Partner kommt aus Suchtfamilie

  • Hallo unwissend,

    also ich tu mich gerade schwer zu antworten. Es gibt halt keine Anleitung, wie man jemandem helfen kann. Zudem bin ich an einen Punkt gekommen, wo ich verstanden habe, dass man niemandem helfen kann, der gar keine Hilfe haben möchte. Es ist sein Leben, er ist erwachsen und du willst ihm doch sicher nicht vorschreiben, wie er sich zu verhalten hat. Zudem was ist richtiges Verhalten und was falsches?

    Unglückliches Elternhaus, so sehe ich es nicht. Ich komme aus einem kaputten Elternhaus, ach ich habe jetzt gelernt, dass man sowas dysfunktionale Familie nennt. Ich betone das nur, weil meine Kindheit nicht unbedingt unglücklich war. Dennoch hatte ich nicht die Möglichkeit mich frei zu entwickeln. Aber das ist bei jedem anders, manche entwickeln sich vollkommen „normal“, obwohl sie ein suchtkrankes Elternteil haben. Es gibt eine Broschüre von der BKK – ich glaube: Kindern von suchtkranken Eltern Halt geben. Das Lesen hat mir sehr geholfen, obwohl ich kein Kind mehr bin…

    Aber im Endeffekt kannst du deinen Partner nicht ändern. Ich kann und will nicht beurteilen, wie sehr sein Verhalten eure Beziehung belastet. Aber ich habe gesehen, wie Menschen sich selbst aufgeben, um ihren Suchtkranken Partner oder ihrem Partner mit Depressionen beizustehen und ihm zu helfen, weil man sowas doch in der Partnerschaft macht. Bis zu einem gewissen Punkt ist das ok, aber man darf sich selber nicht vergessen. Was ich damit sagen wollte, pass auf, wie weit du gehst.

    viele Grüße, Laura

  • Ich habe das "Glück", eine Ehefrau zu haben, die ihrerseits schwere traumatische Erlebnisse aus ihrer Kindheit zu verarbeiten hatte, so dass wir mit unseren inneren Verletzungen beim anderen früher oder später doch Verständniss aufbringen konnten, wenn einer von uns mal wieder ausgetickert ist.

    Kurz bevor ich mit meiner Frau zusammen gekommen bin, ging´s mir eigentlich gut. Ich hatte einen tollen neuen Job, bin endlich aus meiner kleinen Stadt ins aufregende Düsseldorf gezogen, hatte neue Ziele, wollte studieren....und dann kam meine Frau und hat mich konsequent, bedingungslos und hartnäckig geliebt. Das ging zwei Jahre lang gut. Ich hatte bis dahin meine Konflikte "unter Kontrolle", d.h. ich habe sie ignoriert, so gut ich konnte, unter einem Deckel aus Ignoranz eben. Aber die Liebe meiner Frau hat diesen Deckel aufgeweicht und so habe ich mich immer mehr in einen Kastenteufel verwandelt. Die Wohnung zertrümmert, rumgeschrien und ähnliches...
    Ich bin dann allerdings sofort in Therapie gegangen. Das war schon meine zweite aber da habe ich zum ersten Mal gesagt bekommen, dass ich kein Empfinden für die eigenen Grenzen habe, da diese nie und von niemandem respektiert werden.

    Also: Dass dein Partner aus einer Suchtfamilie kommt ist eine schwierige Sache. Aber es ist seine eigene Verantwortung, sich dieser Vergangenheit mal zu stellen. "Retten" oder "Erlösen" kannst du ihn nicht aber du kannst ihn begleiten, wenn er sich auf dem Weg der eigenen Erlösung begibt.

    Seine Ausraster haben aber nichts mit dir zu tun. In der Seele eines EKA sieht es aus wie auf einem Schlachttfeld, das zudem völlig vermint ist. Jeder Mine hat die "Trigger" Sensoren, äußere Reize, Worte, Stimmungen, Gerüche, die eine Explosion auslösen können. Du kannst bei deinem Partner bleiben, wenn er die Schaufel in die Hand nimmt und eine Mine nach der anderen ausgräbt und entschärft. Du gibst ihm damit einen sicheren Ort, an dem er sich zurückziehen kann. Aber nur er weiss, wo die Sprengfallen liegen, da dranzugehen ist seine Sache.

    Am Ende ist alles gut
    Und ist es nicht gut
    ist es auch nicht zu Ende.

  • Hallo Unwissend

    Besser als Ganymed konnte ich es nicht erklären.

    Ich wurde als Kind von meinem Vater mit ignorieren und schweigen bestrafft.
    Manchmal habe ich meinem Mann was gefragt und er hat nicht geantwortet, weil er die Frage nicht gehört hat, oder erstmal über die Antwort nachdenken musste. Eine vollkommen normale harmlose Situation. Ich bin jedesmal aber richtig ausgeflippt. Ich konnte nichts dafür, die gefühle waren jedesmal so überwältigend dass ich nicht anders reagieren konnte.
    Das zu besseren Verständniss.
    Stell Die vor, Dein Zeh ist gebrochen und Jemand steigt drauf. Wäre der Zeh heil, wäre es vielleicht unangenehm, aber in diesen Fall , gehst Du gleich an die Decke...

    Dein Mann wäre bei den Therapeuten sicherlich in guten Händen.

    LG Grazia

    Da, wo du nur eine Spur im Sand siehst, da habe ich dich getragen...

  • liebe unwissend,

    schaum mal das ist ja so. ich schreib mal einwenig auf, was mich als EK jahrzentelang begleitet hatte.


    meine kindheit war geprägt von meiner mutter, der sucht, dem aushalten müssen. den andauernden attaken, dem mich allein lassen wenn ich dringend jemanden brauchte. einer hilflosigkeit die mich geprägt hatte, mich nicht hat wachsen lassen.eine schlimme kindheit. es fehlte urvertrauen, die liebe, die zärtlichkeit, der rückhalt.ich wuchs auf in der vorstellung helfen zu müsse, etwas ungeschene machen müssen und fand herraus das alles was ich mache nur falsch war. ich stand under massivem druck, leistung zu bringen und bekam nichts dafon zurrück.

    ich konnt nicht wachsen, ein selbstwert und selbstbewusstsein konnte sich daraus nicht gesund entwickeln. schuldgefühle rundeten das paket melanie dann zudem noch ab, weil ich zudem noch in eine coabhängigkeit rutschte, mich selbst erkranken liess. liebe um jeden preis, selbst wenn mich das eigene leben kostet das war der ursprung aus dem ich gewachsen bin.

    nun ist es so zu sehen, das ich erwachsen geworden bin. alle diese prägungen haben was mit mir zu tun. doch als erwachsener mensch kann ich diese defizite anschauen und aufarbeiten. ich kann mich anschauen und annehmen, bekomme für mich ein positives gefühl und baue dadurch selbstbewusstsein und selbstvertrauen auf.

    das konnte ich jahrelang nicht, weil ich immer in den gedanken daran war, woher ich komme, meine kindheit, das auch so schreckliche elternhaus, die schlimme alkoholkranke mutter, der vater den ich unendlich vermisste obwohl er körperlich anwesend war.

    nur halfen mir diese gedanken überhaupt nicht weiter. zudem meinte ich die ganze welt hat sich nun um dieses ach so arme menschlein melanie zu kümmern, damit sie wachsen kann. ich erwartete tatsächlich von meinem umfeld andauernde rücksichtnahme auf meine abstammung und das ging ganz schön ich die hose!

    was ich dir damit sagen möchte, du kannst mitleid mit ihm haben, das hört sich alles so schlimm an, was wir erlebt haben ist nicht schön gewesen. doch sobalt du mitleid empfindest ists es für dich wieder ein problem, denn du fängst an seine inneren verletzungen zu deinen inneren verletzungen zu machen und befindest dich auf dem weg dahin, wo coabhängige stehen. wir cos machen uns abhängig vom partner, dessen geühlsregungen, ausrastern und handeln gegen das was für uns gesund ist.fühlen uns abgelehnt wenn er dann nicht so reagiert wie wir das möchten, stellen unsere gesammte persönlichkeit in frage, nur wenn eine geste des partners nicht mit dem übereistimmt, wie wir das wollen.

    mach dich dafon frei und pack ihn nicht in watte. er muss ganz allein für sich seine kindheit aufarbeiten, mit dem erlebten zurrecht kommen. akzeptiere ihn das er so ist wie er ist. du kannst ihm da nicht helfen. du bist seine partnerin und nicht die therapeutin von ihm.

    was du machen kannst ist, steh zu deiner gefühlswelt die du hast und klopf auch mal auf den tisch, wenn dir was nicht gefällt. sag ihm wie es dir geht. gib ihm die sicherheit, egal wiviel scheisse er baut, du liebst ihn und verlässt ihn nicht gleich wegen einer kleinigkeit. stärke eure beziehung indem du da vertrauen reinbringst, ihn liebe gibst. mehr musst du nicht tun.schau das du dich dafon abgrenzt, es ist und bleibt seine aufgabe das erlebte aufzuarbeiten. es ist nicht deine!

    lieben gruß melanie

  • PS

    Zitat

    Naja, ich wollte halt nur mal fragen wie andere Partner mit dieser Hypersensibilitaet umgehen, oder was man tun kann um einem EKA verstaendlich zu machen dass man ihm wirklich nix boeses will, auch wenn man mal sauer ist...

    ganz einfach. wenn du nicht mehr sauer bist sag ihm das und nimm ihn in den arm, wenn er es zulassen kann. wenn nicht warte ab.sag dir, er kann halt gerade nicht, das hat mit mir nichts zu tun. denn irgendwann kann er sich wieder öffnen. spätestens dann ist das ganze ja wieder harmonisch! :wink:

  • Zitat von Melinak

    PS

    ganz einfach. wenn du nicht mehr sauer bist sag ihm das und nimm ihn in den arm, wenn er es zulassen kann. wenn nicht warte ab.sag dir, er kann halt gerade nicht, das hat mit mir nichts zu tun. denn irgendwann kann er sich wieder öffnen. spätestens dann ist das ganze ja wieder harmonisch! :wink:

    Wir durften nie wirklich Kind sein. Das bedeutet, dass die Phasen, die ein Kind nunmal durchlebt bei uns noch auf ihre Zeit warten. Dazu gehört eben auch die Schmollphase. Ich kann persönlich damit heute umgehen, dass ich sagen kann: Lass mich gerade mal schmollen, ich komme gleich wieder. Und so klappt das dann auch.

    Am Ende ist alles gut
    Und ist es nicht gut
    ist es auch nicht zu Ende.

  • du kannst ihm nicht helfen, du kannst nur da sein.
    Das war es zumindest, was mein Partner immer war. Und genau das hat geholfen.
    Eine Therapie wäre für mich aus ähnlichen Gründen nicht möglich gewesen. Wär ich aber auch noch nicht bereit zu gewesen.
    Mein Partner war einfach da. Hat immer und immer wieder vorsichtig mit mir geredet. Möglichst mit etwas Pause zum "Aussetzer". Hat mir aber auch Grenzen gezeigt (wie zb, sich nicht beleidigen zu lassen, oder nicht "der Böse" zu sein). Das hat alles so seine Zeit gedauert, aber es hat funktioniert.
    Irgendwann hab ich gemerkt: er geht dem Streit nicht aus dem Weg, aber er ist danach auch nicht weg. Er bleibt. Inzwischen "darf" er sogar laut anfangen zu lachen. Ich erkenne dann, dass ich wunderbar projeziere.
    Wir haben zwar immer noch ab und an das Gefühl, leicht aneinander vorbeizufunken, aber wir redenredenreden. Bis es passt, mit der Frequenz.

    Vielleicht hilft das ja irgendwie.

  • unwissend: ich erkenn mich wirklich in den beschreibungen deines partner wieder! zum glück kann ich darüber inzwischen schmunzeln.

    ich glaube, ein patentrezept gibt es nicht, aber ich versuche immer, mich zu artikulieren und auch in meinen "friedenszeiten" meinem partner klarzumachen, was in mir vorgeht. so kann er angemessen reagieren, wenn er mal wieder nicht lachen darf weil ich platze.
    es ist aber kompliziert: natürlich vertraue ich ihm .. an sich... in manchen situationen ist mein hirn in der beziehung aber "aus". natürlich denke ich viele dinge nicht von ihm, aber in manchen situationen "vergesse" ich das.
    ich unterstelle ihm dann auch dinge, die eigentlich schwachsinnig sind.
    in meinen augen könnte er ja dinge dann auch mal ausdrücken, die für ihn so selbstverständlich sind. mir hilft es, wenn ich nicht nur an sich weiss, dass er da ist, sondern dass er das sagt. also ein "schatz, natürlich bin ich anderer meinung, natürlich streiten wir mal, natürlich ist nicht immer alles toll, aber ich trenn mich doch nicht und du darfst anderer meinungen haben und streiten wollen" ein "ja, ich bin da und unterstütze dich" hilft da ungemein.
    da ich aber die streitsuchende bin liegt es schon etwas anders. ob so etwas bei deinem partner hilft, weiss ich nicht. ich kann manchmal gar nicht wirklich vertrauen und das ist fürchterlich unfair. und sinn mache ich auch nicht immer ;)
    und den satz " Ja sag mal, wenn du so eine Meinung von mir hast, warum um alles in der Welt bist du denn dann mit mir zusammen??" ... ja, den kenn ich doch irgendwo her .. ;) da musste ich dann doch mal was zu sagen, und erkennen, dass ich das ja will und schon auch ein bisschen an mir arbeiten muss. oder mich trennen, aber das war keine option für mich.

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