Wie gehe ich mit Schuldgefühlen um?

  • Heute war so eine Nacht, dass ich erschlagen von meinen Träumen erwachte. Es kamen frühere Situationen hoch in Bezug auf Arbeitsplatzgeschehnisse und auch mein Verhalten den Kindern gegenüber, als ich stark in meinem co.-abhängigen Verhalten gefangen war und der Alltag nicht immer so lief, wie es hätte sein sollen. Mein Leben war geprägt durch Tragik und Verstricksein in die Probleme anderer. Darunter hatte vieles gelitten. Heute habe ich nicht mehr viel nervliche Belastbarkeit zur Verfügung und bin bereits im Vorruhestand. Schon bald gilt es, einen neuen Rentenantrag zu stellen, mein Leben lief heute Nacht im Halbtraum wie ein Raster ab. Ich kann mir zwar sagen, ich konnte und wusste es damals nicht besser, doch eine innere Stimme verurteilt mich und macht mich beschämt und schuldig. Wie kann ich mir selbst vergeben und inneren Frieden finden?

    Lieben Gruß Laurina

    Hinter jeder Sucht steht eine Sehnsucht, hinter jeder Sehnsucht steht eine Hoffnung.

  • Liebe Laurina,

    wir sind alles nur Menschen, wir machen Fehler, wir fallen hin, stehen wieder auf, wir entwickeln uns bis zum letzen Atemzug weiter. Wenn Du glaubst, Deinen Kindern unrecht getan zu haben oder sie verletzt zu haben, dann sprich mit ihnen ueber Deine Gefuehle und Deine Erkenntnisse. Wir Co's verarbeiten nach und nach und wenn wir aufgewacht sind, dann merken wir erstmal was wir angerichtet haben und wie wir uns selbst wehgetan haben.

    Alles Liebe,

    Jenny

  • Danke für Eure Antworten,

    mit meinen Kindern habe ich mich schon vor Jahren ausgesprochen, es kam alles auf den Tisch ohne wenn und aber, wir haben gemeinsam geweint und uns in den Armen gelegen. Ich glaubte, dass alles im Reinen wäre und wunderte mich, dass in der letzten Nacht ohne sichtbaren Grund alles noch mal wieder so komprimiert hochkam und fragte mich, wie lange dauert es, bis man sich selbst vergeben kann, und warum es viel leichter ist, anderen zu vergeben.

    LG Laurina, die nun gleich in ihre Angehörigengruppe fährt. :wink:

    Hinter jeder Sucht steht eine Sehnsucht, hinter jeder Sehnsucht steht eine Hoffnung.

  • Hi Laurina,

    dann ist es gut, wenn Du mit Deinen Kindern drueber gesprochen hast. Wir Co's haben auch einen Hang zum Perfektionismus, ja wir wollen die volle Harmonie. Aber sei vielmehr froh, dass Du erkannt hast, manche Leute erkennen die Co-Abhaengigkeit nie und Du durfest es erkennen, das ist viel wert.

    Manchmal kommen bei mir auch noch Traeume von alten Tagen hoch, man verarbeitet unterbewusst soviel.

    Alles Liebe,

    Jenny

  • Liebe Jenny,

    mir ist heute Abend gesagt worden, dass es gut ist, wenn Träume hochkommen, ein Zeichen dafür, dass die Dinge verarbeitet werden - ich sollte dankbar sein für diesen Traum. Mit diesem Gefühl werde ich nun gleich ins Bett gehen.


    Lieben Gruß Laurina :wink:

    Hinter jeder Sucht steht eine Sehnsucht, hinter jeder Sehnsucht steht eine Hoffnung.

  • Hallo,
    ich habe auch bei Dir gleich den Eindruck gehabt, dass es einfach eine weitere Phase des Verarbeitens ist. Du hast alels mit Deinen Kindern ins Reine gebracht. Nun bist Du selber dran. Tief im Innern ist wohl Dein Gewissen, dass nach Versöhnung schreit.
    Vergib Dir selber. Vielleicht solltest Du ein kleines Ritual machen. Das habe ich mal zu einem etwas anderen ähnlichen Anlass gemacht.
    Das hat mir aber sehr geholfen. Ich habe ein paar Dinge gesammelt, die mich an die Situation erinnerten und die habe ich vernichtet und dabei noch was verbrannt, symbolisch. Und dann habe ich mich davon verabschiedet und zugesehen wie es geht . Und das hat geklappt, es ist dann verschwunden, weil ich es ab da so bewußt in Erinenrung hatte , denke ich.

  • Dem kann ich nur beipflichten - Träume helfen beim verarbeiten.

    Ich selber habe immer davon geträumt, dass mir Handy, Schlüssel und Auto gestohlen werden. Klar stehen für Kommunikation, Weiterentwicklung und eigene Grenzen. Diese Träume gab es in der schlimmen bedrohlichen Zeit.

    Nach dem Auszug träumte ich wieder von Handy, Schlüssel und Auto, aber da konnte ich den Diebstahl verhindern.

    Nun träume ich diese Dinge nicht mehr und versuche bei mir anzukommen und meinem Ex Partner einfach nur aus dem Weg zu gehen.

    Ich habe schon als Teenager begonnen mit meinen Träumen zu arbeiten und sie für Lösungen zu benutzen, die mir mein Hirn durch die Logik verstümmelte.

    Lieben Gruß von Dagmar

  • Guten Morgen Laurina,

    mir hat einmal ein schlauer Mensch gesagt, wenn wir unsere Träume nicht hätten als Ventil für unsere Seele, würden wir wahrscheinlich verrückt werden. Sicherlich sind Träume über Vergangenes oftmals schwer und bedrückend. Aber sie sind auch ein Zeichen, dass die Seele ein Stück weit gesund wird. Verzeih dir selbst, da kann ich mich den Vorschreiberinnen nur anschließen. Du hast gehandelt, wie du zu diesem Zeitpunkt handeln konntest. Heute, mit den gemachten Erfahrungen, handelst du sicherlich anders. Und das ist das Gute an Fehlern - sie lehren uns, es anders, besser zu machen.

    LG
    Ette

    Im Schmerz von gestern liegt die Kraft von heute.
    ("Handbuch des Kriegers des Lichts" v. P.Coelho)

  • Liebe Ette,

    danke für Deine Worte.

    Nun hat es sich nach ein paar Tagen wieder beruhigt, hilfreich war auch das Gespräch in meiner Angehörigengruppe, alle Beteiligten ob Betroffen oder Co. haben ihre Altlasten. So ein massiver Traum kann schon beeinträchtigend sein, doch wenn man weiss wofür, und er nach vorne wirft, muss man halt da durch.

    Lieben Gruß Laurina :wink:

    Hinter jeder Sucht steht eine Sehnsucht, hinter jeder Sehnsucht steht eine Hoffnung.

  • Hallo Laurina,

    Zitat

    Hallo liebe S. Käferchen,

    ich erinnere nicht mehr genau, wann Du Dich getrennt hast, empfinde beim Lesen Deiner Texte eine großartige Entwicklung, die mich erfreuen und aufbauen weiter meinen Weg zu gehen.

    ich antworte Dir mal direkt darauf :wink: .

    Danke erstmal für Dein Lob. Das fällt mir zwar noch schwer, dies so stehen zu lassen, aber es tut auch gut.

    Bin am Überlegen, ob ich mal wieder hier im Offenen einen Thread eröffne.
    Kurz zur Info:
    Ich habe seit Januar diesen Jahres eine stetige Entwicklung hinter mir. Seit seinem Entzug im Januar bin ich herumgeeiert, bis ich die Trennung im Mai eingeläutet habe und sie im Juli dann endgültig vollzogen habe.
    Seitdem erfahre ich immer mehr, wie ausgeprägt meine Co-Abhängigkeit ist.

    Wie Ette es gestern schrieb, hört die Co-Abhängigkeit ja nicht damit auf, daß ich den Alkoholiker verlassen habe oder er aufhört, zu trinken! Der Prozess hört nie auf, an sich zu arbeiten.

    Ich danke Dir für Deine Aufmerksamkeit und wünsche, Daß Du Dich noch viel hier mit einbringst.

    Lieben Gruß

    S.Käferchen [Blockierte Grafik: https://beispiel.rocks/beispiel.rocks/www.cosgan.de/images/smilie/tiere/k025.gif]

  • Liebe S. Käferchen,

    ich lese hier fast täglich und bringe mich gerne bei Bedarf ein. Momentan habe ich mir eine Auszeit genommen von der Familie und von Bekannten, die mir Ratschläge geben oder sich in mein Leben einmischen wollen- brauche diese Zeit für mich, auch um herauszufinden, wo meine Ur-Bedürfnisse liegen, wie ich leben will und wo es hingehen soll. Mal ganz ohne Ablenkung und das Wahrnehmen anderer Probleme, die ich gerne schnell zu den meinigen machte. Außerdem möchte ich mich gesund abgrenzen und nicht mehr rechtfertigen. Mal geht es ganz gut, mal weniger, es ist halt nicht immer alles vorhanden. Also weiter im Prozess.

    Lieben Gruß Laurina :wink:

    Hinter jeder Sucht steht eine Sehnsucht, hinter jeder Sehnsucht steht eine Hoffnung.

  • Liebe Laurina,
    für mich klingt es auch ein bißchen danach, dass Du eventuell Dich wieder selber in eine Situation hereinmanövrierst , wo Du Deine Co-Sucht ausleben kannst. Irgendwie besteht unsere Art von Sucht ja darin, dass wir uns selber nicht genügend Beachtung schenken, unser Selbstwertgefühl angeknackst ist und wir uns versuchen unsere Liebe, Anerkennung etc dadurch zu holen indem wir uns für andere aufopfern.
    Vergangenes ist vergangen und was Du getan hast, hast Du deswegen getan, weil Du es nicht besser wußtest. Niemand kann Dir soetwas vorwerfen. Auch Deine Kinder nicht, denn gerade Kinder machen Fehler, weil sie es nicht besser wissen. Und dafür lernt man ja im Leben, oder?
    Vergiß nie dass auch die Coabhängigkeit eine heimtückische Sucht ist, die Dir immer rund überall Fallen aufstellt in Deinem Leben, die auch mal wieder zuschnappen können.
    Fühlst Du Dich besser, wenn Du Dich schuldig erklärt hast, damit Du dann besser Leiden kannst, damit Du einen Grund hast, Dich wieder in den Hintergrund zu stellen....
    Wenn Du Dir einfach sagst, dass es ok ist, so wie es passierte und Du jetzt ein ganz anderes Leben lebst und Du Dich weiter entwickelt hast, was wäre dann, was würde Dir fehlen?
    manchmal müssen wir uns selber besser durchschauen. Auch ich ertappe mich imemr mal wieder bei solchen Dingen, bei anderen fällt mir so etwas leichter auf. Daher ist es auch gut, hier im Forum zu lesen. Ich glaube, dass die Coabhängigkeit auch nie ganz aufhören kann, genau wie der trockene Alkoholiker darauf achten muß trocken zu bleiben müssen wir darauf achten 'bei uns' zu blieben und uns zu achten, wertschätzen, lieben, verzeihen gehört auch dazu. Alles, was Du für einen geliebten menschen wie z.B Dein Kind machen würdest mußt Du auch für Dich tun. Würdest Du anderen Menschen ihre einmal gemachten Fehler ein Leben lang hinterher tragen? Du kannst es Dir sicher vorstellen, wie nervig sowas ist. Also- tu es Dir einfach nicht an.
    Denk an was positives. Tu was positives. Gib anderen hier im Forum Hilfe, damit sie nicht den gleichen Unsinn machen wie Du, das ist was richtig sinnvolles und produktives, wie Du Deine eigenene Erfahrungen mit anderen teilen kannst ohne dabei ( selbst-) zerstörerisch zu sein ;)

  • Schuldgefühle, und wie ich sie kenne oder kannte.

    Ich empfand mich als herz- und lieblos; ich war es auch geworden, weil der Alkohol mich anekelte. Ich ging überhaupt nicht mehr auf den Partner ein, nein, denn ich hatte schon gespürt, dass die Nr. 1 der Alkohol war.

    Das und vieles andere warf ich mir vor - ununterbrochen. Nie aber fragte ich mich oder ließ es zu mich zu fragen, ob diese Kaltschnäutzigkeit von mir nicht vielleicht einen Grund hat? Ich erlaubte mir nicht meine persönliche Konsequenz auf sein Verhalten.

    Kommunikation war unmöglich geworden, somit auch kein Weg aus einem lieblosen Suchtverhältnis. Ich warf mir vor in der Trennungsphase ihn "allein" gelassen zu haben mit seiner Verantwortung. Obwohl genau das dass war, was notwendig war - ihm nämlich die Verantwortung zu überlassen. Warum habe ich nicht seine Wäsche in den Schrank geräumt, warf ich mir vor. Na, warum wohl nicht, weil ein erwachsener Mensch das selber kann, oder? Ich bin nicht Mutti eines 5jährigen sondern ich wollte eine gleichberechtigte Partnerschaft.

    Ich machte mir Vorwürfe....
    Total ohne Grund: mittlerweile wurde dieser Ex nämlich am Arbeitsplatz (den er wohl jetzt nicht mehr hat) angesprochen ob er Waschmaschine oder Dusche nicht kenne, da er weder Kleidung wechsle noch sich pflege.
    So, ich bin aber schon garnicht mehr on Board um etwas falsch zu machen! Jetzt hätte er seine Chance gehabt sich selber gut und fürsorglich zu versorgen .... Nun, wäre eben nicht seine Einschränkung ...

    Schuldzuweisungen, ich war voll davon - aber keinesfalls bereit auch ihm seine Verantwortung zu geben.

    Nunmehr ist das anders: ich lebe mein Leben und kümmere mich um meine Wäsche, Haushalt ect. Jeder ist für sich selber verantwortlich - nicht mehr und nicht weniger....

    Lieben Gruß von Dagmar


  • Liebe Frozen Tears,

    danke für Deine Zeilen. Du hast Dich sehr in mich hineinversetzt und versucht, mich zu analysieren. Das habe ich auch immer mit Vorliebe getan und versuche es nun abzustellen, um bei mir zu bleiben. Wie ich oben schrieb, habe ich gerade eine Auszeit für mich genommen, weil ich nur das tun will, wo es mich gerade hintreibt, was mir gut tut. Wenn mir etwas nicht gut tut, mache ich es so lange, bis es sich wieder aussschleicht.
    Aufgeopfert habe ich mich nicht, vielmehr versäumt, bzw. bin unfähig gewesen gesunde Grenzen zu setzen für mich, gegenüber den Kindern, Partnern und Eltern. Dass ich es früher nicht anders konnte und besser wusste habe ich mir auch schon oft gesagt. Das reichte nicht, Wunden brauchen ihre Zeit zum Ausheilen, voran geht der Schmerz, anschließend ist der Blick wieder klar und frei. Alles braucht seine Zeit und muss meiner Meinung nach ausgelebt werden. Dass ein traumatisches Erlebnis meiner Tochter nun noch mal so massiv hochkam, mag im Ergebnis gut für uns beide gewesen sein. Zumindest hat das Ausgesprochene eine Chance auf Lösung und Vergebung. Wenn sie nicht verstehen und verzeihen kann, wird es ihr Problem bleiben und sie kann entscheiden, wie lange sie sich damit quälen möchte.

    Lieben Gruß Laurina :wink:

    Hinter jeder Sucht steht eine Sehnsucht, hinter jeder Sehnsucht steht eine Hoffnung.

  • Mein aktueller Stand:

    Neben meiner Co.-Abhängigkeit bin ich hochempfindsam und habe die Neigung, mir andere Probleme hineinzuziehen, sprich mich schwer abgrenzen zu können. Folglich brauche ich meine Pausen und Auszeiten für mich. Neben den Büchern über Co-Abhängigkeit lese ich aktuell ein Buch über emotionale Erpressung. Ich wurde emotinal erpresst und habe es im Gegenzug auf subtile Weise gleichfalls getan. Die Werte meiner Mutter, wie lieb, nett, zurückhaltend, ausgleichend, großzügig und bescheiden zu sein, haben mich krank gemacht und mir keinen Erfolg in der Liebe eingebracht. Habe nicht gelernt, meine Bedürfnisse wahrzunehmen und geltend zu machen. Momentan werben zwei Ex-Männer um mich, beide Trinker, beide kommen für mein zukünftiges Leben nicht mehr in Frage. Manchmal kommen gelebte Situationen hoch - ich denke mir, wie konnte ich so verrückt und verzehrend nach diesen Männern sein. Meine Tochter und ich haben derzeit den Kontakt gebrochen, wir brauchen eine Pause, um uns neu zu definieren. Mein verändertes Verhalten ist der Familie fremd, als Co.-Abhängige mit meinen Schuldgefühlen war ich leicht zu manipulieren. Nunmehr wehre ich mich und schlage auch mal über die Stränge, das räume ich mir ein, es ist mein Recht, neues Verhalten zu üben. Derzeit habe ich mich bewusst fürs Alleinleben entschieden, es geht mir relativ gut damit. Sage mir täglich mich zu lieben, und dass ich gutes verdient habe. Es hört sich noch etwas fremd an, wird von Tag zu Tag besser und wird sich wohl eines Tages manifestieren. Meine Gedanken richte ich auf meine positiven Eigenschaften und darauf, was ich alles habe.

    LG Laurina :wink:

    Hinter jeder Sucht steht eine Sehnsucht, hinter jeder Sehnsucht steht eine Hoffnung.

  • Hallo Laurina,

    diesen Weg versuche ich auch gerade.
    Habe mich auch entschieden Bewusst alleine zu sein.
    Das war ich noch nie über einen längeren Zeitraum, direkt vom Elternhaus in die Beziehung.
    Im Prinzip hat man ja dann schon immer Kompromisse geschlossen, so kann ich jetzt mit der Zeit (hoff ich) wohl besser erkennen, wer ich bin, wo ich stehe, was ich will und was nicht.

    Viel Glück und alles Gute

    LG
    Verflixt

  • Hallo verflixt,

    ich bin auch jung aus dem Elternhaus heraus und immer von einer Beziehung in die nächste geschlittert- war noch so gepägt, ohne Partner unvollständig zu sein.

    Lieben Gruß Laurina :wink:

    Hinter jeder Sucht steht eine Sehnsucht, hinter jeder Sehnsucht steht eine Hoffnung.

  • Hallo Laurina,

    antworte ich Dir mal in Deinem eigenen Thread :wink:

    Zitat

    Wenn Jemand unter starkem Alkoholeinfluss eine Straftat begeht, bekommt er von gesetzes wegen milderne Umstände, weil er nicht voll zurechnungsfähig war.

    Wir Co`s hadern oft lange mit den vielen etragenen Verletzungen, Schuldzuweisungen, Fremdgehen des Alkoholikers ect... und entwickeln auf Grund dessen ebenfalls Wut und Schuldzuweisungen. Heisst das im Klartext, dass ein Kranker "zur Tatzeit" nicht zurechnungsfähig und sich seiner Taten bewusst war, möglicherweise nicht bewusst verletzt hat? Wir uns das alles reingezogen haben, getroffen und betroffen reagierten und uns auch noch gegen einen Unzurechnungsfähigen gewehrt und verteidigt haben, das muss ich erstmal auf mich wirken lassen.

    Naja Laurina
    Ich würde schon sagen, das es so ist.
    Der Mist-Alk macht unser Gehirn so krank, er ist und bleibt nun mal ein NERVENGIFT, vergiftet unsere Nerven und Zellen, das bleibt ja nicht ohne Folgen. Alle Gedanken beginnen immer schräger zu laufen, besonders bei der „Dauervergiftung“, auch wenn der Alkie mal n paar Tage nix trinkt, ändert das ja nichts, eine Entgiftung dauert schließlich nicht umsonst 7-10 Tage. Und im Gehirn dauert der Abbau noch viel länger, Wochen.

    Unzurechnungsfähig… der Gesetzgeber nennt das schon nicht umsonst so…
    Ich mag mir nicht gerne Unschulds-Mäntelchen anziehen und sagen, ich konnte gar nix dafür, was ich im Suff tat. Aber eigentlich war es schon so, nun gut, ich habe nie einen Unfall verursacht, wurde nicht handgreiflich, aber verbal aggressiv, das machte der Alk mit mir. Einen anderen macht er evtl. melancholisch, depressiv, mich halt agressiv.
    Und dann stänkerte ich rum und beschimpfte auch meinen damaligen Partner. Was ich alles sagte, wußte ich am nächsten Tag gar nicht mehr. Ich wollte ihn sicher nicht absichtlich verletzen, aber ich tat es. Ich habe nämlich keine Freude an sowas. Und ich schämte mich am nächsten Tag zutiefst dafür, auch dafür, das ich garnix mehr wußte. Also tat ich am nächsten Tag lieb und nett, um einen Mantel des Schweigens darüber zu decken. Bis zum nächsten Mal… :oops:
    Und Nein, im Vollrausch weiß man wirklich nicht mehr, was man tut, das ist so. Man hat dann tatsächlich einen Filmriss und weiß nix mehr vom Geschehen.

    Tja, der „andere“ nimmt sich das aber natürlich sehr zu Herzen, das ist mir auch klar. Und reagiert auch entsprechend, dabei ist er nicht persönlich gemeint. Man lässt halt alle Wut und allen Frust an ihm aus, der sich auch noch zusätzlich über die eigene Unfähigkeit potenziert, dann noch Alk drauf, kannst Dir evtl. vorstellen, was dann passiert… :?
    Alkies sind ja nu nich von Grund auf schlechte Menschen… sind sie es aber, bleiben sie es wohl auch trocken, so glaube ich zumindest. :wink:

    So kann ich nur dazu schreiben, so habe ICH das erlebt, aber ich weiß halt auch, das es vielen anderen so ging wie mir, ich bin sicher kein Einzelfall.

    LG
    Lilly

  • Sag liebe Lilly,
    bedeutet das dann in der Konsequenz, dass der Großteil der Dinge, die im Rausch geschahen dem Ausführeden gar nicht mehr in die Erinnerung zurück gelangen?

    Da hält sich eventuell jemand für einen liebesnwerten Zeitgenossen, während er gestern jemanden halb tot geschlagen hat? Die eventuellen Kampfspuren werden dann mit einem Treppensturz erklärt?

    Vielleicht dumm gefragt, aber ich hatte oft den Eindruck, dass im Suff gesagtes entweder nicht mehr im Gedächtnis ist oder einfach aus dem Hirn gestrichen wird oder wurde.

    Nun, wenn es aber einfach "weg" ist, dann gibt es wohl in Sachen Moral/Gewissen wenig Gründe zum Aufwachen - dann gibt es tatsächlich nur den Punkt das eigene Leben nicht mehr bewältigen zu können oder zu ertragen.

    D. h. in der Konsequenz das Loslassen von Hilfeleistungen ist die einzige Möglichkeit (Moral scheidet ja wohl aus und Gewissen auch) die Fehlleistungen zu spüren und die Tatsache, nichts mehr im Griff zu haben.

    Eigentlich auch logisch: Worte haben weniger Konsequenzen als eine nicht bezahlte Miete oder Stromrechnung.

    Lieben Gruß von Dagmar

  • Liebe Lilly,

    danke für Deine ausführliche Antwort.

    Ich habe das alles persönlich genommen, mich schlecht und klein gefühlt, Tage und Nächte darüber gegrübelt- mit meinem Anspringen, Verteidigen und Reagieren den idealen Nährboden geboten und mich für seine Verfehlungen in der Öffentlichkeit verantwortlich gefühlt, außerdem war es mir äusserst unangenehm. Dann habe ich mich hingesetzt und ihm seitenlange vorwurfsvolle Briefe geschrieben, die ich meist wieder zerrissen habe, er tat am nächsten Tag so, als wenn nichts gewesen wäre und fragte mal ganz unauffällig nebenbei nach, was denn so gelaufen sei. Mir fiel allerdings auf, dass er viele Dinge nicht wusste, die ich berreits berichtet hatte. Natürlich hat er gewusst, worauf ich anspringe und womit er mich am meisten verletzen konnte, das waren immer die anderen Frauen, ein wunder Punkt bei mir, mein erster Mann hatte mich betrogen, während ich im Kreissaal lag. Das habe ich ihm auch noch erzählt, wohl in der falschen Hoffnung, er würde sich dementsprechend sensibler verhalten. Andererseits hatte er es drauf, geschickt verbal anzudeuten, als wäre nur ich ihm wirklich wichtig. Es gibt eine Sache, die man Liebe nennt, alles andere wäre nur Triebhaftigkeit, Scherz und Schabernack, so seine Worte. Es ist gut, dass ich es gerade noch mal so reflektiere und aufarbeite, um mit den Schmerzen nicht länger schwanger zu gehen und dem Wissen, dass ich es irgendwann völlig loslassen kann. Ich war der Meinung, bereits weiter zu sein, heute hat er auf meinen AB gesprochen und mich gebeten, für ihn ein paar Schriftsätze zu erledigen, darauf habe ich nicht reagiert, weil ich in dem Gespräch wieder seinen "Schuldposten" abgerechnet hätte. Das sagt mir, dass ich noch keinen gesunden Abstand habe, und ihm noch nicht neutral begegnen kann. Wenn ich nichts von ihm höre, fühle ich mich stark und frei, wenn er sich meldet, ist es wie ein Raster, alles kommt noch mal wieder hoch. Wobei ich mir nicht sicher bin, ob es richtiger ist, es zu meiden oder es auszuleben, dabei tendiere ich eher zum letzteren.

    LG Laurina :wink:

    Hinter jeder Sucht steht eine Sehnsucht, hinter jeder Sehnsucht steht eine Hoffnung.

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