• Hallo,

    ich bin sibi. Meine Vorstellung findet ihr in der Vorstellungsrunde (wen es interessieren sollte :wink: )

    Gibt es hier Leute, die einen Elternteil an den Alkohol verloren haben und vorher schon auf Distanz gelebt haben?

    Im April diesen Jahres war ich mit meiner family auf einer Osterfreizeit und hatte meiner Mutter unseren kleinen Hund anvertraut.
    Als wir ihn nach 5 Tagen wieder holen wollten fanden wir meine Mutter in ihrer Wohnung volltrunken in der leeren Badewanne sitzend-sie konnte sich nicht selbst befreien.
    Wir halfen ihr und ich fragte sie, ob sie getrunken habe - blöde Frage, ich weiß....
    Sie verneinte, ich bat ihr an zu uns zu kommen, sie wollte nicht.
    So ging ich in die Küche um ihr was zu essen zu machen, da ich Angst wegen ihres Insulinspiegels hatte.
    Dort wollte ich was wegwerfen und fand im Müll eine Batterie Weinflaschen.
    Ich nahm die Flasche, zeigte sie ihr wutentbrannt und sagte ihr, dass ihre Sauferei meine Kindheit und Jungend versaut hätten - nun könne und wolle ich nicht mehr.
    Solange sie nicht bereit sei, sich endlich helfen zu lassen würde sie mich und ihre Enkel nie wiedersehen. So verließ ich mit Mann und Kindern dem Nervenzusammenbruch nahe ihre Wohnung.
    Da wir nach em Tod meines Vaters vor 2 Jahren einen DRK Hausnotruf in ihrer Wohnung hatten, hatte ich noch eine letzte Sicherheit an Fürsorge für sie.
    Ich schrieb sie nochmals an, legte ihr Adressen von AA Selbsthilfegruppen in ihrer Nähe bei, schrieb ihren Hausarzt nochmal an, dass er sie daraufansprechen sollte.
    Seither war Funkstille. Sie zog ishc noch mehr zurück. Ging auch nicht mehr ans Telefon.
    Nun wurde sie vom Hausnotruf vor 1,5 Wochen Tod in ihrer Wohnung gefunden. Inmitten von Weinflaschen war sie in ihrem Bett verstorben :cry::cry:
    Ich war ihre einzige noch lebende Verwandte.
    Derzeit versuche ich den Schriftkram zu erledigen. Das ist schwer, vor allem, weil sie nicht mehr alle Unterlagen geordnet hat.
    Das Finanzamt sitzt mir im Nacken, da sie ihre Steuer nicht mehr abgegeben hat.
    Ich höre so Sätze wie "Sie hat doch soviel mitgemacht im Leben, du hättest weiter für sie sorgen müssen und die Trinkerei tolerieren"

    Ich habe 36 Jahre gekämpft. Letztlich habe ich mich und die Kinder ab April geschützt um nicht mit unterzugehen.
    Als Kind habe ich immer allein Wein weggeschüttet-in der Hoffnung dann endlich eine Mutter zu haben - blöd, gell :(
    Und nun habe ich im Haus überall Weinkartons gefunden - sie hat sich von einem Weingut professionell beliefern lassen.....

    Daneben fand ich gestern beim Suchen von wichtigen Unterlagen noch ein Bild meines Vaters mit der damaligen Mieterin meiner Eltern. Er hatte ein Verhältnis mit ihr. Wie schon viele Verhältnisse vorher.
    Es war ein Bild im Wohnzimmer daheim....
    Er hat es nie weggeworfen - es war seine letzte "Eroberung"
    Da hat mir meine Mutter dann wieder sehr sehr leid getan.
    Mein Vater hat uns alle in der Knute gehabt. Als er starb habe ich eine PT gemacht.
    Und nun stand sie nicht mehr unter der Knute und konnte (wollte) kein selbstbestimmtes Leben.
    Furchtbar.....

    Danke für alle, die bis hierher gelesen haben.

    sibi

    Ich kann standhalten, weil ich gehalten bin
    (Johannes Rau)

  • hallo sibi!

    mein herzliches beideid zum tod deiner mutter...

    meine mutter lebt das selbe wie es deine mutter tat.vater starb an leberzirrhose und sie trank weiter...nachdem ich so wie DU ALLES versucht habe,ihr ALLE wege zeigte etwas zu ändern AN IHREM leben...brach ich auch den kontakt ab!

    du siehst ich bin dabei das selbe für mich zu tun WAS DU TUN MUSSTEST!!!!!!

    du hast dich distanziert,um leben zu können.

    das war das einzig RICHTIGE FÜR DICH!

    deine mutter wollte KEIN anderes leben...

    ich möchte dich hier herzlich willkommen heissen!komm so oft du nur willst und tausche dich mit uns aus...wir werden da sein für DICH auch in dieser mehr wie traurigen situation...

    alles erdenklich gute,viel kraft und mut zum weiterleben wünscht DIR...

    caro

    dem was über mich einstürmt,möchte ich gelassen gegenüber stehen...

  • Hallo Sibi,

    mein herzliches Beileid, Dir ist jetzt passiert, wovor viele Kinder hier Angst haben.

    Dürfen sie eigenes Leben leben, ohne Schuldgefühle zu bekommen, dass sie ihre Mutter/Vater im Stich lassen.

    Sie dürfen nicht, sie müssen es, finde ich, ansonsten gehen sie mit ihren Eltern unter, dabei ist niemandem geholfen. Und wenn eigene Kinder wie bei Dir schon da sind, sollte die ganze Energie und Kraft in diese gesteckt werden.

    Das Leben geht nicht rückwärts sondern vorwärts.

    Eltern sollten Kinder den Rücken stärken, nicht umgekehrt, bei uns Alki-Kindern ist hier vieles falsch gelaufen, wie Du ja geschrieben hast, erst nehmen sie uns Kindheit und Jugend, dann würden sie uns auch noch eigene Familie kaputt machen.

    Auch für ihre Partnerschaftskonflikte sind wir nicht zuständig, oft werden Kinder als Partnerersatz missbraucht.

    Hast Du Freunde und Partner die Dich im Moment unterstützen?

    Ich wünsche Dir Kraft für alles was noch an Erledigungen auf Dich in nächster Zeit zukommt.

    Bitte um Hilfe, denn das ist auch etwas was wir gelernt haben, immer alles alleine bewältigen zu müssen zu glauben. Das stimmt aber nicht.

    Liebe Grüsse Weitsicht

  • Danke Weitsicht,

    deine Worte tun mir so gut.
    Mit dem Verstand kann ich jedes deiner Worte dick unterstreichen-aber meine Gefühle *seufz*....

    Was mich letztlich dazu bewogen hat auf Distanz zu gehen waren wirklich die Kinder. Ich denke für mich selbst hätte ich dieses Recht nicht in Anspruch genommen.

    Aber dieses unsägliche Leid, diese Bilder im Kopf wenn ein Mensch den du liebst nicht mehr Herr seiner Selbst ist, dieses Entwürdigende und doch nach außen schweigen müssende - nein! Für meine Kinder will ich schöne Erinnerungen an ihre Kindheit.
    Und für sie will ich eine Mutter, die sie unbeschwert ins Erwachsenenleben führt.

    Am Samstag fahren mein Mann und meine Töchter weiter Wohnung ausräumen.
    Ich selbst kann und will nicht. Es ist soooooooo hart. Lieber unternehme ich in dieser Zeit was mit unserem Pflegesohn.
    Beim Ausräumen merkst du erst, was du vorher nur geahnt hast.
    Nach der Urnenbeisetzung werde ich selbst wieder fahren.
    Derzeit reicht mir schon der Schriftkram....
    Gestern nachmittag lag ich flach - ich konnte einfach nicht mehr.

    Beim Ausräume ihrer Handtasche und Öffnen der Post stellte ich fest, dass sie ein paar Tage vorher noch in der Unfallambulanz einer Klinik war. Große Platzwunde am Kopf, die versorgt werden musste. :(:( ........
    Du stehst in der Wohnung und merkst am aufgeschlagenen Fernsehheft, wann sie das letzte Mal geguckt hat
    du räumst die Flaschen neben dem Bett weg, in dem sie gestorben ist.
    Der Arzt hat mir geraten, sie nicht mehr anzusehen.....
    Der Geruch, als meine Mutter vom Bestatter gholt wurde, hat mich auch im Flur noch überwältigt...
    Dabei war sie noch keine 24h tot.

    Im April starb meine Schwiemu nach langer Demenz und Alzheimer hier im Haus. Wir haben sie als gesamte Familie mit Hilfe des Sozialdienstes gepflegt.
    Da war der Abschied so würdevoll.
    Nach ihrem Ableben haben wir sie noch geaschen und umgezogen für die Aufbahrung.
    All das konnte ich bei meiner Mutter nicht. :?:cry:

    Es ist so bitter, in der Wertigkeit der Mutter hinter einer Flasche Wein zu rangieren.
    In Liebe loslassen - ja, das habe ich wirklich gemacht um nicht unterzugehen. Aber gehofft habe ich jeden Tag bis zu ihrem Tod....
    Vergessen konnte ich es nie...
    Nun ist es vorbei.
    Und ich werde endlich ohne Angst leben.

    Die Trauerrede mit Lebenslauf werde ich selbst halten. Ich will sie ehren aber ehrlich bleiben. Und ich werde erwähnen, dass sie an den Folgen ihrer Alkoholkrankheit verstarb.
    Ich will endlich wahr sein dürfen, nichts mehr unter den Teppich kehren müssen. Ich bin die letzte meiner Ursprungsfamilie und brauche auf den Ruf keine Rücksicht mehr nehmen.
    Sibi

    Ich kann standhalten, weil ich gehalten bin
    (Johannes Rau)

  • Zitat
    Die Trauerrede mit Lebenslauf werde ich selbst halten. Ich will sie ehren aber ehrlich bleiben. Und ich werde erwähnen, dass sie an den Folgen ihrer Alkoholkrankheit verstarb.
    Ich will endlich wahr sein dürfen, nichts mehr unter den Teppich kehren müssen. Ich bin die letzte meiner Ursprungsfamilie und brauche auf den Ruf keine Rücksicht mehr nehmen.

    Hallo Sibi,

    ich bewundere Deine Kraft und Ehrlichkeit, die Wahrheit hilft auch unseren Kindern weiter, Jede Lüge be- und verhindert eigene Lebendigkeit.

    Traurig ist, dass ihr Tod, uns Ängste nimmt, und Erleichterung gibt. Kam mir wie ein Unmensch vor, da ich nicht um den Tod meiner Mutter so weinen konnte, wie ich es später bei meiner Freundin erlebte, als ihre Mutter starb. Hatte dadurch zusätzlich noch Schuldgefühle.

    Ich habe es Jahre später in einem Trauerseminar nachgeholt, indem ich meiner Mutter einen Abschiedsbrief geschrieben habe. Diesen habe ich verbrannt und unter einen Teerosenstock, diese Rosen liebte sie, vergraben. Hier halte ich heute noch Zwiesprache mit ihr, und kann ihr sagen, wie sie mir als zuverlässige und nüchterne Mutter fehlte.
    Und dass ich sie sehr lieb hatte, wenn sie nichts getrunken hatte. Das ist ja das ambivalente und verwirrende gewesen, das kein Kind begreifen kann.

    Sich nicht mehr schämen müssen für eigene Herkunftsfamilie ist ein befreiendes Gefühl, und dazu gehört nichts mehr unter den Teppich kehren zu müssen. Ist aber mit Schmerz verbunden.

    Wie gehen Dein Mann und Deine Töchter mit dem Tod Deiner Mutter um?

    Lass Dich mal in Gedanken von mir drücken,
    Weitsicht

  • Hallo Sibi,

    zuerst einmal mein aufrichtiges Beileid! Ich wünsche Dir für die nächste unwahrscheinlich viel Kraft!!!

    Du schiderst hier was, wovor auch ich Angst habe. Irgenwann mal in die Wohnung meines Pa´s zu kommen und er liegt da... DAran möchte ich aber lieber noch gar nicht denken, warten wir´s mal ab...

    Wie Du Dich fühlst kann ich mir sehr gut vorstellen, habe vor ein paar Jahren auf dieselbe Art meine Mutter verloren. Einen Unterschied gabs, sie lag im Krankenhaus und als der Anruf meines VAters kam mit der Info war ich wie vor den Kopf geschlagen. Ich hatte mich auch distanziert und bin nur hin, wenn ich der Meinung war, jetzt haben sie es vielleicht verdient (wenn man´s mal so nennen kann). Noch ein paar Tage zuvor waren wir in der Stadt und als wir an dem Krankenhaus vorbei kamen, wollte ich eigentlich gar nicht rein. Meine Gedanken waren, wenn sie trinken brauchen sie mich auch nicht, also soll sie zusehen wie sie fertig wird... Irgendetwas in mir sagte aber sei nicht so und wir sind reingegangen. Eigentlich sah sie gut aus und es schien ihr auch besser zu gehen. Tja ein paar Tage später war sie dann plötzlich nicht mehr da... Aus heutiger Sicht sage ich mir, Gott sei Dank habe ich auf mein BAuchgefühl gehört - ich konnte mich zwar in dem Sinn nicht von ihr verabschieden, aber ich hab sie nochmal gesehen...das beruhigt!

    Was ich sagen wollte, Du musst kein schlechtes Gewissen haben, überhaupt keines. Du hast alles versucht und sie war es, die mit dem Leben nicht klar kam. Sie hat es so gewollt!!!

    Ich wünsch Dir für die nächsten Tage alles erdenklich gute und lass Dich nicht unterkriegen! Du schaffst das schon! Wenn ich hier richtig gelesen habe steht Deine FAmilie zu Dir und das ist unwahrscheinlich viel wert!!!

    Entschuldige dass es so viel geworden ist!

    Liebe Grüße von Katrin

  • Ja, meine Familie steht hinter mir, Weitsicht.

    Mein Mann hat die verwahrloste Wohnung in Ordnung gebracht, während ich bei den Nachbarn war.
    Er hat die Sch.... aus dem Schlafzimmer entfernt

    Er tut nun das , was ich im April und vorher für seine Mutter getan habe, als sie bei uns hier im Haus starb und die Familie meines Mannes vor Trauer Handlungsunfähig war.

    Und die Kinder??
    Sie sagten mir, es sei nicht ganz so schlimm, weil sie die Oma ja schon länger nicht mehr gesehen hätten.
    Aber meine beiden Töchter nehmen derzeit echt Rücksicht auf mich, spüren meinen Schmerz ( und das will bei Teenies was heißen :) )
    Sogar unser verhaltensuaffälliger Pflegesohn schaltet mir zuliebe ab und an einen Gang runter - ich erkenne Mitgefühl in ihm. Das freut mich. Durch das, was er in seiner Ursprungsfamilie erlebt hat ist er desöfteren neben der Spur. :roll:

    Ob ich immer so stark bin, weiß ich nicht. Aber eines meiner Lebensziele ist aufrichtig durchs Leben zu gehen.
    Mein Glaube an Jesus Christus ist wahrscheinlich auch daran schuld, dass ich nicht den Boden unter den Füßen verliere

    Ja-mir ist passiert, was Viele hier am meisten fürchten. Und doch können wir es nicht verhindern - egal was wir tun.....

    Ich habe meine Mutter sehr geliebt-trotz allem.
    Sie war immer eher mein Kind als meine Mutter.
    Aber das ändert nichts an der Liebe....

    Danke für alle postings - jedes einzelne ist mir wichtig!

    sibi

    Ich kann standhalten, weil ich gehalten bin
    (Johannes Rau)

  • Liebes sternle,

    ich glaube wir haben unsere Mütter längstens verloren bevor sie sterben.
    Wir sehnen uns nach Müttern, die Mütter sein können. Wir haben Hoffnung, sie doch noch irgendwann zu bekommen.
    Verloren haben wir sie längst - nur die Hoffnung auf Heilung, auf Umkehr lässt uns aushalten.
    Sehnen wir uns wirklich nach DER Mutter, die wir oft in so unwürdigen Szenen erleben?
    Eher doch sehnen wir uns nach einer heilen Welt, die es so nicht gab und gibt, nach dem Wunschbild unserer Seele.
    Es hat mich in er PT sehr befreit, das zu erkennen.

    Liebe Grüße
    sibi

    Ich kann standhalten, weil ich gehalten bin
    (Johannes Rau)

  • Hallo Sibi,

    da schreibst Du wahres, wir haben unsere Mütter schon sehr früh verloren. Sie waren innerlich schon abgestorben, als sie noch lebten. Ansonsten hätten sie nicht den Alkohol als Problemlöser eingesetzt.

    Diese Sehnsucht nach der Mutter und nach bemuttert werden, können wir uns nur selbst geben.

    Dazu gehört Wissen, um es besser verarbeiten zu können, um zu verstehen, wieso wir Ängste oder Verhaltensweisen entwickeln, die uns an einem lebendigen Leben hindern.

    Trauern über dass wir keine gesunde Mutter hatten, gehört dazu, und zurück zu unseren wahren Gefühlen zu finden, da wir diese als Kinder wegdrücken mussten, ansonsten hätten wir das nicht ausgehalten. Wie lange hast Du PT gemacht?

    Wie geht es Dir gefühlsmässig heute?

    liebe Grüsse Weitsicht

  • Liebe weitsicht,

    meine PT habe ich im Mai abgeschlossen - nach 1,5 Jahren. Allerdings habe ich die Ferien frei gemacht (wegen der kids) und in der letzten Zeit ging ich nur noch alle 2-3 Wochen.
    Ich habe meine P-therapeutin angerufen, als meine Mutter gestorben war, da ich niht alle genehmigten Stunden gebraucht habe. So könnte ich im Zweifelsfalle wieder hingehen - auch mit der KK ist das nun so abgesprochen.
    Ursprünglich angefangen habe ich das Ganze nach dem Tod meines Vaters, der viele unschöne Spuren und Missbrauch in meinem Leben hinterlassen hatte. In einer nach außen gutbürgerlichen Fassade.
    Ich setzte mich sehr intensiv mit ihm auseinander.
    Meine Mutter sah ich immer als Opfer meines Vaters.
    Es hat lange gebraucht um zu begreifen, dass meine Mutter genauso Täter war.
    Instinktiv hatte ich sie immer geschützt.
    Wegen meiner Mutter wäre ich nie in Therapie gegangen. Es war so "normal". Schließlich hatte sie mir ja nie Gewalt angetan.

    Ich denke wirklich, dass nur die PT, die eine Traumatherapie dabe hatte, mich heute das so durchstehen läßt.
    Ich habe gelernt für mich zu sorgen, mich abzugrenzen.
    Habe im geschützen Raum weinen und wutig sein dürfen nachholen können.
    Meine P-therapeutin war eine mütterliche Frau. Das war sehr sehr gut.
    Sie hat mich ein Stück an die Hand genommen, wo meine Mutter das nicht getan hat.
    Aufgrund der PT kam es auch zu der Distanz ab April.
    Meine Therapeutin hat mich dazu nicht ermutigt. Sie hat mich machen lassen und die Konsequenzen, die sich daraus ergeben, mit mir durchgesprochen.
    Kurz darauf habe ich die Therapie dann beedet und bin bis heute sehr stabil geblieben.
    Mein bis dato suchthaftes Essverhalten ist nun wirklich normal und die Pfunde sind seither gepurzelt.
    Auch in dieser nun furchtbaren Situation ist Essen nicht mehr mein Fluchtpunkt.
    Das ist ein großer Sieg in meinem Leben.
    Ich habe nun Zugang zu den verschütteten Geühlen und kann weinen, ich kann mir Hilfe suchen (so wie hier) und mich selbst aushalten, wenn es mir schlecht geht.
    Noch vor zwei Jahren hätte ich gelächelt, daheim wäre ich absolut antriebslos gewesen, hätte alles Mögliche in mich reingestopft und dann weitergemacht als "nach außen Starke".

    Sibi

    Ich kann standhalten, weil ich gehalten bin
    (Johannes Rau)

  • Hallo Sibi,

    da hast Du aber Glück gehabt mit Deiner Therapeutin, finde es beruhigend, dass Du jederzeit wieder hingehen kannst, falls Du es alleine nicht schaffst.

    Das ist auch ein Symtom nach Aussen "Die Starke", zu spielen und innerlich sich zerrissen, unsicher und ängstlich zu fühlen.

    Essen ist auch für mich ein Trostpflaster, ich habe schon viele Kilos ab- und wieder zugenommen, finde ich klasse, dass Du es geschafft hast, da kannst Du wirklich stolz auf Dich sein.

    Ich dachte schon, dass es ein innerliches, seelisches Hungern ist. Satt an wirklicher Zuneigung und Wertschätzung, wurden wir in der Kindheit leider nicht.

    Sich selbst aushalten, wenn es einem schlecht geht, das ist eine gute Erkenntnis, ohne sich mit Essen zu trösten, werde ich mir merken. Ich rauche dann meistens eine, ist auch nicht gerade gesund.

    Es ist gut wenn Tränen fliessen dürfen, bei mir steigen sie in die Augen, zum fliessen kommt es selten, wenn es um mich geht, spüre da noch ein blockiert sein.

    Jetzt texte ich Dich mit meinen Problemen zu, Du solltest Dir doch jetzt Kraft und Unterstützung hier holen.

    Bitte tue es, lass Dich nochmal drücken in Gedanken, und lass Deinen Tränen freien Lauf.

    alles Liebe Weitsicht

  • Liebe Weitsicht

    du textest mich überhaupt nicht zu.
    Es ist gut was du schreibst, denn es zeigt auch mir, wie "normal" meine Herausforderungen im Leben sind und wo sie ihren Ursprung haben.

    Ob ich das mit dem Essen dauerhaft schaffe, weiß ich ja auch nicht. Ich kann nur für mein Heute und mein Gestern sprechen und so gut wie möglich für mich sorgen, dass mein Morgen gelingen könnte.

    Ich wünsch dir so sehr, dass es dir auch gelingen möge zu weinen.
    Das war für mich enorm wichtig.

    Bis heute nehmen mich viele Menschen als extrem starke, witzige Person wahr.
    Sicherlich habe ich eine gewisse Grundstärke aufgrund der Gene meines Vaters geerbt.
    Aber Vieles war eben auch einfach Schutz.
    Da gilt es immer wieder zu reflektieren was echt und was Schutz ist...

    Was mich immer wieder tröstet ist auch, das ich immer wieder Menschen in meinem Leben hatte, die für mich da waren als meine Eltern mir nicht gerecht wurden.
    Immer nur in kleinen Dosen aber immerhin.
    Das ist für mich der Segen meines Lebens.
    In all dem Grauen gab es Menschen, die es gut mit mir meinten.
    Vielleicht gab es ja auch bei dir den einen oder anderen Menschen...
    Lehrer, Ärzte, Nachbarn.... wer weiß...

    In meiner Kindheit hab es mehrere lange Krnkenhausaufenthalte als ich mit 7 Jahren von einem Auto überfahren wurde.
    Das waren trotz aller Schmerzen und Behandlungen gute Zeiten in meinem Leben, denn im Krankenhaus war Frieden und Sicherheit.

    Derzeit warte ich auf die Nachricht dass die Urne zur Beisetzung freigegeben wird.
    Es macht mich ängstlich und unruhig wenn das Telefon klingelt.
    Mal sehen, wann sich was tut.
    Nächste Woche habe ich auch noch Geburtstag.
    Es wäre schön, wenn die Beisetzung vorher wäre.
    Dann könnte ich den Geburtstag als Beginn meines "neuen" Lebens sehen. Mit dem Blick nach vorne.

    Naja, Gott weiß.....

    Sei lieb gegrüßt
    sibi

    Ich kann standhalten, weil ich gehalten bin
    (Johannes Rau)

  • Liebe Sibi,

    habe heute öfters an Dich gedacht, wie geht es Dir heute in Deinem Denken und Fühlen?

    Weisst Du näheres wann die Beisetzung stattfindet, hoffentlich nicht an Deinem Geburtstag!

    Ich schicke Dir noch etwas Kraft und umarme Dich in Gedanken.

    Liebe Grüsse Weitsicht

  • Liebe weitsicht

    Es ehrt mich, dass du an mich denkst :D

    Bis heute abend habe ich noch nichts gehört.
    Also werden wir es vermutlich nächste Woche nicht mehr hinkriegen, da ich 2-3 Tage Vorlauf brauche und am Donnerstag Geburtstag habe.

    Heute ging es mir gut. Das erste Mal seit langem.
    Ich war morgens bei einer Freundin frühstücken - wir haben lange über das Vorgefallene geredet. Es hat mir gut getan, meine Gedanken in ihrer Gegenwart zu sortieren.

    Ansonsten ist Freitag immer viel Fahrerei wegen der kids.
    So war ich beschäftigt mit Fahrdiensten bei strahlendem Sonnenschein.
    Das konnte ich ganz intensiv wahrnehmen - war nicht immer so...

    Mein Herz hat sich nur kurz zusammengekrampft als ich Schreibtischarbeit wegen meiner Mutter machte.

    Morgen werde ich ja daheim bleiben mit unserem Pflegeesohn und der Rest der family fährt in meinen Heimatort.

    Ich merke, dass ich mir nicht soviel zumuten darf, ich muss lange genug in mein jetziges Leben eintauchen um wieder zu Kräften zu kommen für das, was heilen muss.

    Weißt du, heute habe ich eine Satz gefunden, der ist für mich stimmig:

    "Ich muss meiner Mutter vergeben, dass ich ihr weniger wert war als eine Flasche Wein."

    Ich denke, das ist es.
    Es tröstet mich, dass ich meinen Wert darin habe, wie Gott über mich denkt.
    Sonst könnte ich obigen Gedanken nicht aushalten.

    Mal sehen wie es mir geht, wenn ich an ihrem Grab stehe und wieder an dem Bett stehe in dem sie gestorben ist.

    Aber heute und morgen tue ich es nicht und da werde ich alles dafür tun, dass es mir gut geht.

    Wie geht es dir im Moment?
    Wo ist dein Herz nach all der Zeit zur Ruhe gekommen?
    Wo ruderst du noch?

    Sei behütet
    Sibi

    Ich kann standhalten, weil ich gehalten bin
    (Johannes Rau)

  • Liebe Sibi,

    das Schreiben hier wühlt schon einiges von früher wieder auf. Besonders der frühe Tod meines damals 27-jährigen Bruders der auch an den Folgen des Alkohols gestorben ist.

    Wenn ich gefragt werde wieviele Geschwister ich habe, lass ich ihn immer aus, da es mir peinlich ist, jemandem zu sagen, dass er Alkoholiker war.

    Das möchte ich in Zukunft nicht mehr tun, denn er war nicht stark genug sein Leben in den Griff zu bekommen, unsere Mutter war kein gutes Vorbild für ihn.

    Ruhe fand und finde ich immer in der Liebe meiner Kinder zu mir, die sind einfach liebevolle Kinder gewesen und empathische Erwachsene geworden, wir telefonieren und sehen uns oft, ich kann sie gut loslassen, denn das Leben geht vorwärts, niemals zurück.

    Mit meinem Mann möchte ich jetzt freudvolleres Miteinander leben, haben jetzt mehr Zeit für uns, Mein Mann ist auch Alkoholikerkind, sein Vater starb als er 9 Jahre alt war. Wir können uns gegenseitig verletzen, obwohl wir beide Geborgenheit und Sicherheit uns schenken wollen, da wir sie beide nicht in unserer Herkunftsfamilie finden konnten.

    Ich finde gut, dass Du im Moment gut auf Dich achtest und rücksichtsvoll mit Dir umgehen kannst.

    Du brauchst Kraft für die Beisetzung. Achte weiterhin gut auf Dich, glaube auch, dass es gut ist Kraft im Glauben zu finden.

    Für mich ist Gott=Liebe aus der wie immer schöpfen können.

    wünsch Dir dass Du es auch kannst.

    alles Liebe Weitsicht

  • hallo sibi,

    auch von mir mein beileid zum tod deiner mutter. ich finde bei dir einige parallelen zu meiner geschichte. meine mutter ist auch tot, sie war alkoholikerin, allerdings starb sie nicht an den folgen ihrer sucht. sie hatte krebs.

    ich habe auch meinen vater lange als ursache allen übels in der familie betrachtet, und dieses bild lange aufrecht erhalten. meine mutter hat nach dem tod meines vaters weniger getrunken, laut ihrer eigenen aussage in späteren jahren hatte sie früher getrunken. ich würde sagen sie hat weiter getrunken, ist aber nicht komplett abgestürzt, sondern hat rein äußerlich betrachtet ein geregeltes leben aufrecht erhalten.

    zu mir selbst, das mit der essucht hatte ich auch, ein mittel, um gefühle zu betäuben, sich nicht zu spüren, und witzig bin ich ebenfalls nach außen. ich lache zum beispiel viel, und kann über vieles lachen, so dass andere sich schon manchmal wundern, nach dem motto, was findet sie denn jetzt schon wieder so lustig.

    dieses viele lachen lenkt auch von mir ab, von den vielen traurigen seiten.

    seit zwei jahren bin ich in therapie, anlass war der tod meiner mutter. das hat mich weitergebracht. meine gefühle, mich selbst kann ich nun besser wahrnehmen und mich selbst auch besser akzeptieren. seit ca. einem jahr bin ich auch in diesem forum angemeldet und habe hier ebenfalls viel gelernt.

    ich wünsche dir viel kraft für die beisetzung.

    grüße simmie

  • Liebe Weitsicht, liebe simmie

    Es erstaunt mich, wie ähnlich wir uns in manchen Bereichen zu sein scheinen.
    Es tut mir gut, das von euch zu lesen, weil ich dadurch lerne wie "normal" ich für meine Geschichte bin.

    Gestern hat mein Mann 2 PKW Ladungen Flaschen meiner Mutter entsorgt. Gut, dass er mir das abgenommen hat.

    Sie hat 2 Leben gelebt, das perfekt scheinende und das wirkliche ...
    Sogar in ihrer Wohnung spiegelte sich das in den verschiedenen Zimmern....

    Ich möchte das für mich anders machen. Ich will daran arbeiten, echt zu sein - mit Haut und Haaren.

    Mal sehen, was die nächste Woche bringt.

    Der Austausch mit euch ist mir sehr wertvoll und ich danke euch für eure Offenheit.

    sibi

    Ich kann standhalten, weil ich gehalten bin
    (Johannes Rau)

  • Guten Morgen liebe Sibi

    Authentizität, das ist es, was innere Freiheit und Sicherheit schenkt.

    Zu wissen, dass eigener Selbstwert, durch die Alkoholkrankheit unserer Mütter, sich erst garnicht aufbauen konnte hat mir weiter geholfen.

    So wie die Bücher "Um die Kindheit betrogen", "Familienkrankheit Alkoholismus".

    Eigenes Frauenbild wurde durch Vorbild der Mutter nicht in gesunde Bahnen gelenkt.

    Damit Denken und Fühlen identisch sein können, alles andere trägt zur Verwirrung bei.

    Mir ist bewusst geworden, dass ich meinen Partner überfordere und von ihm gerne Sicherheit, Geborgenheit, Ehrlichkeit, Vertrauen und liebevollen Umgang miteinander einfordere, das ich eigentlich in der Kindheit von meiner Mutter und Vater hätte bekommen sollen, um sich bewusst den Anforderungen des Lebens stellen zu können.

    Für meine Kinder konnte ich vieles anders gestalten, dank eines Therapeuten, der mir damals schon das Buch "Das Drama des begabten Kindes" von Alice Miller empfahl, hier geht es um das wahre Selbst, und wie wir unsere Kinder gesund begleiten können, meistens leben wir durch erlebte Erziehung ein falsches Selbst.

    Liebe Sibi, Du hast diese Woche Geburtstag, ich glaube wir müssen uns selbst nochmal, durch eigenes Zutun, unser wahres Selbst, zur Welt bringen, ist wie eine Geburt schmerzhaft, danach mit keinem anderen Gefühl und Erlebnis zu toppen.

    Ich wünsche Dir weiterhin Kraft und ein in Dir sein, damit die Beisetzung in Deinem Sinne stattfinden kann.

    Alles Liebe und etwas Kraft schickende Weitsicht

  • Habe meine Mutter vor knapp einem Jahr verloren, auch zu Hause.
    Sie stürzte als sie betrunken war, stützte sich nicht ab....
    Ich war an den letzten Tagen da, weil mein Vater in Koma lag. Sie sagte mir: Es tut so gut, dass du da bist. Ich war ja früher immer da und regelete alles, aber später ging ich auf Abstand. Ihr Besuch zu mir vorher war einfach furchtbar. Sie hatte sich Proviant mitgebracht und es war unmöglich, was mit ihr zu unternehmen. Ich heulte mit ihr und ohne sie die Tage durch, die sie da war. Ich wusste gar nicht, wie lange ich das als Kind ausgehalten habe. Ich kannte meine Mutter gar nicht gesund. Aber früher als sie noch öfter nüchtern war, war sie sehr lieb.

    Es war sehr, sehr schlimm, denn ich hatte sonst niemanden, der mich wirklich liebte, auch wenn sie krasse Sachen brachte. Es tut so weh, und es wird denke ich immer ein Stück in meinem Herzen fehlen, ABER die Befreiung ist auch was wunderbares, aber das kommt erst mit den Monaten. Ich erzähle immer öfter offen darüber, und ich muss endlich keine Angst mehr haben. Ich hatte als Kind schon große Angst. Damit ist es nicht getan. Viele Angewohnheiten haften noch an mir...
    Ich schrieb bereits mit 13 in mein Tagebuch, das ich alles versucht habe, ich soweit es geht aufpasse, aber wenn ihr doch was passiert, ich nicht Schuld bin.

    Mein Beileid. Ich weiß also genau, was in dir vorgeht. Ich selbst habe leider noch keine Familie. Mein Vater ist auch Alkoholiker, aber da ich kein richtiges Verhältnis zu ihm habe, geht das mir vorbei, und der Kontakt ist auch gar nicht mehr vorhanden, seit es ihm wieder besser geht...

  • Nadinsche, das klingt traurig.....

    Ja - heute dachte ich auch: Endlich keine Angst mehr haben.
    Sie war eingentlich ein sehr lieber, sensibler Mensch - so will ich sie in Erinnerung behalten.
    Und trotzdem der Tatsache ins Auge sehen, dass es auch die andere Seite gab, die das Leben mit ihr belastet hat und mir meine unbeschwerte Kindheit gekostet hat.

    Aber ich muss mir auch sagen, und das weiß ich als Mutter auch nur zu gut:

    Keine Mutter und kein Vater der Welt kommt schuldlos an seinen Kindern vorbei.

    Von der Urne habe ich immer noch nichts gehört....
    Heute bin ich dankbar: Ich darf leben.....

    Sibi

    Ich kann standhalten, weil ich gehalten bin
    (Johannes Rau)

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