Hallo Ihr Lieben.
Ich habe zwar schon ein paar Antworten verfasst... möchte mich aber trotzdem gerne bei Euch "Kindern" vorstellen.
Ich bin bald 28 Jahre alt und mein Vater trinkt seitdem ich ihn kenne. Meine Kindheit war ein einziges Desaster, der Vater Säufer, die Mutter depressiv mit hysterischen Zügen. Beide berufstätig, d.h. meine ältere Schwester und ich waren viel und lange alleine zu Hause. Wenn mein Vater von der Arbeit kam, hat er -während er Abendessen gekocht hat- gesoffen, hat schon während der Arbeit seine 7-10 Bier getrunken, stören durfte man ihn nur sehr selten. Kam man in die Küche, gab's entweder anschnauze oder er war freundlich (schätzungsweise war das pegelabhänging).
Nach dem Essen ist er im Keller verschwunden und hat dort weitergesoffen. Ich nehme an, Schnaps war auch mit dabei. Wenn er voll war, wir Kinder waren meistens schon im Bett, kam er wieder in die Wohnung und hat sich Kopfhörer aufgesetzt und mit seiner Musik mitgejault. Das klang dann oft so, als würde ein Tier gequält werden.
Die Wochenenden waren die Hölle. Zwangsbesuche in irgendwelchen blöden Freizeitparks (wo wir Kinder uns ohnehin nicht austoben konnten, weil wir von unserer Mutter ständig in irgendwelche Puppenkleider gesteckt wurden- Gott war uns gnädig, wenn diese Flecken hatten). Mein Vater hatte nur Bier im Kopf und wurde stinkig, wenn es nichts zu trinken gab. Die Mutter hat immer nur rumgeschrien und ihn vor allen Leuten zur Sau gemacht.
Wenn wir nicht in diesen Freizeitparks waren, mußten wir die Eltern meiner Mutter besuchen, die ebenfalls nur gesoffen haben. Es kam oft vor, dass meine Oma total besoffen die Tischdecke mit dem gesamten Essen vom Tisch riss und rumschrie.
Als sich meine Eltern vor 16 Jahren trennten, ging es bergab mit meinem Vater. Er soff noch mehr und lässt sich nun erst richtig gehen, denn seine zwei Cousins sind nacheinander (ebenfalls am Suff) gestorben. Seine Wohnung sieht total assig aus (braune Wände, alles vergilbt und fertig) und er selbst hat sich halbiert, weil er nichts mehr essen kann und -wie sollte es auch anders sein- nicht zum Arzt geht.
Es bricht mir das Herz. Ich hänge sehr an meinem Vater und überlege, ob ich ihm nicht einen Brief schreibe in dem ich ihm klarmache, dass er auf mich nicht zählen kann, so lange er weitersäuft.
Bevor ich vor acht Jahren ziemlich schlimm an Panikattacken erkrankt bin, habe ich ihn jedes Wochenende besucht. Seitdem ich nicht mehr Autofahren kann, sehen wir uns kaum noch.
Inzwischen geht es mir, was meine Angstzustände betrifft, eigentlich ganz gut. Nur, am vergangenen Freitag habe ich ihn zum ersten Mal seit knapp einem Jahr gesehen- und erstmal eine Panikattacke geschmissen. Er sah so furchtbar aus, kalkweißes Gesicht, kalter Schweiss, zittrig, eingefallen... Einfach zum heulen.
Ich weiß, ich kann nichts tun. Aber es tut mir sehr weh. Vor allem, seitdem ich hier rumlese, stelle ich fest, wie sehr mich seine Sucht im Griff hat- das war mir nie so bewusst wie heute.