Beiträge von Siri

    Was ich gerne verinnerlichen möchte, weil es mir wichtig ist:

    Dank von anderen einfach annehmen. Und dann z.B "gerne"/"gern gemacht" sagen, statt abzuwiegeln und zu murmeln "nichts zu danken" o.ä.

    Ich ärgere mich jedesmal, wenn mir wieder einmal so etwas herausrutscht. Denn mich freut der Dank und die so erfahrene Wertschätzung, genauso wie ich mich ja auch gerne bedanke, wenn ich Unterstützung von anderen erhalte.

    Was für ein nerviges und hartnäckiges Muster aus meiner Kindheit diese Abwehr von Dank ist! Gestern ist es mir wieder einmal passiert.

    Vielleicht sollte ich mir die Male notieren, wo mir ein fröhliches "sehr gerne!" gelingt? Vielleicht ist das wirksamer als mich über den Automatismus des alten Musters zu ärgern, wenn es mal wieder nicht geklappt hat?

    Wie gelingt es Euch, Euch in solchen Dingen "umzuprogrammieren"?

    Hallo Izzy,

    ich bin keine Alkoholikerin, sondern EKA, kenne aber die Bagatellisierung von Krankheit. Deshalb erlaube ich mir, Dir zu antworten.

    Ich glaube, da hilft nur Distanzierung, wirklich resolute Abgrenzung am besten in freundlichem Ton, ruhig und entschieden.

    Lass Dich da auf keinerlei Diskussionen ein!

    Aus meiner Erfahrung kann ich sagen, dass es nichts bringt, sich zu erklären. Im Gegenteil, es schwächt die eigene Position. Mir jedenfalls geht es besser, seit ich das lasse, und das gilft nicht nur in diesem gesundheitlichen Bereich, sondern in vielen anderen Bereichen: Man muss sich nicht dauernd erklären und rechtfertigen!

    Ich habe seit der frühen Kindheit schwere Mirgäne und eine weitere chronische Krankheit, die viele Schmerzen macht. Dieses Kleinreden und Ignorieren durch meine Mutter war sehr schädlich für mich. Es hat lange gedauert, bis ich mir als Erwachsene medizinische Hilfe für mich organisieren konnte. Ich hatte ja gelernt, dass das alles nicht so schlimm und nicht der Rede wert sei. Unter anderem wegen dieser fortdauernden Verharmlosung hatte ich vor vielen Jahren und für lange Zeit den Kontakt zu meiner Mutter ganz abgebrochen.

    Meine Mutter ist Alkoholikerin, doch denke ich, dass dieses Verharmlosen nicht an ihrer Alkoholkrankheit liegt, sondern in ihrer Persönlichkeit bergündet ist.

    Auch die Selbstüberschätzung, von der Du bei Deinem Vater berichtest, das Abfragen von irgendwelchen Symptomen, Behandlungen oder Werten, kenne ich. Meine Mutter macht das heute noch. Doch ich lasse mich nicht mehr darauf ein. Ich sage dann so etwas wie: danke, dass Du Dir Gedanken machst, aber ich habe sehr guten ärztlichen Beistand und ich vertraue dem Urteil meiner Ärzte.

    Es macht mich wirklich sauer, wenn ich Deinen Bericht lese. Ich kann das Bedürfnis, die Krankheit zu erklären, und so Verständnis für Dich und Deine Situation zu erhalten, sehr gut nachvollziehen. Ich denke aber, dass es bei Deinem Vater aussichtslos ist.

    Ich habe in den letzten Jahren gelernt, mich an Menschen zu halten, die mich in meinen Belangen, Sorgen und Nöten ernst nehmen und mir wohlgesonnen sind. Auf die Meinungen von anderen lasse ich mich nicht mehr ein.

    Alles Gute für Dich!
    LG Siri

    Ich bin überzeugt, dass meine Mutter sich für dieses Leben entschieden hat. Zumindest zelebriert sie ihren Alkoholkonsum immer wieder als eine bewusste Entscheidung.

    Zu Beginn des erneuten Kontakts hat meine Mutter mich, wie früher, immer zu provozieren versucht: sich lustig gemacht, dass ich beim Abendessen nicht mittrinken will, mir zugeprostet (komm, geht doch auch mit Wasser, das haben wir doch bereits gemacht, als Du ein Kind warst ...). Früher hat mich diese Form der Nötigung auf die Palme X( gebracht, heute bleibe ich äußerlich cool 8). Innerlich siehts manchmal anders aus, da schießt mir ab und an dann doch ein Gedanke in den Kopf wie: Du doofe Z...e kannst es immer noch nicht lassen. Wie nervig:!:

    Ihr Verhalten ist für mich ein klares Anzeichen dafür, dass sie saufen will, und dass sie andere, die Alkohol nicht trinken, abwertet (sind keine Erwachsenen ect.).

    Mittlerweile bewerte ich ihren Alkoholkonsum konsequent nicht mehr. Ich reagiere einfach nicht, wenn sie auf Alkohol zu sprechen kommt. Wenn sie mich zu ihrem Alkoholkonsum direkt fragt, betone ich, dass es ihre Entscheidung ist und ich das nicht bewerten möchte.

    Seit meine Mutter weiß, dass ich ihren Alkoholismus nicht bewerte, ist sie weniger aggressiv. Manchmal habe ich den Eindruck, dass sie sogar tatsächlich ab und zu ins Nachdenken über ihre Sucht kommt. Aber auch wenn sie zum Beispiel beim erneuten Einschenken Mal sagt, dass sie süchtig ist, kommentiere ich dies nicht. Ich sage höchstens, dass nur sie dies wissen kann, ob das so ist. Mehr nicht.

    Meine Mutter weiß, dass sie mich um Hilfe bitten kann, falls sie etwas an ihrer Sucht ändern möchte. Sie weiß dies, weil ich ja auch ansonsten sofort reagiere, wenn es ihr an etwas fehlt, zum Beispiel Medikamente oder ein Arztbesuch zu organisieren ist oder oder oder.

    Bei all diesen Dingen bittet sie um Hilfe. Ich schließe daraus, dass sie dies in Bezug auf ihre Alkoholkrankheit nicht will.

    LG Siri

    Ich sehe es genauso. Es ist der Alkohol, der Deiner Mutter verunmöglicht am Leben teilzunehmen.

    Bei meiner Mutter fordern die versoffenen Nächte am Morgen ebenso ihren Tribut. Das war schon in meiner Kindheit so und ist nun im Alter extrem. Sie ist bis zum späten Nachmittag/frühen Abend nicht ansprechbar. Dann ist der Tag schon vorbei. Der Pflegedienst hat sich weitgehend darauf eingestellt und kommt am frühen Nachmittag, aber auch das hat natürlich Grenzen. Meine Mutter ist ja nicht die einzige, die Pflege benötigt. Wenn sie die Konsequenzen spürt, passt sie sich laut Pflegedienst immer wieder eine Zeit lang an.

    Für mich ist es wichtig hier deutliche Grenzen zu ziehen: Zu Beginn meiner Vorsorgetätigkeit hat meine Mutter oft am späteren Abend bei mir angerufen. Das habe ich entschieden unterbunden und sie gefragt, wie es für sie wäre, wenn ich um 7:00 Uhr vor der Arbeit bei ihr anrufen würde. Sie hält sich nun daran. Für mich ist das wichtig, damit ich mich am Abend entspannen kann.

    Du siehst, es ist ein typisches Verhalten von Alkoholikern. Das hat nichts mit Dir zu tun. Es ist unmöglich, sich darauf einzustellen, geschweige denn das eigene Leben danach zu richten. Für Deinen Sohn ist es besonders wichtig vorgelebt zu bekommen, dass Ihr Euer eigenes Leben führt.

    LG Siri

    Hallo liebes Forum,

    Hallo liebes Forum,

    Zeit wieder einmal ein paar Gedanken zu mir hier zu lassen.

    Die Distanz zu meiner Mutter tut mir gut. Allerdings plagt mich zwischendurch immer wieder die Ungewissheit.

    Paradox ist, dass für mich sowohl der Gedanke, dass der Alkoholismus meine Mutter immer weiter in den Abgrund führt und sie daran qualvoll sterben kann, wie auch der Gedanke, dass sie sich stabilisiert und es ihr besser geht (es gab zum Beispiel seit dem Winter keine Stürze mehr), für mich gleichermaßen schwierig sind.

    Ich suche nach Wegen, mit der Situation meiner Mutter im Frieden zu sein, ohne wissen zu können, wie es kommen wird. Auf ihren Lebensweg habe ich ja keinerlei Einfluss. Es gelingt mir jedoch leider nicht gut, die Situation einfach anzunehmen wie sie ist ohne besorgt in die Zukunft zu gucken.

    Gut getan hat mir vor ein paar Tagen die Aussage meiner Ärtzin, dass ich mir für mich wünschen darf, dass die Sache für mich hoffentlich bald ausgestanden sein wird.

    Das war zunächst ein so befremdlicher und schlimmer, ja verbotener Gedanke. Aber ich kann ihn ja auf meine Situation begrenzen: Für mich wäre das gut. Und meine Mutter bestimmt selbst, was für sie gut ist.

    Vielleicht ist das der Trick, der das Dilemma von oben löst? Denn ich bedaure nicht, dass ich die Vorsorge für meine Mutter übernommen habe.

    So schwer und schlimm die erneute Konfrontation mit meiner Mutter im vergangenen Jahr auch war, so habe ich mich dadurch meiner Kindheit im Haushalt einer Alkoholikerin und psychisch kranken Mutter gestellt und bin nun dabei ein realistischeres Bild von mir selbst zu entwickeln. Auch spüre ich meine Grenzen jetzt viel besser und bin selbstbewusster geworden. Es gibt zwar immer noch viele Baustellen in meinem Leben, die ich bearbeiten will. Viel hat da mit sozialen Kompetenzen und dem Gespür für Grenzen zu tun. Aber das zu sehen und zu bearbeiten, ist ja positiv.

    Wahrscheinlich geht da der Weg für mich lang und wenn mir dabei hilft, dass ich von der Zähigkeit und dem Durchhaltevermögen meiner Mutter genervt sein darf, dann darf ich mir das vielleicht auch einfach eingestehen und es zulassen? Ich sorge ja trotzdem für die Pflege meiner Mutter. Was sie draus macht, ist ihre Sache.

    LG Siri

    Es ist ein altes Wohnhaus (100 Jahre) in das nie wirklich investiert wurde. Ich müsste die Fenster tauschen, der Stromkasten wurde noch nie erneuert, es wird mit alten Nachtspeicheröfen geheizt, zum Teil hängt die Decke durch (vermutlich ein gebrochener Balken?), das Bad ist in einem katastrophalen Zustand. Also ich schätze alleine in die obere Wohnung müsste man mindestens 50.000 € investieren, wenn nicht mehr, wenn man das in Eigenleistung macht.

    50.000 € scheinen mir nicht realistisch bei einem so alten Haus. Man kann ja nicht in eine Wohnung investieren, wenn die Substanz des Hauses marode ist.

    Schlimmer scheint mir jedoch, dass Du dort keine Privatsphäre hast. Wenn ich meine Mutter besuche, geht mir dies ebenso. Ich kann dort nie ganz entspannen, obwohl ich mich auf eine andere Ebene zurückziehen kann. Das ist nur aushaltbar, weil ich ja nur sehr selten hinfahre und nie länger als zwei Tage dort bin.

    Die Missachtung der Grenzen wurde mit mit zunehmendem kognitiven Verfall durch den Alkoholismus bei meiner Mutter extrem. Angelegt war dies jedoch bereits in ihrer Persönlichkeit.

    Hallo Mia,

    Dein Bericht ist erschütternd. Nichts davon könnte ich für meine Mutter tun, -- und ich hätte kein schlechtes Gewissen (mehr), es nicht zu tun.

    Ich wünsche Dir von Herzen, dass Du tief im Inneren erkennst, dass Du für die Lebensituation Deiner Mutter keinerlei Verantwortung trägst und Dich distanzieren darfst. Es ist nicht Deine Schuld, dass Deine Mutter in diesen Umständen lebt.

    Wenn Deine Mutter nicht mit dem Pflegedienst kooperiert, dann ist das ihre eigene Wahl. Ich würde ihr das klipp und klar sagen und dann auch konsequent danach handeln und ihr keinesfalls mehr zu Hilfe eilen. Sie spürt sonst die Konsequenzen nicht. Als meine Mutter das verstanden hat, hat sie sich auf die Hilfe eingelassen und kooperiert nun meist mit dem Pflegedienst. Wenn sie nicht kooperiert, spürt sie die Folgen unmittelbar und reisst sich dann wieder für eine Weile zusammen.

    Die meisten meiner Verwandten wollen nicht sehen, wie schlimm es mit meiner Mutter ist, und beschwichtigen. "Das eine mal wirst du ja ihre Wäsche waschen können, sie ist doch schließlich deine Mama. Das kann doch mal passieren"

    Deine Verwandten bagatellisieren, wie schlimm die Situation für Dich ist. Ich empfinde das als sehr übergriffig und würde es entschieden von mir weisen.

    Ich weiß, sie wird an dieser schrecklichen Krankheit sterben, aber davor fürchte ich mich gar nicht mehr. Sondern davor, dass alle sagen werden: "Warum hast du dich nicht/zu wenig gekümmert?"

    Du hast Dich nicht zu wenig gekümmert. Hoffentlich kannst Du dies bald verinnerlichen und Dich so vom Urteil Deiner Angehörigen frei machen.

    Vielleicht hilft es Dir, wenn Du Dir klar machst, dass das Nicht-Kümmern auch eine Chance für Deine Mutter sein kann. Nur wenn sie selbst an ihren Tiefpunkt gelangt, besteht die Möglichkeit, dass sie etwas verändern will. Im Forum wird in diesem Zusammenhang von Hilfe durch Nichthilfe gesprochen. Dazu können Dir andere im Forum besser Auskunft geben als ich.

    Es ist gut, dass Du hier ins Forum gefunden hast. Es ist so wichtig, sich in solch einer Situation Hilfe zu suchen.

    Ich selbst habe für mich viele Monate Einzelgespräche beim Kriseninterventionsdienst in Anspruch genommen bis ich dann endlich einen Therapieplatz gefunden habe. Das hilft mir, mit der belastenden Situation und meiner Kindheit besser klar zu kommen. Als es akut war udn ich nach langen Jahren ohne Kontakt mit der Situation meiner Mutter konfrontiert war, habe ich den gerontopsychatrischen Dienst bei meiner Mutter vor Ort aufgesucht und auch dort hat man mir sehr professionell weitergeholfen. Auch die Telefonseelsorge habe ich schon einmal angerufen.

    Jedes einzelne dieser Gespräche war für mich hilfreich und entlastend. Vor allem hat mir die so erfahrene Unterstützung, ebenso wie hier im Forum, dabei geholfen, die Schuldgefühle loszuwerden. Das wünsche ich Dir auch von ganzem Herzen.

    Viele liebe Grüße Siri

    Hallo Kari,

    Aber es fällt einfach schwer zu verstehen, das die anderen das nicht sehen oder anders wahrnehmen und dann zweifelt man eben doch mal, ob man das alles so richtig sieht.

    klar fällt das schwer. Aber: Für die anderen ist es doch viel leichter und praktischer, sich nicht auf Deine Sichtweise und Deine (berechtigten und völlig rationalen) Bedenken einzulassen: So können sie einfach alle Probleme und Risiken auf Deinen Schultern abladen und ohne sich selbst zu hinterfragen weiterleben. Und damit sie aus dem Schneider sind, machen sie Dir auch noch ein schlechtes Gewissen und hoffen dabei womöglich, Dich so im maroden Familiensystem zu halten.

    Es fällt einfach nur schwer so zu sein, wir hatten ansonsten immer ein gutes Verhältnis.

    Es ist unendlich schwer, nicht offen mit den eigenen Eltern kommunizieren zu können. Auch wenn ich selbst in einer völlig anderen Situation bin, fällt mir das immer noch schwer: Nie offen mit meiner Mutter kommunizieren zu können, einfach weil das immer schädlich für mich selbst wäre.

    Lindes Warnung würde ich sehr ernst nehmen. Alkoholiker reagieren ja oft unberechenbar. So eine Sucht verändert die Menschen leider massiv.

    Mir hat sehr geholfen hier bei den trockenen Alkoholikern mitzulesen, vor allem wenn sie auf Fragen von Cos oder EKAs antworten. Für mich war oft tröstlich zu lesen, dass auch die trockenen Alkoholiker betonen, dass die Angehörigen nichts an der Sucht ändern können und es nicht möglich ist, das von der Sucht geprägte Verhalten rational nachzuvollziehen.

    Ja ich arbeite daran meinen Weg zu gehen und werde das auch schaffen.

    Ich finde es sehr schön zu lesen, dass Du so klar und zuversichtlich bist. Du darfst sehr stolz auf Dich sein, dass Du das so entschieden in Angriff nimmst! Aus eigener Erfahrung, weiß ich, wie schwer das ist und was für ein Kraftakt.

    Es ist gut, dass Du Dir hierzu Unterstützung holst.

    LG Siri

    Hallo Kari,

    auch von mir ein herzliches Willkommen.

    Ich musste schlucken, als ich von den Vorwürfen Deiner Schwester gelesen habe. Was die Leute denken, ist ja wohl das geringste Problem. Dafür will Deine Schwester also Dein Leben und das Deines Kindes "opfern"? Auch die Erwartungen hinsichtlich der Sanierung des Hauses Deiner Eltern machen mich sprachlos. Das ist ein Fass ohne Boden.

    Ich finde es richtig, dass Du Dich von all dem abgrenzt und distanzierst.

    Ist das wirklich herzlos von mir an mich und mein Kind zu denken?

    Nein, das ist es nicht.

    Im Gegenteil: Es ist gesund und zeigt, dass Du ein verantwortungsvoller Mensch bist, dem das eigene Wohl und das des eigenen Kindes wichtig ist.

    Lass Dich bloß nicht davon abbringen und lass Dir bitte kein schlechtes Gewissen einreden! Das ist in Familien mit Alkoholismus leider sehr verbreitet. Es ist aber grundfalsch.

    Du hast jedes Recht, Dich und Dein Kind in Sicherheit zu bringen.

    LG Siri

    Hallo Seb,

    herzlich Willkommen im Forum. Schön, dass Du uns gefunden hast. Mir hilft der Austausch hier sehr.

    Mein Beileid zum Verlust Deines Vaters.

    Deine gefühlsmäßige Ambivalenz in Bezug auf Deinen Vater kann ich sehr gut nachvollziehen. Ich kenne solche spannungsreichen Gefühlslagen. Meine Mutter lebt allerdings noch. Mir hilft es sehr, die immer wieder mal hochkommende Wut zuzulassen, denn aus ihr kann ich Kraft für meinen eigenen Weg schöpfen.

    Komm ersteinmal in Ruhe hier an.

    Liebe Grüße

    Siri

    Hallo Mia,

    auch von mir ein herzliches Willkommen.

    Leider ist es sehr oft so, dass alkoholkranke Angehörige sich nicht helfen lassen wollen. Genau das unterscheidet dieses Krankheitsbild auch von anderen Krankheiten, bei denen die meisten Erkrankten an der Verbesserung der eigenen Situation mitwirken. Das ist traurig und zusammen mit dem zunehmenden Verfall für Angehörige kaum auszuhalten.

    Es ist wichtig, die eigenen Grenzen zu spüren und sich abzugrenzen, wenn es für einen selbst zu viel ist. Das hat nichts mit Egoismus zu tun.

    Du hast zudem geschrieben, dass Du sehr viel für Deine Mutter getan hast. Funktioniert denn der mobile Pflegedienst noch? Ich selber organisiere die Pflege meiner Mutter aus der Ferne. Für mich ist die Distanz sehr wichtig und ich delegiere das allermeiste.

    LG Siri

    Ich überlege, ob ich selbst zu einer Beratungsstelle gehe - einfach um mit jemand außenstehendem einmal darüber zu sprechen.

    Liebe Lilawolke,

    das ist in jedem Fall hilfreich. Mir haben Gespräche mit dem Kriseninterventionsdienst sehr geholfen, als meine Mutter sich gemeldet und um Hilfe gebeten hat. Für mich war der erneute Kontakt traumatisch. Die Person dort kannte sich sehr gut mit den Auswirkungen von Alkoholismus auf die Familie und insbesondere Kinder und EKAs aus. Es war der erste Schritt, mich mit den tiefen, lähmenden Schuld- und Schamgefühle auseinanderzusetzen, die ich seit meiner Kindheit habe. Daran arbeite ich intensiv weiter in einer Therapie.

    Da es auch gelegentlich relativ normale Tage mit ihr gibt - tue ich mich wahrscheinlich auch sehr schwer den Kontakt wirklich abzubrechen.

    Gerade der Wechsel zwischen "normalen" Tagen und solchen, wo sich der Alkoholismus deutlicher auswirkt, sind für Kinder Gift. Es unterminiert ihr Vertrauen in ihre eigene Wahrnehmung und ihre eigenen Grenzen. Zudem lernen sie auf diese Weise, immer in Habachtstellung zu sein, weil das Verhalten Deiner Mutter ja völlig unberechenbar für sie ist. Das ist wirklich Gift für sie!

    Dein Vater kann ja Euch besuchen und den Kontakt mit seinen Enkeln ausserhalb der Großeltern-Wohnung ohne die Oma aufrecht erhalten. Den Kindern kann man erklären, dass die Oma leider krank ist.

    Aber hier gibt es einige Ekas mit Kindern, welche Dir da besser über eigene Erfahrungen berichten können. Ich selbst habe keine Kinder, habe aber vor 20 Jahren erlebt, wie verstörend meine Mutter auf die Enkel ihres Lebenspartners gewirkt hat. Zum Glück hatte deren Mutter damals konsequent reagiert.

    LG Siri

    Ich kenne das von meiner Mutter auch. Lange hat sie behauptet, dass die Hausärztin oder der Neurologe ihr "erlaubt" hätten am Abend Wein zu trinken.

    Ich habe damals (ich war ein paar Jahre älter als Du) den Kontakt ganz abgeprochen.

    Nach einem Hilferuf meiner Mutter habe ich nun eine Vorsorgevollmacht für sie und kümmere mich aus der Ferne um ihre Pflege. Sie ist nun bald 80 und leugnet nicht mehr Alkoholikerin zu sein. Es ist auch unübersehbar. Sie ändert aber nichts daran. Ab und zu spricht sie es am Telefon an, doch ich lasse mich nicht darauf ein und bewerte den Alkoholismus auch nicht mehr. Zur Zeit betont sie, dass sie weniger Alkohol trinke wegen der Hitze. Schön wäre es ja für sie.

    Ich kümmere mich darum, dass meine Mutter vom Pflegedienst versorgt wird, und halte Abstand. Mehr kann ich nicht tun. Wäre der Lebenspartner meiner Mutter noch am Leben, würde ich dies nicht machen.

    Ich fühle mich wie gelähmt - ich will meine Mama nicht verlieren, will aber auch nicht nur angelogen werden und wenn sie weiter trinkt auch eigentlich keinen Kontakt zu ihr haben.

    Dein Bedürfnis nach Abgrenzung ist eine gesunde Reaktion. Es ist richtig und sehr sehr wichtig, die eigenen Grenzen zu spüren und zu verteidigen, wenn sie oder die eigene Wahrnehmung in Frage gestellt wird. Wenn Du keinen Kontakt zu ihr haben willst, dann brich ihn ab.

    Keinesfalls würde ich Deine Kinder zu ihr lassen. Das Verhalten von Alkoholikern ist nicht nachvollziehbar und wirkt auf Kinder verstörend. Es spielt keine Rolle, ob die Enkel Deiner Mutter gut tun. Deine Mutter tut den Enkeln nicht gut. Das würde ich ihr auch so mitteilen und konsequent danach handeln.

    Es steht nicht in Deiner Macht, am Alkoholismus Deiner Mutter etwas zu ändern, das kann nur sie allein.

    Es ist der Alkohol, der dazu führt, dass Deine Mutter die Kontrolle über ihr Leben verliert. Du hast keinerlei Anteil daran.

    LG Siri

    Hallo Nevermind,

    ja, die Psychoanalyse geht von dem aus, was die Patientin einbringt. Es wird durch die Therapeutin weniger explizit gelenkt und es gibt keine praktischen Vorschläge zu irgendwelchen Verhaltensweisen, welche die dysfunktionalen Muster ersetzen könnten. Dennoch wird man nicht nur begleitet, sondern durch oft eher subtile Reaktionen der Therapeutin an wichtigen Punkten durchaus auch geleitet. Ich habe damit einen Freiraum für mich gewonnen und oft eigene Lösungen gefunden, mit denen ich experimentieren konnte. Es ist ein langsamer Prozess, der auch heute noch weitergeht. Die Stimme meiner damaligen Therapeutin begleitet mich nach all den Jahren immer noch.

    Die Gruppe jetzt funktioniert ganz anders. Es ist ja kein Zwiegespräch. Auch hier entwickeln die Sitzungen jede Woche eine eigene Dynamik. Das ist auf ganz andere Weise intensiv als die Einzeltherapie. Ich bin sehr froh, einen Platz ergattert zu haben.

    Wichtig finde ich, dass Du selbst das Tempo bestimmst und der Therapeut nichts hervorholen möchte, sondern sehr feinfühlig und behutsam ist.

    Ich drücke Dir die Daumen, dass Du schnell Unterstützung für Dich erhälst. Die Zeit bis zur Therapie könntest Du mit regelmäßigen persönlichen Gesprächen im Kriseninterventionsdienst der psychosozialen Notfallversorgung überbrücken. Schau einmal, ob es das bei Dir in der Gegend gibt. Mir hat das letztes Jahr wirklich sehr geholfen. Die Person dort war auf die Problematik von Alkoholmissbrauch in der Familie spezialisiert und kannte sich, auch aus eigener Erfahrung, sehr gut mit EKA spezifischen Nöten aus.

    LG Siri

    Danke Dir, liebe Lea.

    Das klingt für mich merkwürdig vertraut und super verdreht, da würde ich wohl einen Profi zu befragen wollen.

    Das werde ich machen. Merkwürdigerweise fällt es mir in der Therapie bisher schwer, genau über solche Verdrehungen zu sprechen, weil sie ja so irrational sind.

    Aber an was ich in den letzten Jahren überall ran gekommen bin und was jetzt wirklich abgeschlossen ist, da bin ich manchmal richtig baff.

    ....trotzdem finde ich es aktuell sehr befreit von alter Last.

    Das freut mich sehr für Dich. Ich lese aus den Beiträgen oft eine große Lebensfreude, und das ist so schön!

    Aktuell träume ich einige wenige Male im Jahr (gerade neulich wieder) von meiner Kindheit und viel mehr ist da auch gar nicht. Dafür musste ich auch durch die Empörung und durch die Wut und alles mögliche noch.

    Ich bin auch davon überzeugt, dass ich durch all diese Gefühle hindurch muss, um mit den Themen abschließen zu können, gerade weil ich sie damals ja nicht fühlen durfte, sondern funktionieren musste.

    LG Siri

    Liebe Lea,

    danke Dir sehr, dass Du an mich denkst. Dass ich weiss, dass Deine Gedanken mich begleiten, berührt mich und hilft mir. Es tut so gut, nicht allein zu sein.

    Es geht mir besser. Ich sitze wieder an meinem Schreibtisch und beginne wieder meine Arbeitsroutine aufzubauen. Das hilft mir auch gegen die Panikanfälle: wieder meine eigenen Ziele verfolgen. Allerdings habe ich große Angst, sie nicht zu erreichen.

    Was auch hilft, ist, dass es in den Sommerferien nun Aufgaben in unserem Gemeinschaftsgarten gibt und dabei nette Begegnungen. Für mich, die ich in den letzten Monaten zum Extrem-Einsiedler geworden bin, ist das eine Herausforderung, aber schön.

    Dennoch kreisen meine Gedanken zur Zeit viel um meine Mutter. Gerade wenn ich am Telefon bemerke, dass sie getrunken hat, ist es schwierig, obwohl ich ja weiß, dass ich auf den Verlauf ihrer Krankheit keinen Einfluss habe. Ich habe einfach fürchterliche Angst vor einem schlimmen Ende. Vielleicht ist das so, weil meine Mutter mir immer gedroht hat, dass ich enden würde wie mein Vater. Das war eine Art Damoklesschwert, das in meiner Kindheit immer über mir schwebte und vielleicht rührt die Panik jetzt von daher. Das ist natürlich völlig verquer und verdreht, würde aber ja zu dem Problem der Grenzverwischung zwischen mir und meiner Mutter und den vielen Übergriffen passen, die in meiner Kindheit stattgefunden haben. Ich habe Angst, dass ihr passiert, was sie mir angedroht hat.

    Es kommen zur Zeit sehr viele Erinnerungen aus meiner Kindheit hoch, die in meiner ersten Therapie völlig verschüttet waren.

    Zum Beispiel habe ich plötzlich für mich damals völlig verstörende Alkohol- und amouröse Exzesse vor Augen, die in meiner späten Kindergarten- und/oder frühen Grundschulzeit stattgefunden haben müssen. Oft war das im Urlaub oder an den Wochenenden, wenn ich keine eigene Struktur hatte, oft mit Freunden meiner Mutter, die auch Kinder hatten. Wir waren uns vollkommen selbst überlassen.

    Die Ängste, die ich damals hatte, wenn meine Mutter erst völlig überdreht und hektisch, zugleich unerreichbar war, dann später jammernd und sich windend, kotzend. Das schrille Lachen, der komatöse Schlaf. Die Gefühle des Ausgeschlossenseins, der Orientierungslosigkeit und des Nicht-Verstehen-Könnens, was da jetzt passiert, all das war plötzlich wieder da, bis hin zum Essen am Baggersee im Elsass beim Zelten mit den Grillgerüchen und dem wieder herausgekotzten Aal.

    Sich wieder zu erinnern, war gut, weil ich gleichzeitig auch Distanz zu all dem gewonnen habe: das war damals so, aber es ist vergangen. Ich habe mich über all das nun richtig richtig empören können und diese Wut und Empörung über die damalige Verantwortungslosigkeit meiner Mutter gegenüber diesem kleinen Mädchen, das ich war, die tut mir richtig gut.

    Vielen Dank Dir, Lea
    Siri

    Hallo Nevermind,

    die Gruppe wird von einem analytischen Psychotherapeuten geleitet. Es handelt sich um eine tiefenpsychologisch fundierte Therapie, die einmal die Woche stattfindet. Gerade die Gruppe tut mir sehr gut. Die Gruppenmitglieder arbeiten jeweils an ganz unterschiedlichen Schwierigkeiten. Ich bin die einzige mit einem alkoholkranken Familienmitglied, dennoch gibt es viele Schnittmengen.

    Vor vielen Jahren habe ich eine sehr intensive Einzeltherapie (3-4 x die Woche, über mehrere Jahre) bei einer Psycholoanalytikerin gemacht. Auch diese Erfahrung war sehr gut und hilfreich. Die Intensität und die Dauer haben eine langsame Bearbeitung der Traumata in meinem Tempo möglich gemacht, wobei einiges dennoch unbearbeitet blieb. Es war jedoch sehr gut, dass nichts forciert wurde. Als der Prozess für mich sehr schmerzhaft wurde und ich Angst davor bekam, wie schlimm es wohl noch wird, hat die Therapeutin mir gesagt, dass nur so viel hochkommen wird, wie ich auch bewältigen kann. Ich habe mich dort immer sicher gefühlt, eine sehr wichtige Erfahrung für mich.

    Aber die psychodynamischen Prozesse in der Gruppe sind gerade jetzt sehr aufschlussreich für mich. Es hilft mir zudem, meine erneut aufgekommene Angst vor Menschen zu bearbeiten und ihre Gefühle auszuhalten, auch wenn diese Mal negativ sind. Genau zu spüren, dass ich nicht für die Gefühle von anderen verantwortlich bin, sondern nur für den Umgang mit meinen eigenen Gefühlen, die ich alle haben darf, ist für mich zur Zeit sehr hilfreich.

    Liebe Grüße Siri

    Er ist ein so wundervoller kleiner Mensch, genauso wie seine Schwester und ich bereue nicht eine Sekunde ihm das Leben geschenkt zu haben.

    Hallo Yuna,

    das ist eine so schöne Basis und aus Deinen Worten spricht eine große Kraft.

    Ich wünsche Dir und Deinen Kindern von ganzem Herzen, dass Du aus dieser Kraft schöpfen kannst und Deinen eigenen Weg selbstbestimmt und konsequent gehst.

    Den Anfang hast Du nun gemacht.

    Die Co-Abhängigkeit zu überwinden ist nicht leicht. Sie führt dazu, dass man diese eigene Kraft nicht mehr wirklich spürt, dass sie sozusagen verschüttet geht. So war dies bei mir. Aber Du wirst Deine Kraft immer besser spüren, je mehr Du aus dem Sog der Alkohol-Sucht Deines Partners und der Co-Abhängigkeit herausfindest und wieder eigene Ziele ins Auge fasst und zu verfolgen beginnst.

    Alles Gute für Dich und Deine Kinder!
    LG Siri

    Liebe Momo,

    danke Dir sehr für Deine Rückmeldung. Es ist keine Überlastung. Vielleicht ist tatsächlich die Unterbrechung meiner Routinen der Hauptgrund dafür, dass die Panikattacken sich wieder gemeldet haben. Denn Struktur hat mir in der Kindheit ja völlig gefehlt. Und das hat zu vielen Problemen geführt, obwohl ich nach außen immer funktioniert habe.

    In den letzten Monaten habe ich mir Schritt für Schritt meine Strukturen wieder aufgebaut, nachdem es mich wegen einer entzündlichen Erkrankung mit Bewegungseinschränkungen und extremer Schmerzen und dem erneuten Kontakt zu meiner Mutter völlig aus der Bahn geworfen hatte. Darauf war ich so stolz. Und dann sind sie durch die Corona Infektion wieder weggebrochen.

    Mein Mann findet im Gegensatz zu mir ganz selbstverständlich wieder in seinen Alltag hinein. Mich kostet das bei jedem einzelnen Punkt sehr viel Kraft und Überwindung. Aber ich mache es und drücke mich nicht davor. Der nächste Schritt ist, den Sport wiederaufzunehmen. Dann wird vielleicht auch die Konzentration besser, so dass ich meine Arbeit wieder aufnehmen kann.

    Was einfach so schlimm ist, ist dass alles von diesen schrecklichen Gefühlen begleitet wird.

    Vor einer Kur hätte ich gerade noch mehr Panik. Körperlich geht es mir zudem viel besser. Hier bessert sich die entzündliche Krankheit, die ich seit einem Jahr auf der rechten Seite habe und die mich zuvor bereits über ein Jahr auf der linken Seite geplagt hatte, wirklich sehr. Nach über zwei Jahren habe ich nun endlich fast keine Schmerzen mehr und kann mich auch wieder fast normal bewegen. Ich mache jeden Tag meine Übungen.

    Vielleicht kann ich zusätzlich zur Gruppentherapie ein paar Mal eine Einzelsitzung bekommen. Diese Möglichkeit hatte mein Psychotherapeut einmal erwähnt bei den probatorischen Sitzungen. Das werde ich nach der nächsten Gruppensitzung mit ihm besprechen.

    LG Siri