Eure Ratschläge - wie kann ich meiner kleinen Tochter helfen

  • Hallo Zusammen,

    ich bin 40 Jahre alt und habe eine 15-Monate alte Tochter mit einem Alkoholiker aus einer außerehelichen Beziehung. Diese Beziehung ist beendet und ich bin weiterhin mit meinem Mann zusammen, der der beste Stiefpapi ist, den sich meine Tochter wünschen kann. Sie hat noch eine große Schwester von fast 13 Jahren, die sie sehr liebt. Der Papa meiner kleinen Tochter hat sie bis dato wöchentlich besucht und wir hatten die Vereinbarung das er in unserer Anwesenheit nichts trinkt bzw. hier ohne Fahne oder nach Alkohol riechend erscheint. Er hat das bereits mehrere Male nicht eingehalten. Wirklich kontrollieren kann ichs ja eh nicht... Letzte Woche wars mal wieder soweit und ich bin in der Situation nicht in der Lage, ihn auf der Stelle nach Hause zu schicken. Ich habe ihm aber vorgestern auf den AB gesprochen, daß ich nicht mehr möchte, daß er kommt, da er ja bereits mehrmals unsere Vereinbarung gebrochen hat und ich das Alles auch nicht mehr ertragen kann. Diese Lügerei und Sich-und-mir-Vormacherei. Ich mag nicht mehr, und muß für mich und meine Tochter die Grenze ziehen.
    Trotzdem machts mir jetzt zu schaffen....bin ich zu hart? Er ist jaandererseits auch ganz lieb, bringt Rosen und Geschenke mit für die Kleine und versucht sich zu kümmern so gut er kann. Dieses Können beschränkt sich darauf, sie hier zu besuchen und die Hälfte der Zeit verbringt er mit Rauchen, Kaffee und Wasser trinken. Er läuft mit der Kleinen durch den Garten und guckt auf mein Anraten hin schon mal ein Buch mit ihr. Ich weiß eh nicht, ob das so der Bringer für die Kleine ist und sein wird??? Ein wirklicher Papa kann er ja gar nicht sein. Er zahlt regelmäßig seinen Unterhalt und von daher hat er ja auch ein Besuchsrecht, aber wie ich finde, eben nicht unter solchen Umständen.
    Was meint Ihr und was könnt ihr mir für Tipps geben als betroffene Kinder, was ich für meine Tochter tun kann, damit sie mit möglichst wenig Schaden mit der Sache umgehen lernt, auch für später, wenn sie sich damit auseinandersetzen wird müssen.

    Danke Euch fürs Lesen und hoffentlich Antworten.

    LG Faithfully

  • Hallo Faithfully,

    als ich eben Deinen Beitrag las, fiel mir zuallererst ein ganz bestimmter Punkt ein und deshalb möcht ich den auch sofort loswerden.

    Sobald Deine Tochter alt genug ist, muss ihr unbedingt jemand erklären, dass die Alkoholsucht ihres Vaters absolut und überhaupt nichts mit ihr zu tun hat. Dass sie weder Schuld daran ist, noch irgendetwas daran ändern kann. Dass das allein sein persönliches Problem ist.

    Das klingt für Dich jetzt wahrscheinlich sehr merkwürdig. :)
    Doch ich kann mich noch verdammt gut daran erinnern, wie schuldig ich mich an der Alkoholsucht meiner Mutter gefühlt habe und wie sehr ich mich als Versagerin empfunden habe, weil ich nichts, aber auch gar nichts daran ändern konnte. Meine Gedanken kreisten ständig um sie und ihr Problem und so habe ich Schule und alles andere eher wie durch Nebelschwaden (plakativ und übertrieben, aber die Richtung triffts) wahrgenommen. Mich nicht ausprobiert, wie andere das in dem Alter tun und mich selbst deshalb auch erst viel später kennengelernt.

    Nun ist dein Ex ja nicht ständig präsent und damit ists eine andere Situation. Ob Du ihm Besuchsrecht einräumen solltest, oder nicht, kann ich dir allerdings nicht beantworten.

    Gruß Gela

  • Danke Gela,

    doch, ich kann mich gut da einfühlen und ich hab jetzt schon Angst vor dem Tag an dem die bewußte Auseinandersetzung meiner Tochter mit der Sucht ihres Vaters beginnt. Muß wohl kaum erwähnen wie schuldig ich mich jetzt fühle, aber ich weiß auch, daß damit jetzt keinem mehr geholfen ist. Deinen Ratschlag werde ich auf jeden Fall beherzigen und genau so auch handhaben.

    Das mit dem Besuchsrecht ist wirklich ein Problem. Ich hab mich heute Vormittag im Internet schlau gemacht und das sieht nicht wirklich gut aus. Obwohl ich das alleinige Sorgerecht habe, hat er natürlich ein Umgangsrecht. Nichts lieber als das würde ich ihm gerne gewähren, aber eben nicht so alkoholisiert. Rein rechtlich müsste ich ihm nachweisen, daß er überhaupt ein Alkoholproblem hat. Das ist natürlich nicht so einfach, da ich aus seinem Umfeld keinen auf meiner Seite habe...
    Wenn er jetzt auf sein Besuchsrecht pocht, weiß ich nicht, wie ich reagieren soll. Nachgeben, weil ich rechtlich eh kaum Chancen habe und damit inkonsequent werden oder auf meinem Standpunkt beharren?
    Im Moment weiß ich da echt nicht weiter...

    Eine etwas verzweifelte Faithfully

  • hey faithfully,

    blöde situation. hast du mal das jugendamt oder andere stellen nach rat gefragt? vielleicht gibt es da lösungen, die nicht im internet stehen. besonders würde ich schauen, dass er möglichst nicht alleine mit der kleinen ist. jedenfalls solange, bis man sich tausendprozentig darauf verlassen kann, dass er nüchtern ist.
    auf der einen seite finde ich das besuchsrecht ja wichtig, auf der anderen seite habe ich da so meine probleme, wenn der besuchende teil alkoholiker ist, auf den man sich halt nicht so verlassen kann. ich würde mich da mal eingehend beraten lassen.
    das du dir sorgen machst, kann ich gut verstehen.
    auf jeden fall darfst du nicht vergessen, dass deine tochter in einem guten umfeld heranwächst und viel rückhalt hat. das wird sie sicher brauchen und so könnt ihr immer helfen.

  • Hallo faithfully,

    es gibt einen sogenannten "betreuten Umgang", das heißt, daß bei jedem Treffen jemand vom Jugendamt oder einer ähnlichen Stelle dabei ist. Wenn die dann merken, daß er betrunken ist, wird das Treffen sofort abgebrochen, zum Kindeswohl. Das Kindeswohl steht über seinem Besuchsrecht. Keinem Kind ist es zuzumuten, daß es mit einem Alkoholisierten zusammen sein muß.

    Informiere dich bei deiner zuständigen Stelle vor Ort, die damals den Beschluß für das alleinige Sorgerecht gemacht hat. Vielleicht machst du einfach gleich nächste Woche einen Termin für ein Beratungsgespräch aus.

    Liebe Grüße, Linde

    You can't wait until life isn't hard anymore before you decide to be happy.

    - Nightbirde

  • Danke Ihr Beiden für Eure Antworten!

    Ich habe nächste Woche einen Termin bei einer Beratungsstelle für Frauen und werde wohl auch noch einen machen bei einer Suchtberatungsstelle. Im schlimmsten Fall wird es wohl auf den betreuten Umgang hinauslaufen. Das Schlimme ist, daß es mir psychisch so schlecht geht mittlerweile, daß ich Dienstags schon mit den Nerven am Ende bin bevor er Donnerstags kommt. Immer dieses Einfühlen wie wird er wohl drauf sein, hat er getrunken oder nicht etc. etc.. Ich kann irgendwo nicht mehr und genau das will ich meiner Tochter ersparen. Ich habe Angst davor, daß er jetzt fordernd auftritt und das Ganze womöglich vor Gericht endet und was ich so im Internet lese bzgl. Umgangsrecht....da wird mir ganz schlecht. Ich müßte ihm erstmal nachweisen, daß er Alkoholiker ist und wie sollte ich das anstellen? Ob man dem Jugendamt so trauen kann und ob der Schuß nicht nachher nach hinten losgeht, davor hab ich riesen Angst. Ich werd mich jetzt informieren so gut es geht und muß sehen ob und wie er reagiert....Ich wollte alles gut für meine Tochter regeln - das sie weiß, wer ihr Papa ist, das er Unterhalt zahlt, Umgang hat - er steht jetzt offiziell in ihrer Geburtsurkunde...dadurch hat er jetzt Rechte und das Ganze bereue ich jetzt fast...
    Das Ganze war wohl der größte Fehler meines Lebens- natürlich nicht meine Tochter, sie ist so süß und zauberhaft...uns sooo unschuldig. Ich kann nur dafür beten und mein Bestes geben, daß sie trotz Allem ein glücklicher Mensch wird und sie das Problem ihres Vaters richtig einordnet.

    Toll, daß es dieses Forum gibt und man sich nicht so alleine fühlen...

    Faithfully

  • Hallo Faithfully,

    ich war wegen eben dieser Problematik bereits im letzten Jahr prophylaktisch beim JA, die Dame dort hat mir Folgendes geraten:

    1.Lieber kürzere Besuchszeiten und dafür öfter, da Männer im allgemeinen schnell mit längeren Zeiten überfordert seien.
    2. Umgangsrecht muss grundsätzlich gewährt werden, allerdings würde es vor Gericht für den Herausgeber des Kindes schlecht aussehen, wenn dem Kind während des Umgangs physischer Schaden zugefügt wird, der auf Alkoholkonsum zurückzuführen ist und der Herausgeber von einer Alkoholproblematik wusste.
    3. Auf die konkrete Frage nach Verhaltensvorschlägen bei einem offensichtlich alkoholisierten bzw. restalkoholisierten Kindsvaters bei der Abholung des Kindes könne man ihn doch kurz hereinbitten, um das Kind zu begrüßen, um ihn dann sofort wieder (ohne Kind) hinauszubitten.
    4. Sollte es dann immer noch nicht klappen mit dem Umgang, könnte man den KV zum Gespräch ins JA bitten, die dortigen Mitarbeiter sind in der Lage einen Alkoholiker schon nach wenigen Minuten als solchen zu entlarven, auch im nüchternen Zustand.

    Ich lass das jetzt mal völlig wertfrei so stehen. Ich habe nun bei einer externen Beratungsstelle Gesprächsbedarf angemeldet und hoffe auf neue Erkenntnisse.

    Als EKA mit entsprechender Erfahrung habe ich mir oft Gedanken über die Frage gemacht, ob es nicht grundsätzlich für eine Kinderseele besser wäre, so einen problematischen, tränenreichen und für alle nervenaufreibenden Kontakt zum Vater vorerst abzubrechen, wenn man es denn frei und rücksichtslos entscheiden könnte. Für mich persönlich bin ich zu dem vorläufigen Schluss gekommen, dass hierbei die Gefahr besteht in der Zeit ohne Kontakt eine Vaterillusion zu konstruieren, die einfach nicht der Realität entspricht. Kommt es dann zwangsläufig irgendwann zu einem ersten Kennenlernen, könnte der Aufprall auf den Boden der Tatsachen u.U. heftig sein, vielleicht sogar in einem unvorteilhaften Alter, in dem die Welt eh schon aus den Fugen geraten ist.

    Ich hoffe, dass Kinder in ihre Rolle einigermaßen unbeschadet hineinwachsen können, so denn sie entsprechenden Rückhalt und ein ansonsten intaktes Umfeld haben, und sich ihr eigenes Bild, ob nun positiv oder negativ machen können. Wichtig ist mir nur, dass die Rahmenbedingungen des Umgangs stimmen, damit das Kind keinen vermeidbaren Schaden nimmt. Zur Not eben auch betreut.

    So oder so eine ständige Gratwanderung.

    Lieben Gruß
    Nina

    Lieben Gruß
    Nina

  • Servus Faithfully,

    ich weiss nicht, warum betreuter Umgang für Dich so schlimm ist?
    Ich halte es für viel schlimmer, wenn ein alkoholisierter Mensch ohne Aufsicht mit einem Kind umgeht - der kann keine Verantwortung wahrnehmen, der ist viel zu sehr im Suff gefangen.

    Lass Dich ausführlich beraten, und dann entscheide, was für Dich und Deine Situation am Besten ist.

    LG
    Spedi

  • Hallo, Spedi

    was heißt so schlimm? Schlimm daran ist für mich, daß ich diesen Mann sehr geliebt habe und gerne hab ich ihn immer noch und ich mir den Umgang mit ihm und unserer Tochter anders vorgestellt habe. Ich dachte, das würde so, wie wir es bisher gehandhabt haben, funktionieren. Weit gefehlt, wie man sieht. Ihm wird der betreute Umgang beim JA nicht schmecken und ich denke, da wird er sich auch nicht drauf einlassen. Das wirds dann gewesen sein. Ich weiß, sein Problem - mir tuts trotzdem weh.

    LG
    Faithfully

  • Na ja, Faithfully, es gibt nur zwei Wege:

      entweder, Du arrangierst Dich mit dem Ist-Zustand und lebst Dein Leben gesund weiter,
      oder Du und Deine Familie bleiben gefangen in dem dysfunktionalen System, welches Euch alle krank machen kann.

    Dazwischen ist leider kein Raum für "Eventualitäten". Und es nutzt auch nix, wenn wir Dich hier bedauern - Du hast eher was davon, wenn Du Dich auf den Weg in Dein Leben machst.

    Dass das schmerzt, ist jedem von uns bewusst, auf die eine oder andere Weise haben wir das gleiche erleben müssen. Eine Lebensplanung, die den "Bach runter geht", ist nie angenehm.

    Aber: was er daraus macht, ist immer noch "seins" - er bekommt ja sogar Lösungen "auf dem Silbertablett". Die lautet halt eventuell momentan begleiteter Umgang - wenn er will. Ganz klar: er hat's ja auch "versemmelt", und nicht das JA oder Du oder das Kind. Oder?

    Also, Kopf hoch, wichtig bist Du und Deine Kinder - er ist alt genug, um für sich selbst zu sorgen, wenn er das will.

    LG
    Spedi

  • Ja, Nina

    die Frage stelle ich mir auch, ob es besser ist keinen Kontakt zu haben und die Kleine lernt ihren Papa später kennen, wenn sie danach fragt oder sie sieht ihn einmal in der Woche und kann sich von klein auf ein Bild von ihm machen, auch wenns nicht sonderlich positiv ist. Ich bin da noch hin- und hergerissen.

    Danke auf jeden Fall für Deine Auskünfte, die haben mir wieder Hoffnung gegeben, weil Du geschrieben hast, daß die beim JA so geschult sind, daß sie auch nen nüchternen Alkoholiker erkennen. Ich hoffe, daß trifft beim JA hier vor Ort auch zu.

    LG Faithfully

Unserer Selbsthilfegruppe beitreten!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!