......schon seit einiger Zeit. Gerade habe ich an Kommal gedacht und seinen Titelvorschlag übernommen.
Genau 24 Tage war ich pilgernd in Spanien unterwegs.
Ich kann nicht einfach erzählen auf die Frage "wie war`s denn?" Das sind sooooo viele kleine und große Geschichten. Ich denke, ich werde immer wieder ein Stück aufschreiben.
Auf jeden Fall geht es mir sehr gut! Und auf meiner Reise habe ich mich so sicher und stark gefühlt, wie ich es gar nicht erwartet hätte.
Die meisten Menschen die ich getroffen habe, waren auf der Suche, nach einem neuen Ziel, hatten Entscheidungen zu treffen, einige wirkten unzufrieden mit sich und dem Leben, fuhren sozusagen Karussel und Achterbahn (viele, nette Menschen und es gab vorwiegend fröhliche Momente, bitte nicht missverstehen). Und ich hab gedacht, wie schön, das hast du alles schon hinter dir. Das war (und ist es immer noch) ein sehr gutes Gefühl.
In den letzten 1 1/2 Jahren habe ich ziemlich viel gelernt und konnte so mit einer Gelassenheit durch Spanien pilgern, von der ich immer nur gehört hatte und dachte, das wird noch Jahre dauern bis du so weit bist.
Anstrengend war es trotzdem! Ich musste erst einmal mit der Einteilung meiner Kräfte zurecht kommen. Und ich neige erst mal eher dazu mir zuviel zuzumuten. Ungefähr vier mal ist es mir passiert, das ich in einer Herberge ankam und gedacht habe, es geht jetzt aber auch nicht mehr einen Meter weiter.
An einem Tag war es besonders schlimm, da bin ich bei Regen nach O Cebreiro gegangen, das ist ein ziemlich steiler Aufstieg. Da ich etwas langsam war, war meine Angesteuerte Herberge schon belegt. Ich musste also immer noch bei Regen denn Abstieg auch noch machen. Ich bin an dem Tag insesammt 13 Stunden unterwegs gewesen und war total am Ende. Da am nächsten Tag die Sonne schien und ich endlich in Galicien war, waren die Strapazen schnell vergessen.
Ich bin am Tag zwischen 20 und 40 km gegangen und habe ca. 560 km zu Fuß und 40km mit dem Auto zurück gelegt. Ich habe nach der ersten Woche gedacht das die Zeit knapp wird und bin an zwei Tagen ein Stück gefahren worden. War unnötig, aber in dem Moment wahrscheinlich die richtige Entscheidung.
Die Herbergen sind so verschieden, wie die Menschen und die Landschaft unterwegs. Manche freundlich und die Atmosphäre familiär, das man gar nicht mehr weg möchte und manche elend und herrunter gekommen. Aber man wird bescheiden auf dem Weg. Ich habe in Betten und auf Matratzen geschlafen um die würde ich hier einen riesen Bogen machen. Und in Spanien habe ich mich einfach nur gefreut, eine Platz zum schlafen zu haben.
Überraschend schnell habe ich meinen Mann und meine Kinder vermisst. Ich wollte so unbedingt weg und dann habe ich mir gewünscht, das alle bei mir wären. Es kann so einsam sein, auch auf dem mittlerweile recht vollem Jakobsweg.
An meinem Geburtstag bin ich in Santiago angekommen. Das war soooo schön! Ich war in der Pilgermesse am Morgen und es war einfach überweltigend. Auch wenn ich nicht religiös bin, war es ganz wichtig für mich diesen Abschluss zu erleben.
Ich hatte dann noch eine Woche Zeit und habe diese am Atlantik in Finesterre verbracht. Dort war ich vor 16 Jahren mit meinem Mann in Urlaub und ich habe alle Strände und Orte besucht, die ich noch in Erinnerung hatte.
Mit Alkohol hatte ich keine Probleme, obwohl ich täglich damit konfrontiert wurde. Jeden Tag wurde ich irgendwann gefragt ob ich ein Glas Wein trinken wollte, ich war ja jeden Tag mit anderen Menschen zusammen. Ich habe gesagt, das ich Wasser trinke und das wars dann auch. Keiner hat gefragt oder Bemerkungen gemacht, höchstens mal, das man doch besser schlafen könne in den Massenunterkünften, die es teilweise gibt. Ich hab dann gesagt, das ich mit meinen Ohrenstöpseln auch gut klar komme.
Als ich im Flugzeug saß, dachte ich, so, einmal Pilgern im Leben reicht aber jetzt auch. Aber mittlerweile denke ich wieder anders. Es gibt noch einige Wege nach Santiago die ich gehen möchte. Diese Stimmung findet man glaube ich nur auf den Pilgerwegen.
Fernwandern an sich liegt mir und das kann ich überall.
Nur nicht in den Alpen. Da war ich nämlich bis letzten Samstag. Wir sind viel gewandert, nur auf den Fernwanderwegen ist es manchmal unglaublich steil und schwierig, da merk ich doch das meine Höhenangst nicht ganz weg ist. Im Hochseilgarten ging es recht gut, nur auf den richtigen Wegen, da sind wir einige male umgekehrt.
Das war der erste Familienurlaub ohne Alkohol und ein bisschen Angst hatte ich davor. Weil ich im Urlaub immer spätestens am Abend auf der Terasse oder Balkon gesessen habe und Wein getrunken habe. Auf dem Pilgerweg hatte ich solche Gedanken gar nicht.
Es war aber alles kein Problem und wärend dieser zwei Wochen hatte ich kein Verlangen nach Alkohol.
Schwierig war die Nacht und der Tag anschliessend, als wir zur Tour de France gefahren sind. Erinnerungen von dem Sommer vor drei Jahren haben sich bei mir eingeschlichen und wollten sich einnisten. Ich hatte damals eine ziemlich schwere Zeit und depressionen und konnte nicht alleine vor die Tür gehen. Mein Mann musste immer mit und ich habe diesen Sommer vor dem Fernseher verbracht und eben Tout de France geschaut. Da hab ich doch wieder festgestellt, Zeit heilt nicht alle Wunden. Es ging aber gut, nicht im Gedankenstrudel zu versinken. Ich hab mich ziemlich in den Hintern tretten müssen und weiss, es gibt einges woran ich noch arbeiten muss. Gut zu wissen ist, das ich mich selbst retten kann.
Jetzt komm ich hier von Hölzchen auf Stöckchen und wollt mich eigentlich nur mal kurz melden.
Wenn jemand ein paar Bilder aus Spanien sehen möchte, dem könne ich meine Webadresse schicken (PN). Dort habe ich eine Auswahl zusammen gestellt. Ist mir nicht leicht gefallen, aber ich kann keinem zumuten 400 Bilder anzuschauen.
Jetzt sag ich mal gute Nacht, viele Grüße,
Frodo