@uschi: Ich schreib es Dir in Deinen Thread.
Guten Morgen Lieselotte!
*soifz
was ich vermisse ist Seelenverwandtschaft in dieser
verrückten, lebensfrohen und gleichzeitig tiefgründig sehnsüchtigen Art. Grenzüberschreitungen sind mir bei XY weder begegnet noch selbst passiert. Bis auf einen einzigen Tag
(der aber sehr gruselig war) haben wir uns innig geliebt, wie fanatisch begehrt und wie die Kinder benommen, bei allem was anstand. In den unmöglichsten Situationen haben wir immer Blödsinn gemacht und er konnte es nicht lassen mich ständig zu küssen. Beinahe wäre dabei mal ein Unfall passiert. Es war eher diese Art Grenzüberschreitung wie Lindi sie beschreibt - wir haben dabei teilweise das Ich im Du verloren und was mich betrifft (ich kann ja nur für mich sprechen) so hat diese Beziehung alles andere in meinem Leben zurückgedrängt und sogar meine Tiere waren pötzlich Nebensache. Mein Denken und Fühlen war davon bestimmt. Ausschließlich davon. Ich mußte mir hin und wieder "zwangsweise" frei nehmen, um wieder runter zu kommen und manchmal dachte ich: Ich werde ein bißl blöd davon.
Nun war das aber alles kein jahrelanger gelebter Alltag. Es war der Alltag über einige Monate,mit viel Streß und wenig Schlaf für beide. Es war
eine Zeit in der er wohl nur "das Nötigste" getrunken hat - oder dann wenn ich nicht da war. Es wäre so nicht geblieben. Trotzdem war er die Sorte Mensch, die einfach prima zu mir gepaßt hätte (auch ohne Alk). Es war die selbe Art, die Natur zu sehen und die selbe Art Rollenverteilung zu leben. Wir haben uns unzählige Male ausgemalt, wie es gewesen wäre, hätten wir uns früher kennengelernt. Es ist halt nicht alles schlecht, nur weil er Alkoholiker war. Daraus ergab sich lediglich, daß er leichtfertig in den Tag hinein lebte und immer unfähiger wurde, die Konsequenzen zu überdenken. Er ließ alles auf sich zukommen und steuerte ganz bewußt auf den Tag zu, an dem sich alles ohne sein Zutun in die eine oder andere Richtung entscheiden würde. Daß er dabei zwei Frauen das Herz bricht nahm er in einer Hilflosigkeit in Kauf, die an Gnadenlosigkeit grenzt.
Ich für meinen Teil, hatte mit offenen Karten gespielt. Deshalb konnte meine Ehe wieder geflickt werden. Mein Mann hat während meiner Abwesenheit an seinen Grenzen gearbeitet. Ich wäre sonst lieber allein geblieben. Die neuen Grenzen beinhalten nun auch den Raum für Zweisamkeit und Offenheit für mich.Und ich?: Ich nehme ihn wahr. Zum ersten Mal ohne die Schablone: "Du mußt so sein, wie ich es mir wünsche" Dennoch ist es ein (Reife?)-Prozeß
oder nur ein Prozeß? damit auch umgehen zu lernen, daß einige Bedürfnisse in seiner Welt weniger Gewicht haben, als in meiner Welt.
Ich bin mit einem absoluten Traum-Mann verheiratet: Super gutaussehend, intelligent, liebevoll, fürsorglich mit einem ganz sensiblen Wesen der mich mehr liebt als ich es verdient habe und trotzdem einen anderen Umgang mit sich selbst, seinem Besitz und vielen lebensbejahenden Dingen hat als ich. Wir sind seelenverwandt, was das Mitgefühl mit Mensch und Tier angeht. XY hatte definitiv wenig Empathie. Viel Gefühl, - das absolute Händchen für seine Arbeit und so weiter. Aber er konnte sich nicht in andere hineinversetzen, - ihre Situation erfassen. Trotzdem war er über die Maßen großzügig und hilfsbereit. Wollte es allen recht machen und erlebte eigene Fehler als vernichtendes Urteil. Das war so ein Widerspruch in sich. Er nahm vieles selbstverständlich, was mir viel Einsatz abverlangt hat und fragte nie: Wie geht es Dir damit? Er sah immer nur sein eigenes Dilemma. Mein Mann nimmt mich wahr. Er schätzt was ich tue (selbst damals als ich ausgezogen war und ihn mit der Miete nicht allein hängen ließ), er findet es toll was ich so auf die Beine stelle und was ich als Mensch einfach bin. Diese Wertschätzung bringe auch ich ihm entgegen. Ich sehe in ihm den edelsten, wertvollsten Menschen, den ich kenne. Wir wissen beide darum, daß mir oft die Leichtigkeit des Seins zu unserem Glück fehlt. Aber da ist eine Grenze, die ich akzeptieren und lieben lernen muß, wenn ich nicht so blöd sein will - den Spatz in der Hand gegen die Taube auf dem Dach einzutauschen.
Solche Sehnsuchtsanfälle, wie ich sie dabei immer wieder habe, geben mir natürlich zu denken. Ihm auch. Wir versuchen damit zu leben und das einzige was uns einfällt: Zeit miteinander verbringen. Das zu schätzen was man hat. Einen Alltag zu leben, dessen Luft nicht brennt, dessen Abgründe aber überschaubar sind. Gedeckelt mit Achtung und Zuneigung zueinander. Getragen vom gegenseitigen Verständnis und Rücksichtnahme. Wenig Verschmelzung, viel Tragkraft und Zuverlässigkeit, Ehrlichkeit vor allem. Ein Bewußt sein. Auf sich selbst zurückgeworfen, in der Zweisamkeit sich selbst bewußt und den anderen bewußt wahrnehmen. Vllt. die erwachsene, gereifte Liebe, deren Schönheit es für mich noch zu erfahren und entdecken gilt.
Ich bin offen dafür und der Satz: "Du bleibst ein Leben lang verantwortlich, für das was Du Dir vertraut gemacht hast"
gilt nicht nur für meine Tiere. Ich trage Verantwortung, die ich liebevoll in mir spüre und ich kenne keinen Menschen der diese Liebe mehr verdient hätte. Ich trage auch Verantwortung für mich und daß es mir gut geht. Deshalb bin ich damals gegangen. Die Verantwortung bestand damals darin zu meinem Mann zu sagen: Ich bin hier schon lange nicht mehr glücklich, ich habe um das Glück gekämpft, erfolglos gekämpft und sehe jetzt keinen anderen Weg als endlich zu gehen. / Jetzt bin ich zurück, weil es einen kleinen feinen (neuen) Weg zum bescheidenen Glück gibt. Einen, auf dem man nicht dahinrauschen kann. Einen auf dem man sich teilweise durch Dornen kämpfen muß. Aber es gibt einen Weg, der vorher
versperrt war. Ich bin manchmal unsicher, aber immer noch sicher, daß ich hier auf einem guten Weg bin.
LG Nys