Erst kurz involviert, doch schon verzweifelt

  • Ich bin (erst) seit 6 Monaten mit einem alkoholkranken Mann zusammen, doch ich bin bereits jetzt hilflos! Ich weiß nicht, was ich tun soll. Ihm ist seine Krankheit seit ein paar Wochen bewusst. Wir haben uns von Anfang sehr intensiv über alles unterhalten. Am Anfang hat er immer nur gesagt, er hätte es sich verdient mal was zu trinken, feiern zu gehen, das ganze We zu feiern usw. Ich habe ihn bereits damals darauf angesprochen, weil ich das so nicht gewohnt war. Klar, ich gehe auch gerne feiern, spiele Handball im Verein, da gibt es oft Anlässe...aber ich bin halt auch mal nicht dabei. Auf jeden Fall hatte sich die Situation zugespitzt, nachdem er auf mehreren Parties aggressiv wurde, nicht mehr wusste, was er tat und mich nach einer durchzechten Nacht richtig doll in den Arm kniff (mehrmals), als wir im Bett lagen. Am nächsten Morgen wusste er es nicht mehr und es war ihm sehr unangenehm.
    Jedenfalls hat er von sich aus gesagt, dass er ein Problem hat und es so nicht weitergeht. Er hat sich bei einem Suchtberater gemeldet und geht nun in eine AA-Selbsthilfegruppe. Zweimal war er schon da.
    Heute und gestern hat er allerdings wieder getrunken. Auslöser sind immer Situationen, wo er seine Gefühle nicht mehr im Griff hat bzw. nicht mehr ertragen kann. Gestern war er nämlich extrem eifersüchtig, weil ich ihm gesagt habe, dass ich mich heute mit meinem Ex-Freund treffe.
    Beim letzten Mal, als er was getrunken hatte, war es, weil ich abends mit meiner Handballmannschaft weggegangen bin und er zu Hause geblieben ist.
    Es tut mir so weh.
    Ich hatte mich so sehr in ihn verliebt, habe deshalb meinen Freund verlassen. Ich hatte so lange nicht mehr so intensive Gefühle. Doch wenn er trinkt, ist er jemand anderes. Das macht mich sehr traurig. Schlimm ist auch, dass er dann so im Selbstmitleid schwimmt und mir 1000 sms schickt, anruft usw. Ich weiß einfach nicht, wie ich damit umgehen soll. Ich habe absolut keine Erfahrungen mit Alkoholkranken.
    Ich habe mich hier angemeldet, weil es den Anschein macht, als wäre hier viele Menschen, die Erfahrungen haben.
    lg,

  • Hallo Karlotta,

    ich bin auch erst seit ein paar Wochen hier, habe allerdings lange Erfahrung, leider (16 Jahre mit meinem jetzigen Mann).

    Ich finds zwar nicht toll, dass es dir schon nach so kurzer Zeit so schlecht geht, aber es ist doch wirklich toll, dass du dir jetzt schon Hilfe suchst.

    Was du beschreibst, kenne ich genauso, und mir zumindest hilft es sehr, wenn ich hier lese, dass alle Ähnliches erleben.
    z.B. die Sache mit dem Selbstmitleid
    Bei mir trifft er da immer noch auf einen Punkt, der mich runterzieht.
    Ich kann es nicht gut ertragen, wenn er heult.
    Aber wenn ich hier lese, dass es überall das gleiche ist, dann entlastet mich das.

    Das mit dem Kneifen kenne ich auch.
    Hatte früher oft blaue Flecke im Gesicht oder am Hals.
    Ist eine ganz fiese Gewalt-Geschichte, weil sie so an der Grenze ist.
    Ist keine so offenkundige körperliche Gewalt, aber dann eben doch!

    Also erstmal: Gut, dass du hier bist.
    Liebe Grüße
    Doro

  • Hallo Karlotta!
    Ich finde es ganz toll von dir das du jetzt schon dir Hilfe suchst! Es ist sehr wichtig..
    Ich selbst habe jetzt 4 Jahre mit meinem Partner hinter mir, mit dem ich auch einen 2 jährigen Sohn habe. Wir sind seit 4 Wochen getrennt. Und es ist gut so. Endlich habe ich das Gefühl wieder richtig atmen zu können.
    Lies so viel wie du kannst hier!! Vorallem über Co-Abhängigkeit!!
    Ich kann nur eins dir jetzt schon sagen.. Süchtige erzählen nie die Wahrheit, vielleicht meinen sie es teilweise so, können es aber eben durch die Sucht NIE umsätzen!
    So hart es klingt, aber so lange er süchtig ist und du co bleibst gibt es keine wirkliche reale chance für euch beide.

    Gehs an.. wünsche dir viel Kraft und Erfolg!

    LG Chanell

  • Hallo, ich bin's mal wieder. Danke für eure Beiträge und das Verstehen. Ich habe meinen Freund mehrere Tage "hängen" lassen und mich kaum gemeldet. Er ist zu einem Therapeuten gegangen. Er weiß, dass er ein Problem hat, doch ob er wirklich begriffen hat, was damit alles zusammenhängt, weiß ich nicht. Ist es ein längerer Prozess, das Kapieren "Ich bin Alkoholiker" und "Was kann/muss ich tun"?
    Was mir bei seinen "Ausfällen" noch extrem auffällt ist, dass er fast jedes Mal damit droht sich die Pulsadern aufzuschneiden oder sich ins Auto zu setzen. Die darauffolgenden Tage scheint er auch richtig so wie in einer Depression zu sein...will nicht raus, ihm ist alles egal, Wohnung sieht schlimm aus usw.
    Er trinkt immer dann, wenn er extreme Gefühlsausbrüche bekommt, z.B. bei Eifersucht, Trauer. Ich glaube, er weiß dann nicht mit seinen Gefühlen umzugehen und "ersäuft" sie. Ich bin ja kein Psychologe, aber irgendwie versuche ich doch immer Erklärungen dafür zu finden. Er trinkt halt sonst nicht. Also "nur" auf Feiern (oder wenn er selbst spontan eine Ein-Mann-Feier macht) oder bei diesen Gefühlsausbrüchen. In der Woche und so nicht. Aber das heißt ja nichts, oder? nicht jeder Alkoholiker ist ein Pegeltrinker?
    lg karlotta :lol: [/b]

  • Liebe Karlotta,
    auch mein Ex war Problemtrinker, der dadurch wohl langsam zum Alkoholiker wurde. Zig Jahre Alkoholmissbrauch und innerhalb von wenigen Wochen einige Todesfälle in seiner Familie sorgten dafür dass er zum unberechenbaren und gewalttätigen, wie auch morallosen, Menschen wurde.

    Aber wurde er es wirklich erst durch den Alkohol und die Todesfälle? War die Psyche nicht schon zuvor desolat und wurde in ein gesellschaftsfähiges Mäntelchen gepackt. Unauffällig, liebenswürdig oder gutmütig?

    In meinem Erleben muss ich sagen, ich denke, der masslose Trinker ist seinen eigenen Gefühlen und seiner eigenen Psyche nun viel näher als zuvor. Das was ich zu sehen bekam, die Gutmütigkeit ect. war aufgetischt und eben das geboten, was die Gesellschaft wünscht.

    Denn beileibe nicht jeder Alkoholiker ist ein anderer Mensch wenn er/sie trinkt. Zumindest nicht eine Umkehr von "gedachten" Grundcharakterzügen.

    Du hast ihn hängen lassen, aber doch nicht durchhängen, ich denke das ist o.k., weil Du nur tun kannst, was Dir Deine Gefühle erlauben. Du wirst sehen ob sich etwas ändert, ob er sich helfen lassen will und ob er diesen langen Weg geht oder ob er einfach "Ruhe in das baumelnde Seil" bringen wollte und nun wieder beginnt auf dem Seil zu tanzen.

    Ich persönlich muss im Falle meiner ehemaligen Beziehung sagen, zuerst hätte der Alk weg gehört um sich um die Psyche zu kümmern (Fachleute natürlich). Wenn aber die Psyche so instabil ist, dass sie den Alk zum überleben benötigt, wird das ein schweres Unterfangen, speziell dann, wenn eine Einsicht in diese Probleme fehlt.

    Und ich, liebe Karlotta, hatte es satt mir anzuhören dass er sich nun die nächste Brücke suche, ich hatte es satt Don Promillo am Steuer zu wissen, ich hatte es so satt, unter Druck gesetzt zu werden. Denn genau das sind solche Drohungen doch, oder? Einem anderen Menschen die Verantwortung geben damit dieser sein Verhalten verändert um einen Suizid nicht mehr als nötig erscheinen zu lassen.....

    Ich wünsche Dir ganz viel Kraft auf Deinem/Euren Weg und wünsche Dir mehr Einsicht bei Deinem Partner, als die, wozu "meiner" fähig war.

    Lieben Gruß von Dagmar

  • Liebe karlotta,

    ich befand mich in einer sehr ähnlichen Lage wie Du. Mein ehemaliger Freund war auch ein "Problemtrinker", wenn er nicht mehr weiter wußte griff er zur Flasche, um "wenigstens für ein paar Stunden den Alltag zu vergessen", aus diesen Stunden wurden dann ganze Tage des Rausches...
    Er konnte ebenso wenig damit umgehen dass ich auch ein eigenständiges Leben außerhalb der Beziehung führte,er war auf Freundinnen eifersüchtig, auf meinen Ex-Freund war er eifersüchtig, da gab er regelrechte Aussetzer, dabei hab ich den Ex wegen ihm verlassen, außerdem viell. 3 Mal im Jahr gesehen, dann auch nur auf Festen o.ä...
    Meine Meinung ist, dass er nie gelernt hat, Probleme anzupacken und zu bewältigen, bis jetzt half ihm immer der Alkohol seine Probleme zu vergessen, die Probleme zu lösen war dann Aufgabe seiner Familie bzw. die letzten 2 Jahre auch meine.
    Witerhin war es bei ihm auch so, dass er seine "Persönlichkeit gewechselt hat", klar, wie Du schreibst, Dagmar, stecken wohl tausend Seiten in einem Menschen, auch unschöne, und wenn Alkohol getrunken wird fällt es einem leichter, die naheliegenden Gefühle rauszulassen, den Deckmantel abzuwerfen...es ist nur schwer zu glauben dass solche "gemeinen" Seiten eben auch in dem Menschen stecken, den wir lieben...
    Mit dem Selbstmitleid komm ich auch nicht wirklich zurecht. Eine Woche ist meine Trennung jetzt her, seitdem ruft er mich fast täglich an, weint, beteuert dass er es nur mit mir zusammen schaffen kann usw..., aber auch Vorwürfe kommen, er wäre doch so arm dran, ich wäre ja schuld..
    .Es ist verdammt schwer da konsequent zu bleiben...
    aber mitlerweile weiß ich aus meiner persönlichen Erfahrung (3 Trennungsversuche mit Rückfällen), dass das Zusammenbleiben bei uns zu nichts führt! Ich mach mich kaputt, psychisch und physisch. Außerdem kam ich an einem Morgen nach einem seiner Anrufe unangemeldet in unsere Wohnung um etwas zu holen, und ich fand ihn betrunken vor.
    Das sind dann Situationen die mich weiterhin bestärken das richtige zu machen.
    Was ich positives entdeckt habe u.a. in deinem Beitrag, dass sich dein Freund nach relativ kurzer Zeit bereit erklärt hat, sich helfen zu lassen.(Suchtberater, SHG).
    Dass er erkannt hat dass da was nicht "normal" läuft.
    Wichtig ist: Achte auf Deine Grenzen, zeig ihm Deine Grenzen und lass dich nicht zu sehr in seine Probleme mit reinziehen! leichter gesagt als getan, aber da muß er durch, nicht Du!
    Alles Gute wünscht
    Merenda

  • Liebe Merenda, es scheint, als ob du mittlerweile so weit bist, nicht mehr an die Veränderung zu glauben. Du wurdest oft genug enttäuscht und hast "nur" hohle Phrasen gehört. Dann ist es sicherlich richtig, einen, wenn auch schmerzhaften, Schlussstrich zu ziehen. Trotzdem geht das nicht einfach. Vor allem, wenn man den anderen noch liebt. Ich kann mir vorstellen, dass es sehr schwierig ist für dich momentan. Dein Ex-Freund muss sich wohl wirklich jetzt erstmal nur um sich kümmern und zwar nicht dir zuliebe, sondern weil er es will. Das zu erkennen finde ich schon sehr schwer!
    Ganz ehrlich habe ich bei meinem Freund die Hoffnung noch nicht aufgegeben. Er ruft an bei der Parität, geht zu den AA und zu einem Therapeuten. Gibt es denn auch positive Beispiele? Ich lese hier fast nur von negativen, traurigen, gescheiterten Beispielen, wo es am Ende auf Trennung hinausläuft. Sollte ich jetzt gleich das Handtuch werfen, noch relativ am Anfang, um mich nicht weiter zu involvieren oder die Hoffnung momentan noch nicht aufgeben?
    Er hat tatsächlich nie über Probleme geredet. Ich dagegen komme aus einem Elternhaus, wo wirklich viel geredet wurde. Kann er das noch lernen? Ich habe das Gefühl, manchmal machen wir das schon ganz gut.
    liegrü,karlotta

  • Hallo, liebe Karlotta,
    irgendwie "juckt" es mich in den Fingern ganz provokativ zu fragen "wieso negative, traurige und gescheiterte Beispiele, wo es am Ende auf Trennung hinausläuft."?

    Wenn ein Alkoholiker sich für seine Promille entscheidet ist es seine Entscheidung und für ihn in dem Moment seiner Entscheidungsfindung nicht negativ....

    Auch wenn eine Trennung traurig ist, so haben hinterher viele Partner endlich in ein selbstbestimmtes und freies Leben für sich gefunden, in welchem sie nicht mehr durch die Launen und Erlebnisse einer Sucht von "himmelhochjauchzend bis zu Tode betrübt" gebeutelt werden.

    Negativ erscheint mir das nicht unbedingt, nur weil es eine Trennung in der Vorstufe mit sich brachte.

    (D)Ein Handtuch werfen und (D)eine Hoffnung aufgeben, nun, das ist wohl eine Entscheidung, die Du mit Dir und Deinem Gefühlsleben ausmachen musst. Ob er aber Lust oder Interesse hat etwas zu lernen oder zu verändern, dass ist die Sache Deines Partners, auf die Du keinerlei Einfluß hast.

    Du schreibst von "Liebe". Allerdings musste ich für mich schmerzhaft erfahren, dass Liebe nur da möglich ist, wo zuvor eine Selbstliebe da ist. Diese Selbstliebe schließt aber zwangsläufig aus, dass ich eine Partnerschaft mit einem Menschen führe, der mir nachhaltig schaden kann. Dieses ist aber zwangsläufig der Fall, falls ein Mensch (auch nur einen!) Black out haben könnte. Nicht nur, dass dabei Gerhirnzellen auf der Strecke bleiben, es weiß ja im Regelfall keiner, was während der Blackout-Zeit passierte.

    Auch mir ging es wie Dir: Alkohol in der süchtigen Form war mir fremd. Viel zu lange dachte ich, dass kann doch gar nicht sein. Es war so, es kam noch viel schlimmer und ich habe für mich gelernt, dass ich nur mir und meinem Bauchgefühl vertrauen kann.

    Was sagt Dein Bauchgefühl? Wie fühlst Du Dich wenn er abstürzt bzw. wenn Du glaubst, es könnte passieren? Bist Du noch in der Lage einen gemütlichen Abend mit Freunden zu verbringen, während er sich vielleicht die "Kanne" gibt?

    Wie stellst Du Dir Euren Weg vor? Wie stellt er sich diesen Weg vor? Redet Ihr darüber?

    Lieben Gruß von Dagmar

  • Hallo karlotta,
    momentan siehts ja so aus bei Euch, dass Dein Freund sich um sich kümmert, seine Sucht in den Griff bekommen möchte...wie du schreibst geht er in SHG und zum Therapeuten, das ist doch schonmal wirklich als gutes Zeichen zu bewerten, finde ich. Dies tut er ja erst seit kurzem, viell. ist momentan nicht der geeignete Augenblick um einen großen Schritt in eine bestimmte Richtung zu tun...vielleicht muß noch Zeit vergehen bis Du/Ihr erkennt wo das ganze hinführt?
    Bis Du/Ihr erkennt wie ernst es ihm ist, was ihm wichtiger ist?
    Vorallem ist es Deine persönliche Entscheidung
    ob du dich weiterhin involvieren sollst, ihn dabei unterstützen sollst usw...
    Wohnt Ihr eigentlich zusammen?
    Es ist schwierig jmd. einen Rat geben zu wollen, keiner weiß ja wie die Sache ausgehen wird!
    Einerseits ist es richtig auf sein Bauchgefühl zu hören, wobei da die Liebe zu jemanden einem (ich gehe da von mir aus!) auch mal die Realität verschönert vor Augen führt und einem hoffen lässt, wo es nichts mehr zu hoffen gibt (jedenfalls ohne Veränderung).
    Andererseits scheint Dein Partner das Suchtproblem früh erkannt zu haben und, wie gesagt, auch was aktiv dagegen zu unternehmen...
    Eure Beziehung muß sich nicht zwangsläufig in die Richtung entwickeln, wie sie hier oft zu finden ist, also mit Trennung enden, weil es sonst keinen andern Weg mehr gibt.
    Es ist aber nur richtig, sich darüber im klaren zu sein wo so etwas hinführen kann...und sich nicht blauäugig und verliebt immer weiter mit reinziehen lassen.
    Aber wie ich finde ist ein positiver erster Schritt bereits getan.

    LG Merenda

  • Hallo Dagmar!
    Ich kann tatsächlich keinen gemütlichen Abend mit anderen verbringen, wenn ich weiß, dass er sich besäuft. Aber ich habe nicht ständig Angst, dass es wieder passieren kann. Nur in bestimmten Momenten, wenn er z.B. wieder extrem eifersüchtig ist o.ä. Ich treffe mich trotzdem mit meinem Ex-Freund oder anderen Freunden, denn wenn er sich daraufhin betrinkt ist das trotzdem seine eigene Verantwortung, nicht meine. Er hat auch noch nie gesagt, ich hätte Schuld.
    Deine Interpretation von positiv/ negativ habe ich so noch nicht betrachtet bisher. Aber ist es nicht auch so, dass für viele Alks es der größte Wunsch wäre aufzuhören und eine gleichwertige, erfüllte Partnerschaft zu leben?

  • Hallo Merenda,
    ich habe mir deine Geschichte durchgelesen. Wie sieht es denn da momentan aus? Grundsätzlich kann ich nur sagen, egal ob der Freund Alki ist oder mich in anderer Hinsicht einschränkt...ich muss sehen, dass es mir gut geht. Ich bin schon seit längerer Zeit in therapeutischer Behandlung (nicht wegen meinem Freund, sondern wegen mir) und lerne immer besser mich selbst in den Mittelpunkt zu stellen. Es war (und ist es oft noch) mir immer sehr wichtig, was die anderen denken. Ich wollte es allen recht machen, von jedem gemocht werden, aber trotzdem meine Meinung sagen können und tun, was ich möchte. Das passt allerdings nicht immer zusammen. Im letzten Jahr habe ich einige Veränderungen vorgenommen, die mich viel Kraft und Tränen gekostet haben und auch "Freunde", aber dennoch waren die Entscheidungen richtig.
    Denn wer muss damit leben? Ich.
    Ich sage das hier, weil das meiner Meinung nach bei vielen Betroffenen hier eine Rolle spielt.
    Nun zum Aktuellen:
    Am Donnerstag hatten mein Freund und ich einen Streit. Nichtig. Er hatte n Scheißtag gehabt und ich freute mich ihn zu sehen, mit ihm zu reden und zu kuscheln. Doch irgendwie war jeder in sich gekehrt. Dann haben wir gestritten. Es war nicht schlimm, jeder hat seine Meinung gesagt und nachher war wieder gut. Nur, was mich stutzig machte war, dass er sagte, eigentlich bräuchte er den Therapeuten und die AA-Gruppe nicht. Er muss aufhören mit dem Trinken. Es muss Klick machen und dann sollte der Weg klar sein.
    Gestern habe ich ihn auf diese Worte nochmal angesprochen. Er sagte, dass er auf jeden Fall weiter zum Therapeuten und der Gruppe gehen wird, weil sie unterstützen. Nur manchmal nervt es ihn halt.
    Was mich auch etwas irritiert ist, dass er kaum Freunde hat. Ich treffe mich häufiger mal mit Bekannten, Freunden. Er so gut wie gar nicht. Und wenn, dann wars eigentlich immer nur zum "Feiern". Und da er das jetzt nicht mehr macht, sind da kaum andere. So richtig zu stören scheint es ihn nicht. Ich kann das nicht so deuten. Nur beengt es mich halt etwas, da er mich natürlich am liebsten immer sehen will.
    Nein, wir wohnen nicht zusammen. Seitdem ich in den letzten Jahren 2x relativ schnell mit meinen damaligen Freunden zusammen gezogen bin, tu ich das jetzt nicht mehr. Zudem ist mir die Unsicherheit momentan mit meinem Freund noch zu groß!

  • Hallo karlotta,

    also die Seite kenne ich an mir auch allzu gut, es jedem Recht machen zu wollen...Einladungen abzuschlagen weil ich einfach keine Lust hatte, mich mehr als es gut tut mich mit Problemen anderer beschäftigen...ich hatte immer gleich ein schlechtes Gewissen, wenn ich mich mal in den Vordergrund stellte. Wann der Punkt war, an dem ich das erkannt habe, weiß ich nicht, nur dass es so war und z.T. immer noch so ist, das ist mir bewußt geworden...irgendwann im letzten Jahr, sehr spät, aber besser wie nie, gell?
    Vielleicht, oder eher bestimmt, hängt dieser Wesenszug bei mir auch eng damit zusammen, dass ich so viel habe über mich ergehen lassen in meiner Beziehung zu einem Alkoholiker. Das mal so nebenbei als "Selbstanalyse" :lol:
    Das mit dem fehlenden Bekanntenkreis kommt mir auch sehr bekannt vor von meinem Ex, wenn er Probleme hatte oder hat, sprach er mit mir darüber, wenn es dabei um uns ging, dann mal auch noch mit seinen Eltern (was ja nicht schlecht ist), nur ich denk mir auch immer, das hilft doch ungemein, sich mit jmd. "gleichalten, gleichgestellten" auszutauschen, also mir hats schon oft geholfen von meinen Freunden in bestimmten Situationen einfach die Augen geöffnet zu bekommen, oder aber einfach mal reden zu können, Ratschläge oder so zu bekommen...
    Bei ihm hab ich mir manchmal gedacht, wenn was total Absurdes von ihm kam ,(Bsp. ist jetzt schwer, aber in der Richtung: "weil du das jetzt so gemacht hast heißt das dann das, folglich kann das ja jetzt nur heißen dass unsere Beziehung so und so ist" Punkt). Da dran war dann nichts mehr zu rütteln. Da hab ich dann gegen eine Wand geredet um ihm was auszureden, was wirlich total irrational war. Und genau dann, aber auch wenn er normale Probleme hatte, wären Freunde zum reden meiner Meinung nach auch wichtig. Nur meiner nahm das nie in Anspruch.
    Ich hoffe das war einigermaßen verständlich. :lol:
    Finde ich übrigens gut, dass du dich weiterhin mit Freunden triffst wie vorher auch, auch wenn er sich, zumindest offenkundig, nicht direkt darüber beklagt...ist wichtig, aber du schreibst ja auch, dass er auch oft eifersüchtig auf den Ex (aber sind das nicht die meisten?) aber auch auf Freunde ist...und sich dann auch mal, an diesen Abenden, an denen Du wegwarst, betrunken hat.
    Ich möchte da nicht zuviel interpretieren, aber bei mir wars eben so, dass, wenn ich mal für eine Nacht bei meiner Freundin übernachtet habe und wir ausgegangen sind, er sich immer betrunken hat, so auf die Art: wenn du weggehst ohne mich, dann betrinke ich mich eben, habe ja allen Grund dazu.
    Und dann morgens gleich angerufen hat, ob ich noch schlafe, ich nannte sie immer "Kontrollanrufe". Und das war ja nicht normal.
    Ich habe oft auch auf längere Freundesbesuche verzichtet wegen ihm, das war nicht gut!

    Dass er diesen Satz gesagt hat,

    Zitat

    eigentlich bräuchte er den Therapeuten und die AA-Gruppe nicht. Er muss aufhören mit dem Trinken. Es muss Klick machen und dann sollte der Weg klar sein.


    hätte mich auch stutzig gemacht, er hat ihn zwar revidiert, aber trotzdem...da bleibt wohl nur abwarten.
    Ist ja schonmal gut, von diesem Standpunkt aus betrachtet, dass ihr nicht zusammen wohnt, da fällt es auch leichter Abstand zu wahren wenn Du ihn brauchst.

    Ja, bei mir isses so, dass er sich gestern gemeldet hat, nüchtern, und wieder damit angefangen hat, was er doch jetzt alles für unsere Beziehung tun möchte, Therapie, SHG usw., er wollte dass wir das zusammen machen, weil ich doch die größte Unterstützung wäre. War nicht einfach für mich, aber ich habe mittlerweile erkannt (früher nicht!), dass ich nichts tun kann, ich habs immer wieder probiert, da muß er durch, wenn er wirklich will. Ich habe ihm gesagt, dass ich die Trennung nach wie vor möchte, und auch getrennt wohnen. Er war ziemlich fertig, er könne das alles nicht realisieren...
    Nunja, morgen treffen wir uns um über die praktischen Dinge zu reden...wird schwer, vor allem wenn ich ihm das ins Gesicht sagen muß, bisher wars telefonisch, an dem Tag, an dem ich ihm das zum ersten Mal gesagt hab, war er noch angetrunken, da fällt einem das sowieso leichter. Da muß ich jetzt durch.
    :roll:

    Also dann mal Alles Gute!

    LG Merenda

  • Hallo Karlotta,
    ich hoffe du bist mal wieder hier drinnen. ich bin ebenfalls Neu hier und nur durch meinen Freund auf diese seite gelangt.
    Deine Geschichte ist zu Teil auch meine Geschichte. Auch ich habe mich in einen Mann verliebt der ein Problem hat. Ich habe mich ebenfalls aus einer Beziehung gelöst in der ich zehn Jahre war, zusammen haben wir noch ein Kind.
    Ich bin sehr verliebt in diesen Mann. Nur ich weiß, durch meine Vorgeschichte. Mein Vater ist auch alkoholkrank, kannst du einfach nichts tun.
    Du hast zwei Möglichkeiten...entweder du erträgst die Situation so wie sie ist oder du gehst.
    Und das das gehen nicht einfach ist..das verstehe ich.
    Nach einer Trockenpause hat mein freund wieder angefangen zu trinken. Es tut saumäßig weh..weil alle Träume zerrstörrt werden um man es nicht verstehen kann. Wir sind seit sechs Monaten zusammen und er will wiedr trocken werden. Ich glaube an Ihn, aber ich kann mich nicht mehr um Ihn sorgen.
    Er muß es kapieren.
    Verabschiede dich von Ihm. Zieh ein Schlußstrich..und wenn er will...ich liege seit drei tagen im Bett und bekomme mich nicht mehr aufgerafft...er fehl mir so. Wir haben täglich telefoniert und uns geschrieben. Jetzt muß ich stark sein. Und du auch. Was bleibt dir denn für eine Wahl.
    Ich wünsche dir ebenfalls Kraft und Mut.
    Alkohol ist ein schlechter Partner.
    Lg Nat.

  • Mir gehen momentan so viele Gedanken durch den Kopf...!!! Was ist richtig, was ist falsch? Es gibt keine patent Lösung. Aber ich bekomme irgendwie kein Bauchgefühl...ich spüre nur Unsicherheit.
    Das Thema Alkohol ansprechen bei meinem Freund? Richtig oder nur, wenn er von selbst drauf kommt? Ihm meine Gedanken, Gefühle und Ängste dazu offen sagen? Oder setze ich ihn damit unter Druck?
    Mein Freund hat auch viele Ängste, aber er redet sehr ungern darüber. Er teilt mir das meistens per sms mit. Wenn ich ihm dann sage, dass ich gern mit ihm darüber rede, aber nicht smsen möchte, herrscht Funkstille...
    ... ':cry:'

  • Hallo Karlotta,

    hab gerade ein bisschen in deinem Thread rumgestöbert und muss natürlich meine Senf auch abgeben. :wink:

    Wollt eigentlich nur zwei Erfahrungen mitteilen:

    1. Bei meinem jetzigen Mann war es früher auch so, dass er außer mir keine Freunde zu haben schien.
    Ich fand das auch sehr belastend.
    Als er trocken war, wurde es besser. Da habe ich gemerkt, dass er sehr wohl in der Lage ist, Kontakte zu knüpfen.
    Aber jetzt, wo er wieder trinkt, ist er wieder isoliert.
    Was ich dir sagen will: Er übt damit ganz schön Macht über dich aus! Jedenfalls ging mir das so. Ich war sein Tor zur Welt, das Gefühl hatte ich immer. Und deshalb hatte ich so ein schlechtes Gewissen, ihn zu verlassen.
    Jetzt, nach seinem Rückfall, ist es wieder so. Nur dass ich jetzt weiß, dass er eigentlich Leute hätte, wenn er sich ein bisschen bemühen würde.
    Jedenfalls ist das für dich eine nicht gerade komfortable Situation, damit kann er dich ganz schön unter Druck setzen.

    2. Ich habe mich - notgedrungen :cry: - mit Gewalt in der Partnerschaft befasst und Bücher dazu gelesen. Mein Mann war zwar selten körperlich übergriffig (d.h. während der Ehe nie), aber seelisch hat er mich sehr in die Mangel genommen und manchmal gings Richtung Nötigung und so.
    Und ich habe gelesen und kann das auch nachvollziehen: Es beginnt IMMER mit Versuchen, den Partner zu isolieren. Kontrollanrufe, Meckern über andere Freundschaften oder Kontakte, die man hat.
    Wollt ich dir nur sagen, damit du vielleicht ein bisschen sensibilisiert bist.
    Ich war nie völlig isoliert durch ihn, aber ich habe tatsächlich mit der Zeit begonnen, alle möglichen Kontakte zu anderen einzuschränken. Das war ein ganz langsamer Prozess. Ich will dir auch nichts einreden, aber es schadet nichts, wenn man weiß, dass es sowas gibt.

    Alles Gute
    Doro

  • Hallo Doro und alle anderen,
    heute geht es mir nicht gut. Genau genommen seit 3 Tagen gehts mir sogar so besch...., dass ich kaum schlafe, nicht wirklich etwas auf die Reihe bekomme und nur noch grüble. Dabei scheint so wunderbar schön die Sonne draußen!
    Doch ich versinke wieder einmal in meinem Selbstmitleid und meiner Hilflosigkeit.
    Mein Freund hat sich die ganze Woche isoliert und kaum gemeldet, weil es ihm so schlecht ging. Ich kann das nicht so gut vertragen, mache mir dann Gedanken und auch Sorgen. Habe ihm gesagt, du bist bei mir herzlich willkommen, kannst dein Herz bei mir ausschütten. Doch er hat mir erklärt, dass er in solchen Situationen einfach nicht vor die Tür mag bzw. fast schon Angst hat raus zu gehen und Menschen über den Weg zu laufen. Und trotzdem vermisst er mich und wünschte ich würde zu ihm kommen. Kennt jemand dieses Gefühl, was er hat?
    Wenn es mir schlecht geht, wünsche ich mir nichts sehnlicher als in den Arm genommen zu werden. Er braucht / will scheinbar das Gegenteil. Das entfernt uns beide so voneinander.
    Er kämpft natürlich damit, ein Alkoholiker zu sein und nichts mehr zu trinken. Und ich bin mir ganz sicher - er hat auch noch andere Probleme, mit denen er sich jetzt erstmal auseinandersetzt.
    Doro, alleine schon die Tatsache, dass er Probleme mit dem Alkohol hat, isolieren mich. Denn man spricht ja nicht mit jedem darüber. Dabei bin ich sonst so ein offenes Buch. Ich habe das Gefühl ein Geheimnis behüten zu müssen. Er muss den Menschen das halt selber sagen, nicht ich.
    Da die meisten Menschen aus meinem Umfeld ihn bisher kaum oder noch gar nicht kennen, ist das echt schwer.
    Am Mittwoch hat er doch 2 Flaschen Bier getrunken. Er hatte einen Unfall (vorher) und sowieso ja ne schlechte Zeit, insofern hat er sich die beiden Flaschen dann "gegönnt". Was hat das wieder zu bedeuten?
    Ich fühle das wieder total als Niederlage.
    Wie hören Alkoholiker denn auf mit dem Trinken? wie ist der Anfang? Der anfängliche Prozess?
    Bei vielen lese ich, dass sie sich nach einem Jahr (oder länger) damit arrangieren können, die schlimmste Zeit erstmal vorbei ist...ist das so?

  • ...6 Tage später....Es geht mir besser, nachdem ich die letzten 2 Tage absoluten Teifpunkt hatte. Aber ich glaube, das war nötig. Ich versuche das positiv zu werten. Aus den Ereignissen der letzten Tage, wo ich mich bei der Arbeit für Außenstehende "merkwürdig" oder auch "unmöglich" verhalten habe, lerne ich für mich, dass ich aus den feedbacks anderer mir gegenüber etwas mitnehme für die Zukunft. Und es nicht wieder gleich nur schwarz/ weiß bzw. negativ sehe und als Angriff.
    Ich muss darauf hören, was ich möchte, wonach mir ist und es nicht allen recht machen.
    Genauso wenig meinem Freund. Ich sehne mich zwar nach der Schulter zum Anlehnen, wenn es mir schlecht geht und ich (mal wieder) meine Person in Frage stelle, aber letztendlich bin ich selber dafür verantwortlich. Er kann mich nicht aus dem Sumpf ziehen. Das muss ich tun.
    Und genauso kann ich ihn nicht aus dem Sumpf ziehen, was den Alkohol betrifft! Ich kann und darf von anderen Menschen nicht das erwarten, was ich tun würde und was ich gerne hätte!
    Das viele Lesen und eure Antworten haben mich, glaube ich, schon ein kleines Stückchen weitergebracht. Ich hatte, bevor ich mich hier angemeldet habe, ganz andere Vorstellungen, was Alkoholiker, Co-Abhängigkeit etc. angeht. Thanx! ;)

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