Hallo redflag!
Ich lese deine Beiträge die ganze Zeit still mit und melde mich jetzt auch mal zu Wort. Vieles von dem, was du schreibst, erinnert mich dermaßen an meine Situation, dass es so ist, als würde ich einen Spiegel vorgehalten bekommen.
Mein Mann hat vor ca einem Jahr das erste mal zugegeben, ein Problem zu haben. Dass er sich eine Therapie/eine Beratung holt. Ich dachte: wow! Jetzt hat es endlich Klick bei ihm gemacht, jetzt schaffen wir das. Ich habe ihm die Pistole auf die Brust gesetzt, ihm deutlich zu verstehen gegeben, dass ich sein trinken nicht mehr ertrage und und mich trennen werde, wenn sich nichts ändert. Vor ca 6 Monaten habe ich mich hier im Forum angemeldet, weil sich, oh Wunder, gar nichts geändert hat. Er trank weiter. Immer mal wieder Abstürze, Streit, trinkpausen. Seit ein paar Wochen gibt es keine Abstürze, aber leider auch keine trinkpausen mehr. Er trinkt quasi täglich, nie soviel, dass man es ihm deutlich anmerkt. Aber ich merke es. Ich rieche es. Ich habe es jetzt einige Wochen ignoriert, nur nebenbei angesprochen.
Soll ich dir was sagen? Es ist ihm scheißegal. Er trinkt weiter, denkt, ich bin so blöd, dass ich es nicht merke. Spreche ich es doch an, wird natürlich abgestritten, ich spinne, sei verrückt, mache ihn nur fertig. Aber ENDLICH bin ich soweit, dass ich meiner Wahrnehmung traue. Und ich bin an dem Punkt, dass ich sagen kann: mein Mann und st alkoholiker und ich kann rein gar nichts daran ändern. Das einzige, was ich ändern kann, ist mein Umgang damit. Vielleicht gibt es mal ein paar Tage, an denen er nichts trinkt. Aber das war’s dann auch.
Was ich dir eigentlich damit sagen will: traue keinem nassen Alkoholiker!
Vielleicht gibt es Ausnahmen, aber alle hier werden dir sagen: wenn er wirklich etwas ändern will, dann wirst du es merken! Und zwar sofort!
Ich bin hier noch lange nicht so weit, um einen Schlussstrich zu ziehen. Aber ich ziehe meine Konsequenzen. Ich habe aufgehört, ihn retten zu wollen. Das kann ich nicht. Ich habe aufgehört, mit einzubilden, dass ich irgendetwas an seinem trinkverhalten ändern kann. Zumindest solange die ausgangssituation die gleiche ist. Vielleicht würde es etwas ändern, wenn ich ihn vor die Tür setzte, vielleicht auch nicht. Wer weiß das schon.
Das hört sich jetzt gerade vielleicht an, als hätte ich resigniert. Aber nein, es ist das Gegenteil der Fall. Ich fange endlich an, auf mich zu schauen. Auf mich und meine Kinder.
Wahrscheinlich ist es gerade wie die berühmte Ruhe vor dem Sturm.
Ich hoffe natürlich für dich und für euch, dass er es tatsächlich eingesehen hat. Aber mache dich sicherheitshalber darauf gefasst, dass du enttäuscht wirst…
Liebe Grüße, Marli
Ps: Das Beratungsgespräch, zu dem mein Mann angeblich seit einem Jahr geht, findet übrigens mit großer Wahrscheinlichkeit nicht statt. Ob es jemals statt gefunden hat? Keine Ahnung… Kann gut sein, dass er mir auch an dieser Stelle knallhart ins Gesicht lügt.