EKA im Erkenntnis- und Veränderungsprozess

  • Hallo zusammen,

    ich habe schon mehrfach in diesem Forum gelesen, seitdem mir klar geworden ist, dass ich ein EKA bin. Ich habe mich entschlossen aktiv teilzunehmen, statt still und heimlich zu lesen. Selbst nach so vielen Jahren, ich bin 46, wirkt das Schweigegebot noch in mir, als würde ich meine Nest, meine Familie beschmutzen. Doch das Gefühl wird zunehmend schwächer, seitdem ich weiß, woher es kommt.

    Wenn ich auch immer das Gefühl hatte nirgends so wirklich dazu zu gehören, so finde ich mich in vielen Beschreibungen von EKAs ziemlich genau wieder. Hier bin ich richtig. Wenn ich über EKAs lese ist es, als würde mir jemand anderes mein eigenes Leben beschreiben. Es ist noch sehr neu und verblüffend für mich.

    Nicht das mir schon vorher bewusst war, dass ich aus einer Familie mit einem alkoholkranken Vater komme und mein Leben selbstverständlich dadurch beeinflusst wurde, sehe ich mich und meinen Lebenslauf heute aus einer neuen Perspektive und stehe mir, was für mich sehr ungewöhnlich ist, nun wohlwollend gegenüber.

    Ein berufliches Coaching hat mich zu meinen Wurzeln zurückgeführt. Es war eine große Angst die ich hatte und die ich diesmal in Kauf nahm. Mein Leben war im Innern leer, ziellos, frustriert und resigniert, ich fühlte mich, wie so oft abgeschnitten vom Leben. Mein Außenleben war anders, dort zeigte ich alles was eben so erwartet wurde. Nach 3 Monaten war vieles geklärt, ich war erstaunt. Erstaunlich waren allerdings auch meine massiven Angstblockaden. Eine Angst die durch keinerlei Bezüge meines Erwachsenenlebens nachvollziehbar war, da ich wirklich sehr viel (und das sehe ich heute) gute Erfahrungen machen durfte. Ich habe nie wirklich versagt und alle Menschen privat und beruflich waren wohl überwiegend zufrieden mit mir.
    Die Zusammenhänge sind mir erst hier klargeworden. Die Angstkreisläufe und alles was notgedrungen in meiner Innenwelt als Kind geprägt wurde um das Grauenhafte zu überstehen behindern mich heute als Erwachsener.
    Ich bin meiner Coachingfrau sehr dankbar, vielleicht hätte ich sonst nie mehr realisiert, woher ich komme und was es mit mir machte.

    Ein alkohllkranker Vater der extrem stark zur Aggression und Gewalttätigkeit gegenüber meiner Mutter mutierte, danach ein hilfloses Wesen zu sein schien, bis es wieder von vorne anfing. Das Leben drehte sich bis zu meinem Auszug und auch noch danach immer um die Alkoholsucht des Vaters, den Problemen meiner Mutter und den Konflikten die beide daraus hatten.
    Ich selbst war soetwas wie der "Held" der Familie in den vielen akuten Phasen, meines quartalstrinkenden Vaters, der später nur noch trank. Danach wurde die bürgerliche Fassade weitergelebt und ich hatte zu funktionieren und blieb mir überlassen. Ich war der ruhende Pol in diesem entsetzlichen Chaos, der Vermittler, der Vernünftige, der Kluge und Verständnisvolle Tröster der Mutter und vieles mehr. Ich litt Höllenqualen. Eine Kindheit habe ich nicht erlebt, das ist nicht mehr zu ändern. Und wie ich heute weiß war ich völlig überfordert mit den typischen Schädigungen die sich bereits damals zum Überleben einstellen mussten. Es passierte außerhalb meiner Macht und Verantwortung.
    Für meine Umgebung sind die Schädigungen heute, selbst für den Partner kaum ersichtlich. Ein Meister der Tarnung, was ich in Zukunft und auch schon heute stückweise abbaue.

    Nachdem ich im Internet nach Kindern aus Alkoholikerfamilien recherchierte und auf Seiten von Nacoa Deutschland, den Al-Anon usw. stieß wollten die Tränen und Schmerzen nicht mehr aufhören als ich Texte las, die genau mich beschreiben. Seitdem wird alles in mir anders und ich gewinne zunehmend Klarheit über mich.

    Ich hatte völlig vergessen wo ich herkomme und stelle nun fest, dass ich damit keineswegs, wie ich immer dachte, allein bin.
    Ich entwickle gerade ein sehr tiefes Verständnis für mich und mein "inneres" Kind und kann unmittelbar seit dem Erkennen der Zusammenhänge damit aufhören, mich selbst für das Geschehene, das außerhalb meiner Macht und Verantwortung lag, zu zerfleischen.
    Ich überlege zu einer Al-Anon Gruppe zu gehen. Auch wenn ich mit Gott, von dem ja in den Büchern auch viel die Rede ist, nicht soviel anfangen kann.
    Ich habe momentan sehr viel Hoffnung....

    Bis bald...
    sunwalker

  • Hi Sunwalker

    Du hast dir einen schönen Nicknamen ausgesucht. Vielen Dank für das Teilen deiner Geschichte. Wie so oft schon, musste ich auch beim Lesen deiner Zeilen ab und an nicken oder sogar fast ein wenig schmunzeln... etwas in mir sagte hie und da: hey, das kennst du auch! Und ich glaube nur schon das Teilen und "gemeinsam" gleiches erlebt zu haben, tut uns gut und hilft uns, unsere Geschichte zu verstehen.

    Ich würde von meiner Kindheit keineswegs behaupten, dass sie schrecklich war. Ich habe nie physische Gewalt erlebt. Und es war für mich völlig normal wie ich aufwuchs. Und doch gibt es nun viele Baustellen bei mir. Die Rolle des Helden passte auch zu mir. Ich habe immer für die nötige Balance gesorgt. Mich dabei selber gaaaanz weit nach hinten geschoben. Hauptsache es ging allen soweit gut. Ich war die Gute, die Brave, die Fleissige. Du kennst das ja auch.

    Meine Geschichte beschäftigt mich immer wieder. Manchmal ist das alles auch ganz weit weg. Es ist meine Geschichte. Und sie hat mich zu dem Menschen gemacht, der ich jetzt bin. Das was mich am Meisten nervt, ist dass Erkenntnis zwar ein guter Start ist, aber es mir sehr oft wahnsinnig schwer fällt, aus den jahrelangen geübten Mustern herauszutreten. Ängste loslassen, nicht mehr alles so perfekt machen, auch mal nein sagen oder auch mal wütend sein dürfen etc. etc. Und meine Ungeduld ist dabei ein fieser Mitspieler.

    EKA im Erkenntnis- und Veränderungsprozess... hmm. Erkannt habe ich meine Geschichte. Im Veränderungsprozess scheine ich mich schon seit Jarhen zu befinden. Lebe ich mein Leben so wie ich es möchte? Noch nicht wirklich, aber ich bin schon an dem Punkt angelangt, wo ich mir bewusst bin, wie sich Mein Leben anfühlt.

    und ich merke schon wieder, wie schwer es mir fällt, so offen zu sein und über meine Gefühle zu sprechen...

    Noch kurz am Rande zu Al-Anon. Probier es aus. Mir persönlich hat es nicht so zugesprochen, aber es war eine gute und wichtige Erfahrung.

    Liebe Grüsse dir, Sunwalker
    und einen schönen Abend.

    Mia

  • Liebe Mia,

    ganz lieben Dank für dein Feedback, über das ich mich sehr gefreut habe. Und auch ich habe mich in deinem Text wiedergefunden und ich kann sehr gut verstehen, dass es einen manchmal rasend macht zu Wissen und im Handeln blockiert zu sein, weil die Gefühle so stark sind. Ich lasse dann etwas sein, von dem ich innerlich fest überzeugt bin, es wäre gut für mich. Z. B. neue, oder überhaupt Freunde finden. Ich lasse es, weil mich starke Gefühle davon abhalten.

    Ich denke, mache Pläne, durchdenke, analysiere, recherchiere und wieder von vorne. Das kann ich wirklich bis zur völligen Erschöpfung und sicher nicht schlecht. Und es hilft mir allein nicht.
    In mir drin ist diese Gefühlsmonster, das mich versucht abzuhalten. Ich habe was klar im Kopf, ich habe eine gute Idee und scheitere nicht selten an der Umsetzung.
    Bei mir sind es Ängste zu versagen, nicht gut genug zu sein und die Angst und das steckt bei mir heute noch drin, dass ich mich schäme für das was ich in meiner Alkifamilie erlebte. Das Gefühlsmonster kommt aus meiner Kindheit und besucht mich immer wieder gerne.
    Ich habe sehr lange versucht diese Gefühle zu bekämpfen, diesen Makel abzuwehren, der für andere nicht sichtbar ist. Immer auch die Angst andere könnten mich erkennen hinter meiner Fassade. Ein Kreislauf.

    Ich weiß heute, ich komme da nur raus wenn ich mein Verhalten ändere. Wenn ich Dinge anders mache als sonst. Ich experimentiere in den letzten Wochen mit mir.
    Vor einigen Tagen ging es mir grottenschlecht und normalerweise verkrümele mich in die Natur und möchte nicht gesehen werden. Diesmal ging ich bewusst in einen Biergarten voller „glücklicher“ Menschen. Es war ein komisches Gefühl, es ging mir schlecht und ich saß allein unter vielen Fremden Menschen. Ich saß nicht einfach nur da, ich habe versucht die Situation zu erfassen. Was denke ich? Was fühle ich? Was gehört vielleicht an Gefühlen hier hin? Welche Gefühlsmonster kommen aus der Vergangenheit? - Wie schwer mir das fällt, wie ungeübt ich bin, mir klarzumachen was in mir vorgeht. Vielleicht schaffe ich es beim nächsten Mal einen Bekannten anzurufen, der mit mir kommt?
    Das ist anstrengend, doch mir hilft es bewusst zu machen was passiert. Achtsamkeit mir selbst gegenüber ist wohl das Stichwort. Dabei fällt es mir schwer Gefühle von Angst zuzulassen. Das liegt natürlich an meinem gelernten Muster und daran das ich Angst als etwas völlig Negatives bewerte. Das wandelt sich bei mir. Angst ist okay und ich kann trotzdem etwas tun. Manchmal hilft es mir auch zu schauen was ist denn da noch neben der Angst?
    Meine große Herausforderung für die Zukunft ist es mehr zu handeln. Nur so werde ich etwas verändern in mir. Nur durch ein verändertes Handeln werde ich zu anderen Ergebnissen kommen und diese eingeätzten Muster durchbrechen. Und genau das fällt mir am schwersten, das bin ich nicht gewohnt und geübt, das macht mir Angst – und genau da ist meine Baustelle.

    Ich wünsche dir einen schönen Abend
    Viele Grüße sunwalker

  • Hallo zusammen,

    Das Fühlen und der Kontakt zu mir selbst sind mitunter schwierig. Es passiert mir, dass der Kontakt zu meiner Gefühlswelt weg ist, dann muss ich mich erinnern und dann finde ich es wieder. Es ist jedes Mal anstrengend und gut wenn ich es wieder gefunden habe. Ich verstehe auch warum das so ist.
    Wird das mit der Zeit besser? Kennt das jemand hier?

    Das Fühlen macht mir Probleme in der Hinsicht, dass ich jedes Mal den Kopf anschalten muss um zu schauen, was da gerade mit mir los ist. Ganz viel an Feelings kommt definitiv aus meiner Kindheit und Jugend, da sie durch nichts mit meiner Gegenwart verbunden sind.

    z.B. wache ich morgens auf und habe seit ewigen Jahren ein ungutes Gefühl, bin angespannt als würde ich bedroht. Das checke ich erst seit kurzer Zeit. Ich weiß es kommt von früher. Jeden morgen fange ich wieder an diesen Zustand einzusortieren. Ich muss jedes Mal wieder graben um mich zu erinnern, dann wird es besser, ich kann dieses Gefühl annehmen und quasi einsortieren.

    Ist das der/ ein Weg? Kann das jemand verstehen?

    Viele Grüße
    sunwalker

  • Hallo Sunwalker

    Zitat

    Das Fühlen und der Kontakt zu mir selbst sind mitunter schwierig

    Das kenne ich nur zu gut.
    Ich persönlich denke, es kommt aus der Kindheit, da haben wir UNS verloren.
    In den Situationen wo unsere Seele vor lauter Schmerz schreien wollte, wir aber blieben stumm.
    Wo wir das gefühl hatten, da stimmt was nicht, aber die Erwachsen taten so als ob es richtig wäre. Also haben wir eingenommen mit unseren gefühlen stimmt was nicht.

    es kommt oft bei mir, wenn ich mich selber frage, was fühle ich? Ich kann es nicht antworten. ich weiss nicht, ist es Wut, Traurigkeit, Angst....
    Ich muss in Ruhe mich selbst analysieren um rauszufinden was ich fühle.

    Ich wollte es unbedingt ändern, wein ich den Eindruck hatte ich bin nicht wirklich ICH.

    So bin ich auf das Innere Kind gestoßen.
    Ich habe mir die Bücher besorgt, und kämpfe mich da durch. Ganz langsam, weil es nicht einfach ist, aber ich glaube das es der richtige Weg.
    Auch wenn Dir das vielleicht sehr ...hm "spirituell" erscheint, ich meine, es klingt ja eigenartig, sich um das verletzte Innere Kind zu kümmern. Es hilft.

    es ist auch so wie Du schreibst, dass Du an Gott nicht glaubst.
    Es liegt vielleicht nur an der bezeichnung. Du liebst die Natur, glaubst Du dass es eine Macht gibt, eine Energiequelle die das alles leben i gedeihen lässt.?
    In meinem Garten wehte der Wind einen kleinen Samen rein.
    Der baum ist heute rund 3 Meter gross, für mich immer noch ein Wunder, so wie der Kreislauf des lebens und dass alles eine gewisse Ordnung hat. ich glaube daran, und viele nennen diese macht des Lebens - Gott.

    LG Grazia

    Da, wo du nur eine Spur im Sand siehst, da habe ich dich getragen...

  • Ich danke dir für deine Antwort Grazia. Als ich deinen Text las war ich sehr erleichtert.

    Ich sehe es ganz genau so. Du hast es so wunderbar auf den Punkt gebracht. „Wo wir das Gefühl hatten, da stimmt was nicht taten die Erwachsenen so als ob es richtig wäre“.
    Und deine Schlussfolgerung ist für mich absolut zutreffend.

    Das Bild von dem leidenden und stummen „inneren Kind“ finde ich sehr hilfreich und ganz und gar nicht eigenartig. Es ist greifbar und vor allem spürbar. Ich sehe mich als kleinen Jungen in diesem entsetzlichen Chaos, stumm, verwirrt, hilflos und habe heute sofort Empfindungen für dieses verletzte Wesen. Gleichzeitig stellen sich bei dieser Vorstellung im übertagenen Sinne „Vatergefühle“ ein. Da Kind braucht Verständnis und Geduld, Liebe und Aufmerksamkeit...

    Wenn ich das so sehe, während ich schreibe, kommen wieder Schmerzen und Tränen. Vielleicht ist es Mitleid für diesen geschunden Teil in mir. Es hilft – ich Danke dir sehr.

    Heute begreift mein Verstand, ich lese auch Bücher zum EKA-Thema. Ich sauge alles in mir rein und doch ist es nicht der Verstand der nicht funktioniert, es sind die „verwirrten“, mitunter nicht klaren oder gar nicht wahrnehmbare Gefühle. Oder man weiß nicht wohin diese Gefühle gehören. Gehören sie in die Situation, ganz oder zum Teil, gehören sie zu dem „inneren“ Kind. Es ist ganz schön kompliziert als Erwachsener der aus einer Alkoholikerfamilie kommt.

    Du schreibst von einer Energiequelle die das Leben gedeihen lässt. Nun, du vermutest richtig, ich glaube nicht an Gott, doch habe ich mich auch nie damit beschäftigt. Das es noch mehr gibt als das was wir sehen und wissenschaftlich ergründen können kommt mir näher. Eine übergeordnete Instanz vielleicht, wie auch immer man diese bezeichnen würde, ja, das denke ich auch manchmal

  • Hallo sunwalker,

    erstmal Danke für Deinen Beitrag in meinem Faden.

    Auch hier, in Deinem, finde ich so vieles, was 1:1 auch mein Erleben
    ausdrückt.

    Diese Schwere am Morgen - wie eine Anspannung, noch ehe ich selbst
    das erste mal da bin, froh über meine eigene Lebendigkeit und voll Freude.
    Das empfinde ich auch wie einen nachhängenden Schleier aus alter Zeit.

    Wir waren ja so gesehen nie frei, uns in unseren eigenen Gefühlen aufzu-
    halten. Es gab ja immer zu tun (im Blick zu behalten, wie das Umfeld ge-
    rade ist, die Stimmung, mögliche Reaktionen, von vollkommen unberechen-
    baren und eben gar nicht reifen und gelassenenen Erwachsenen).

    Die Arbeit mit dem inneren Kind beschäftigt mich auch schon länger.

    Ohne es zu wissen, habe ich immer wieder versucht, meine Eltern (!)
    "sehend" zu machen, für meine Nöte. Oder habe ihre Gültigkeit davon
    abhängig gemacht, dass SIE Verständnis für mein Dilemma (z.B. Weg-
    bleiben wollen von zu Hause) zeigen. Äh, ja, wie sollten sie das können?
    Meine Perspektive einnehmen, wo sie sich komplett deckeln?

    Irgendwo in einem Al-Anon Buch las ich mal ein Zitat von einer Frau:

    "Jahrelang bemühte ich mich, ihm zu beweisen, wie sehr mich sein
    Verhalten verletzte. Ich wollte, dass er mich versteht. - Dann begriff
    ich, dass allein ich es mir selbst glauben musste, wie sehr er mich
    verletzte." (Und dann konnte sie auf ihr Gefühl mit der entsprechen-
    den Tat reagieren, indem sie ihn verließ.)

    Mir und meinen Gefühlen, und ihrer Berechtigung selbst Glauben und
    ihren Stellenwert schenken, das ist mein Ziel, um mich selbst immer mehr
    in Empfang zu nehmen.

    Al-Anon ist ganz sicher eine tolle Begleitung auf diesem Weg.
    Obwohl ich einige Jahre weg blieb, weil es mich nervte, dass die da immer
    über trinkende Partner sprachen, und wie man für sich trotzdem frei bleiben
    konnte von seiner/ihrer Sucht.

    Es brauchte nochmal eine Weile, bis ich begriff, ich habe zwar keinen trin-
    kenden Menschen neben mir, aber eben doch mal vor mir gehabt. Und da-
    durch habe ich falsche Wahrheiten über Gefühle (gibt nur die guten, gefälligst)
    und über mich (bin nur in Ordnung, wenn ich nichts Eigenes will) gelernt.

    Aufgespürt habe ich diese Ferne von mir selbst (nur als Hülle von innen
    her da zu sein), nachdem ich eine tiefgehende Beziehung aufgeben musste.
    Da war ich so auf mich zurück geworfen, wie nie zuvor. Alle Strategien bra-
    chen zusammen, ich hatte ja vorher schon komplett aufgemacht. Und jetzt
    stand ich ohne Bauchfell da, das jammernde Elend ohne jeden eigenen Halt
    in MIR.

    Rückblckend kann ich jetzt sagen, das war mein Glücks-Fall (Sturz). Ich
    wäre nie auf die Idee gekommen, mir Hilfe zu holen, wegen dieser selt-
    samen Total-Leere in mir. Wie ausgeräumt, mit keiner eigenen Antwort
    auf irgendwas. Keiner einzigen Regung, die vor denen anderer da wäre.
    Es war gespenstisch.

    Puh, mal Pause machen. ...


    @ Grazia

    Ich glaube auch an eine Art Höhere Macht, einfach weil ich die Vorstellung
    tröstlich und stütztend erlebe, dass mich eine Quelle mit allen Schrammen
    liebt. So kann ich endlich aus der kompletten Kontrolle, sogar über mich
    und meine Gefühle oder meine Muster aussteigen. Das hat soviel Kraft ge-
    bunden, es immer "richtig" machen zu wollen, sogar in meiner Genesung.

    Danke, dass Du das hier mit ins Spiel gebracht hast!

    Auch die Vorstellung von einem Seelenplan, der einen Weg beschreibt,
    auf dem ich nie falsch bin, so wie ich real gerade irgendwo stehe, gibt
    mir die Zuversicht, dass ich nie falsch bin, auch wenn ich selbst mich
    oft sehr unsicher, da auf neuem Gelände, fühle. Auch Selbsterkenntnisse
    räumen ja ganz schon um, im Innern. Puh, da wackelt schonmal der Boden.

    Euch allen hier liebe Grüße,

    gemeinsam geht es sich auf diesem Weg wirklich leichter!

    findet
    die Wolfsfrau

  • Hallo sunwalker!
    Hallo an alle!
    Im Moment schwanke ich zwischen Erleichterung und Wut,daß ich endlich einordnen kann woher bei mir dieses Gefühl am Morgen kommt.
    Ich wache auf, und plötzlich überfällt mich Angst,Panik und eine völlige Leere.
    Die erst Frage die ich mir stelle ist,was ich wieder falsch gemacht habe.
    Ich sage mir dann immer wieder selbst, daß alles in Ordnung ist, um mich zu beruhigen.
    Richtig zufrieden bin ich aber erst,wenn ich den "Fehler" gefunden habe.Dann löst sich bei mir die Anspannung.
    Das hatte ich schon als kleines Kind.Ich nannte es für mich das "Sonntagsgefühl",weil es da am schlimmsten war.Und einen Fehler fand ich immer.
    Natürlich bei mir,denn auch meine Eltern haben mir stets vermittelt,daß ja alles in Ordnung sei.
    Heute weiß ich,daß das nicht stimmt und der Alkoholismus meiner Mutter vertuscht wurde.Erst als sie vor ein paar Jahren mit der Diagnose "Korsakow" in die Psychiatrie und schließlich ins Heim kam,war es amtlich.
    Ich schäme mich fast,daß es mir erst heute so bewußt wird,denn oft habe ich diese Leere meinem Ex-Mann zugeschoben,der natürlich nichts dafür konnte.
    Aber auch nach der Trennung von meinem Freund geht es mir jetzt nicht besser.In dem Punkt muß ich wohl wirklich selbst an mir arbeiten.
    Meine Mutter würde mich übrigens steinigen,wenn sie wüßte,daß ich sie hier als Alkoholikerin bezeichne,sie sieht es bis heute nicht ein,hat sich der Realität völlig entzogen,eigentlich wie immer.
    Jetzt muß ich mich erst einmal sortieren und danke Euch für Eure Beiträge!
    LG Ragna

  • Danke für eure Beiträgen. Ich lese immer wieder gerne in diesem Forum und bin gespannt auf die Einträge, natürlich auch in meinem Faden. Vielen Dank, wolfsfrau für deinen sehr bewegten Beitrag und ragna für das „Sonntagsgefühl“.

    Die Einsicht ist mitunter erschreckend (und heilsam zugleich), wie sehr die Prägung der Alkifamilie mein heutiges Denken, Fühlen und Handeln bestimmt. Ich bekomme zunehmend Respekt vor den Mechanismen und stehe staunend davor, wenn ich wieder etwas Neues entdecke.

    Gestern war es so, als würde meine Geschichte mit meiner Alkifamilie plötzlich nicht mehr zu mir gehören. Als sei dies alles nicht wirklich gewesen.
    Ein massiver Abwehrmechanismus in mir beginnt wieder zu arbeiten. Es ist mir gestern erstmals ganz bewusst aufgefallen, was da mit mir passiert, völlig automatisch. Ich schalte unbewusst auf Autopilot, nach dem alten Muster: „Alles nicht so schlimm“, „ stell dich nicht so an“ „du kommst mit allem zurecht“, „alles kein Problem für dich“... Eben so wie es die vielen letzten Jahre lief, auch ganz automatisch. So wie es eben vor vielen Jahren auch in der Familie war.
    Ich konnte alles, wusste alles, kam mit allem zurecht, habe problemlos die Rolle gewechselt mal für die Mutter mal für den Vater und war das prächtig geratene Kind, das keine Probleme machte. Als EKAs wissen wir, dass die Wirklichkeit eine andere war und alles nur Fassade, aus der inneren Not heraus. Wir waren in Wirklichkeit völlig überfordert.

    Ich empfinde es als Fortschritt, dass ich es bemerke, das mir der Kontakt zu mir und meiner Gefühlswelt verloren geht. Ich plötzlich wieder beginne 1001 Dinge zu tun, die völlig unwichtig sind, statt mich um mich selbst zu kümmern und mich vielleicht einfach nur mal hinzusetzen und nichts zu tun.
    Verdrängen, verschieben, aufschieben, in Frage stellen, relativieren, ablenken, statt die wirklich wichtigen Dinge für mich zu tun, die HEUTE wichtige sind.
    Z. B. mir die Wegbeschreibung zu einer Angehörigengruppe auszudrucken, denn ohne zu Wissen wie ich da hinkomme wird das wohl nix werden.

    Es ist irgendwie wie ein permanentes daran Arbeiten, das Bewusstsein für sich selbst nicht zu verlieren. Ein „Kampf“ gegen die Ohnmacht oder positiv der Wunsch nach einem „Eins sein“ mit sich selbst. Dauerhafte Authentizität, um mal diesen Begriff zu nennen, ist es woran ich arbeite.

    Doch ich versuche mich in Geduld mit mir zu üben und das INNERE KIND hilft mir dabei sehr. Es hilft mir milder mit mir umzugehen.
    Mit Kindern (real oder als inneres Bild) geht man anders um als mit Erwachsenen. Was ja irgendwie als EKA auch das Thema ist.

    Viele Grüße
    sunwalker

  • Hallo sunwalker,

    noch jemand "zu Hause" hier?

    Ich bin nach mehr oder weniger 'erfolgreichen' 5 Jahren wieder hier im Forum gelandet und habe erstmal alle damals (2011) aktuellen Themen und Beiträge nachgelesen.

    Mir wäre gerade nach Austausch (EKS). Ich sehe, dass Du seither auch nicht mehr so viel hier geschrieben hast ... ?

    Wie geht es Dir denn inzwischen?

    Ich habe gerade so ein "Gehen zurück auf Start (Gehen Sie nicht über Los und ziehen Sie auch keine X-tausend Dollar ein)"-Gefühl.

    ... muss mich nochmal neu für mich selbst mit Gefühlen und der Leere sortieren. Das ist gerade so paradox. Ich habe dank Therapie so vieles auch emotional greifen und zuordnen können. Und dann kam ein Bruch (Therapie-Ausfall für 1 Jahr) und seither bin ich am Eiern und finde nicht mehr zur Klarheit von vorher zurück.

    (Mist das, zumal dann mein Motor und alter Perfektionismus anspringt: Ich müsste aber, das schaffen. Und wenn nicht, ist 'Gefahr' im Anzug ... und das schlaucht irgendwie so völlig unnötig.)

    Meine Meetings sind seit einiger Zeit eher durchwachsen in Genesungs-Energie, aber Schreiben ging und geht für mich jederzeit und überall.

    Falls Du noch mitliest, mag ich hier - oder in meinem Faden - gern weiter teilen.

    Das gilt auch für alle anderen, die hier waren. Seid ihr noch dabei?

    fragt
    Wolfsfrau

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