Guten Abend liebes Forum,
Da ich ganz neu hier bin und im Vorstellungsbereich nicht alle lesen können, stelle ich mich hier nochmals vor.
Ich bin knapp 40, arbeite freiberuflich als Handwerker (mal recht mal schlecht), interessiere mich für Literatur, Philosophie, Musik und Kunst und mache auch selbst Musik. Eine Partnerin gibt es derzeit nicht. Seit meiner Kindheit leide ich unter Depressionen, wegen der ich auch bei einem Psychiater in Behandlung bin.
Ich habe viele Jahre sehr viel Cannabis geraucht. Es ist mir gelungen das über viele Jahre fast auf Null zu reduzieren - leider habe ich stattdessen immer mehr getrunken.
Seit etwa 2 Jahren ist mir klar, dass mein Alkoholkonsum problematisch ist - spätestens seitdem ich angefangen habe, immer öfter und viel allein zu trinken und das zu verbergen. Aber erst seit kurzem setzt sich bei mir die Einsicht durch, dass es mit einer Reduzierung des Konsums nicht mehr getan ist - dass da ein Prozess in Gang gekommen ist, der sich nur noch durch vollständige Abstinenz stoppen lässt.
Am vergangenen Samstag habe ich zum letzten Mal getrunken - sehr viel.
Bis dahin sah eine normale Trinkwoche so aus (so arg ist es erst seit etwa 6 Monaten, Trinkpausen habe ich in der Zeit keine gemacht):
An 2 Tagen ordentlich dicht, mindestens 2-3 Liter Bier, manchmal noch ein paar Schnäpse dazu, gelegentlich auch noch viel mehr.
an weiteren 3 Tagen mäßiges Trinken, also 1 Liter Bier etwa, und es erfordert oft Willenskraft es dabei zu belassen.
2 Abstinente Tage.
In den letzten Monaten habe ich gemerkt, dass die Tendenz besteht, immer noch mehr zu trinken, und es immer schwieriger wurde, meine Trinkerei zu verbergen. Zudem wurde meine körperliche und geistige Verfassung immer schlechter - Trägheit und Müdigkeit, alle möglichen Wehwehchen wie Glieder-, Gelenk- und Nackenschmerzen, Gereiztheit und Konzentrationsprobleme.
Ich habe beschlossen die Notbremse zu ziehen und ein trockenes Leben anzustreben! Wie gesagt, der letzte Konsum ist jetzt eine knappe Woche her. Ich zittere und schwitze nicht, kann gut schlafen, merke aber, dass mein Körper in Aufruhr ist.
Mein Hausarzt ist informiert - er ist natürlich erfreut über meine Initiative. Er hat mir etwas verschrieben, Montag machen wir ein Blutbild (Angst!) und besprechen weitere Schritte.
"Sich aus der Sucht schleichen funktioniert nicht" hat Karsten geschrieben. Das habe ich mir zu Herzen genommen und bereits mit drei Freunden über die Angelegenheit gesprochen, Meine Ex-Freundin und zwei gute Kumpel, die früher mal sehr viel getrunken haben und jetzt trocken sind.Das waren sehr interessante Gespräche. Die Reaktionen waren durchweg positiv. Da niemand das wahre Ausmaß meines Konsums kennt musste ich etwas deutlicher werden.
Aus dem Gespräch mit meiner Ex:
" Wenn die Alkoholkrankheit eine Leiter mit 10 Sprossen ist, dann ist die erste vielleicht, dass man regelmäßig zur Entspannung trinkt und sich daran gewöhnt, und auf der zehnten Sprosse säuft man sich tot. Und Du kannst auf dieser Leiter niemals zurückgehen. Wenn Du jahrelang abstinent bist und dann wieder trinkst, machst Du genau auf derselben Sprosse weiter."
Sie: "Na, das ist doch toll wenn Du jetzt merkst, Du stehst auf der ersten Sprosse und nicht mehr weitermachst".
Ich:" Äh, ich sehe mich eher auf der vierten Sprosse!"
Jedenfalls, mir geht es einerseits ganz gut und ich fühle mich schon wesentlich fitter - ich habe diese Woche bereits zweimal Sport getrieben.
Gestern war ich auf einem Konzert und habe den Abend nüchtern sehr genossen - wenn ich getrunken hätte wär ich bis was-weiß-ich-wann geblieben und hätte vermutlich sehr verzichtbare Gspräche geführt und wäre heute voll fertig gewesen. So war ich recht früh im Bett und habe heute wach und gut gelaunt sehr viel auf die Reihe bekommen.
Andererseits: Heute Abend wäre normalerweise ein schwerer Trink-Abend: Es liegt morgen nichts dringendes an, ich muß morgen nicht fahren, könnte mich gut abschoten und saufen. Und es kribbelt schon sehr - den ganzen Tag schon arbeitet es in mir: "Ach, heute könnt ich doch nochmal und mache danach Schluß" - Ihr kennt das ja alle nur zu gut.
Ich bin zuhause, es ist kein Alkohol im Haus (der nächste Kiosk aber nicht weit). Und ich gehe nicht zum Kiosk, ich kaufe kein Bier und ich trinke nichts. Puh.
soviel erstmal, ich freue mich sehr über Antworten und melde mich später nochmal.
herzlich
KaffeeTasse