Wie umgehen mit Selbstmorddrohungen

  • Hallo Ihr,

    da dieses Thema anscheinend noch immer für einige hier interessant zu sein scheint, möchte ich, nachdem mein Mann sein Leben vor ca. 3 Wochen beendet hat, gerne meine Sicht der Dinge mitteilen.

    Ich sehe es genau so wie MrHardcore.
    Im Prinzip ist es das gleiche, wie mit der Co- Abhängigkeit auch.
    Man kann seine Hilfe anbieten, man kann anführen wo derjenige sich Hilfen holen kann. Aber letztendlich, bleibt es der Person selber überlassen, ob er die Hilfen annehmen möchte, bzw. kann.

    Als Angehörige kann ich für mich sagen, daß ich das alles getan habe, fast bis zur Selbstaufgabe.
    Über den Begriff Co- Abhängigkeit, bin ich genau dahin gekommen, was MrHardcore empfohlen hat. Ich habe für mich eine Therapie gemacht, habe dabei auch die Hilfe bekommen, wie ich meinem Mann hätte helfen können.
    Ich habe alles, was ich gelernt habe mit ihm durchgesprochen und feststellen müssen, daß er es nicht verstehen wollte oder konnte.
    Letztendlich war ich gezwungen, mich davon zu distanzieren auch auf die Gefahr hin, daß er seine Androhungen umsetzt.

    Für mich stand nur zur Wahl, entweder ihm gerecht zu werden und mich aufzugeben, oder mir gerecht zu werden und ihn aufzugeben, bzw. ihm die Verantwortung für sich zu überlassen.

    Mein Mann war nicht bereit, oder nicht fähig, diese Verantwortung im Sinne, ich führe mein Leben eigenverantwortlich fort, zu übernehmen und hat sich dazu entschlossen sein Leben zu beenden.

    Es war seine Entscheidung aus welchen Gründen auch immer, er war nüchtern, und wir haben auch über genau diese Prolbematik gesprochen. Auch ich habe mit ihm schon die Situation eines Versuches erlebt und ihm damals zu verstehen gegeben, daß ich nicht bereit bin, mich weiter unter Druck setzen zu lassen.

    Mein Mann ist darauf hin bei unser Hausärztin und einem Psychiater gewesen.
    Er hat bis auf die verschriebenen Antidepressiva alle Hilfsangebote abgelehnt.

    Die Verantwortung für solche Gedanken, bleibt, egal in welchem Zustand die Person ist, letzendlich immer bei ihr selber. Hilfe kann einen nur erreichen, wenn man in der Lage ist sie anzunehmen.

    Als Angehöriger ist man machtlos, wenn man den Partner nicht erreichen kann, das gilt für solche Androhungen genauso, wie für den Alkohol.

    Man kann es versuchen, aber letztendlich kann man sich nur selber davor retten sich da mit hineinziehen zu lassen.

    Ich denke, jeder der nicht wirklich einen Angehörigen, dem man helfen wollte, auf diese Art verloren hat, kann ich hier klare Tips und Anregungen geben.

    So lange, wie man sich damit auseinander setzt, ob man jemandem Helfen kann, auch in diesem Fall, den die angebotene Hilfe nicht erreicht, steckt noch mitten in einer Co- Abhängigkeit.

    Sich für dieses Thema zu sensibilisieren ist sicherlich ein guter Gedanke, um darauf hin seine Hilfe anbieten zu können, aber einen erwachsenen Menschen, "nur weil er Alkoholkrank ist", mit einem Kind zu vergleichen, ist reine Co- Abhängigkeit.

    Für ein Kind kann und muß man die Verantwortung übernehmen, ein Erwachsener darf eigene Entscheidungen treffen und so lange man ihn nicht entmündigen läßt, sind einem die Hände gebunden und selbst dann, würde er Wege finden, denn auch eine "Zwangstherapie" kann nur dann Erfolg haben, wenn der Patient einsichtig ist.

    Ich denke, jeder der Vermutungen oder Behauptungen aufstellt, daß es Möglichkeiten gibt, es verhindern zu können, wenn die Person uneinsichtig ist, verpaßt mit solchen Äußerungen jedem Betroffenen einen Schlag ins Gesicht, schürt damit Schuldgefühle und verurteilt dazu weiter zu Zweifeln.

    LG Neera

  • Hallo Neraa,

    mein tiefes Beileid zu Deinem Verlußt,
    und meinen Respekt wie Du damit umgehst.

    Ich bin eher zufällig über Deinen Beitag gestolpert, da mich diese Thematik zum Glück derzeit nicht betrifft, konnte aber ohne diese Zeilen nicht einfach weiterklicken.

    Liebe Grüße Maik

  • hi Neera,

    mein beileid zum tod deines mannes! ich wünsche dir viel kraft und zuversicht für die zukunft.

    ich hoffe, du hast jemanden, mit und bei dem du dich auch mal fallen lassen kannst, der dich auffängt und trägt.

    alles liebe,

    MrHardcore

  • Hallo Neera,

    auch ich hab vor einigen Jahren einen sehr nahen Angehörigen auf diese Art verloren, und ich weiß daher, daß einem vor allem die erste Zeit nach diesem "Ereignis" verschiedene Fragen "quälen".

    Will híer gar nicht näher drauf eingehen, diejenigen, denen es auch so ging, wissen ja, wovon ich rede, die Hauptfrage ging für mich in die Richtung: "Wie hätte man (ich) das verhindern können?"
    Und gerade dazu finde ich deine Sicht der Dinge gut, nämlich sich nicht in eine Art Co-verhalten drängen zu lassen.

    Die erste Zeit nach dem Freitod meines nahen Angehörigen war für mich, na, ich wills jetzt gar nicht in allen Einzelheiten erläutern, will aber gleichzeitig dazu noch, ohne den in den Freitod Gehenden etwas vorwerfen zu wollen, sagen, er hatte es ja mit dem Beenden seines Lebens hinter sich, aber was alle näheren Angehörigen danach leiden, ist halt auch eine furchtbare Geschichte.

    Inzwischen, und da die Zeit halt auch die Wunden heilen lässt, bin ich für mich zu dem Entschluß gekommen:

    Ich habe diese, seine Entscheidung zu akzeptieren, es war sein Leben und er hat es mit allem drum und dran so gelebt (und beendet), wie er es wollte und wie auch du beschreibst, man kann probieren zu helfen, aber die letztentliche Entscheidung für sein Tun liegt immer bei einem selbst.

    Ich finde es gut, daß du das jetzt (nach so kurzer Zeit) schon so klar und zuversichtlich siehst, ich brauchte dafür einige Zeit.


    einen lieben Gruß

    klarerkopf

    Mein abstinentes Leben begann am 25. Okt. 2005

  • Danke Euch dreien,

    per Zufall habe ich heute hier noch einmal gelesen und konnte nach dem dieser Thread mein Interesse geweckt hatte, es nicht lassen mich dazu zu äußern.

    Zur Zeit bin ich noch ziemlich akut in der Situation drin und versuche mich mit den anfallenden Problemen auseinander zu setzen.

    Ich kann nur immer wieder betonen, wie gut es jetzt ist, daß ich bereits ein Jahr Therapie hinter mir habe, dadurch, daß mein Mann solche Androhungen in den letzten Jahren immer wieder geäußert hat, und es Ende des Jahres auch versucht hat, bzw. mich darauf hingewiesen hat, daß er es versucht hat, habe ich mich sehr genau mit unserer Beziehung, in der in den vergangenen Monaten Alkohol nur noch eine kleinere Rolle gespielt hat, auseinander gesetzt.

    Gerade weil ich diese Gefahr im Hinterkopf hatte, und als alternative die Möglichkeit, daß er seine Wut und Agression an mir ausläßt, habe ich intensiv versucht ihn in meine Gedankengänge mit einzubeziehen und habe immer wieder auch ausführlich mit ihm über das Thema Co- Abhängigkeit und Eigenverantwortung gesprochen.

    Er selber hat die gleichen Bücher zu diesen Themen gelesen, wie ich und wir haben uns darüber ausgetauscht.

    Er hat zwar eingesehen in der Vergangenheit Fehler gemacht zu haben, aber er war nicht in der Lage, das eigentliche Problem zu erkennen. Weder sein Alkoholproblem noch seine eigene Co- Abhängigkeit konnte ich ihm näher bringen.

    Sein ganzen Handeln und Denken, war in den letzten Monaten von mir abhängig, nachdem ich ihm gesagt habe, daß ich so nicht mehr mit ihm zusammenleben kann.
    Er hat zwar sein Verhalten geändert aber er hat sich meinen Bedingungen unterworfen, und hat somit die Alkoholsucht unterdrückt, in dem er seiner Co- Abhängigkeit mehr Aufmerksamkeit geschenkt hat.

    Mein Bemühen das alles zu verstehen und auch meinem Mann meine Gedanken zu vermitteln, geben mir jetzt das Gefühl alles in meiner Macht stehende getan zu haben.

    Ich habe in den letzten Monaten ganz genau beobachtet, was unsere Beziehung und unser Umgang miteinander mit uns macht.

    Für mich habe ich erkannt, daß ich ihm nicht helfen kann, und mir nicht helfen kann, wenn ich keinen Abstand zwischen uns bringe.

    Einzig der Gedanke, daß jeder für sein eigenes Leben und die dazugehörende Einstellung verantwortlich ist, hält mich zur Zeit hoch.

    Ich mache weder ihm Vorwürfe sich so entschieden zu haben, noch mir. ( Zumindest, wenn ich es logisch betrachten kann)

    Aber trotz allem, auch wenn es logisch im Kopf verhanden ist, spielen die Gefühle nicht immer mit. Und es ist sehr schwer und anstrengend aus dieses Gefühlen wieder herauszufinden.
    Auch hier danke ich der Therapie, weil ich während dieser Zeit auch gelernt habe, mich mitzuteilen, und ich daher jetzt auch von Außen Unterstützung bekomme, in dieser Situation logisch zu bleiben.

    Ich kann jedem, der seine Problematik erkannt hat, wirklich nur empfehlen, die erste Hilfe, die man geben kann, ist die sich selber helfen zu lassen. Nur wenn man selber verstanden hat, worum es hier eigentlich geht, nämlich ist erster Linie um die eigenen Probleme und wie man damit umgeht, kann man anderen Helfen; wenn sie es denn annehmen wollen und können.

  • Frozen Tears,

    ich denke, jede Selbstmorddrohung sollte man ernst nehmen.

    Aber bevor man jemandem helfen möchte und kann, sollte man sich mit der ganzheitliche Problematik auseinander setzen.

    Wenn Du Dich damit auseinander setzen willst, und Dich somit in einen Verantwortungsbereich bringen willst; und das tust Du automatisch sobald Du Dich bei einer bestimmten Dir nahestehenden Person, damit auseinandersetzt, solltest Du Dir darüber im Klaren sein, daß Du nur versuchen kannst, dem jenigen Hilfe anzubieten, aber es nicht beeinflussen kannst, ob er sie auch annimmt.

    Du kannst Dir anhören warum er sein Leben beenden will und mit ihm zusammen Hilfsangebote suchen, es ihm nahelegen einen Therapeuten aufzusuchen, aber wenn er es ablehnt, hört Deine Verantwortung auf.

    lG
    Neraa

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