• Hallo Dorothea.
    Zitat: „Viele Menschen tun irgendwas auf Druck von außen hin, aber im innersten sind sie einfach nicht überzeugt das der Schritt notwendig ist. Klar dass das dann zum Scheitern verurteilt ist. Diese Menschen trinken über kurz oder lang wieder. Wir sehen das sehr viel im Vorstellungsbereich wo dann oft von „ich sollte“ und „ich müsste“ geschrieben wird. Da ist dann sofort klar dass es hier noch ganz sicher eine Runde braucht.“

    Dieser Beitrag von Dir, beschäftigt mich seit dem Dienstag, wo Du ihn bei „Tiefpunkt“ hinterlassen hast. Er erinnert mich an eine Person, die tatsächlich behauptete: „Süchtige im jugendlichen Alter, haben keine Chance auf ein abstinentes Leben. Erst in der Lebensmitte bestehe eine reale und erfolgreiche Möglichkeit der Konfliktbewältigung“.

    Ich halte solche Sätze für bedenklich.
    Sie entsprechen weder einer absoluten Gültigkeit, noch sind sie förderlich im Bezug auf ein wirkliches Erkennen, der eigenen Problematik.
    Wer hier aufschlägt, hat zumindest bei seiner Lebensbewältigung Tücken ausgemacht. Aus meiner Erfahrung, ist es die Ausnahme, wenn jemand von Beginn an vom „Wollen“ spricht. Dazu fehlen in der Regel die notwendigen Informationen über die persönlichen Befindlichkeiten. Im Gegenteil ist der externe Druck meist unvermeidbar, um einen Veränderungswillen zu bilden. Erst wenn die persönlichen (selbst nicht erkannten) Aufgaben von anderen ernst genommen werden, verständnisvolle Gespräche stattfinden, wird aus den unausweichlichen Unsicherheiten ein Problembewusstsein aufgebaut – und kann zum „Wollen“ führen.
    Obengenannte Aussagen machen eher mutlos und unterstützen die Unschlüssigkeit der Menschen, die sich in ihrer Wahrnehmung in einer ausweglosen Situation befinden. Selbsthilfe ist jedoch auch eine Plattform für „Hoffnung geben“.

    Zitat. „Wer hier landet und mit "ich will nicht mehr" ankommt hat da deutlich bessere Karten.“
    Ist sicher richtig. Ich denke allerdings auch, dass wir hier dem „Wollen“ auch auf die Sprünge helfen können – so ganz ohne Vorurteil.
    Nachtgedanken zum nachdenken – nichts weiter. LG. – Uwe.

  • lieber uwe,

    der gedanke anderen auf die sprünge helfen zu können und dadurch ihr "ich will nicht mehr" zu fördern ist der gedanke der mich jahrzentelang begleitet hat. mit dem erfolg das ich selbst anfing draunter zu leiden, weil ich nicht einsehen konnte das das echt nichts bringt anderen ihr innerstes zu mannipulieren. entweder freiwillig ganz von sich aus oder eben nicht, das hab ich verstanden und wer heute noch nicht so weit ist zu wollen, der braucht halt noch zeit dahin zu kommen. von meiner seite aus kommt da nichts mehr. nichts. das ist besser.

    gruß
    melanie

  • ja karsten,

    doch dahin zu kommen, sich bewusst zu werden das man von sich aus, nicht für andere, was ändern muss um dann widerum in das unbekannte neue zu gehen ist ja schlussendlich aufgabe jeden einzelenen. da heissts dann ernsthaft sich mit sich ausseinander zu setzen.lesen, sich informieren, sich stark machen. ein ich will nicht mehr kommt erst dann zusande, wenn der mensch dann innerlich wirklich nicht mehr will und das auch spüren kann.das nimmt ihn doch hier keiner ab. das muss er doch ganz allein packen!

    lieben gruß melanie

  • Hallo und Danke Melanie
    „Auf die Sprünge helfen“ ist möglicherweise eine irrige Metapher.
    Es geht mir sicher nicht ums Ziehen und Zerren, ums Schieben und Drängen und auf keinen Fall um Manipulationen.
    Was ich angesprochen habe, hat etwas mit einer persönlichen Haltung zu tun. Es geht mir darum, dass die Chancen welche ich bekommen habe (und ich habe alle oben unterstrichenen Kriterien erfüllt, die angeblich keine Aussicht auf Erfolg haben), durchaus jeden, der sich darum bemüht, offen stehen dürfen. Unabhängig davon, für wie Aussichtsreich ich das halte. Das geht nicht in jeder SHG (dafür gibt es interne Regeln), nicht in jeder Therapieform (dafür gibt es Vorgespräche).
    Meine Einsichten und persönlichen Erkenntnisse habe ich mir freilich selbst (auch über die Erfahrungen anderer) erarbeitet. Doch wenn zu Beginn mir angedeutet worden wäre: „Das kannst du vergessen! Deine Anlagen und Vorbedingungen passen nicht!“, glaube ich nicht, dass sich je etwas in und an mir verändert hätte. Ich gebe den Menschen auch die Zeit, die sie dafür benötigen.
    Wenn mir heute Menschen begegnen, die Hilfe suchen, kann ich Möglichkeiten und Angebote aufzeigen. Ich sage auch offen wozu ich nicht in der Lage bin, was mich überfordert. Das schmälert aber nicht das „Wollen“ des anderen, sondern fördert seine Eigeninitiative - Und das Gefühl angenommen zu werden – mit seiner Situation nicht alleine zu sein. Nicht mehr und nicht weniger.
    Ich freue mich immer, wenn Du hier bist - Schönes Wochenende – Uwe.
    Super Karsten! Ich mühe mich um eine für mich einfache Darstellung meiner Ansichten und Du bekommst es in vier Sätzen unter. :!:
    Auch Dir ein Danke und schönes Wochenende.

  • lieber uwe,

    nun ging es ja niemals mir darum das der eine dem anderen schreibt, das packst du mit der einstellung eh nicht. das ist ein umkehrschluss aus meinem geschriebenen. nene so war das neimals gesagt und gemeint.

    wer hilfe sucht wird hilfe bekommen. wenn er ernsthaft auch dahinter steht und hilfe annehmen kann. manchmal sind es eher die unangenehmen aussagen von usern, die schon erfahrungen gemacht haben und weiter sind, die einem auf die sprünge helfen. in meinem fall war das so. manches wollt ich nicht lesen, tat mir weh. wollt ich nicht annehmen. doch steckte da so viel potenzial darin das ichs mir dann doch überlegt habe um zu setzten. das war dann richtig gut für mich.

    ich überleg mir manchmal schon, was wäre gewesen wenn mir nicht ab und an auf dei füsse getreten worden wäre mit einer dermassenen ehrlichkeit und direktheit das ich spüren konnte ich lieg in meiner überzäugung die ich lebe total fatal krankhaft. mit blümchen schicken, kuscheleinheiten oder eideidei allein wär ich nie so weit gekommen wie ich jetzt bin. ne gute mischung aus beidem tat mir einfach gut.

    dir auch ein schönes wochenende.

    lieben gruß
    melanie

  • Hallo zusammen,
    mir fällt da gerade ein Satz ein, der das oben Geschriebene für mich zusammenfasst:

    Nur Du allein schaffst es, aber Du schaffst es nicht allein.

    Nach meiner Erfahrung ist es ein Kernsatz der Selbsthilfe, den ich zwischenzeitlich auch mal wieder vergessen hatte. :roll:

    Schönes Wochenende allerseits!

    LG Manfred

  • hallo manfred.

    bei diesem satz fällt mir spontan ein bild ein. ich reich dir meine hand, wenn du sie willst.solange du sie brauchst. wenn du sie nicht mehr brauchst lasse ich sie wieder los.

    euch ein wunderschönes wochenende.

    gruß melanie

  • Servus uwe.rothaemel,

    Zitat

    Ich denke allerdings auch, dass wir hier dem „Wollen“ auch auf die Sprünge helfen können – so ganz ohne Vorurteil.

    für mich ist dieser "Gedanke" ein pures "trockenlegenwollen", zumindest aber ein "missionieren".

    Ich habe die Erfahrung gemacht, dass diejenigen, die wirklich trocken werden und trocken bleiben wollen, dies auch durch entsprechende Umsetzung der notwendigen Veränderungen in ihrem Umfeld dokumentieren.

    Diejenigen, die eher passiv und mit Erwartungshaltung herangehen, haben öfter ein Scheitern zu verzeichnen.

    Ich persönlich halte daher inzwischen weder vom Missionieren etwas, noch vom "Abholen". Wer will, wird seinen Weg finden. Hilfe gibt es hier zuhauf, es kann sich jede(r) das für ihn Passende herausnehmen. An mangelnden Hilfsangeboten liegt es also nicht.

    Machen muss dann jede(r) für sich selbst, und aus der (Eigen-)Verantwortung möchte ich niemand mehr entlassen.

    LG
    Spedi

  • Nun, Spedi
    Eine persönliche Haltung ist keine Mission und „Abholen“ ist weit weg vom „an die Hand nehmen“!
    Das eine (der Standpunkt), hat bei mir und für mich, etwas damit zu tun: die Geduld, die Nachsicht und das Verständnis, welches mir entgegengebracht wurde, ein Stück weit weiterzugeben. Nicht jeder durfte so etwas erfahren. Und nur wer sich selbst gehört, hat die Möglichkeit (nicht Notwendigkeit) auch einen Teil zu geben. Ich habe meine Hausaufgaben gemacht.
    „Abholen“ erschließt sich mir in diesem Kontext als, den Entwicklungsstand des Einzelnen nicht überzustrapazieren. Eigenverantwortung entsteht erst wieder in diesen Prozess. Da erzähle ich Dir bestimmt nichts Neues.
    Für mich hat es etwas mit Vertrauen zu tun. Dieses Risiko einzugehen – Zutrauen ohne Erwartung – heißt allerdings auch, mir bewusst zu machen, dass mir die „Macht“ fehlt, die Entwicklung und oder auch das Ergebnis signifikant zu beeinflussen oder gar zu manipulieren.
    Eine zu realistische Einschätzung der eigenen Wichtigkeit, um wirklich als „Sendbote einer besseren Welt“ tätig zu sein.
    Gruß - Uwe

  • Servus uwe.rothaemel,

    Zitat

    Eigenverantwortung entsteht erst wieder in diesen Prozess. Da erzähle ich Dir bestimmt nichts Neues.

    Doch, Du erzählst mir hier etwas grundlegend Neues.

    Ich gehe nach wie vor davon aus, dass Eigenverantwortung nicht zu passender Gelegenheit an Eingang "abgegeben" werden kann, sondern durchaus Fortbestand hat - auch in Zeiten, in denen der Alkoholkranke nass ist! Was aber Fortbestand hat, kann nicht und braucht nicht neu entstehen.


    LG
    Spedi

  • Spedi,
    Ich habe keine Ahnung, wie du Verantwortung definierst. Grundsätzlich bin ich der Meinung, dass ich aus meiner Eigenverantwortung nicht entlassen werden kann. Weder rückblickend, gegenwärtig und auch zukünftig nicht.
    Zweifelhaft erscheint mir aber, ob ich mir dieser Tatsache zu jedem Zeitpunkt bewusst war und bin. Auch bin ich mir nicht sicher, ob ich zu aller Zeit die Möglichkeit hatte und habe, alle Alternativen meines Tuns zu überblicken. Mein Umgang damit ist: mir meine Unzulänglichkeiten einzugestehen. Das hat ja nichts mit einem Mangel an Disziplin zu tun.
    Verantwortung (lat.: respondere = eine Antwort geben) ist in diesem Zusammenhang für mich eben auch nur das für mich Machbare. Das Recht gestehe ich dann auch anderen zu.
    Ob ich für diese Antworten „Nass“, wie auch nach der „Trockenlegung“ zugänglich gewesen wäre, ist zu verneinen. Zu jener Zeit, habe ich „Schuld“ und „Verantwortung“ noch gleichgesetzt. Ich habe mir später die Zusammenhänge erst wieder erlernt, mir bewusst gemacht.
    Schönen Sonntag – Uwe.
    Ich mach mich zum „Klassik-Open-Konzert“ nach Nürnberg auf den Weg. Das Geld, was ich an diesen Tag ausgebe, könnte vermutlich woanders eine Familie über den Monat retten – ich werde mich dieser Verantwortung stellen.

  • Ja Margit,
    es war grandios. Von Verdi, über Puccini, Rossini, Bellini wieder zu Verdi und den Gefangenenchor aus „Nabucco“. Mit hervorragenden Sopranen (bes. Michaela Maria Mayer) und als Zugabe der Tenor David Yim.
    Das alles bei trockenem Wetter und mit ca. 60 000 Picknickern.
    Es ist immer wieder faszinierend, mit welchem Einfallsreichtum da agiert wird. Von weißgedeckten Tafeln mit Leuchtern und ganzen Menüservice, Campingausrüstung, einfachen Klappstühlen, Hockern oder eben lediglich `nen Rucksack mit Verpflegung. Alles zu sehen. Lebensfreude pur.
    Seit fünf Jahren gönne ich mir eins der beiden Konzerte. Die Philharmoniker und die Sinfoniker abwechselnd, und bin jedesmal begeistert.
    So mit den Eindrücken leg ich mich jetzt hin. Ein guter Tag.

  • Hallo Uwe,

    das Programm allein hat mich schon beeindruckt, aber ich haebe es noch nie geschafft hinzugehen. Bamberger Klassik Open, ja, weiter noch nicht. "Meine Bühnen" sind in Stuttgart, Heidelberg und Würzburg.
    Jedenfalls freue ich mich für dich.

    Und noch was Uwe:

    14 Tage Wohlgefallen... :lol:

    Herzlichst
    Margit

  • Hallo Margit
    Nun, mir scheint, du hast auch ohne eine Antwort von mir vor einer Woche herausgefunden, was ich mit Wohlgefallen gemeint habe. Ich habe das Wort gewählt, um einer allgemeinen Euphorie- oder Hochstimmungsdebatte aus dem Weg zu gehen.
    Auch wenn ich mich etwas besorgt geäußert habe. Ich denke, es hat zur Aufmerksamkeit beigetragen.
    Ich weiß heute, dass ich mir nicht alles was ich getan habe, auch hätte zumuten müssen. Zum anderen hat es mir gezeigt, dass nicht jeder Windstoß mich umhaut. Eine vergleichsweise wirklichkeitsnahe Risikobewertung ist allerdings auch heute noch für mich relevant.
    Also genieße es solang es anhält – und wenn sich’s Wohlgefallen in eben jenes auflöst – vertraue darauf, dass es wiederkommt.
    Gute Woche – Uwe.

  • glück auf uwe

    Zitat von uwe.rothaemel

    Ich weiß heute, dass ich mir nicht alles was ich getan habe, auch hätte zumuten müssen. Zum anderen hat es mir gezeigt, dass nicht jeder Windstoß mich umhaut. Eine vergleichsweise wirklichkeitsnahe Risikobewertung ist allerdings auch heute noch für mich relevant.

    das will ich mal hervorheben.

    schöne zeit

    :D
    matthias

    trocken seit 25.4.1987 - glücklich liiert - 7 Kinder - 17 Enkel

  • Hallo
    Wieder zu Hause. Das waren drei angenehme Tage in Berlin. Viel Kultur. Nicht dass es so etwas im Raum Nürnberg nicht gebe, jedoch die Hauptstadt hat da noch mal eine andere Qualität. Highlight war das Kabaretttheater „Distel“. „Blonde Republik Deutschland“ – meine Art, dem Anarchisten in mir ein wenig Platz zuzugestehen.
    @Karsten
    Ich habe gerade nur mal so quer durchs Forum gelesen.
    Irgendwie habe ich das Gefühl, dass sich etwas bei Dir verändert hat. Du schreibst gelassener (es sei denn, du siehst ein „Angriff“ auf das Forum. Das zählt aber unter „Mutterinstinkt“ :lol: ) gehst nach meinem Empfinden verständnisvoller mit kontroversen Themen um und wirkst allgemein auf mich …(ich will gereifter schreiben, weiß aber nicht ob es das wirklich trifft).
    Mir gefällt das.
    Schönen Sonntag – Uwe.

  • Hallo
    Ich werde mich nun für die nächsten Wochen verabschieden.
    Ich bin relativ entspannt, was die OP. und die Rhea-Zeit angeht. Was danach kommt? – Liegt nicht ausschließlich in meiner Entscheidungsgewalt. Aber auch dahingehend habe ich keine allzu großen Sorgen.
    Matthias, wegen der Lektüre: Thomas Mann „Der Zauberberg“ ; mit knapp 1000 Seiten wohl die längste „Novelle“ der Literatur. Es ist ziemlich lange her, wo ich dieses Buch schon einmal aufgeschlagen habe. Ich denke, dass ich es nunmehr mit einem ganz anderen Verständnis lesen werde.
    Also – allen eine gute Zeit – Uwe.

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