Endlich drüber sprechen ...

  • Hallo Ni,

    nochmal willkommen jetzt im offenen Teil des Forums! :wink:

    Schreib dir alles von der Seele, dann sortiert es sich in dir drin.

    Alle deine Gefühle sind in Ordnung und mit der Zeit der Aufarbeitung können sie sich verändern.

    Ich wünsche dir einen hilfreichen Austausch!

    Schreib, wann immer dir danach ist, hier wirst du gelesen und verstanden, auch wenn nicht gleich eine Antwort kommt.


    Lieber Gruß, Linde

    You can't wait until life isn't hard anymore before you decide to be happy.

    - Nightbirde

  • Hallo Ni,

    ich bin auch neu hier und stehe auch noch ganz am Anfang. Und genau wie Du weiß ich auch nicht, wohin mit meiner Wut.

    Der Wut über meine Mutter,
    - daß sie trinkt
    - daß sie heimlich trinkt
    - daß sie mittlerweile Hirnatrophie/Korsakov-Syndrom hat
    - daß sie es geschafft hat, daß ich 5 Jahre glaubte, sie würde dement werden
    - daß sie den gleichen Weg geht wie ihre Mutter: verdrängen, betäuben, bloß keine Verantwortung übernehmen
    - daß sie sich seit Jahren der ärztlichen Beratung (da glaubte ich noch, es sei beginnende Demenz) entzogen hat
    - daß sie jetzt ihre Situation gar nicht mehr einschätzen kann
    - daß aus ihrer Sicht immer die anderen Schuld sind
    - daß sie nach wie vor glaubt, kein Problem zu haben und es ihr gut gehe, sie "nur ein bißchen vergesslich" sei
    - daß sie ihre Persönlichkeit verändert hat (oder kommt nur der wahre Kern zum Vorschei?)

    Der Hausarzt sagte zunächst, ich solle keinen Druck aufbauen, sonst würde sie sich das Leben nehmen wie mein Bruder. Da wußte er auch noch nichts vom Alkoholmißbrauch.
    Aber verdammt nochmal, ich kann meine Mutter doch nicht so in die Verblödung laufen lassen? Sie muß doch einsehen, daß sie ein Problem hat!
    Nein, muß sie nicht! Sie kann es jetzt nicht mehr.

    Ich versuche, diese Wut mit einem anderen Satz "einzufangen": ES IST IHRE ENTSCHEIDUNG!
    Ich bin in der glücklichen Lage, über den Arbeitgeber eine Sozialberatung im Haus zu haben. Dort hatte ich die Tage mein erstes Gespräch. Die Mitarbeiterin zeigte mir auf, was ich noch anstoßen kann und welche Schritte noch sinnvoll sind. Z.B. meinte sie, Rentenversicherung und/oder Krankenkasse würden bei der Diagnose Hirnatrophie wahrscheinlich keine Langzeittherapie mehr unterstützen, da eine willentliche Entscheidungsfindung bei meiner Mutter gar nicht mehr möglich sind. Es würden aber andere Sachen, z.B. Tagesklinik, Tagesbetreuung o.ä. sinnvoll sein. Zum Glück sind wir soweit, daß meine Mutter keinen Alk mehr trinkt, weil sie keinen mehr im Haus findet. Die Einkäufe macht ihr Lebensgefährte. Jaaa, er ist voll auf dem Weg zum Co-Abhängigen.
    Aber auch das ist seine Entscheidung.... ich habe mir schon den Mund franslig geredet.

    Mittlerweile komme ich ganz gut damit klar, daß ich mir immer wieder vor Augen führe, daß SIE für IHR Leben verantwortlich ist und ICH für MEINS!
    Zum Glück unterstützt mich auch mein Mann sehr stark und hilft mir bei der Abgrenzung.

    Deine Wut ist nur allzu verständlich! Willkommen im Klub ;)

    Gruß
    Mada

    Habe Mut, Dich Deines Vestandes zu bedienen. I. Kant

  • Hallo Ni..
    Eine Selbsthilfegruppe kann ich dir sehr sehr ans Herz legen.

    Meine Mutter ist schon lange Alkoholikerin. Als ich im Kiga war, waren es die regelmäsigen Frühshoppen am Sonntag. Das hat sich im Laufe der Jahre gesteigert.

    Mir geht es Momentan schlecht. Aber ich gehe seit Dezember in eine Selbsthilfegruppe für Angehörige von Alkoholkranken. Zwar sind mein Bruder und ich dort die einzigen EKA´s, doch was die anderen aus der SHG so zu berichten haben, kommt mir ebenfalls sehr sehr bekannt vor. Dort ist Platz für die Sorgen, die Ängste und auch die Wut, die wohl fast jeder von uns kennt.

    Ich für mich habe eingesehen, dass ich noch mehr Hilfe brauche und versuche mich momentan zu dem Schritt in eine Psychologische Therapie zu überwinden..

    Die Wut von der du sprichst kenne ich auch.
    nur bezieht es sich eher darauf, dass ich meine Mutter dafür verantwortlich mache, dass sie das Leben meines Vaters zerstört..
    Auch wenn ich einsehen musste, das mein Vater selber groß ist und für sich und was mit ihm geschieht, alleine die Verantwortung trägt..

    Der Kopf weiß das, aber mein Herz noch nicht ...

  • Hey Ni..,

    Es ist vollkommen klar, dass Deine Freunde Dir wenig oder keinen Rat geben können. Sie sind nicht in der Situation wie Du, sie haben damit keinerlei Erfahrungen und gehen (wer würde es ihnen verdenken) oft recht naiv damit um (und halten teilweise Alkoholismus für eine Willensschwäche..).
    Was mir aber widerfahren ist, als beim Gespräch mit Freunden irgendwie das Thema auf meine mutter und den Alkoholismus kam war, dass mir plötzlich mehrere Leute erzählten, dass sie auch Alkis in der Familie oder im Betrieb o.ä. hatten/haben. Auch das hat mich weitergebracht.

    Vielen Dank übrigens für das "junge Erwachsene".. ;)
    Die "harcore Einstellung" wie Du es nennst, hat sich bei vielen als der einzig gangbare Weg erwiesen. Nicht als der Weisheit letzter Schluss, sondern eben nur als die einzig machbare Variante. Es steht jedem frei, es anders zu machen bzw zu versuchen.
    Ein Gespräch mit dem Alki kann etwas bewirken, BEI DIR, beim Alki, eher nicht..!! Es ist also ein Gespräch für Dich, einzig und allein FÜR DICH.

    Vielleicht ein paar Tips:
    Beim Gespräch sollte Deine Mutter nüchtern sein.
    Mach Dir ggf einen Spickzettel.
    Sprich mit ihr in der Ich Form.
    Keine Vorwürfe oder Anschuldigungen.
    Vereinbare mit ihr, dass ihr Euch gegenseitig ausreden lasst, geht das nicht, so sucht Euch ggf einen Moderator (Vater, Bruder, Schwester, ggf jmd aus der SHG).
    Formuliere, was Dich stört, was Du fühlst und, was sich in welche Richtung ändern sollte.
    Solltest Du irgendwelche Ultimaten oder Bedingungen stellen wollen achte darauf, dass Du bereit bist, diese im Fall des Falles auch durchzuziehen.
    Und erliege nicht der Illusion, das Gespräch könnte Deine Mutter vom Saufen abbringen..!! :?

    Ich hoffe, das hilft Dir ein bisschen..

    Liebe Grüße und bis bald

    Der Insulaner

  • Hallo Ni,

    was erhoffst Du Dir von einem Gespräch mit Deiner Mutter?

    LG,
    Lavandula

  • Hallo Ni,

    nicht Deine Mutter hat Dich zu dem gemacht, was Du heute bist, sondern Du selbst.
    Du musst keine Gegenleistung dafür erbringen.
    Deine Situation ist nicht anders als die aller andern hier.
    Deine Hoffnung, dass Du Änderung in der Denkweise einer Alkoholikerin vollbringen kannst, sind umsonst und bedeuten für Dich nur eine Verlängerung Deines Leidensweges.
    Deine Mutter ist eine erwachsene Frau und ganz allein für sich selbst verantwortlich.
    Alkoholismus ist nicht durch Familiengespräche zu 'packen' oder zu 'lösen'.

    LG,
    Lavandula

  • Hallo Ni,

    herzlich willkommen auch von mir.

    Ich bin Alkoholikerin, seit 4 Jahren trocken und gehöre auch eher zu der "Fraktion" der klaren Worte, weil nur die mir weiter geholfen haben, aber jeder ist anders und das respektiere ich auch.

    Deine "Geschichte" hat mich angesprochen weil meine Tochter damals im gleichen Alter war, als sich mein Alkoholkonsum "zuspitzte".

    Du möchtest ("Endlich drüber sprechen") mit deiner Mutter ?

    Dann tu es einfach !
    Suche das Gespräch bei einem Kaffee oder ähnlichem.
    Achte darauf das sie nüchtern ist, sonst bringt das garnichts !
    Sprich in der ICH-Form von DIR, deinen Empfindungen, Gefühlen, deiner Ohnmacht, deinen Wünschen, .....möglichst ohne anklagend zu werden und ohne Schuldzuweisungen.

    Setze deine Erwartungen nicht zu hoch an, damit du später nicht so arg enttäuscht bist !

    Im besten Falle wird sie zuhören und darüber nachdenken.
    Aktiv werden muß sie selbst, und das tut jemand meistens erst dann wenn er/sie sich zu seinem Alkohol-"Problem" auch bekennt.
    Ohne Krankheits-Einsicht keine Veränderung, und jeder Alkoholiker braucht seinen persönlichen Tiefpunkt.

    Meiner war damals, als meine Tochter das Gespräch suchte noch nicht erreicht,...leider.

    Informationen, Hilfe- und Unterstützung findet jeder Alkoholkranke wenn er sich denn auf den Weg macht !
    Erste Anlaufstelle kann der Hausarzt sein, eine Suchtberatungsstelle, eine SHG wie diese z. Bspl. oder auch eine reale Selbsthilfegruppe.

    Entscheidend ist, die Krankheitseinsicht muß vorhanden sein, und der- oder diejenige muß es selbst wollen !
    Druck seitens der Familie ist in den allermeisten Fällen hinderlich, denn dann macht man es evtl. nur für die anderen und nicht für sich selbst !

    Eines fiel mir noch etwas befremdlich auf, du schreibst, du durchsucht bei Besuchen deiner Eltern Schränke nach versteckten Flaschen ?? :shock:
    Das finde ich ehrlich gesagt sehr grenzüberschreitend. Wie würdest du dich fühlen wenn deine Mutter bei Dir in den Schränken rumwühlen würde, soviel Respekt muß sein finde ich.

    Alles Gute für das Gespräch.

    Gruß, Rose

  • Hallo Ni,

    Du musst mir natürlich gar nichts glauben - und belehren oder angreifen ist nun wirklich das letzte, was ich mit meinen Worten bezwecke. Es gibt nun einmal gewisse Fakten bei Alk.Kranken, die nicht von der Hand zu weisen sind. Sicher wirst Du selbst Deine Erfahrungen machen.

    Gruß,
    Lavandula

  • Hallo Ni..,

    ich kann dich sehr gut verstehen, der Druck in einem selbst, die Verzweiflung doch helfen zu wollen und die Ohnmacht zuzusehen, dass diese Hilfe nicht gesehen wird, die Einsicht fehlt beim Genenüber, ist hart, wirklich sehr schlimm.

    Ich erlebe dies als Phasen in meinem Leben, wenn mein Vater sich nicht meldet, geht es ihm "gut", was bedeutet, er hat irgendwo eine Bleibe, einen Job (Klomann) wo er genug Geld verdient "irgendwie", damit er seine Alkoholphasen finanzieren kann.

    Und wenn er einmal wieder abrutscht, na ja, früher meldete er sich bei sinen Eltern, die ihm die Miete zahlten, Essen vorbeibrachten und Zigaretten und er noch wütend mit ihnen war, weil es kein Geld gab. Seine Eltern sind nicht mehr am Leben, nun wendet er sich in dieser Phase an seinen Bruder und mich.

    Ich gab ihm 150,- Euro, die innerhalb von 3 Tagen weg waren. Ich hätte es besser wissen müssen... :roll: aber die Hofffnung, dass er dann vielleicht... da bin ich bestimmt nicht alleine mit diesen eigenen Rückfällen, der Hoffnung das sich etwas bei ihm verändert und ich auch meine Ruhe habe. Ist ein wenig als kaufe ich mich frei.

    Ich habe mich über Möglichkeiten der Unterbringung beraten lassen und jeder, wirklich jeder sagt: der harte Weg. :cry:

    Und weißt Du, sie haben ja Recht und ich weiß das und nun steht hier ein Beutel, ich nenne ihn Doggy-Pack, mit einer warmen Jacke, Einwegrasierzeug, etwas zu Essen und ausgedruckt Anlaufstellen, wo er sich Hilfe holen kann. Eine SMS, dass er kein Bargeld bekommt, hat er bereits.

    Augenblicklich fühle ich mich verfolgt, verlasse ich das Haus, meine Gedanken kreisen, wenn es an der Haustür klingelt: ist er ist, ist er nüchtern oder betrunken, in welchem Zustand usw...

    Ich kann auch nachvolziehen, wie sehr und warum Du versuchst Verantwortung zu übernehmen und Sicherheit zu bekommen, wie es deiner Ma geht. Hat sie getrunken, wie geht es ihr gesundheitlich und so weiter. Das ist ja auch menschlich. Ich schnupper auch, checke meinen Dad ab und habe auch schon diese Gespräche mit ihm geführt, schon alleine für mich, damit ich mich besser fühle, kann ich ihm signalisieren: ich sehe was los ist, es tut mir weh und ich weiß, ich kann dir nicht helfen.

    Wichtiger noch, inzwischen kann ich auch sagen, dass ich nicht bereit bin ihm zu helfen, so wie er es sich wünscht, weil ich eben genau weiß: ich kann ihm nicht helfen.

    Und ich meine, Du nimmst es schon korrekt wahr, wenn Du deine Erfahrungen machen möchtest. Ob diese Phasen, wie Wellen, es geht auf und ab, auch in einem selbst, bei jedem Menschen und in jedem Fall so sind weiß ich nicht. Ich vermute es.

    Für meinen Fall weiß ich, es sind genug Wiederholungen für mich, damit ich auch gefühlt einsehen kann, mein Verstand weiß all dies schon lange genug: die Grenze des Machbaren ist erreicht. Was auch immer geschieht und ich befürchte das die Polizei hier vielleicht steht und mir sagt mein Vater ist tot aufgefunden, all diese Ängste und Gedanken, ich kann sicher sein, ich tu das Richtige. So weh es auch tut.

    Und dieses Gefühl, denke ich, braucht es um loslassen zu können und Verantwortung da zu sehen, wo sie hingehört.

    Kannst Du dich da unterbringen, wenn ich von Phasen schreibe? In welcher Phase befindest Du dich?

    Liebe Grüße
    Regina

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