Schlimme Schuldgefühle und Gehirnkonfetti

  • Zitat von Ahoi

    ich fühl mich wie der Typ, der nach 15 Jahren aus dem Knast entlassen wird und sich fragt: "Was zur Hölle soll ich hier draußen?!"

    oder besser gesagt, was zur Hölle fang ich mit mir an?
    Jetzt kommt nach dem trennen der nächste schwierige teil. Ähnlich wie bei alkis ohne stoff. Was mach ich mit der vielen Zeit, dem ganzen Raum.
    Man kommt sich in der Stille und der vielen Zeit bedrohlich nah.

    viele sind mit dem alki genau davor geflüchtet. Mein Vorschlag wäre, sich dafür beistand eines profis zu holen.
    Es tut meist ziemlich weh, sich selbst und seine päckchen genau anzusehen.
    Und oft fehlt einem der Blick von außen und man dreht sich allein nur im Kreis, versteht den Schmerz falsch (als liebeskummer) und geht wieder zurück, oder "holt" sich den nächsten Problemfall. Bloß, dass man nicht überall sich selbst und seine Baustellen nachdenken muss.

    lg girasole

  • Hallo Ahoi,

    ich begrüße dich auch noch recht herzlich bei uns im Forum.

    ich möchte dir gerne hier antworten, da ich finde, du hast da etwas sehr interessantes bei Lea geschrieben.

    Zitat

    ich fühle mich stellenweise nach der Trennung wie einer, der 15 Jahre im Knast war und sich jetzt fragt, was er mit der vielen Freiheit soll Smilie


    als ich hier ins Forum kam und mir der erste schrieb, du bist nicht schuld, habe ich das wie einen Freispruch empfunden. Ich war nicht länger angeklagt, endlich war da jemand, der mich mit meiner Geschichte frei sprach.
    Aus verschiedensten Gründen lebe ich noch unter einem Dach mit meinem XY, aber ich weiß genau, was du mit dieser Freiheit meinst.
    Etwas für sich zu tun, alte Freundschaften wieder aufleben lassen, verreisen, all das gibt es wieder für mich.
    Die COabhängigkeit ist ein Gefängnis.

    Bei Lea ging es ja auch um Mitleid. Da habe ich gelernt zwischen Mitleid und Mitgefühl zu unterscheiden. Für mich ist das jetzt ein Unterschied.
    Ich kann Mitgefühl für einen kranken Menschen haben, aber ich weiß, dass ich ihm nicht helfen kann.
    Mitleid heißt für mich, ich würde wieder mit - leiden, und da will ich auf keinen Fall mehr hin.


    lg Morgenrot

    Wer nicht hofft, wird nie dem Unverhofften begegnen. ( Julio Cortazar )

  • Hallo Leute,

    ich wollte mich mal wieder melden, um einen Abschluss reinzubringen und mich für eure Gedanken, Hilfe und Geschichten zu bedanken, die mich einen ganzen Schritt nach vorn in Richtung Erkenntnis gebracht haben.

    Mein Leben hat sich im positiven Sinne normalisiert, ich bin mit meinem Sohn in einem neuen Lebensabschnitt angekommen, der allmählich unser Zuhause wird. Innerlich wie äußerlich. Ich merke, wie Vieles sich geändert hat, hauptsächlich ich selbst. In der Rückschau und auch mit dem Abstand zu meinem Exmann und unserer Ehe kann ich mich selbst viel besser einordnen und neu ordnen. Ein ganz anderes Lebensgefühl.

    Mein Exmann säuft noch immer, was nicht weiter erwähnenswert wäre, wenn da nicht die Reaktion unseres Kindes wäre: Nachdem er seinen (vorgeblich trockenen) Vater betrunken erlebt hat, hat er die Entscheidung getroffen, den Kontakt zu ihm so lange einzustellen, bis er tatsächlich nicht mehr trinkt. Er hat das ohne Hass und mit völliger Klarheit entschieden. Ganz für sich selbst. Er möchte, dass es ihm gut geht, und das geht es aktuell nicht mit nassem Vater.

    Die besonnene und eindeutige Reaktion meines Sohnes ist ein weiteres Mosaiksteinchen in meinem Puzzle. Einmal mehr kann ich von ihm lernen. Auch die reale SHG von Cos und Alkoholikern hilft mir, mich weiter zu entwursteln und zu begreifen. Ich kann nicht behaupten, meine Strukturen einfach so abstreifen zu können, aber ich fühle mich auf dem Weg, mit ihnen adäquater umzugehen.

    Ach heute fühle ich meinen Wunsch einzugreifen, wenn mein ehemaliger Suchtstoff mich anruft und nach einem Rückfall die "Das war ein einmaliger Ausrutscher-die Welt ist halt so böse-verzeiht mir und habt Mitleid-blabla-Tour kommt", da gehts mir vielleicht wie dem Alki vorm Weinregal, aber ich kann eingreifen und dem Impuls widerstehen zur menschlichen Flasche zu greifen und sein Leben mit meinem zu vermischen. Seitdem werden auch seine Versuche mich in das alte Spiel zu ziehen weniger. Es gehören halt immer zwei dazu.

    Nach einer Trennung mit Kind ist ein völliger Kontaktabbruch meist nicht möglich, was ich bedauert habe, aber nun auch schätze, denn die dadurch aufkommenden Reaktionen, Gefühle und Gedanken zeigen mir stets aufs Neue, wo ich stehe. Das ist hilfreich, zumal ich nun Menschen habe, mit denen ich darüber sprechen kann und die das durchschauen und nachempfinden können.

    "Fertig" bin ich noch nicht, aber ein ganzes Stück weiter!

    Danke euch und liebe Grüße

    ahoi

  • Hallo ahoi,

    danke für deinen Beitrag. Du hast ein gutes Stück Weg gemacht für dich.

    Viele Grüße
    Aurora

    Willst du etwas wissen, so frage einen Erfahrenen und keinen Gelehrten.


    chinesische Weisheit

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