Tiefpunkt unbedeutend.

  • die schönste Erkenntnis ist die, daß ich meine Probleme lösen kann, obwohl ich die Krücke Alkohol weggeworfen habe.

    Ich hatte immer die Befürchtung, ich halte das Leben und vor allen Dingen mich selbst und meine Gefühle nicht aus- ohne diesen dämpfenden bedudelten Schleier, den der Alkohol über mich legte.. doch ich habe gemerkt, daß es sogar viel leichter ist sich mit klarem Kopf an die Schwierigkeiten heranzuwagen und sich den Situationen zu stellen, die mir angst machten

  • glück auf xenica

    Zitat von Xenica

    ich wußte, an Leberzirrhose zu sterben ist nicht schön

    kannst du diese fürchterliche angst vorm "verrecken" als deinen tiefpunkt sehen?

    ich hab auch nur die ehe verloren (< die hatten wir gemeinsam versoffen)

    trockenen montagnachmittag

    :D
    matthias

    trocken seit 25.4.1987 - glücklich liiert - 7 Kinder - 17 Enkel

  • Weißt Du, "wir" Schwestern lernen ja schon in der Ausbildung welchen Schaden ein zu hoher und regelmässiger Alkoholkonsum im Körper anrichten kann. Ich habe es eine Zeitlang verdrängt, daß mein Alkohol mehr als die für Frauen ungefährliche Gramm-Menge liegt, aber irgendwann, wenn man genügend Männer und Frauen um sich herum hat, die ihr Hirn versoffen haben- da mußte ich einfach mal aufwachen...
    Ich weiß nicht, ob man das als Tiefpunkt bezeichnen kann ..

  • sorry, Ich schreibe heute ein Mist zusammen und editieren kann man seine Beiträge ja nicht.

    Es sollte heißen: ..daß meine Alkoholmenge über die für Frauen ungefährliche Gramm-Menge liegt ..
    Ich hoffe, jetzt ist es verständlicher

  • Zitat von Xenica

    "wir" Schwestern lernen ja schon in der Ausbildung welchen Schaden ein zu hoher und regelmässiger Alkoholkonsum im Körper anrichten kann.

    hab ich als gesundheitshelfer beim DRK auch gelernt - "begriffen" hab ichs erst hier: https://beispiel.rocks/beispiel.rocks…p=442471#442471
    hat mir sehr geholfen trocken zu bleiben < die erinnerung an den "persönlichen tiefpunkt" soll ja genau das trockenbleiben verstärken? der begriff is nur n begriff - hauptsache wir begreifens (is das jetzt n kalauer?)

    glück auf

    :D
    matthias

    trocken seit 25.4.1987 - glücklich liiert - 7 Kinder - 17 Enkel

  • Och.. ich war ganz gut im Verdrängen. .. zumindest ne Weile. Aber ich glaube das machen alle Süchtigen. Man hört und sieht so viel wie zbsp Rauchen gesundsheitsschädlich ist. Trotzdem rauchen viele noch. (Ich auch, ab und zu) Man verdrängt es und hofft nicht zu der Personengruppe zu gehören wo das zutrifft. Sprich die von dem Suchtstoff schwer krank wird. Aber irgendwann muß man halt der Realität ins Auge sehen. Das habe ich getan. Ich glaube nicht, daß ich so einen Wunderkörper habe, der jede Menge von Alkohol folgenlos schlucken könnte...

  • ach ja.. Und noch etwas hat mich echt wachgerüttelt.
    Der harte Entzug meines Mannes. Er hat echt gelitten.

    Und mir war klar, daß ich als seine Frau auch nichts mehr trinken soll. Schon alleine ihm zu liebe. Daß er es leichter hat dem Stoff fernzubleiben. Meine Aufgabe habe ich darin gesehen, ihm ein alkoholfreies Zuhause zu ermöglichen. Fast alles sozialen Kontake sind ja über mich "gelaufen". Ich habe dann ihm zu liebe "Bekannte" aussortiert, die noch trinken. Ich habe sie einfach nicht mehr eingeladen oder Einladungen abgesagt. Ich bin zu den AAs. Habe dort neue, trockene Bekannte gefunden, mit denen sich mein Mann auch gut versteht

    Zum Glück waren es nicht viele Bekannte, die ich "aussortieren" mußte. Nur zwei. Aber das hat mir schon wehgetan, weil ich sie als Menschen sehr geschätzt habe. Sie haben Hunde, so wie ich. Aber trinken noch. Ich glaube nicht, daß ich daran was ändern kann, sie haben schon 2-3 Mal den Führerschein weg. Ab und zu telefonieren wir noch miteinander, aber ich besuche sie nicht, damit ich ja nicht in Versuchung komme nicht nein sagen zu können. Ich kenne mich. Ich brauche dann nur mal einen schlechten Tag zu haben und dann kanns passieren. Darum schütze ich mich

    Sie besuchen uns auch nicht mehr. Es gibt ja nichts mehr zu saufen. Und ich meide sie, weil ich nicht dabei sein will, wenn sie sich zuhause besaufen...

  • Hi zusammen,

    ich denke ein Tiefpunkt ist schon bedeutsam, kann aber sehr unterschiedlich sein. Ich denke ich hatte davon ca. 4 Stufen :shock: ... die zusammen einen ganz ordentlichen Tiefpunkt ergeben.

    Mein erster persönlicher Tiefpunkt war, als ich immer und immer wieder abends alleine weinend im Bett der Notschlafstelle gelegen habe; Angst die Nacht ohne Drogen und Alkohol nicht zu überleben und die Panik, was passiert wenn ich morgens aufwache und noch weiter im Entzug stecke. Das Übernachten auf öffentlichen Toiletten schiesst die Selbstachtung auch nicht in hohe Sphären. Jeden Tag derselbe Mist, dieselben Leute, dieselben Parks, dieselben Lügen und Linkereien, dieselbe Panik "wo bekomm ich jetzt sofort schnell was her?"/ "wie schaffe ich es, dass die ersten Schlücke des "harten"Alks am Morgen nicht postwendend zurückgeschossen kommen?". Das war so von aussen gesehen wohl der dreckigste Tiefpunkt. Aber hier hat`s für mich noch nicht gereicht. Durch die Geburten meiner Kinder war es ein paar Jahre ruhig. Bis ich wieder mit dem Trinken anfing ... schnell danach kamen auch wieder harte Drogen dazu. Da durfte ich den zweiten Teil meines Tiefpunktes erleben, als ich hackedicht mit ausgeschlagenen Zähnen im Flur lag, weil ich nicht mehr in der Lage war vorwärtszukriechen, ohne umzukippen. Das hat meine Tochter (damals vielleicht 6 ) mitbekommen. Das hätte es doch gereicht, oder?

    Ok, mit Drogen war dann ziemlich bald schluss. Aber der Alk, da konnte ich die Finger noch immer nicht von lassen. Dann kam die Hochzeit eines Freundes und somit Kapitel 3 meines Tiefpunktes. Ich oder S. sollten mit den Kindern die Eheringe zum Altar tragen. Ich war aber dermassen entzügig, meine Hände zitterten ohne Ende, mir war schwindlig und die Aufgabe wärend der Predigt aufzustehen, mit den Ringen nach vorne gehen und wieder zurück - es erschien mir unvorstellbar. Ich hätte es nicht gepackt. Ich war aber auch nicht in der Lage zu erklären warum ich das nicht tun kann. Ich nahm das Kissen mit den Ringen, das man mir entgegenhielt, einfach nicht an :oops: . Nach der Kirche war ich wohl die erste an der Apero-Bar und kippte erstmal drei Gläser Weisswein und ein paar Biere ein, dann erst fühlte ich mich wieder als Mensch.

    Es folgten Zeiten von Trinkpausen und Rückfällen. Anfangs einer Trinkpause bin ich dann hier im Forum gelandet. Und der vierte Teil meines -nun hoffentlich kompletten- Tiefpunktes durfte ich genau nach 2 abstinenten Jahren durchmachen. Ich hatte einen sich ellenlang anbahnenden Rückfalltag. Erstens fühlte ich mich dadurch natürlich bescheiden, aber das eindrücklichste war, dass dieser Konsum absolut unspektakulär war. Kein Moment des Hochgefühls, nicht meine langersehnte Befreiung beim ersten Schluck, keine Ruhe, Gelassenheit, Sicherheit, Gleichgültigkeit - nichts!! Es war einfach platt, farblos, stumpfsinnig, ich empfand das leicht angetrunkene Gefühl in jedem Moment als lästig und unangenehm. KEIN EINZIGES GUTES GEFÜHL! Und für das habe ich zwei Jahre Abstinenz dahingeschmettert? Das war`s nicht wert.

    Jede dieser Erinnerung ist ein wichtiges Puzzlestück meines Tiefpunktes. Ich möchte keines missen. Aber das letzte, dieser Rückfall, von dem ich mir soviel erhoffte, den ich mir wunderschön träumte, war einfach weniger wert als ein Ameisenpups. Für sowas ... neee, das lohnt sich wirklich nicht.

    So, jetzt bin ich bestimmt meilenweit abgeschweift ... häxgüsi

    liv

    Geduld ist die Kunst, nur langsam wütend zu werden ...

  • Das Schlimmste im nachhinein ist für mich, dass ich trotz Kontrollverluste verbunden mit satten Entzügen immer noch glaubte, nicht abhängig zu sein. Wenn ich mal ein paar Tage im Anschluss daran nicht betrunken war, war ich mir sogar wieder sehr sicher. Seltsam, aber alkfreie Tage gab es so gut wie nie... Na ja, das wird schon wieder, dachte ich immer.

    Zuletzt hatte ich 3 - 4 Abstürze in der Woche und kämpfte jeden Tag gegen irgendwelche Symptome. Dann kamen Angstzustände und ich konnte nicht mehr rausgehen. Dann habe ich die Sucht schon realisiert, erst dann, als der Alk mich komplett flachgelegt hat.

    »Entscheide Dich, ob Du leben oder sterben willst ... nur darum geht es« (aus "Die Verurteilten")

  • Hallo,

    ich kopiere eine Zusammenfassung rein, die ich vor einiger Zeit in meinem 1. Thread geschrieben habe:

    --------------------
    Mein Tiefpunkt bestand nicht darin, dass ich alles versoffen habe. Ich brauchte nicht alles zu verlieren. Dafür bin ich meinem Schutzengel sehr dankbar.

    Mein Tiefpunkt bestand darin, mir zuzusehen und mich nicht daran zu hindern, wie ich innerlich immer mehr abstarb. Für mich war es klar, wenn ich so weitermache wie bisher, ist es nur noch eine Frage der Zeit bis zu meinem inneren Sterben, das äußere Sterben beginnt.

    Aus dieser Erkenntnis heraus, gehe ich die nötigen Schritte mit aller mir möglichen Konsequenz.

    Bei mir sah das so aus, daß ich zunächst meinen Arzt konsultiert habe, um mit ihm die nötige Entgiftung zu besprechen. Von dorthin ging ich zur Suchtberatung. Ich informierte mich darüber, was Alkohol generell anrichtet. Was das für ein Stoff ist und welche "Hilfe" ich mir Tag für Tag als Krücke ausgesucht habe.
    ....................................


    Oft lese ich, dass die Grundbausteine als einengend und Lebensqualität raubend empfunden werden.

    Bei mir war´s die Mauer, die ich um mich mit Hilfe des Alkohols errichtete, die mir die Luft nahm. Stein auf Stein mauerte ich mit jedem Schluck und mit jedem Suff die Mauer höher. Durch die flüssige Konsistenz des Alkohols floss er in jede Ritze und verschloß jede noch so kleine Lücke Klarheit zähflüssig und unüberwindbar. Diese Mauer engte mich ein, raubte mir die Luft, um mich frei entfalten zu können.

    Die Grundbausteine hingegen sind für mich ein Grundgerüst mit offenen Pfeilern. Sie lassen Leben rein und mir die Möglichkeit - innerhalb dieses sicheren Raumes - Luft zu bekommen, atmen zu können, neu oder überhaupt erstmals die Gelegenheit zu bekommen zu leben anzufangen.

    Meinen Tiefpunkt (oder die Summe jeder einzelnen Punkte... das trifft es besser) begreife ich rückblickend nicht als negatives Ereignis, vielmehr als den Wendepunkt -->> meine Chance auf ein selbstbestimmtes Leben ohne Suchtmittel.

    -Maria-

  • Zitat

    Meinen Tiefpunkt (oder die Summe jeder einzelnen Punkte... das trifft es besser) begreife ich rückblickend nicht als negatives Ereignis, vielmehr als den Wendepunkt -->> meine Chance auf ein selbstbestimmtes Leben ohne Suchtmittel

    Ich denke, damit hast Du meine Gedanken dazu ganz ordentlich auf den Punkt gebracht. Danke!

  • Hallo Xenica,

    ich denke... nix anderes will das Wort Tiefpunkt aussagen.

    Ich bin dankbar, dass ich meinen Tiefpunkt zu einem Zeitpunkt wahrnehmen durfte, wo halt noch nicht alles vollkommen den Bach runter war... mir reichte es aber so schon zur genüge... das mal nebenbei bemerkt ;-).

    Wenn ich bei den Menschen lese im Forum, die viel weiter runter mussten, lese ich, dass sie an vielen dieser Punkten auch waren in ihrem Verlauf, aber leider noch nicht in der Lage waren, ihn als Tiefpunkt bzw. als Chance zur Wende verstehen zu können. Was mir im weiteren Verlauf wieder klar macht, warum sie mit allen Mitteln und aus heutiger Sicht, ihre Erfahrungen so darbringen - wie sie es dann tun... aber das wäre ja wieder ein anderes Thema. Wenn sie ihre Geschichten rückblickend erzählen, kommen immer wieder die Worte... hätte ich mal da... oder ziemlich tief war ich schon, aber begriffen hatte ich noch nix ... usw. usf.

    Ich hatte etliche Trinkpausen und Versuche, meinen Konsum irgendwie einzuschränken oder von ihm irgendwie zu lassen. Aber wirklich was daraus geworden ist es erst, nachdem ich den Alkohol vollständig als Grund für meine ständig wiederkehrende Depressionen, Unzufriedenheiten und Unlust das Leben zu leben festmachen konnte... das leitete meine Erkenntnis ein... schon verdammt tief zu sein und nur mit einem Ruck raus da, hatte ich eine Chance.

    Das heißt zwar nicht gleichbedeutend, dass ich heute nicht auch noch meine Probleme und Phasen habe, wo es nicht so läuft, aber es sind halt nur noch Abschnitte und kein Dauerzustand mehr.

    Maria

  • Hallo ,

    in meinen Trinkpausen schaute ich meist nach Bestätigung kein Alkoholiker zu sein . Und zwar solange bis ich jemanden gefunden hatte ,der in meinen Augen noch tiefer drinnen hing. Das war mir auch Grund genug, alles noch im Griff zu haben.

    Deswegen kann ich es wahrscheinlich auch nicht nachvollziehen , dasses für jemanden ausreicht ,keinen Tiefpunkt zu haben . Solange ich das früher dachte , hat mir auch die Erkenntnis gefehlt ,überhaupt Alkohol krank zu sein.

    danke für eure Beteiligung .

    Gruß Hartmut

    Gruß Hartmut

    ------------------

    Wer will, findet Wege. Wer nicht will, findet Gründe!

  • Zitat von Hartmut

    Solange ich das früher dachte , hat mir auch die Erkenntnis gefehlt ,überhaupt Alkohol krank zu sein.


    Hallo Hartmut,

    das Gleiche war es bei mir, so ungefähr ist es auch abgelaufen. Aber für mich ist es ein Unterschied ob ich jetzt gerade mal Leidensdruck habe und anonym zugebe, dass ich suchtkrank bin. Aber nach einiger Zeit das Suchtgedächtnis wieder zuschlägt, z. B. weil ich mich in meiner Arroganz immer noch besser und schlauer als andere gefühlt habe. Oder ob ich mir den Grund, einen Weg in die Trockenheit zu beginnen, erhalten kann. Dazu gehört am Anfang dann auch die entsprechende Demut.

    Schönen Tag

    H.

    Ich bin jetzt erwachsen - Trocken seit 18 Jahren (Mai 2005).

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