Vorbild oder gescheitert?

  • Hallo ich bins

    Ich les nicht so viel im offenen Bereich, aber wenn ich so mal kurz durchguck, da les ich immer wieder, "du bist ein Vorbild" oder "bin ich gescheitert, wenn ich die Partnerschaft beende."

    Wann bin ich ein Vorbild? Bin ich gescheitert, wenn ich allein lebe und glücklich bin? Mich würde da mal eure Meinung interessieren.


    Schöne Grüße

    julchen

  • Hallo Julchen,

    nee...ich finde man ist nie gescheitert...egal ob ich nun alleine lebe oder mit Partner!
    Einzig allein liegt es doch daran, ob ich glücklich für mich bin.

    Vorbild ist für mich der jenige, der es geschafft hat aus der Coabhängigkeit raus zu kommen und ein selbstbestimmtes Leben führt.

    LG Monty

    Wenn man seine Ruhe nicht in sich findet, ist es zwecklos, sie anderswo zu suchen

  • Liebe Julchen,

    das ist eine interessante Frage, danke dafür.

    Ich bin nicht gescheitert, weil ich meine Partnerschaft beendet habe.
    Deswegen oder gerade darum bin ich als Person Gesche nicht
    gescheitert.
    Ich habe versucht, meine Vorstellung von einer Partnerschaft zu leben,
    dass hat leider nicht geklappt, somit ist die Partnerschaft gescheitert,
    aber nicht ich.
    Meine Vorstellung, wie ich mein Leben lebe, die habe ich und
    Diese setze ich für mich um, erfolgreich oder nicht, mal mehr
    mal weniger.

    Für mich ist niemand der seine Sucht derartig auslebt ein Vorbild.
    Ich habe gelernt, mich nicht über meine Partnerschaft zu definieren.
    Zum Glück werde ich als Person wahrgenommen.

    Auch wenn ich allein lebe habe ich Verantwortungen, genau wie
    jede/jeder Andere. Diese Verantwortungen nehme ich wahr und
    handle danach.

    Jeder Mensch kann mit seinen Handlungen ein Vorbild für mich sein.
    Es gibt hier im Forum viele Menschen die für mich Vorbilder sind.
    Aber ich lebe mein Leben und nicht das Leben dieser Vorbilder.

    Es gibt auch Menschen, die sind es nicht, deswegen mag ich sie
    aber nicht weniger, auch da kann ich mir was abschauen,
    eben genau das, nämlich nicht so zu handeln.

    Wenn ich das, was ich hier geschrieben habe, auch so für mich
    umsetzen kann, dann bin ich mein Vorbild und stolz auf mich.

    Liebe Grüße

    Gesche

  • Liebe Monty und Gesche

    Ich danke euch erst mal für eure Sichtweise.

    Ich glaub, ich mag das Wort Vorbild nicht, vielleicht versteh ich es auch falsch.
    Wenn ich Vorbild bin, weil ich dies oder jenes mache und merk irgendwann, das ist nicht der richtige Weg für mich, bin ich dann kein Vorbild mehr? Fühl ich mich dann nicht unter Druck, diese Vorbildfunktion zu erfüllen?

    Damals, als ich mich getrennt hab, da hatte ich schon das Gefühl, ich bin gescheitert auf ganzer Linie. Mein Leben war wertlos ohne ihn.
    Heute lebe ich glücklich und zufrieden, zumindest meistens. Ich hab wieder bisschen Selbstbewusstsein, es gibt mich als Person wieder. Davor war ich nur die Ehefrau von R., die versucht hat, sein Leben zu gestalten. Finanziell geht es mir wesentlich schlechter als davor, da hab ich schwer zu knabbern. Viele Leute schauen mich deswegen mitleidig an und verstehen nicht so recht, wieso ich nicht trauriger und bedrückter bin.
    Aber ich lebe wieder, es gibt mich als eigenständige Person wieder. Und das ist so schön, was zählt da Geld dagegen!

    Nein, ich bin nicht gescheitert, mein Leben ist gut und schön und das zählt. Ich möchte aber auch kein Vorbild sein. Ich möchte auf Augenhöhe sein und mit meinem Weg vielleicht ein bisschen Mut machen.

    Schöne Grüße

    julchen

  • Hallo Julchen,

    das mit dem "scheitern" meinte ich ironisch. Ich habe manchmal das Gefühl das es hier manchmal nur die Trennung bzw. Scheidung als einzigste mögliche Rettung aus dem Co geht.
    Dabei versteh ich die Rettung aus dem Co, dass man sich wieder findet, sein eigenes Leben zurück gewinnt. Das kann so oder so aussehen, da muss jeder für sich den Weg finden.
    Ja, ich habe mich getrennt, und das war für mich und meine Situation das Beste, da bin ich mir sicher. Aber es sind doch auch viele andere, die es geschafft haben zu sich zu finden ohne sich zu trennen.
    Sonst hätte ich mich hier ja nicht anmelden brauchen, da hätte ein Scheidungsanwalt gereicht.
    Und ein "Vorbild" ist das, was das Wort aussagt, ein "Bild" das man "vor" sich hat, nicht mehr und nicht weniger. Wenn mir was aus dem Bild gefällt, gut, übernehm ich´s vielleicht. Manchmal gefällt mir ja auch nur eine Facette, der Rest nicht, dann bin ich so eigenständig, dass ich das nicht übernehme.
    Hier im Forum hab ich viele Vorbilder, aber wie gesagt keine Idole, alles passt nunmal nicht zu mir und zu meinem Leben.
    Liebe Grüße,
    nici :wink:

  • hallo!

    es gibt auch eine angehörigengruppe, die vorbilder ungefiltert aufnehmen und nicht selektieren.
    das sind unsere kinder.
    wenn ich als vorbild ( und das bin ich für meine kinder, ob ich will oder nicht) meinen kindern vorlebe, das ich in einer schädlichen partnerschaft ausharre, mich beschimpfen, schlagen e.t.z lasse, und mein kind mit diesen erfahrungen sein leben ausrichtet, bin ich als vorbild gescheitert.
    wenn ich meinem kind vermitteln kann ein selbstbestimmtes zufriedendes leben zu führen ( ob mit oder ohne partner), bin ich nicht gescheitert.
    wenn ich meinem kind vermitteln kann, das schwierige lebenssituationen gelöst und verändert werden können, bin ich auch nicht gescheitert.
    l.g. frau

    liebe grüße frau
    ______________

    Nicht weil es schwer ist, tun wir es nicht
    sondern es ist schwer, weil wir es nicht tun

  • Hallo ich bins

    Nici,

    Zitat

    Ich habe manchmal das Gefühl das es hier manchmal nur die Trennung bzw. Scheidung als einzigste mögliche Rettung aus dem Co geht.

    Ich sehe eine Trennung nicht als Weg aus der Co-Abhängigkeit an, aber meistens, oder zumindest oft, ist es, aus meiner Sicht, der erste, wichtige Schritt. Sicher gibt es einige, die es zusammen schaffen und ich freu mich für jeden davon.

    Frau, es stimmt, für meine Kinder bin ich Vorbild und ich hoffe, dass ich da nicht gescheitert bin und ihnen nicht zu lange ein schlechtes Vorbild war. :oops:

    Kurze Frage, was eigentlich nicht hierhergehört: ich hab deine Vorstellung gelesen und die ist von 2007. Gibt es von dir einen Threat? Wenn nicht, mich würde interessieren, wie es dir geht und wie es bei dir weitergegangen ist. Vielleicht magst ja mal bissi erzählen?

    Schöne Grüße

    julchen

  • hallo julchen!

    danke für dein interesse!
    wie du an den beiträgen siehst schreibe ich hier nicht so oft. es geht mir gut, eigentlich sogar sehr gut.

    es war ein langer und auch mühevoller weg bis hierhin.
    am anfang habe ich mich sehr gegen den begriff co-abhängig gewehrt. wollte nicht gerne sehen, das mit mir auch etwas nicht in ordnung ist. (wer will das schon)

    wir haben viel an uns gearbeitet, jeder für sich und auch gemeinsam.
    "wir haben die scherben gemeinsamm aufgeräumt und arbeiten nun noch an den wenigen kleinen splittern die etwas tiefer sitzen".

    es hört sich zwar komisch an, aber dank der krankheit leben wir bewußter und ehrlicher miteinander. wir freuen uns über viele nichtmaterielle dinge
    und uns wird öfter bewußt wie gut wir es eigentlich haben. :D
    wir können gemeisamme projekte planen und durchführen. das war zu anderen zeiten undenkbar.

    ( ich merke gerade, das es sich ja schon fast zuviel des guten anhört)

    ein splitter wird wohl ewig bleiben. ich weiß nicht ob ich mir irgentwann verzeihen kann, das ich meinen kindern soetwas zugemutet habe.

    das wissen, das ich meinen weg jederzeit, ohne zu zögern, auch ohne meinen mann, ( mit den kindern) glücklich und zufrieden weitergehen kann, gibt mir eine große sicherheit.
    ich glaube das macht uns zu gleichwertigen partnern.

    eine lebenslange" partnernüchternheitsgarantie" habe ich natürlich nicht

    (:wink: ist bei diesem krankheitsbild nicht inklusive und hat auch noch keiner erfunden)

    ich glaube wenn ich jemanden etwas mit auf den weg geben dürfte würde ich sagen, das lebensqualität nicht mit geld, vermeintlichen sicherheiten und "der kinder wegen" zu bezahlen ist.

    so! nun mache ich wieder platz für die vorbilder

    liebe grüße und viel kraft an alle

    liebe grüße frau
    ______________

    Nicht weil es schwer ist, tun wir es nicht
    sondern es ist schwer, weil wir es nicht tun

  • Liebes Julchen,

    Ich bin Co Abhängige und habe mein leben in der Ehe in Abhängigkeit von ihm und seiner Exesse gelebt gehabt. Auch die Beziehnung zu meinen Eltern ist von Abhängigkeit geprägt, sie haben mir diese Strukturen mitgegeben.

    Als ich mich trennte war es für mich und mein Leben der wichtigste Schritt. Denn ich konnte erkennen, wie sehr ich in einer Struktur gehangen bin, die mich selbst zerstörte. Ein Leben für mich war nicht möglich, ich lebte das Leben der anderen und Litt darunter unbewusst.Erst NACH der Befreiung und dem Schritt da raus habe ich realisiert wie gut es mir tat.Wie wichtig es ist mein eigenes Leben in die Hand zu nehmen und auf mich zu achten.

    Meine Beweggründe mich von diesen Menschen zu trennen und den Kontakt bis auf ein Minimum zu reduzieren ist aufgrund meiner Geschichte sicher nachvollziehbar. Das nenn ich vorbildlich, bedeutet das diejenigen deren Geschichte und Co Abhängigkeit der meinen ähnlich ist dienlich sein kann den Weg zu sich selbst zu finden.Bedeutet aber nicht das meine Lösung die ich für mich gefunden habe automatisch die Lösung aller Dinge sein muss. Viele die hier noch mit dem Partner versuchen aus der Hölle Abhängigkeit und Alkohol rauszukommen haben ihre Geschichte.

    Wichtig für uns alle ist, das wir für uns erkennen können, wie wichtig es ist, den Blick auf uns zu richten. Unsere Bedürfnisse wahr zu nehmen, unser Leben zu gestalten, uns die Liebe zu geben die wir brauchen.

    Gescheitert wäre ich, hätte ich das alles nicht erkannt und würde weiter leiden.

    Alles Liebe
    Melanie

  • Hallo Julchen,

    meine Ehe ist gescheitert und mein Versuch, mit einem Alkoholiker glücklich zu werden, auch.
    Na und? Erstens darf man auch scheitern und zweitens hatte ich es nicht in der Hand, es lag ja nicht an mir und ich hätte nichts an der Situation ändern können.

    Ich klopf mir auch nicht auf die Schulter, dass ich gegangen bin, denn es war unausweichlich. Ich hab einfach getan, was sein musste.

    Wo ich wirklich versagt habe: Zu lange Dinge nicht sehen wollen, die eigentlich schon zu sehen waren.
    Aber das ist Schnee von gestern, ich staune nur noch manchmal darüber.

    Wenn andere zusammenbleiben, weil es eben da (noch) funktioniert...
    Na und? Da ist es eben anders. Bei jedem ist die Situation ja wieder anders gelagert.

    Ich würd da nicht so eine Leistungssache draus machen. Insofern kann ich mit "Vorbild" eigentlich auch gar nichts anfangen. Außer in dem Sinne, dass ich natürlich schon die Erfahrungen der anderen interessant finde und mich vielleicht eher was traue, was andere hier auch schon gemacht haben - wie z.B. Kontaktabbruch.

    Vorbild - na ja, es ist schon schön, wenn man sich ab und zu mal was abgucken kann von jemandem.
    Aber auf ein Podest würd ich bei allem Respekt hier niemanden stellen wollen.

    Schöne Grüße
    Doro

  • Zitat

    ich glaube wenn ich jemanden etwas mit auf den weg geben dürfte würde ich sagen, das lebensqualität nicht mit geld, vermeintlichen sicherheiten und "der kinder wegen" zu bezahlen ist.


    Nein, das ist sie wohl nicht. Aber dazu gewonnene Lebensqualität war auch das erste, was ich gesprürt habe, und mir darum auch keinen Kopp machte. Das war die freie Luft, die wir jeden Tag atmeten und spürten.
    Eins meiner Vorbilder war meine Schwiegermutter. Sie hatte versucht in dieser maroden unsicheren Familienstruktur, den Kindern die größt mögliche Sicherheit zu geben, emotional, wie finanziell.
    Sie ist mit 45 J. daran "gescheitert". Sie starb. Emotional war kein Halt mehr da, und das bisschen finanziell wurde auch noch staatl. eingesackt.
    Und auch ihr, die ihr mir oftmals sagt " ich hatte auch nix" seid mir ein Vorbild, hättet ihr zu etwas mehr Geld "nein" gesagt, ich glaube nicht.
    Und etwas Grundsicherung steigert für mich auch die Lebensqualität.

    Zitat

    Wichtig für uns alle ist, das wir für uns erkennen können, wie wichtig es ist, den Blick auf uns zu richten. Unsere Bedürfnisse wahr zu nehmen, unser Leben zu gestalten, uns die Liebe zu geben die wir brauchen


    Genau, das isses :wink:


    Liebe Grüße,
    nici

  • Hallo ich bins

    Frau, danke für deine Post. Ich wünsch euch weiterhin alles Gute!

    Melanie, ich empfinde es auch so, dass ich gescheitert wäre, wenn ich länger in meiner Ehe geblieben wäre. Hat jedoch lang gedauert, bis ich das erkannt habe.

    Doro,

    Zitat

    Ich klopf mir auch nicht auf die Schulter, dass ich gegangen bin, denn es war unausweichlich. Ich hab einfach getan, was sein musste.

    Wieso eigentlich nicht? Es war doch schon längere Zeit vorher an der Zeit zu gehen, eben da, wo wir nicht hingeschaut haben. Aber irgendwann hast du es dann doch geschafft, da kannst du doch stolz drauf sein.

    Zitat

    Aber auf ein Podest würd ich bei allem Respekt hier niemanden stellen wollen

    Genau das Gefühl hab ich eben auch manchmal, das viele auf dieses Podest gestellt werden. Und das fühlt sich für mich nicht gut an.

    Nici, wenn ich vor der Trennung gewusst hätte, was für finanzielle Schwierigkeiten auf mich zukommen, dann wär ich mit großer Wahrscheinlichkeit bei ihm geblieben. Ich bin froh, dass ich es nicht wusste, weil ich jetzt ein zufriedeneres, schöneres Leben habe, auch mit viel weniger Geld.

    Schöne Grüße

    julchen

  • Hallo Julchen,

    na ja, meine erste Trennung war so, dass ich mir auf die Schulter klopfen konnte. Da hätte ich theoretisch auch noch ein paar Jahre bleiben können und es war eine enorme Willensanstrengung zu gehen.
    (Hätte aber auch einige Järchen früher gehen können...)

    Beim zweiten Mal war es ja so, dass mein Mann wirklich total ausgetickt ist. Ich hab ja regelrecht Angst vor ihm gehabt und bin nachts mit dem Handy aufs Klo gegangen, damit ich zur Not die Polizei rufen kann. Es war einfach für mich so dermaßen unerträglich, dass ich es so empfinde, dass ich eigentlich nur die Wahl hatte: Selbstmord oder Trennung. Ehrlich, ich war so weit. Bin kein depressiver Typ eigentlich, aber in der Situation hab ich mich so gefühlt.

    Heißt ja nicht, dass es nicht ne Menge gibt, für das ich mir dann doch auf die Schulter klopfen kann. :D
    Aber Backmaus mit der Schulterklopfmaschine ist ja nicht mehr hier. :cry:
    Hat sie die eigentlich mitgenommen oder verwaltet die jetzt jemand anders. :lol:

    Schöne Grüße
    Doro

  • Hallo Doro,

    Zitat

    Hat sie die eigentlich mitgenommen oder verwaltet die jetzt jemand anders.

    Abwechselnd klopfen hier Matthias, Monty,Nici,Julchen,Gotti,Linde und meiner einer dem ein oder anderen auf die Schulter..........auch du.....jeder darf mal.....das macht spass und tut so gut....lieben Gruß melanie

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