• Ich habe in den letzten Wochen sehr viele Berichte von Alkoholabhängigen und Co-Abhängigen gelesen. Ich habe mich vor gut 2 1/2 Monaten von meinem Mann, der großen und bisher einzigen Liebe meines Lebens getrennt, weil ich es nicht mehr aushalten konnte. Die Aggressionen, körperliches und seelische Gewalt haben mich ans Ende meiner Kraft und kurz vors Durchdrehen gebracht. Ich war nervlich am Ende, habe selber aggressiv auf Sticheleien und Verletzungen reagiert und auch in mir unerkannte Seiten entdeckt, leider auch nicht so schöne wie Beschimpfungen, lautes Schreien im Streit, etc.
    Seit unserer Trennung stelle ich mir täglich viele Fragen, die mir nur ehemalige Abhängige beantworten können:

    - während der Sucht nimmt man den Partner nicht mehr als geliebten Menschen wahr; er nörgelt nur, stört, nervt, fordert, meckert...
    man sieht scheinbar nicht, wie er / sie leidet
    => wacht man irgendwann auf und sieht / sieht ein, was man dem Partner mit seinem Verhalten angetan hat? Gibt es irgendwann ein Gefühl der Reue?

    - wenn man noch nicht "ganz unten" ist, will man nichts gegen die Sucht tun. Was genau bewegt einen dazu, endlich dagegen anzukämpfen?

    - warum kann ein anderer nicht helfen?

    - mein Mann fühlt sich von mir jetzt total im Stich gelassen und ist völlig gekränkt, dass ich die Ehe / das Zusammenleben beendet habe; bisher hat er immer nur mit Trennung gedroht, sie aber nie wahrgemacht, wenn ich mal wieder "aufmüpfig" war. Sind seine Vorwürfe ernst gemeint oder sagt er das nur, um mal wieder die Schuld abzuwälzen?

    - er will nicht, dass sich herumspricht, dass wir uns getrennt haben. Wovor fürchtet er sich? Dass die Leute ihm auch (Mit-)Schuld geben könnten oder was ist die Denkweise?

    - Was passiert, wenn ein Abhängiger nicht mit seinem Willen durchkommt? Hat man dann die Neigung sich oder anderen etwas anzutun?

    - wenn man soweit ist, dass man kaum noch Kraft hat, den Alltag zu bewältigen weil alles zu mühsam ist (trinkt "nur" abends), ist das schon der Anfang vom Umkehrpumkt?

    - Kann ein Abhängiger in dem Stadium durch ein positives Erlebnis im Beruf oder eine neue Liebe "geheilt" werden und ist das dann langanhaltend erfolgversprechend?

    - Ist ein Neuanfang nach dem Entzug mit dem vorher "gahaßten" Ex-Partner möglich und realistisch? Gibt es langfristige Erfahrungen?

    - Wird man wieder ganz der/die Alte? Oder bleibt immer ein Teil des Menschen zurück, den die Sucht aus einem gemacht hat?

    Ich weiß, das sind viele Fragen und ich habe bestimmt noch viele mehr. Ich wäre sehr dankbar über ein paar Antworten von Euch, damit ich einfach noch mehr verstehen und vielleicht auch mehr meinen inneren Frieden finden kann.

    Ich danke Euch schon mal im voraus.
    Viele Grüße,
    Miri

  • hallo miri

    nicht einfach das alles zu erklären, zumal auch einiges vom charakter der einzelnen abhängig ist. ich will aber versuchen mal einiges zu entwuseln.

    - wenn man abstinent lebt wird einem natürlich klar was man angerichtet hat. man hat auch schuldgefühle, aber da muß man aufpassen. wenn man nüchtern bleiben will muß man das schnell bearbeiten und sie los lassen, denn das könnte zum rückfall führen. ein verzeihen der anderen betroffenen ist hier wichtig oder aber getrennte wege zu gehen.

    - das ist bei jedem menschen anders. das kommt auf die leidensfähigkeit an. manche schaffen es nie. aber ganz sicher wird sich nichts ändern solange der abhängige einen funktionierenden co hat.

    - sucht hat nichts mit verstand zu tun. vielen abhängigen ist lange bevor sie was unternehmen völlig klar das sie sich zu grunde richten, aber man kann nicht einfach aufhören solange es noch irgendwie zu bewältigen ist. sie beherrscht jedes denken und handeln und drängt wirklich jeden anderen gedanken in den hintergrund. sie hat eine unvorstellbare macht. sie macht es auch unmöglich von außen an den betroffenen ran zu kommen. es ist sehr schwer dieses gefühl zu beschreiben.

    - klar ist dein mann sauer, nu muß er ja seine sucht allein bewältigen, selbst vertuschen und den schaden den er anrichtet selbst beseitigen. vorwürfe gehören ebenfalls zur sucht, ergeben die daraus entstehenden streitigkeiten doch prima gründe um wieder zu saufen. auch versinkt man oft in selbstmitleid und denkt tatsächlich das jeder einem was böses will. werte und gefühle verschieben sich vollkommen. es ist eine bizarre und völlig irrationale auffassung der realität.

    - ich denke das er die trennung nicht wahr haben will und so seine scheinwelt nach außen in takt halten will. mein ex trägt nach 5 jahren trennung seinen ehering, was er in der ehe nie getan hat. sich selbst was vor machen gehört auch dazu.

    - das kommt völlig auf den charakter an. wenn ein mensch zur gewalt neigt kann das gut möglich sein, andere werden resigniert in selbstmitleid versinken.

    - da kann man nur jaein sagen, für manche reicht es, andere kommen noch nicht zur einsicht selbst wenn sie schon unter der brücke schlafen. das ist sehr individuell.

    - geheilt wird unsere krankheit nie! wir müssen lernen mit negativen und auch mit positiven gefühlen anders umzugehen. es gibt genug leute die rückfällig wurden obwohl es ihnen sau gut ging.

    - in wie weit die beziehung wieder neu gestartet werden kann liegt an dem paar. es ist eine frage der entwicklung beider partner. auch in ehen ohne suchtproblematik leben sich die partner auseinander. hier was pauschal zu sagen ist unmöglich.

    - der alte wird man sicher nicht. man ist durch die sucht geprägt, nicht unbedingt negativ, meistens legt man diese negativen eigenschaften im laufe der zeit völlig ab, das dauert aber einiges an zeit. man wird anders weil man um trocken zu bleiben alte verhaltens- und denkmuster ablegen muß. in wie weit der partner da mitgehen oder schritt halten kann liegt in jedem selbst.

    in wie weit das für dich und deinen mann möglich ist wird die zeit zeigen, versteif dich da auf nichts. es ist von der entgültigen trennung bis hin zur versöhnung alles möglich.

    doro

    Alkohol ist ein prima lösungsmittel es löst familien arbeitsverhältnisse freundeskreise und hirnzellen auf.
    trocken seit 18.10.2001

  • Hallo Miri,

    warum interessiert Dich das, ich meine, was wie wo warum, es geht doch um Dich?
    Ich frage Dich das, weil ich die gleichen sinnlosen Fragen stellte.
    Es geht doch darum, dass Du nicht in der Lage bist Dich um Dich zu kümmern.

    Stell Dir doch einfach einmal zwei Kinder vor, wie sie geboren werden, wie sie wachsen, aufwachsen, in den Kindergarten gehen, in die Schule, studieren, einen Beruf erlernen und Familien gründen. Wahrscheinlich werden sich die beiden im Laufe der Jahre ganz anders entwickeln und ganz andere Wege gehen, obwohl sie irgendwann die gleiche Vorstellung von ihrer Zukunft hatten.

    Wenn zwei Partner in einer Beziehung irgendwann auf unterschiedlicher Augenhöhe sind, hat eine Beziehung auch bestand, wenn beide es wollen und beide wieder auf die Ausgangsposition zurückkommen, sich wohl fühlen und es passieren lassen.

    Du kannst Dir die Fragen selbst beantworten. Ich möchte nie mehr so sein wie früher und für eine Frau die so ist wie meine Frau war ist kein Platz mehr. Ich achte meine Exfrau, respektiere sie, bin ihr dankbar für die intensiven Erfahrungen während unserer Beziehung und halte sie in liebevoller Erinnerung. Auch wenn wir wollten, kämen wir nicht mehr auf eine Augenhöhe, es würde nicht mehr funktionieren.


    Wann fängst Du an etwas für Dich zu tun? Wenn Dein Mann sich verändert, wie soll das funktionieren, wenn Du immer hinterher läufst?

    LG Kaltblut

    Sie standen dar und fragten sich warum und nur einer meinte: warum nicht.

  • Hi,
    ich finde es nciht so sinnlos sich diese Fragen zu stellen. Dinge, die einen bewegen müssen auch geklärt werden. Ich habe mir ähnliches auch gestellet. Das ist auch ein Teil der Auseinandersetzung mit der Sucht. Und wir sind ja uch süchtig. Im Grunde spiegelt der Partner ja auch einiges wieder. Du selbst, Kaltblut, sagst, dass Du dir diese 'unsinnigen' Fargen auch gestellt hattest. Dann war es auch ein Teil Deines Weges, Dann gehört es dazu, um zu dem Punkt zu komen, wo du jetzt bist. Ich denke, dass auch wir coanhängigegn bestiimte Phasen druchlaufen müssen , um an unseren persönlichen Tiefpunkt zu kommen. Wir bemerken irgendwann, dass wir das alels nciht mehr wollen, und woollen dem Partner helfen. Dann evrsuichen wir die Sucht zu verstehen. beides sit nur bedingt möglich. dann müssen wir kapitulieren. Ich glaube, ohn diese Vorphasen kann man das nciht. das wäre zu einfach. Sag einem Süchtigen einfach: Hör auf- wird er es tun? Nein, natürlich nciht. Aber das ist doch der weg. Bei allen süchten. So einfach. Aufhören. Dann brauchten wir dieses Forum nciht. Der Weg ist in diesem Falle das Ziel. Wir coabhängige müssen auch einsehen, dass WIR ein Problem haben, eine Sucht. Dass wir dem PArtner die Sucht nicht abnehmen können. Bis dahin schweben wir eben in der Hoffnung,dass alles wieder gut wird. Aber leider ist es in den meisten fällen nciht der fall. viele würden dann lieber ein der suchtbeziehung verweilen, wenn sie wüßten, dass hinterher Trennung angesagt ist. Das sit die Angst.
    Aber da müssen wir durch und wir können diesen Schritt auch nur tun, wenne s für uns unerträglich wird. Wir müssen eine gewissen Stolz und iene Eigenliebe entwicklen, die uns sagt: DAs mußt du dir nciht täglich antun. Das ist nicht das was ich mir unter Liebe oder Beziehugn vorstelle. Dahin müssen wir aber erstmal kommen. das ist auch nur der ertse Schritt. denn dann , nach der Trennung ist die sucht nicht weg. das ist ja nur der ertse schritt. Nie wieder dahin kommen, dass man sich selbst so aufgibt.
    Heute würde ich sagen:Wenn du eienm Alkoholiker helfen willst, dann sorgedafür, dass es ihm noch shclechter geht. nimm ihm sien geld weg, sorge dafür, dass er keinen job kriegt, ärger bekommt, etc.
    Hat er keinen grund mehr zu trinken, fängt er an sich einen zu sichen. Streit inszenieren, beschinpfungen, anschuldigungen etc. all diese grundlagen muß man dem partner entziehen. Indem man sich selsbt entzieht. Anders kann es ncith funktionieren. Ich habe mich oft gefragt, warum mein mann ausgerechent MICH zu seinem Sündenbock ausgesucht hat. Ich, die ihm doch immer geholfen hat. Tja.

  • Hallo ihr Drei,
    zunächst entschuldigt bitte, aber ich bin leider nicht täglich online!

    Liebe Dorothea, vielen Dank für Deine offenen und ehrlichen Worte. Deine Antworten helfen mir weiter, langsam etwas mehr zu verstehen was und warum das alles in den letzten zwei Jahren passiert ist. Vieles muss erst noch sacken, es werden neue Fragen kommen, aber die Denkweise wird mir viel klarer und nimmt mir einen Teil meiner Selbstzweifel und Schuldgedanken.

    Dir Kaltblut, möchte mit den Worten von Paddy antworten: "Das ist auch ein Teil der Auseinandersetzung mit der Sucht." Ich muss das warum verstehen und dass nicht ich der Grund bin oder war, wie mein Mann mir immer einreden möchte, sondern dass es etwas anderes gibt, dass dafür verantwortlich ist, dass ich nicht beeinflussen kann und er scheinbar auch nicht so wirklich. Sonst kann ich mit mir selbst nicht ins Reine kommen und mich selber nicht so richtig im Spiegel ansehen. Ich kenne ja nur seine Version der Dinge. "ich bin an allem schuld, habe ihn im Stich gelassen etc." Ich versuche, soviel Abstand wie möglich zu meinem Mann zu halten, kann aber wegen der Firma nicht immer so wie ich gerne möchte. Private Gespräche oder freundschaftliche Gesten unterbinde ich sofort und beschränke mich aufs Geschäft. Leider empfinde ich immer noch irgendetwas, dass ich ehrlicherweise noch nicht einmal wirklich beschreiben kann für ihn.
    Ich möchte auch gern so einfach wie er zum nächsten Tagesordnungspunkt übergehen können und alles verdrängen oder abhaken oder was auch immer. Nur bin ich leider anders - der perfekte Co.! Immer grübeln, die Schuld bei sich suchen und helfen wollen. Damit ich hiermit aufhören kann, brauche ich dringend die Antworten!

    Dir Paddy, Danke für Dein Einfühlungsvermögen! Es ist glaube ich wirklich so wie Du sagst: die Fragen gehören zum Weg. Ich möchte mich auch nie mehr in so eine Abhängigkeit und Selbstaufgabe begeben, bin aber so aufgewachsen. Meine Eltern haben immer alles für unsere kleine Familie getan; es war immer selbstverständlich, Rücksicht zu nehmen, erst den anderen die Wünsche zu erfüllen statt sich selbst mal vorne an zu stellen. Ich konnte auch nicht verstehen, warum das für meinen Mann nicht auch selbstverständlich war und "Ich habe mich oft gefragt, warum mein mann ausgerechent MICH zu seinem Sündenbock ausgesucht hat. Ich, die ihm doch immer geholfen hat." das habe ich mich auch oft gefragt.
    Eure Antworten helfen mir sehr.

    Tausend Dank!

    Hoffentlich schreiben noch andere Betroffene aus ihrer Sichtweise, jeder Beitrag bringt mich ein Stück weiter auf meinem Weg und andere bestimmt auch.

    Liebe Grüße,
    Miri

  • Ich würde gerne noch etwas wissen...

    wie fühlt man sich, wenn man endlich wieder Alkohol getrunken hat (z.B. nach einem langen Arbeitstag kann man abends endlich wieder sein Bier o.ä. trinken)?

    mein Mann wird sehr aufbrausend und streitsüchtig, aber eigentlich ist das doch der den ganzen Tag langersehnte Zustand, da sollte doch alles toll sein! Warum ist das nicht so?

    Viele Grüße,
    Miri

  • Hallo Miri73,

    deine ganzen Fragen, können dir nur ein verschwommenes Gesamtbild ermöglichen , das aber nicht auf jeden Einzelnen anwendbar ist. Der Alkohol ist ein bewusstseinsverändernde Droge, sowie ein Zellgift, das bei den Abhängigen unterschiedliche Auswirkungen hat.

    Solange der Alkoholiker nass ist , solange lebt er auch in einer anderen Welt, die ein Nicht-Süchtiger, schwer oder gar nicht verstehen kann.

    Mich würde mal interessieren, ob dich noch was dazu treibt, als es nur versehn zu wollen? Was macht es mit dir ,machtlos anschauen zu müssen , das ein nahe stehender Mensch zu Grunde geht? Nicht verstehen können , das der Alkoholiker nur aus freien Stücken was tun kann.

    Denke mal darüber nach was dich da quält.

    Gruß Hartmut

    ps. schaue mal in deinem Postfach nach, da hast dun die Antwort wegen deiner verschwindende Antworten :)

    Gruß Hartmut

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    Wer will, findet Wege. Wer nicht will, findet Gründe!

  • Hallo Hartmut,
    mein Anwenderproblem ist Dank Deines Tips behoben! Dankeschön.

    Du hast übrigens den Nagel auf den Kopf getroffen: ich will nicht zusehen! Mein Mann war meine erste große Liebe, wir haben erst vor 4 Jahres ganz romantisch auf einem Leuchtturm geheiratet, haben uns zwei Firmen zusammen aufgebaut, wovon eine mittlerweile ganz nah am Abgrund steht. DAS KANN DOCH ALLES NICHT SEIN! Wenn er so weitermacht, sind wir beide pleite und haben den Hals voller Schulden. Und ich kann nur zusehen!?! Dann will ich wenigstens verstehen, warum er so reagiert und möchte vielleicht auch nur wissen, dass es - obwohl er es immer anders sagt und mir gegenüber zum Ausdruck bringt- nicht persönlich gegen mich gerichtet ist.
    Kannst Du das verstehen?
    Was kann ich tun, damit er endlich aufwacht? Die Diabetes wird auch nicht gerade durch Alkohol unterstützt. Tief in ihm muß doch noch der alte Mann sein, den ich mal geliebt habe und der mich mal geliebt hat.
    Es tut einfach sehr weh, ihn zu sehen. Durch unseren Sport und die Firmen haben wir ca. 3x die Woche Kontakt, was mir nicht gut bekommt. Aber ich kann leider nicht einfach die Stadt verlassen oder den Kontakt komplett einstellen.
    Ich glaube, ich bin mit der Antwort auf die Frage nach dem "was" total überfordert. Bitte entschuldige. Und Danke.
    Miri

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