigefinger, sondern um Hilfestellungen. Gerade dank eigener Erfahrungen!

    Mein Therapeut z.B. sagte damals zu mir:

    "Merken Sie denn das nicht selbst? Immer, wenn ihnen jemand ein Kompliment macht, können sie das gar nicht annehmen."

    Meine auch, exakt gleiche Wortwahl, tatsächlich.

    Ich bin negativ konditioniert worden und WENN es mal etwas wie Lob gab, wurde das gleich mit einem „…aaaaber…“ wieder vernichtet. Ich bekam in meiner Therapie (nicht Suchttherapie, sondern als Angehörige wegen der Sauferei meiner Mutter, EAK wie ich nun dank euch weiß) die Aufgabe, 2-3 Freundinnen nach meinen Stärken zu befragen und mir das aufzuschreiben. Da hatte ich schon ein riesiges Problem mit, da folgte dann eben obiges Zitat darauf. ‚Witzig‘ in dem Zusammenhang war, dass meine Mutter das spitz kriegte und direkt UNGEFRAGT losschoss: „Stärken? Kann ich dir keine nennen, aber deine Schwächen sind Zack, Zack und Zack.“ Blöde Kuh :oops: :cursing:

    So viel dazu. War dann allerdings auch ne Art Aha-Effekt in der Therapie… :roll:

    Lob ist schön und positive Konditionierung motiviert mehr als negative. Aber wer grundsätzlich negativ konditioniert wurde, glaubt eh nur, dass andere einen verar…en wollen, wenn sie loben. Also, mir gehts leider so.

    Vorgestern war ihr erster Todestag, es ist also wohl mal wieder Zeit für einen Eintrag.

    Ich komme aktuell wenig zum Schreiben, auch wenn ich die letzten Wochen bis Monate oft daran gedacht habe. Es hilft mir. Stephen King hat irgendwo geschrieben (ich glaube, auch er hat es nur zitiert), dass Worte, die man niederschreibt, wie ein Polaroid sind, das man in der Sonne liegen lässt. Es verblasst langsam. So ist es mit Worten, die aus dem Kopf sind. MIR geht es so. King auch. Was der Grund ist, warum er schreibt. Ich fragte mich früher, was für ein krankes Hirn sich solche Dinge wie er ausdenken könne und habe mir im Teenageralter schon oft gewünscht, ihn das einmal persönlich fragen zu können. Das ist gar nicht nötig, denn wie sich herausstellte, gab er die Antwort in irgendeinem Vorwort (diese, ebenso wie seine Widmungen, lese ich immer sehr gerne...): Er bestehe nur aus Ängsten und Albträumen und indem er diese niederschreibt, wird er sie los. Genial eigentlich. Ich hatte früher immer Angst, dass Dinge erst lebendig werden, wenn man sie aufschreibt oder laut ausspricht, aber wie ich gerade in den letzten Jahren gelernt habe, ist das Gegenteil der Fall. Mein Freund drängt mich seit Jahren dazu, ich solle schreiben. Worte sind meins und mein Kopf ist verdreht genug dafür (King und Co sei Dank ;) ), aber ich finde irgendwie keinen Ansatz. Und vor allem: Ich nehme mich nicht wichtig genug dafür. Denn wer sollte lesen, was ausgerechnet ICH geschrieben habe? Da war es wieder, das klassische EKA...

    Jedenfalls... Trotz zeitweiligen mal-wieder-Stillstandes durch gefühlte 300 Lockdowns und Quarantäne rast die Zeit irgendwie dahin und es ereignet sich immer noch mehr als genug. Man schaue bloß mal in die Nachrichten. Heute habe ich noch nicht reingeguckt. Jeden Tag sage ich mir "heute nicht, heute brauchst du keine zusäzlichen schlechten Nachrichten" und trotzdem halte ich das dann irgendwann nicht aus und muss doch gucken.

    Mich belastet sehr, was aktuell passiert und ich musste mich in letzter Zeit stark hinterfragen, warum mir das alles so nahegeht und mir so große Angst bereitet. Warum mein Wunsch nach Sicherheit und Stabilität so krass ausgeprägt ist. Warum ich bei Bildern von Bomben, flüchtenden Menschen und Luftalarm, der Bundeskanzlerrede (die meinem Empfinden nach einer Kriegserklärung glich) heulen muss. Naja, es ist nicht der mittlere Osten oder sonstwo auf der Welt. Als empathischer Mensch erschüttert mich das zwar im Grunde ebenso, aber es geht mir nicht so nahe. Das hier ist allerdings UNSER Kulturkreis. Es sind unsere Nachbarn. Die Wohnungen sehen aus wie unsere, SIE sehen aus wie wir, viele sprechen unsere Sprache. Es ist ein Katzensprung. Und für Moskaus Raketen sind es zwei Flugstunden bis zu uns. Der Typ ist in meinen Augen ein Irrer, ein notorischer Lügner, realitätsfern, hinterlistig und zu allem fähig – diesen Typ Mann kennen wir geschichtlich nur zu gut. Größe passt ja auch; Trump ausgenommen machen irgendwie immer die kleinen Männer den größten Ärger. Geschichtlich gesehen jetzt. Heißt ja nicht umsonst Napoleonkomplex... Und mit dem Schlimmsten zu rechnen ist in so einem Fall sicher das Klügste. Angst hält hellwach.

    Ich hätte wirklich niemals gedacht, dass wir so Zeiten erleben müssen. Und wir wissen ja noch nicht mal, was alles kommt. Wie viele Bücher habe ich seit meiner Jugend verschlungen über Freundschaften und Liebesgeschichten, Einzelschicksale in den Zeiten der Kriegswirren. Immer wissend, was die Menschen damals noch vor sich hatten, deren Mut, den Lebenswillen oder das Durchhaltenvermögen bewundernd. Das Talent, mit schrecklichen Situationen umgehen zu können, die immer noch schrecklicher werden. Eventuell ist es ein bisschen davon: Zu wissen, was alles passieren kann, alles schon gelesen oder gesehen zu haben. Gelernt zu haben, was es an Grausamkeiten auf der Welt gibt. Also, das möchte ich nicht unbedingt er- und überleben müssen. Zumal... Ein ausgewachsener Krieg würde heutzutage etwas anderes bedeuten.

    Ich bin ja Generation Atomunfall. Ich habe deutliche Erinnerungen: Ich durfte früher plötzlich nicht mehr auf meine Lieblingsspielplätze, da die zumeist mit Rotsand bestreut waren. Nicht in den Regen, keine Pilze essen – nach Tschernobyl. Bei uns werden heute noch Wildschweine als nicht genießbar eingestuft, weil sie zu viele verstrahlte Pilze gefressen haben – nach 36 Jahren! Hier! Über 1.600km von Prypjat entfernt!! Ich habe also eine relativ gute Vorstellung davon, was ein atomarer Krieg heutzutage bedeuten würde. Auch dazu hatte ich übrigens interessanter Weise einen Traum vor wenigen Monaten: Ich beobachtete von einer höher gelegenen Straße aus die Explosion einer Atombombe. Obwohl wir uns hinter eine Mauer warfen – welch sinnloses Manöver bei atomarer Strahlung – folgte die Druckwelle kurz darauf. Ich bin in Hitze verglüht, davon bin ich dann mit Herzrasen aufgewacht. Ich überlege gerade, ob das kurz vor oder nach dem Tod meiner Mutter war? Ich kanns nicht genau sagen. Jedenfalls denke ich mal, drückt der Blödmann tatsächlich auf die Knöpfchen seiner beiden Atomköfferchen, wache ich danach bestimmt nicht mehr auf. Und nachdem ich "Dark" gesehen habe, will ich das auch gar nicht. Ich sage nur "Wildschweine"; was für eine Welt sollte da wohl zurückbleiben? Nein, Danke.

    So ganz bin ich noch nicht dahinter gekommen, warum mir das alles viel ausmacht. Eines habe ich in einem AHA-Moment die Tage allerdings schon erfahren: Ich hänge sehr an meinen persönlichen Dingen, muss sie immer sicher und um mich wissen. Die Vorstellung, alles zurücklassen zu müssen und mit ziemlicher Gewissheit – wenn überhaupt je – zu einer kaputtgebombten Wohnung zurückzukommen, aus der nichts geblieben ist, erschüttert mich anscheinend so stark, weil mir meine persönlichen Dinge Sicherheit geben. Alles, was ich mir aufgebaut habe, ist meine eigene Sicherheit und Geborgenheit – Familie habe ich ja nicht mehr, die mir das geben könnte bzw. selbst als ich sie noch hatte, haben sie sich mehr um sich als um mich gekümmert. Das ist so. Also baut man sich selber etwas auf und umso mehr hängt man dann wahrscheinlich daran, an Erinnerungen und "Sachen".

    Einige Einträge zuvor sprachen wir ja über meine intensivem Träume (siehe Atombombe), die sind aktuell auch wieder sehr heftig. Es gibt keine Nacht, aus der ich erholt aufwache, ich verarbeite zu viele Dinge im Schlaf, statt tagsüber.

    Letzte Nacht träumte ich von meinem Opa; der ist seit 21 Jahren tot und ich weiß gar nicht genau, wann ich mal von ihm geträumt hätte. Ausgerechnet von ihm. Er war immer total vernarrt in mich, genauso wie in meine Mutter als Kind, und diese war immer stinkeifersüchtig auf dieses Verhältnis – wie krank, oder??? Ich missgönne meinem Kind nie gute Dinge, niemals. Ich bin doch froh, wenn er wenigstens väterlicherseits ein gutes Verhältnis zu seinen Großeltern hat, das ist so wichtig! Mein Opa fehlt mir sehr. Aber er ist eben nun auch schon lange tot. :cry:

    Mit meinem Opa hetzte ich im Traum durch eine leere Altbauvilla, dann kam der Fliegeralarm. Wir nahmen uns an der Hand und rannten in den Keller. Gerade unten angekommen, fielen die ersten Bomben. Das war so unglaublich laut, alles hat gewackelt und der Staub kam eimerweise runter. Wir sind von einer Ecke in die andere gehetzt und kamen nirgendwo zur Ruhe, weil es nicht sicher war und ständig unmittelbar Bomben einschlugen. Ich habe ihm oder mir die Frage gestellt, wie die Leute das aushalten, sich die ganze Nacht nicht setzen oder irgendwo zusammenkauern zu können und ich wunderte mich darüber, dass das Fernsehen wie immer eine verzerrte Realität darstellte. Und immer ganz fest an meiner Hand: Mein Opa. Aber er hat kein Wort gesagt, im ganzen Traum nicht. Wir haben uns dann unter einem Fenster durchrobben müssen, damit der Feind uns nicht sieht und plötzlich, als hätte einer ein Licht angeknipst, war es hell, die Welt war heil und ein Kind schaute mich durch das staubverschmierte Kellerfenster an. Es war eine Schulklasse, die sich Kriegsschauplätze ansahen, um zu sehen, was ihre Eltern erlebt hätten.

    Bescheuert. Einfach nur bescheuert, von vorne bis hinten. Ich frage mich außerdem, wie man nicht nur abstrakt, sondern auch oftmals so klar träumen kann. Mit Gerüchen, Geräuschen, Gefühlen. Ich habe oftmals auch Geschmacksträume, in den ich etwas esse oder neulich eine Durstnacht, in der ich dann im Traum ein Glas Wasser nach dem anderen getrunken habe. Oder nehme man nur mal den Atombomben-Traum. Die Hitze, das Verglühen. Widerwärtig war das! Das hatte ich einige Nächte später noch einmal mit einem missglückten Raketenstart, genauso bescheuert und genauso heiß. Ich hatte ja in einem früheren Post schon geschrieben, dass ich mittlerweile anhand von Traumdeutung versuche aufzudröseln, was mein verdrehtes Hirn mir sagen will. Sags mir doch bitte einfach: Im Wachzustand. Ich möchte schlafen. Danke!

    Von den verpassten Flügen und Sachen-ganz-schnell-packen-Müssen träume ich nach wie vor; eventuell geht es da einmal um Kontrollverlust und auch einmal um besagte Wichtigkeit, meine persönlichen Dinge (meine Sicherheit/Geborgenheit) in Form von Gegenständen bei mir zu haben und nicht zurückzulassen. Also Verlustängste im weitesten Sinne, oder so...

    Die Träume von meinen Eltern habe ich auch noch oft. Zuletzt habe ich wieder mal von meiner Mutter geträumt, aber anstatt sie anzuschreien, habe ich sie wegen etwas um Hilfe gefragt. Es wird also ruhiger... Meinen Stiefvater hab ich vor Wochen ein einziges mal im Traum angeschrien, damit verarbeite ich wohl die Tatsache, dass er mein Elternhaus übernommen hat (was aus mehreren Gründen fragwürdig ist, aber lassen wir das), aber ansonsten ist die gesamte Wut allmählich verblasst. Die Trauer kommt auch nur noch mal in kleinen Wellen, ihr Todestag war echt doof. Aber ansonsten bin ich die meiste Zeit eher neutral. Ich will nicht sagen "gleichgültig", dass trifft es nicht, es ist mehr ...undefiniert, neutral eben. Kein großes Auf, kein großes Ab. Aber stetig, wie so eine innere Schwingung, eben die subtile Angst. Vielleicht warte ich darauf, dass was passiert. Wären wir in einem meiner Bücher oder Filme, wäre ich wahrscheinlich eine Zeitreisende oder Geistwandelnde und könnte durch Persönlichkeiten sämtlicher Zeiten springen und wüsste daher aufgrund des Erlebten, was uns noch Schönes bevorsteht. H.P. Lovecrafts "Schatten aus der Zeit" lässt grüßen. Also, solche Vorgänge fände ich jedenfalls nachvollziehbarer, als diese unterschwellige irrationale Angst im Zusammenhang mit meiner seltsamen Träumerei. Es ist doch auch irgendwie so: "Herzlichen Glückwunsch, Sie haben die Pandemie überlebt. Ihre Belohnung ist der 3. Weltkrieg." Was soll denn das alles eigentlich? Wann wird das hier mal wieder alles halbwegs normal?

    Ich hoffe echt, dass ich nicht doch irgendwann an den Punkt komme, dass ich meine Mutter verstehe, dass sie allem gegenüber nur noch gleichgültig gegenüberstand und sich alles schön gesoffen hat. Aber manchmal fehlt mir schon so ein bisschen die Sinnhaftigkeit in allem... Sich durch den ganzen Mist zu kämpfen – wofür? :-| Möge es jetzt bitte mal mit allem bergauf gehen. :oops:

    Wir haben hier so kleine Experten, die ganz viel am liebsten mit sich selbst abmachen 🙈

    Das kenne ich aber auch - umso mehr hat mich das eigentlich gewundert, dass er damit jetzt um die Ecke kam 🥴 Ich kenne hauptsächlich auch die Fragerei (Kids fragen ja gerne auch mal von hinten durch die Brust, so dass man gar nicht sofort rafft, worauf sie hinaus wollen). Ich glaube, das ist vielleicht auch das Ergebnis unserer häufigen Gespräche zu dem Thema meine Mutter/seine Oma.

    Irgendwie ging es auch eigentlich um was ganz anderes, ich glaube darum, dass es in meiner Kindheit und Jugend nie Aufmerksamkeit und körperliche Nähe, sondern immer nur blöde Sticheleien und Streit seitens Mutter gab. Da wurde er sauer und meinte, er würde mit Oma schimpfen, wenn sie noch lebte. Kann also auch sein, dass das ein Zeichen seiner Loyalität mir gegenüber war, sich zu offenbaren.

    In den Knirpsen steckt man nicht drin, die überraschen einen immer wieder.

    Aber das ist ja auch schön irgendwie ❤️

    Liebe Lea,

    ich habe jetzt nicht den ganzen Thread im Detail gelesen, aber das Grundsätzliche habe ich mitbekommen.

    Meine Eltern sind auch Alkoholiker, meine Mutter hat sich im Frühjahr totgesoffen. Von meinem Vater und Stiefvater ist das Gleiche zu erwarten. Als die Leberzhirrose bei meiner Mutter ins Endstadium gerauscht ist, war mein kleiner Sohn 4. Er ist sehr aufgeweckt und stellt dementsprechend auch seine Fragen, auch in Richtung „Warum ist Oma so/ ist Oma krank?“.

    Ich kann dir nur ganz stark ans Herz legen, erstens deinem Instinkt zu vertrauen, wenn du eigentlich keinen Kontakt möchtest und zweitens mit den Kindern offen zu reden! Alles, was unter den Tisch fällt oder klein geredet wird, verwirrt sie, gibt doofe Gefühle und Unsicherheit. Kinder nehmen viel mehr wahr, als wir denken, sie verstehen aber vieles anders und gerade das Verhalten Suchtkranker Personen macht Angst. Weil es irrational und ‚anders‘ ist. Erkläre ihnen offen die Situation! Mein Sohn wusste seit 3 Jahren, dass Oma krank ist, weil sie zu viel trinkt und dass sie voraussichtlich daran sterben wird. Er weiss, was das im Körper anrichtet und gleichzeitig habe ich ihm die Angst nehmen können, dass uns das von ein wenig Alkohol ab und an auch passieren kann. Das ist ebenfalls ganz wichtig, mit denen zu klären!

    Ich habe mir immer gewünscht, dass mein Kleiner Omas und Opas hat. Meine ehem. Schwiegereltern sind auch Sonntagsgroßeltern, also nicht im Alltag unterstützend da, aber wenigstens zu familiären Gelegenheiten (also, für mein Kind, ich bin da ja raus).

    Daher wollte ich meine Familie zusammen halten. Ich habe aber früh feststellen müssen, dass das weder mir noch meinem Sohn gut tut und habe mich meinen Eltern möglichst entzogen. Dafür musste ich natürlich auch jede Menge Vorwürfe einstecken, meine Familie ist extrem. Aber mein Instinkt war stärker, mein Kind möglichst wegzuhalten.

    Jetzt, Monate, nachdem meine Mutter gestorben ist, hat sich mein Sohn mir zum ersten Mal offenbart und sagte mir, er habe sich bei Oma nie wohl gefühlt, er mochte sie auch nicht so gerne, weil sie immer so komisch war. Das habe er mir aber nicht sagen wollen, weil er mich nicht verletzen wollte.

    Mir bricht es das Herz, wenn ich überlege, was er für mich ausgehalten hat, um mich zu schützen - und ich dachte, ICH halte was aus, nur, damit er wie andere Kinder Oma und Opa hat.

    Wenn dir dein Gefühl sagt, es geht dir damit nicht gut, lass dir Finger davon und bleib da weg.

    Alles Gute für dich!

    loewenzahnkind

    wenn er sich blöd (lächerlich, peinlich bis hin zu gemein d.h. verbal gemein, hämisch etc.) verhält. Zum Glück sind das dann "nur" ein paar Sätze und die sind meist so bekloppt, dass ich nicht mehr jedes Mal darauf reinfalle und mich mit ihm rum streite, was er zweifelsohne in dem Moment wohl einfach will. Doch nachklingen tun sie dennoch am nächsten Morgen in mir.

    So fing es bei meiner mutter auch an. Und endete damit, dass sie komplett unmöglich wurde. Die Frau konnte man niemandem mehr zumuten, egal, ob Pegel oder nicht: Sie war nur noch verletzend und abwertend. Schlicht ekelhaft.

    Es wird schlimmer. Niemals besser. Zumindest nicht MIT Alkohol!

    ist Alkoholismus auch keine Krankheit, sondern eine Sucht, die man überwinden muß (zur Not eben durch Entzug im Krankenhaus). Sie hatten selber Alkoholprobleme, aber eben wie ich, ohne körperliche Abhängigkeit. Mehr so als "Charakterschwäche".

    Interessant… genauso hadere ich auch damit. Ich werfe ihnen seit Jahren vor, dass sie das selber in der Hand haben, mit entsprechender Hilfe natürlich. Als der Trauerredner bei uns daheim war und großartige Nettigkeiten über meine Mutter von mir hören wollte, ist mir der Kragen geplatzt. Da habe ich mich mit Vater und Stiefvater echt in die Wolle gekriegt, weil sie es immer noch lapidar als Krankheit abtun. Trunksucht, nennen sie es. Ich für meinen Teil denke, es ist eine Mischung aus beidem. Sie hat sich aufgegeben, losgelassen. Es war einfach nichts mehr wichtig - auch mein Sohn und ich waren es offenbar nicht. Charakterschwäche verleitet einen, es sich leicht zu machen, sich das Leben schön zu saufen und irgendwann ist der Körper durch den Konsum krank und die Psyche hängt dazwischen. Ich kriege es doch auch hin, mich dagegen zu entscheiden. Mich zusammenzureißen. So meine Denke die letzten Monate, vielleicht kannst du mir ungefähr folgen. Ich will hier auch niemandem auf den Schlips treten oder falsche Pauschalrundschläge austeilen, ich berichte nur von meinen inneren Dämonen.

    Ich hab nur Angst, dass mir irgendwann alles so egal ist, wie meiner Mutter. Ich einfach aufgebe - wie sie. Ich will nicht, dass mein Sohn mich jemals so sehen muss :cry: :oops: