• Hallo Hazel!
    Ich hab erst überlegt, ob ich Zitat von dir bei mir einbauen soll- aber dann wurd mir klar, dass ich den gesamten Beiträg hätte kopieren und in Einzelteile packen müssen.

    Über meine Kindheit kannst du hier auch nachlesen.
    Sie war bis zu einem gewissen Alter von Gewalt geprägt, da meine Eltern hoffnungslos überfordert waren. Damit haben sie von Anfang an verhindert, dass wir eine gute Beziehung zueinander entwickeln.
    Ich habe sie sogar schon als Kind in solchen Momenten verachtet.

    Ansonsten kenne ich es so, wie du es beschreibst:
    Mir geht es am besten, wenn ich nichts mit ihnen zu tun habe. Dann kann ich einigermaßen abschalten, fühle mich wohler, bin konzentrierter und auf mich fokussiert.
    Sobald ich wieder Kontakt zu ihnen habe, geht es auch mir schlechter. Dann kann ich keine Distanz halten.
    Ich habe nun meinen Abschluss gemacht und war in der Zeit 2 Monate nicht bei ihnen zu Hause. Das tat mir ungemein gut. Dann war ich auf dem Rückweg kurz bei ihnen für 3 Stunden und zack- ging es mir wieder etwas schlechter.
    Meine Eltern scheinen sich sehr auf die Kinder zu konzentrieren- wollen immer und überall helfen, machen sich ständig Gedanken darum, ob es uns gut geht. Dabei wollen sie nicht wahrhaben, wie belastend die Situation ist- sie glauben, sie machen ja alles für uns. Und ich weiß, dass sie auch von uns erwarten, dass wir einspringen, wenn es dann gar nicht mehr geht. Mein Vater ist sehr unselbständig- er würde alleine nicht klarkommen. Er musste sich nie um sich selbst kümmern, wollte das auch nie- hat noch nie das Haus geputzt, eine Woche für sich selbst Essen gekocht oder Kleidung rausgesucht. Er lebte bei meiner Mutter und der Oma wie in einer Pension mit Rundumservice. Und ich weiß genau, sollte meine Mutter nicht mehr können oder sterben- was ja absehbar ist, dann steht er bei mir auf der Matte. Rollendenken ist ihm da sehr wichtig.
    Ich möchte das allerdings nicht, da ich nie nie nie mehr mit beiden unter einem Dach wohnen möchte.

    Ich muss sagen, dass ich es auch sehr schade finde, dass ich zu meinen Eltern kein besseres Verhältnis habe. Ich bekomme es oft mit- auch bei meinem Freund, dass sich die gesamte Familie alle paar Wochen trifft, gemeinsam isst, sich austauscht. Das geht mit meinen Eltern nicht. Zum einen, weil Mutter mitlerweile immer betrunken ist und wenn sie zumindest klar wirkt, ist eine harmonische Stimmung nicht mehr möglich. Ich kann nicht, je nach Mutters Zustand, meine Stimmung wechseln und zudem ist mein Eindruck, dass meine Eltern selbst auch sehr in ihrem Elend verharren, an anderem kein Interesse haben- also auch nicht sonderlich an mir. Da kommen Gespräche wie mit der Familie meines Freundes gar nicht zustande.

    Wie ich es bei dir empfinde, gibt es auch bei meinen Eltern gewisse Mechanismen, die sie zu drücken versuchen. Es gibt keine offenen Gespräche, in denen sie Erwartungen und Wünsche formulieren- sondern es wird mit schlechtem Gewissen und Manipulation versucht. Dieses "Komm doch mal wieder vorbei" habe ich in den letzten Monaten oft genug gehört- bettelnd, jammernd.. Fragend, fordernd, mit Infos wie "... geht es nicht so gut", um mir unterschwellig ein schlechtes Gewissen zu machen.
    Auch bei unserem letzten Besuch gab es wieder diese Situationen, in denen sie eben versuchten zu manipulieren. Und nachher grüble ich dann doch wieder. Wenn auch nicht soo intensiv- aber nun.

    Mein Vater ist jemand, der über allem die Kontrolle haben möchte- er hält Menschen in Abhängigkeit.
    Als ich bspw. mein Studium begonnen habe, hat er mir seine Unterlagen verweigert, sodass ich kein Bafög beantragen konnte. Ich habe nun also 6 Jahre studiert, dabei immer das Geld meiner Eltern bekommen- die Miete und etwas Unterhalt. So habe ich nun keine Schulden- aber stehe bei meinen Eltern übelst in der Kreide. Und ich weiß, dass sie erwarten, dass ich mich dann um sie kümmere, wenn sie eben alleine nicht mehr können. Dann wird mir alles aufgehalst, was sie im Laufe der Jahre durch Ignorieren und Weggucken angehäuft haben.

    Wie ist es denn bei euch?
    Könnt ihr offen sprechen? Sind deine Eltern auch "allein" überlebensfähig?
    Wie stellst du dir eure gemeinsame Zukunft vor?

    Liebe Grüße,
    Zimttee

  • Ein herzliches Hallo.

    Eine räumliche Distanz um aus den Familienstrukturen herauszukommen hilft auf jeden Fall, was du ja bereits bemerkt hast. Einen Abstand einzuhalten ist da immer gut, alleine um auf klare Gedanken zu kommen.
    Auch das du es so akzeptiertst, das es so ist, wie es ist.
    Das ändert aber nichts daran, dass ganz gewisse Mechamismen innerhalb der Familienstruktur noch hervorragend funktionieren, wie du merkst.

    Der einfachste Weg wäre, alles komplett zu kappen, dann bist du da raus. Ganz ehrlich und meine Meinung, es bringt dich nur oberflächlich weiter. Kommst zur Ruhe und machst deinen Weg.
    Die Mechamismen sind dadurch aber nicht weg, sie schlummern ja weiter in dir. Richtig wäre da eine Auseinandersetzung mit den Reaktionen, wie Verantwortung, schlechtes Gewissen etc.
    Ich denke, erst so, kann auch eine gesunde Distanz und Abgrenzung erfolgen.

    LG Weidenkätzchen

  • Liebe Hazel,

    auch ich habe einen trinkenden Vater, - der zu mir den KOntakt abgebrochen hat, weil ich nicht "so tue als wär nix", wie meine Schwester.
    Mir ist es sehr Recht, es geht mir gut.
    Er wohnt am anderen Ende Deutschlands und zufällig werde ich ihn niemals sehen.
    Allerdings ist er nicht mehr der Jüngste und mit Schrecken denke ich an die Zeit, wenn sein Ende naht... soll ich dann nochmal an sein Sterbebett eilen? Soll ich auf seine Beerdigung gehen?
    Fragen, über die ich mir schon jahrelang den Kopf zerbreche.
    EIne Antwort finde ich nicht. Vielleicht gibt es hier einfach keine "gute Lösung".
    Ähnlich wie bei dir und den Besuchen.

    Liebe Grüße
    Girasole

  • Hallo Hazel 83,

    kann Deinen Groll sehr gut nachvollziehen. Du merkst genau, wie sie bei Dir die Knöpfe drücken und Dich wieder für sich springen lassen wollen und mit der Krebserkrankung Deines Vaters haben sie ein passendes Instrument gefunden. Aber genau weil Du das ja alles schon siehst, kannst Du dich auch wehren. Ist schwer gegen dieses fiese schlechte Gewissen "Du lässt die Familie im Stich" gegenan zu kommen, das sie ja immer wieder einfach mal so einschalten. Dabei haben sie selbst die echte wirkliche Familie im Stich gelassen, in dem Moment, als sie sich für die Sucht entschieden haben, denn bei jeder Sucht steht der Suchtstoff im Vordergrund und alles andere steht hintenan und wird dem untergeordnet.
    Indem Du Abstand hältst, machst Du genau das richtige, denn alles was Du von ihnen lernen könntest, wäre, Dir selbst und anderen was vorzumachen, Dich und andere zu belügen, eine Lüge zu leben. Du schreibst ja selbst schon, dass Du das bei ihnen beobachtest und damit absolut nichts anfangen kannst.
    Und die Krebserkrankung Deines Vaters ändert an all dem gar nichts, wie Du selbst auch schon sagst, ist sie eine Konsequenz aus seiner Sucht, aber auch hier machen sie sich und anderen was vor, wollen die Wahrheit nicht sehen.
    Es ist nicht Deine Aufgabe, ihnen die Augen zu öffen. Das können sie nur selbst erreichen.
    Das einzige, was Du tun kannst, ist: Dich selbst zu schützen und das kannst Du nur, indem Du Abstand hältst.

    Und dann hast Du ja schon die wichtigste Frage gestellt:

    Zitat von hazel_83

    Dann gibt es ja noch die ganzen problematischen Strukturen in MEINER Person.
    Wie kommt man da jetzt weiter? Nachdem man sich wieder mehr auf sein Leben konzentriert hat?

    Vielleicht kannst Du da weiter kommen, indem Du beginnst, Dich hier mit anderen darüber auszutauschen, was Dir bei Dir selbst als problematisch auffällt? Wahrscheinlich wirst Du feststellen, dass es da viele Gemeinsamkeiten mit anderen EKA´s gibt. Wenn Dir das im offenen zu detailliert wird, bleibt noch die Möglichkeit des geschlossenen Bereichs. Ich kann es nur empfehlen, mir hat das sehr geholfen.

    Viele Grüße
    Gela

  • Hallo Phoenix,

    ich kenne das Gefühl gut... mir hilft es dann halt, wenn ich von anderen höre/lese, dass ich "richtig" handele.

    Daher habe ich das geschrieben.

    Aus Erfahrung kann ich dir aber Hoffnung machen,- je länger ich das bearbeitet und analysiert habe- mit Hilfe eines Therapeuten- desto weniger schlecht habe ich mich gefühlt. (Wichtig ist echt, nichts zu verdängen)
    Irgendwann geht es in Fleisch und Blut über, und ich kann mich schützen, ohne groß nachzudenken oder mich schlecht zu fühlen.
    Im Gegenteil, mein Lebensgefühl wurde immer besser :D

    Liebe Grüße
    Girasole

  • Hallo Hazel,

    dass es mit deinem Verstand analysieren kannst und merkst, was da abläuft, ist aber schon ein riesiger Vorteil. Klar ist das ein saublödes Gefühl "neben sich zu stehen und zuzusehen, wie die Knöpfe gedrückt werden". Aber Du wirst mit einigem Abstand auch da einen Weg finden, diese Knöpfe unbedienbar zu machen. Was jahrelang entwickelt wurde, kannst Du nicht in kürzester Zeit ins Gegenteil umkehren. Gib Dir Zeit, hab Geduld mit Dir.

    Gruß Gela

  • Hallo Hazel,

    das Gefühl des "Hochverrats" kann ich nachvollziehen, ist aber nicht so. Ich kenne es auch. Damit verbinde ich so Begriffe, wie das "Schweigen brechen." Wie ich bei dir gelesen habe, wird die Alkoholkrankheit förmlich totgeschwiegen. Du siehst die Mechanismen, nimmst sie wahr die Realität. Das war damals bei mir auch der Punkt, zu sagen, mit mir nicht. Ich sehe es so, dass die Seele missbraucht wurde und das zu bearbeiten braucht viel Kraft. Du wurdest und wirst ja im Grunde von deinen Eltern benutzt und das auf eine ganz fiese Art und Weise. Sich emotional davon zu lösen ist der nächste Schritt möchte ich mal schreiben.
    Eltern sollten fürsorglich sein, dich verantwortungsvoll und eigenständig auf dein Leben vorbereiten, das wäre der ideale Zustand. Es ist doch selbstverständlich, dass eine Ausbildung auch Geld kostet oder ein Kind nun mal Kleidung, Essen ..... braucht. Das ist auch Verantwortung und das normalste von der Welt. Nicht mehr und nicht weniger.
    Ich habe damals sehr früh rebelliert und dadurch das Familienmuster auf eine harte Probe gestellt. Ich habe es für mich brechen können, so das ich meinen Weg gehen konnte. Es gab viel Gegenwind,aber das hat mich nicht mehr interessiert. Ich wollte aus diesem Kreislauf raus und das habe ich geschafft.
    Wichtig ist dabei für sich zu lernen, ein eigenständiges und verantwortungsvolles handeln und leben zu führen. Ein selbstbewusstes Leben zu führen. Sich von den emotionalen Familiendruck zu lösen. Da habe ich auf jegliche finanzielle Unterstützung und zukommende materielle Dinge verzichtet.
    Mein Weg war da auch viel Trauerarbeit, innere Einkehr und Loslassen.

    Den Kontakt ruhen zu lassen....,kannst du für dich erklären, warum es im Moment noch nicht geht ?
    Vielleicht musst du dir das noch eine Weile anschauen um mehr für dich zu begreifen oder vielleicht platzt dir auch dort einfach mal der Kragen. Nach dem Motto "Was ich euch schon immer mal sagen wollte."

    Was ja, trotz der ganzen Familiengeschichte, gerade aktuell ist, ist die Krebserkrankung deines Vaters. Vielleicht wird er bald sterben. Das ist noch einmal ein zusätzlicher emotionaler Strang, der dazu gekommen ist.
    Tod-Trauer-Trauerbearbeitung.


    LG
    Weidenkätzchen

  • Hallo Hazel,

    dein Faden hier ist ja schon etwas älter. Dennoch wollte ich mal nachfragen, wie es dir so geht. Hast du es geschafft, dich aus der Spirale zu lösen? Wenn ja, wie hast du es gemacht?

    Deine Situation damals erinnert mich an meine Situation heute, daher wollte ich mal wissen, ob und wie du das Ganze angegangen bist.

    Liebe Grüße, Toru-Chan

    follow your smile

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