Blitzlichter beim Therapiegespräch - Nachsorge

  • uffff, das muss ich erst mal verarbeiten, was ich da gestern als Gesprächsthema hatte, welches urplötzlich in der Alk-Partnerschaft gelandet war.

    Meine Psychotherapeutin ist in Rente und hat die Praxis einem kompetenten Nachfolger (Psychatrie und Psychotherapie) übergeben. Logischerweise kommt da mein kurzer Lebenslauf.

    Während die Ursprungstherapeuting dem Thema Alkbeziehung nicht zuviel Bedeutung beimaß reagierte der neue Therapeut sehr stark auf das Thema und erschreckte mich.

    Ich erzählte beiläufig vor kurzem das ebenso flaue Gefühl im Magen zu haben wie in der zugespitzten Situation. (Ich wurde isoliert, Telefon und Internet gekappt, das Haus wurde umgebaut und gestütz war somit eine Gefängnisfestung, oft war das Haus nicht über die normalen Ein- und Ausgänge zu verlassen - und das in einem Minidorf. Von morgens bis abends Baulärm und der Horror des Ex-Lovers, der das Haus in Schutt und Asche lagen wollte).

    Uups, jetzt müsse ich sehr sorgsam mit mir umgehen, meinte er. Ich habe recht wenn ich sage daß erst jetzt meine Seele alles verarbeiten kann und deshalb erst jetzt nach 1 1/2 Jahren alles ans Tageslicht kommt. Dennoch müsse ich aufpassen, dass dieses Gefühl nicht zu häufig auftritt, mich dem also nicht hingeben.

    Das Gefühl sei deshalb da, weil es zur Aufarbeitung NOTWENDIG ist. Nur mit eben selbigem Gefühl und dem Kopf könne ich das bewältigen, nicht wenn es nur über den Kopf ginge (und der Meinung war ich zuvor).

    Ebenfalls sagte er mir, dass es häufig wäre diese Drohungen "Haus in Schutt und Asche zu legen" er höre das sehr, sehr oft bei Alkoholikern, die verlassen werden. Uuups - war mir auch neu....

    Während ich der Meinung bin, dass der Alk nur enthemmt und die wahre Persönlichkeit ans Licht fördert vertritt er die Meinung, dass der Alk tatsächlich die komplette Persönlichkeit ändert wenn ein jahrelanger Mißbrauch vorliegt. Das nun kann ich tatsächlich nicht verstehen.... Soll es tatsächlich so sein, dass jemand ganz anders wird (nur durch den Druck zu konsumieren??? sorry, das kapiere ich nicht so ganz, könnte es mir aber vorstellen)?

    Er würde merken, ich habe mich sehr gut mit dem Thema und mir auseinandergesetzt, wirke sehr zufrieden und voller Energie ... dennoch möge ich sehr gut auf mich aufpassen und sehr gut zu mir sein....

    So und das hat mich geschockt, weil es einfach zeigt - was er auch aussprach - dass bei den Angehörigen oft soviel Schaden angerichtet wird, dass es schwer ist diese Wunden so zu heilen, dass kein überdeckender Wundbrand enteht. Erscheint sehr logisch, weil ja ganz viele Bereich angeschnitten wurden im Zusammenleben mit einem Alkoholkranken oder Suchtkranken.

    Also müssen auch wir in der Nachsorge besonders vorsichtig sein und sollten Hilfe in Anspruch nehmen. Also habe ich als Co - nach über einem Jahr - die Gefahr von Gefühlen/Depressionen überrannt zu werden obwohl mein Suchtmittel komplett weg ist. Mein "Saufdruck" sind dann quasi die Bauchgefühle, die ohne Anlass (ähnlich wie Schmerz) da sind.

    In der Drogensucht gibt es den Flashback - ohne Stoff ebensolche Gefühle wie mit zu entwickeln. Eventuell haben wir Co und Süchtigen das auch gemeinsam. Zu irgendeinem Zeitpunkt, ohne Bezug zum Suchtmittel, ein Gefühl zu verspüren wie damals als es (das Suchtmittel) noch da war.

    Und dann wird es haarig ... nämlich "auf sich aufpassen" und sich fragen was da läuft.

    Ich stellte mir damals die Frage "Flashback", "Bearbeitung" oder Trauma. Es scheint also von allem etwas zu sein.....

    Lieben Gruß von Dagmar

  • Hallo Dagmar,

    der Mensch ist ein extrem anpassungsfähiges Wesen, sonst hätten wir es nicht geschafft zu überleben. Denn genau betrachtet leben wir in einer recht lebensfeindlichen Umgebung, wir haben gelernt mit den Gefahren umzugehen. Wir agieren und reagieren aufgrund von Beobachtungen von klein auf, so lernen wir ein Mitglied der menschlichen Gesellschaft zu werden, wir lernen zu überleben. Dieses lernen kann aber auch in eine falsche Richtung gehen. Ich habe als Kind gelernt, was ich zu tun habe, um ein liebes Kind zu sein, um in dieser menschlichen Gesellschaft zu überleben. Ich habe mein Verhalten meiner Wahrnehmung angepasst, ein langsamer, schleichender Lernprozess. Das ich da nicht so ganz das richtige gelernt habe, habe ich später gesehen.

    Dieser Lernprozess hört jedoch nicht nach der Kindheit auf, da ist der Geist zwar besser beeinflussbar, aber das ist auch alles. Dieser Lernprozess setzt sich fort so lange wir leben. Das ist auch etwas das Psychotherapie zu einem sehr sensiblen Thema macht. Die Lebenslange Anpassungsfähigkeit des Menschen ist der Grund warum sie helfen kann und warum sie auch schaden kann.

    Jeder der schon einmal betrunken war, weiß das man seine Umwelt anders wahrnimmt. Wenn wir den nächsten Tag wieder nüchtern sind, bewerten wir die Situationen anders, alles bekommt wieder seinen angestammten Platz. Wenn man jedoch dauerhaft betrunken ist, hat man nicht mehr die Möglichkeit Situationen klar zu bewerten. Die betrunkenen Wahrnehmungen werden Realität, dementsprechend wird das Verhalten angepasst und ist im Vergleich zum nüchternen Teil der Gesellschaft einfach gestört. Jemand der sich unter Alkoholeinfluss z. B. bedroht fühlt, fühlt sich dann ständig bedroht und so verhält er sich dann auch irgendwann, obwohl realistisch betrachtet keine Bedrohung vorliegt.

    Man kann das Verhalten eines Alkoholikers nicht mit dem eines normal Betrunkenen vergleichen, frei nach dem Motto „Besoffene und Kinder sagen die Wahrheit“. Alkoholiker haben aufgrund ihrer dauerhaft gestörten Wahrnehmung eine eigene Wahrheit und der wird sich angepasst um zu überleben. Mit Suchtdruck allein ist die Persönlichkeitsstörung und ihr Verhalten nicht erklärt.

    Du hast mit einem Alkoholiker zusammen gelebt. Du hast agiert und reagiert aufgrund Deiner Beobachtungen, das hat Dich, Deine Denkmuster, Deine Aktionen und Reaktionen auch verändert. Das war ein schleichender Prozess, genauso schleichend ist auch der jetzige Prozess der Veränderung, es ist ein neues Lernen.

    Gruß
    Skye

  • Hallo Dagmar!

    Ich freue mich für dich, dass du so eine kompetente Person bekommen hast, die dir solche Eröffnungen macht und dich ganz sicher auch weiterbegleitet und dir hilft, damit fertig zu werden!
    Es wird sicher nicht leicht werden, diese ganzen Sachen zu verarbeiten, aber vlt. haben dir diese Erkenntnisse gefehlt, damit DU DEIN Puzzle zusammenbekommst.

    Alle guten Wünsche auf deinem neuen Weg!!! und ganz viele liebe Grüße von Gotti.

    Wende dein Gesicht der Sonne zu, dann fallen die Schatten hinter dich.

  • Hallo Ihr Lieben,
    ja Gotti, so manches erklärt sich nun für mich. Speziell weil ja nur ein Gefühl im Bauch wieder da war ohne Auslöser - ohne Grund - einfach nur "ein belastet sein".

    Ich denke ganz sicher, dass diese Erklärung mich weitergebracht hat, weil ich zumindest nun den Grundtenor kenne.

    Auch erklärt es, warum es mir derzeit wieder so wichtig ist schöne Teppiche (sofern kauflich zu erwerben) zu legen. Das war schon früher für mich etwas kuscheliges, bodenhaftendes. Allerdings trat - im wortwörtlichsten Sinne der Expartner recht unbedacht mit öligen Schuhen auf ihnen herum - nun klar, da war meine Freude nicht besonders lang anhaltend und ich habe dann diese Liebe aufgegeben.

    So, nun kaufe ich wieder ... wenn es mal geht... finanziell.

    Ja Sky, da ist ganz viel wahres dran, was Du schreibst. Mir versetzte es einen Stoß weil ich keinen Partner in der Nähe habe und auch keine Menschen, an denen ich das Helferlein auslebe. Das alles ist also so nicht mehr gegeben, dennoch so ein Gefühl im Bauch.... so eine Schwere .... und das auch noch ohne offensichtlichen Grund, an einem normalen Tag mir guter Laune.... Schwer verständlich.

    Ja, das was Du über dauerhaften Alkgenuß schreibst, so könnte ich es mir vorstellen. Ein ehemaliger LSD-Nutzer erklärte mir mal (der war ganz, ganz unten und musste wieder alles seit der Kleinkindzeit lernen) er habe zuweilen Flashbacks, ohne Stoff ist alles wie mit Stoff. Es sei so gewesen, dass ein Ding plötzlich eine ganz andere Bedeutung hatte. Ein Stuhl war nicht mehr ein Stuhl und somit konnte er auch nicht darauf sitzen. Ich weiß nun nicht, ob ich das richtig weitergebe oder ihn richtig verstanden habe, aber es zeigt mir, wie tief und schwer das Thema ist. Für alle (!) Beteiligten.

    D. h. Skye, es werden Automatismen entwickelt, die notwendig erscheinen in einer Welt, die der meinen recht fremd ist. Gerade so, als würden wir aus anderen Kulturen und Sprachen kommen. Also tatsächlich zwei Welten, die sich treffen.

    Boah.... da hängt so viel mehr dahinter als sich so im ersten oder zweiten Moment erfassen lässt. Und wenn ich mir überlege, dass der Therapeut selber ein sehr gutes Gefühl hat, wie ich alles ver- und bearbeitet habe, so ist doch da etwas, auf das ich noch zusätzlich (zu dem was ich selber schon erlernt habe) achten muss.

    Lieben Gruß von Dagmar

  • Hallo Dagmar,

    warum sollen Dich denn die Flashbacks nicht einfach mal so überrollen? Das ist so eine komplizierte Chemie die in uns abläuft, die bis heute immer noch nicht geklärt ist.

    Wut, Ärger, Hass können genauso Lust oder Frust erzeugen wie die Stoffe, die uns in unserem Hirn blind vor Liebe machen. Das eine schließt das andere nicht aus und dauert ein Leben lang.

    Verschiedene Sprachen trifft es vielleicht ganz gut. Deine Muttersprache bleibt ja auch immer abrufbar, auch wenn Du in einer Fremdsprache denkst und träumst.

    Das ist doch das Tolle, wir wissen heute, dass wir damit klar kommen können.


    LG Karl

    Sie standen dar und fragten sich warum und nur einer meinte: warum nicht.

  • Hallo,

    das was Skye da schreibt, gibt mir gerade einen echten Denkanstoß.

    " Wenn man jedoch dauerhaft betrunken ist, hat man nicht mehr die Möglichkeit Situationen klar zu bewerten. Die betrunkenen Wahrnehmungen werden Realität, dementsprechend wird das Verhalten angepasst und ist im Vergleich zum nüchternen Teil der Gesellschaft einfach gestört. Jemand der sich unter Alkoholeinfluss z. B. bedroht fühlt, fühlt sich dann ständig bedroht und so verhält er sich dann auch irgendwann, obwohl realistisch betrachtet keine Bedrohung vorliegt. "

    Nun da liegt vielleicht die Gefahr in der Partnerschaft mit Alkoholikern. Beide Seiten leben in einer verzerrten Realität. Lernen in dieser "Verrückten" Welt zu (über)leben.

    Was passiert wenn ich mich trenne? Ich werde wohl meinen Bezug zur Realität erst wieder finden müssen.

  • Hallo Dagmar,

    das mit der Nachsorge ist ein gutes Stichwort.
    Ich selbst mache ja bisher keine Therapie. Es erscheint mir erstmal umständlich zu organisieren und außerdem habe ich ja meistens keine großen Probleme. Aber es ist wirklich die Frage, was das alles mit mir gemacht hat...

    Vor ein paar Tagen hatte ich auch so einen gefühlsmäßigen Rückfall, ausgelöst durch ein kurzes Telefonat mit meinem Mann. Es hat mich total überrollt, all die Gefühle der OHnmacht, Leere bis hin zum Suizidwunsch. Ich konnte das vom Kopf sehr schnell einordnen, aber es hat sich schrecklich angefühlt.

    Das mit der Persönlichkeitsveränderung glaube ich auch. Und der veränderten Realität. Jedenfalls erlebe ich meinen Mann so. Das ist nicht ER, wie er mal war, das ist eine veränderte Persönlichkeit.

    Schöne Grüße
    Doro

  • Huhu Dagmar,

    bin mir nicht so sicher ob ich das alles richtig verstanden habe - aber was ich weiß ist, daß durch Alkohol eine Persönlichkeitsveränderung stattfindet.
    Alkohol schädigt zum einen das Gehirn und zum Anderen ist die Sucht psychisch denke ich mal ebenfalls eine große Belastung. Nicht nur für uns sondern für den Süchtigen selbst. Und durch den Suchtdruck ist es eigentlich unvermeidlich daß eine Persönlichkeitsveränderung stattfindet.
    In der SHG ist ein Mann, trockener Alkoholiker und selbst Co. Da seine Frau auch Alkoholikerin (nass) ist. Wir hattens über das Wesen eines Alki. Was er sagte ist, daß in der Regel diese Menschen in ihrer eigentlichen Art sehr sensibel, einfühlsam etc. sind. Auf eine Art auch logisch. Ich kann eigentlich nur Abhängig werden, wenn ich sensibel, emotional bin.
    So und zum Anderen, das passt jetzt wunderbar ich weiß - ich war als Lebensberaterin tätig und was ich weiß ist, daß Veränderung nur über den Verstand / Kopf nicht möglich ist. Das Unterbewusstsein versteht keine Worte. Es speichert alles in Bildern ab. Wenn du z.B. Fern schaust, kann dein Hirn nicht unterscheiden, ob das Realität oder Film ist.
    Änderung des Unterbewusstseins findet u.a. durch Affirmation / Suggestion statt. Durch die Vorstellung und zusätzlich durch Sätze die man dazu verwendet.
    Es ist bewiesen, daß wenn du dir Sätze, die du vor deinem "Auge" liest, mehrfach wiederholt über einen bestimmten Zeitraum, neue neuronalen Bahnen schafft.
    Ja, erstmal soviel dazu. Ich hoffe ich bin jetzt nicht ganz am Thema vorbei. :)

    Ganz lieber Gruß

    Christin

  • Hallo, Ihr Lieben,
    danke für Eure Feedbacks :)

    Ja, liebe Doro - urplötzlich - ein "Flash" und alles ist "back". Genau das was mir widerfahren ist ohne Bezug zu der Person.

    Nun, logisch, wenn ich dem Therapeuten richtig "folgen" kann, dann muss der damalige (gefühlte) Schmerz ebenfalls behandelt/erledigt/geheilt werden was nur über den Kopf nicht möglich ist. Somit also nochmals und wiederfühlen um dann daraus versuchen sich angenehmes "anzulernen".

    Hatte ich im Prinzip auch gemacht aber nicht verstanden was da passiert ist. Und genau da beginnt es mit der Nachsorge. Warum ist irgendwas wirr. Wir sind einfach leider nicht die Fachleute. Und genau deshalb können eher neutrale Helfer uns oder einem Süchtigen helfen, niemals zu nahestehende, die ja einfach schon "vorbelastet" sind.

    Du hast Recht Kaltblut, das, was mich früher überrollte und überdimensionale Gefühle auslöste, dem kann ich jetzt "gegenübertreten" es annehmen und ver- oder bearbeiten, oder einfach in die Wüste schicken wenn es zum jetzigen Zeitpunkt zu wirr ist.
    Das aber musste ich erst verstehen, und verwunderte mich zu diesem sehr späten Zeitpunkt sehr.

    Tja, was passiert, wenn man/frau sich trennt. Erstmal fühlte ich mich leer, sinnlos. Aber es gab so vieles was ich schön fand, was mich interessierte. Immer mehr Zeit und Liebe zu eben diesen schönen Dingen konnte ich mir nehmen. Es passierte automatisch weil ich nicht mehr abgelenkt war durch die Suchtproblematik.

    Aber ich musste ganz viel auf und in mich hören um zu erfassen was will ich, was nicht, was kann ich und was nicht und wo benötige ich Hilfe - oder aber einfach was schiebe ich auf die Seite weil ich es heute nicht lösen kann. Geduld.... noch immer lerne ich sie. Früher hielt ich Probleme nicht aus und wollte sie lösen, aus der Welt schaffen, heute weiß ich dass manches seine Zeit benötigt und akzeptiere es.

    Hm, Persönlichkeitsveränderung. Klar, ist der Partner nicht mehr der, in den man/frau sich verliebt hatte. Aber ob das wirklich der Alk gemacht hat?? Das muss ich einfach mal neutral stehen lassen, denn das würde tatsächlich bedeuten, dass der Abhängige die Realität nicht mehr wahrnimmt, und so quasi genau den § hat, auf Grund dessen das Gesetz von "geringerer Schuldfähigkeit" spricht, ... neben sich .... Ein Fremder in der eigenen Welt, bedenklich....

    Lieben Gruß von Dagmar

  • Hallo Dagmar,

    du bist ja schon ein gutes Stück auf dem Weg zu dir gegangen.

    Ich glaube schon, dass der Alkoholmissbrauch die Person, die man einmal liebte verändert. Allein schon durch die veränderte Realitätswahrnung im Suff.

    Aber das möchte ich noch einmal klarstellen, das rechtfertigt keine verminderte Schuld. Niemand zwingt mich zu trinken. Niemand zwingt mich soviel zu trinken, dass ich nicht mehr weiß, was ich tue.

    Ich bin es leid, mich kleinmachen zu lassen, mir für alles die Schuld geben zu lassen, weil der Partner/die Partnerin betrunken ist.

    Und daher denke ich, dass es vielleicht noch schwieriger ist, nach einer Partnerschaft mit einem Alkoholiker, sich selber wieder zu finden. Ich habe mich ja lange der verzerrten Realität angepasst. Eine Überlebensstrategie entwickelt, um in dieser Partnerschaft zu verharren.

    Der Weg zum eigenen ICH ist vielleicht noch weit, lohnt sich aber.

    So viel, von mir

    liebe Grüße

  • Hallo Ihr LIeben,
    mich würde mal ganz dolle interessieren, wie es Doro jetzt geht, denn das war ja ganz ähnlich was sich bei Ihr/Dir aufgezeigt hat.

    Für mich hat sich gezeigt, dass das ein ganz, ganz wichtiger - wenn auch schmerzvoller - weiterer Schritt war. Nachsorge ist also auch für uns das a und o! Zumindest bei mir....

    Nachdem ich mit Freundin und Therapeuten und hier darüber geredet habe wurde die Stimmung langsam ruhiger. Diese bisher gehabten täglichen Gedanken, die zwar emotionslos sich mit der Beziehung beschäftigten und mit dem was geschah, sind abgestellt. Bis dato dachte ich abend für abend was da alles passierte und wie froh ich bin dem entgagnen zu sein.

    Nunmehr bin ich einfach froh über mein Leben - ohne die Gegenüberstellung dessen wie schlimm, dieses Leben, eben zuvor war.

    Ganz komisch war eine plötzliche - wenn auch wieder emotionslose - Neugierde was der Expartner wohl treibt oder ob er noch lebt. Rund eine Stunde spürte ich eine unsagbare Neugier. Klar, ich selber habe ja alle Kontaktversuche von ihm abgeblockt, dem Umfeld gesagt, ich will nicht wissen was er treibt, diese haben das begriffen und ich habe nunmehr bald ein Jahr keine Infos mehr darüber.

    Diese Neugier war für mich (so hatte ich den Eindruck) der endgültige Durchblick in Sachen "es ist vorbei, er ist weg und geht Dich nichts mehr an". Komisch war diese Neugierde schon, denn vom Kopf her wollte und will ich auch nichts über den Menschen wissen.

    Fakt ist: Alles quasi in Kurzform nochmal durchlebt: den Schmerz, das "wissen wollen" und das kleben an dem Thema.

    Nunmehr ist aber alles leer was zuvor böse Erinnerungen waren. So als hätte ein Radierer durch den Schmerz ganze Arbeit geleistet. Das war wohl mein Schritt in die normale Realität mit dem Herzen und der Seele, die ich zuvor nur mit Körper und Alltagsbewältigung gegangen bin.

    N a c h s o r g e ....
    Ein Thema, von dem ich nicht gedacht hätte sie zu benötigen! Mir ging es auch zuvor gut und ich fühlte mich wohler in meinem Leben als je zuvor! Dennoch: es gibt Wunden und Verletzungen deren Heilvorgang ich nicht sehen und spüren kann. Da benötige ich neutrale Hilfe, mein Reden darüber und die neutrale Betrachtung von Freunden oder Fachleuten. Die normale Realität in meine Realtität einlassen und verschmelzen lassen.

    Die Energie, die ich zur Ver- und Bearbeitung benötigte steht mir nun wieder selber zur Verfügung weil ich (zumindest jetzt und heute) keinerlei Gedanken in über oder zu der Beziehung mehr habe. Heute zumindest habe ich mehr Energien für Job, Haushalt und Hexenhaus.

    Ich gehe davon aus, dass es auch in Zukunft den einen oder anderen Flashback geben wird, der dann auch aufgearbeitet werden muss bis ich irgendwann mal alles "los" habe.

    Ich habe, was mich betrifft, den Eindruck es geht Schritt für Schritt, sobald dann Schmerz eintritt, kommt die nächste Stufe. Wie lange das geht und wieviele "Schmerzen" vor mir stehen weiß ich nicht. Aber keiner dieser Schmerzen ist nur halb so schlimm, wie die, die ich innerhalb der Beziehung erlitt!

    Aber ... es zeigt wie lange mein Weg raus ist aus der Sucht ....

    LIeben Gruß von Dagmar

  • glück auf dagmar

    Zitat von dagmar007

    Ich gehe davon aus, dass es auch in Zukunft den einen oder anderen Flashback geben wird, der dann auch aufgearbeitet werden muss bis ich irgendwann mal alles "los" habe.

    ich meine es wird nie ganz aufhören - s wird seltener + weniger heftig

    Zitat von dagmar007

    Ich habe, was mich betrifft, den Eindruck es geht Schritt für Schritt, sobald dann Schmerz eintritt, kommt die nächste Stufe. Wie lange das geht und wieviele "Schmerzen" vor mir stehen weiß ich nicht.

    mir hat geholfen alles schmerzhafte aufzuschreiben und das papier unter vergangenheit abzulegen - wenn der schmerz wiederkommt (hinterhältigerweise ganz unerwartet + oft zu den ungünstigsten augenblicken) weis ich das is vergangenheit - ich kanns heute nich mehr ändern - dann geht der schmerz meist schnell vorüber

    schönen montagnachmittag

    :D
    matthias

    trocken seit 25.4.1987 - glücklich liiert - 7 Kinder - 17 Enkel

  • Absolut richtig, was Du sagst, lieber Matthias,
    ich war damals geschockt ohne Ende, als plötzlich nach 1 1/2 Jahren just selbiges Gefühl den Magen zum Flattern brachte. Ohne Anlaß ohne Bezug zur Vergangenheit - einfach da ....

    Ich hätte es mir selber nicht erklären können woher, warum und wieso das so ist. Das sind eben die Punkte für mich, wo mein Hirn einfach nicht reicht und wo neutrale Beobachter oder Menschen, die es selber erfahren haben sagen können: "Halt, ist ganz normal, läuft so und so".

    Ich kann mir wie Du so schön schreibst, nämlich verdammt gut vorstellen, dass es einem stoffbezogenen Kranken ebenso geht und genau dann der Moment kommt "jetzt nehme ich wieder die Medizin, die früher half". Gar nicht bewußt, ebenso wenig bewußt, wie bei mir als nur Co der Schmerz da war, eben Abhilfe zu schaffen. Boahh, ich finde das erschreckend. Klar, auch eine Chance, wenn man/frau dann mal weiß was es ist und das es je "eigentlich" ein großer Schritt nach vorne ist.

    Mir wurde mal von einem Betroffenen gesagt "da wo der Schmerz ist, da bist Du richtig" aber an diesen Schmerz hatte ich nicht gedacht, für mich war immer nur das aktuelle, jetzt geschehene präsent.

    Erstaunlich nur, dass nun tatsächlich die anderen Anhängsel der vergangenen Monate weg sind. Nunmehr mache ich mir keine Gedanken mehr warum dies und das so war und ich so reagiert habe. Nunmehr ist es mir "egal" (zumindest heute und jetzt).

    Auch Dir einen schönen Tag, lieber Matthias, bei uns soll es sonnig sein und ich vermisse fast den Regen, der meiner Botanik mal sooo gut tun würde. Nun ja, dann wird eben meine körperliche Betätigung mir gut tun.... ;)

    Lieben Gruß von Dagmar

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