Alles dreht sich nur ums Bier

  • Hallo zusammen!
    Also möchte ich mich nochmal kurz vorstellen. Ich hab ja schon da und dort geschrieben, es ist auch nicht so einfach, von vorn anzufangen und auch nicht einfach, 20 Jahre zusammenzufassen.
    Sicher hat meinem Mann das Bier schon immer geschmeckt, aber vor ca. 10 Jahren ist es so in die extreme Richtung gelaufen. Mal schon am Nachmittag anfangen mit dem Bier usw.
    Ich denke nicht, dass er körperlich abhängig ist, aber psychisch wohl schon. Der Stellenwert, der das Bier einnimmt, ist im laufe der Jahre schleichend immer wichtiger geworden. Ja, und ich brauche ihn nur ansehen, und sehe, er hat was getrunken oder nicht. Er wird dann eklig, redet uns blöd an, dreht einem das Wort im Mund um.
    Wir haben schon seit langer Zeit die Abmachung, dass er zwei Tage die Woche nichts trinkt, woran er sich (meist) hält. Aber deswegen ist er natürlich trotzdem süchtig.
    Ich sehe mich jetzt nicht als Co-abhängig, ich weiß, dass ich nichts tun kann, damit er weniger oft trinkt, ich kann es nur negativ beeinflussen, wenn ich was sage, trinkt er eher noch mehr. Das heißt, er gibt mir ja dadurch noch die Schuld. Also retten will ich ihn nicht, dafür ist er schon selbst Mann genug, aber ich hab Angst um meine Existenz und die meiner Kinder, was wird, sollte ich es doch irgendwann schaffen.
    Er steht normal im Berufsleben, verdient das Geld, ich hab ja "nur" einen weniger gut bezahlten Teilzeitjob.
    Man zögert lange, es auszusprechen, denn solange man nichts sagt, ist es ja vielleicht nicht wahr, kann man die Fassade irgendwie aufrecht erhalten, die schon ganz brüchig ist. Aber wenn man es dann zu Papier bringt, ist es, als könnte man es nicht mehr rückgängig machen.
    Ich (oder wir) haben es mehrere Monate geschafft, gut damit zu leben, indem ich dieses Thema für mich ausgeklammert habe. Hab keine Flaschen mehr gezählt, hab die Tage ohne Alkohol genossen und die anderen hab ich möglichst wenig mit ihm geredet. Das war wirklich eine gute Zeit mit uns und da wollte ich gern dahin zurückfinden.
    Bei einer Trennung, nicht nur ich muss alles aufgeben, auch die Kinder. Dann brauch ich ihn ab und zu, damit ich arbeiten gehen kann.
    Bei ner Trennung überlasse ich ihm die Kinder ohne Kontrolle, fährt er sie dann in nicht nüchternem Zustand nach Hause?
    Ich kann gar nicht schreiben, was ich schon alles durchdacht habe, ich komme zu keiner Lösung.
    Dann schieb ich die Entscheidung wieder von mir, wenn ich ihn nicht mehr für die Kinder brauche usw.
    Ich wollte einfach nur eine normale Familie haben, aber das wird nie so sein, das weiß ich jetzt.
    LG erst mal, Chrissy

  • hallo Elisa-Chrissy,
    ich habe die Entscheidung auch immer vor mir her geschoben - wenn die Kinder größer sind, wird es leichter, hab ich gedacht. Aber es wird nicht leichter, das schlechte Gewissen, was sie alles mitmachen müssen wird immer größer. Und sie haben vieles mitbekommen und leiden doch auch sichtlich unter seinem betrunkenen Verhalten.
    Nun sind meine "2" schon 16 und 14 Jahre alt und ich frage mich, wie sie selbst mit Alkohol umgehen werden?
    Auch ich habe mich lange dagegen gewehrt co- abhängig zu sein und etwas für mich zu tun. Er hatte doch das Problem. Durch viel hier lesen muss ich mir meine Co-abhängigkeit aber doch eingestehen. Auch ich habe immer noch viel für mich gemacht und mir einen kleinen Freundeskreis erhalten. Aber ich habe mich auch immer wieder abhängig von seinen alkoholabhängigen Stimmungsschwankungen gemacht.
    Im Moment versuche ich auch, sein Trinken auszuklammern, mich nicht durch sein Verhalten beeinflussen zu lassen. Aber das ändert nun einmal nichts an der Tatsache, dass er trinkt.
    Die Angst ihm bei einer Trennung die Kinder zu überlassen, kann ich sehr gut nachvollziehen. Aber hier muss sich doch auch eine Lösung finden lassen. Wie alt sind den deine Kinder? Könntest du sie nicht wo anders unterbringen, solange du arbeitest?
    LG Ko

  • Hallo elisa (und Ko)

    Herzlich willkommen hier :)
    Ich wünsche dir einen fruchtbaren Austausch!

    Zum Thema "ausblenden"- das kann man auch schlicht "verdrängen" nennen- das ist eine sehr gefährliche Sache.
    Es funktioniert nur scheinbar, in Wahrheit arbeitet es tief in einem ununterbrochen. Beschäftigt man sich nicht bewusst damit, sucht es sich andere Wege ins Bewusstsein, zb über vielfältige psychosomatische Krankheiten, von denen fast jeder langjährige CO was vorweisen kann. Rücken, Migräne, Asthma, Depressionen und noch viiiele mehr.
    Frei nach dem Motto: "geh du vor" sagt die Seele zum Körper "-auf mich hört er nicht"...

    die Kinder wachsen dann in einer verdrehten Realität auf. Sie spüren IMMER ganz deutlich, dass was nicht stimmt. Aber alle tun ganz normal.
    Was bedeutet das für Kinder: sie lernen, dass ihre Wahrnehmung falsch ist. Daher kommen sie später zb häufig in destruktive Beziehungen, lassen sich zb schlagen oder sonstwie schlecht behandeln - denn ihr Gefühl für die Realität ist WEG.
    Lies mal bei den EKAs hier (erwachsene Kinder von alkolikern)!!

    Dass die Kinder nichts mitbekommen, ist die Schutz- Maßnahme Nummer eins von COs mit Kindern. Wenn man dann bei den EKAs liest, denke ich mir "ah ja, hier schreiben all die Kinder, die nichts mitbekommen haben" :roll:
    auch in meiner Arbeit begegne ich ungezählten Kindern, die mir ihre Qualen mit trinkenden elternteil/en berichten, stets unter dem Motto: meine Eltern denken, ich merke nichts. Sie sollen es auch nicht wissen, sie haben schon genug sorgen. Ich möchte Ihnen nicht auch noch zur Last fallen".

    LG girasole

  • Hallo!
    Mit dem Abgrenzen sehe ich das so, dass wir versuchen, dass uns die Trinkerei des Partners nicht so in den Abgrund stürzt, dass wir trotzdem vielleicht etwas Schönes unternehmen können, ohne ihn, dass wir uns wohlfühlen, obwohl er nicht mit dabei ist. Bei uns ist es auch so, dass mein Mann sein Bier hauptsächlich draußen trinkt, die Kinder es also nicht generell so aktiv mitkriegen. Sicher kriegen sie das gestörte Verhältnis zwischen ihren Eltern mit. Ich fühl mich dann schon immer ganz mies, aber inzwischen bin ich stark genug zu sagen, es ist n i c h t m e i n e Schuld.
    Und ich fürchte, im Moment bringe ich es nicht übers Herz, von ihnen zu verlangen, aus unserem Haus ausziehen zu müssen. Ich nehm ihnen damit ihre Heimat.
    Ich muss auch die Bemühungen meines Mannes sehen, wir hatten ein schönes Wochenende ohne Alkohol. Natürlich weiß ich, dass das am nächsten Tag schon wieder anders ist....
    Zur Karriere eines Alkoholikers: Eine Fachfrau sagte zu mir auch vor ein paar Jahren: Diese Krankheit hört nicht auf, sie geht immer weiter...
    Das hab ich ständig im Kopf, aber ich bin nicht sicher, ob man das wirklich generell sagen kann. Sobald der Alkoholiker körperlich abhängig ist , dann ja. Aber ich würde sagen, die Höhe des Konsums bei meinem Mann ist seit Jahren schon ziemlich gleich, aber es ist natürlich wichtiger geworden. Außerdem denke ich, seine Arbeit ist ihm doch noch wichtiger als Alkohol.
    LG, Elisa

  • Hallo Elisa,

    ich bin keine Fachfrau, ich bin eine Mitbetroffene. Mit eigenen Erfahrungen.
    Und ich habe es am eigenen Leib erfahren, also mit meinem Exmann, aber ich habe es auch aus Fachliteratur und von inzwischen trockenen Alkoholikern erfahren. Und ich habe nasse Alkoholiker und auch ihre Angehörigen zugrunde gehen sehen.

    Zitat

    Eine Fachfrau sagte zu mir auch vor ein paar Jahren: Diese Krankheit hört nicht auf, sie geht immer weiter...

    Diese Frau bestätigt alles, was ich je erfahren habe zu diesem Thema! Es geht unaufhaltsam nach unten, wenn diese Krankheit nicht zum Stillstand gebracht wird. Und es gehen alle mit unter, die sich aneinander klammern dabei. Der, der trinkt und die, die ihn davon abhalten wollen. Und die Kinder, die sich festklammern dabei. Ausgeliefert sind.

    LG
    Aurora

    Willst du etwas wissen, so frage einen Erfahrenen und keinen Gelehrten.


    chinesische Weisheit

  • Hallo Elisa!

    Zitat

    Zur Karriere eines Alkoholikers: Eine Fachfrau sagte zu mir auch vor ein paar Jahren: Diese Krankheit hört nicht auf, sie geht immer weiter...
    Das hab ich ständig im Kopf, aber ich bin nicht sicher, ob man das wirklich generell sagen kann. Sobald der Alkoholiker körperlich abhängig ist , dann ja. Aber ich würde sagen, die Höhe des Konsums bei meinem Mann ist seit Jahren schon ziemlich gleich, aber es ist natürlich wichtiger geworden. Außerdem denke ich, seine Arbeit ist ihm doch noch wichtiger als Alkohol.

    Was die Fachfrau sagt ist vollkommen korrekt, bei dieser Krankheit geht es unbehandelt immer weiter bergab, sie endet schlimmstenfalls mit dem Tod.

    Ob dabei jemand körperlich oder psychisch abhängig ist spielt keine so grosse Rolle. Es gibt auch Alkoholiker die einen Beruf ausüben, mein Ex- Mann hat immer gearbeitet und der Beruf war ihm äusserst wichtig, er ist im Beruf sehr zuverlässig. Trotzdem ist er alkoholkrank, er kann von heute auf gleich aufhören zu trinken ohne körperliche Entzugserscheinungen.

    Wenn jemand aber permanent trinkt kann es früher oder später zu organischen und/oder psychischen Schäden kommen. Mich hat es auf Dauer krank gemacht an seiner Seite zu leben, es dreht sich ja im Endeffekt nur noch um den Alkohol :(

    Ich wünsche dir viel Glück.

    LG
    Speranza

    Wer nichts ändern will für den ist die Opferrolle die beste Strategie!

  • Liebe Speranza,
    Jetzt war wieder ein Vorfall, der mich einsehen ließ, dass die Wut und der Hass zwischen und immer größer wird und die Liebe das einfach nicht mehr auffangen kann. Auch wenn es gute Tage gibt, schleppt man einen riesen Ballast hinter sich her, der Berg wird immer größer. Nun hab ich mich aber ein bißchen mit dem Gedanken beruhigt, ihn spätestens in 2, 3 Jahren zu verlassen, wenn die Kleine ein bisschen größer ist. Ich weiß, wieder so feige, einfach aufschieben, toll. Aber wenn ich mich trenne, dann sagt er mir den Krieg an, das weiß ich. Dann kann ich nicht mehr auf ihn zählen, wenn er für die Kleine da sein soll, damit ich arbeiten gehen kann, ginge ja eh nicht, wg. dem Alkohol. Denn, aus seiner Sicht trägt er ja keine Schuld, er hat ja kein Problem mit dem Alkohol, sondern ich. Seine Worte! Ich weiß nicht, wie ich das schaffen soll, ganz alleine. Arbeit, finanziell, für die Kinder da sein, usw.
    Das Problem ist, man ist ja durch die Kinder immer verbunden. Dann gehen die Probleme los, kann ich ihm die Kinder überlassen? (Natürlich nur, wenn e r will). Hat er was getrunken? Wenn ja, wie schaffe ich es, dass er mir nicht die Tür einschlägt, wenn ich ihm die Kinder verweigere?
    Ich kann gar nicht glauben, dass ich solche schlimmen Sachen schreibe, aber ich weiß, bei einer Trennung ist die Schlacht nicht mehr die selbe, aber ich habe auch eine Schlacht zu führen.
    Wie haben eure Männer sich verhalten? Wie ist es mit euren Männern weitergegangen? Nicht, dass mir daran etwas liegt, wie es mit ihm weitergeht, dafür hat er mir viel zu oft weh getan, aber was ist, wenn er nicht mehr arbeiten geht, da krieg ich echt Existenzangst für mich und meine Kinder!
    LG, E-C

  • Hallo Elisa-Chrissy,

    hui, noch 2 - 3 Jahre. Wie alt sind deine Kinder überhaupt?
    Du willst ihnen keine Trennung zumuten, hast Angst vor einem "Krieg". Aber mutest ihnen zu, Tag für Tag mit ansehen zu müssen, wie ihr Vater trinkt und von einer Liebesbeziehung zwischen den Eltern nichts mehr zu spüren ist. Das ist doch auch schon so Art Ausnahmezustand, oder?

    Ich verstehe schon, dass du Angst hast. Ganz ehrlich, ich verstehe das gut. Aber lass dich nicht davon so lahm machen. Du kannst dich informieren. Was dir finanziell zusteht, wie du die Unterbringung deiner Kinder regeln kannst, wie du vielleicht auf mehr Arbeitsstunden kommen kannst. All das.

    Du schiebst 1000 Gründe vor, nicht handeln zu können. Aber du sagst ja selbst, das wäre feige. Ja, stimmt. Es gibt immer Gründe, weswegen ich nicht handeln kann. Angeblich. Genau so, wie es für den Alkoholiker immer Gründe gibt, saufen zu müssen. Nicht aufhören zu können.

    Zitat

    aber was ist, wenn er nicht mehr arbeiten geht, da krieg ich echt Existenzangst für mich und meine Kinder


    Ja klar kriegst du da Angst, bei diesem Gedanken. Angst vor finanziellem Untergang ist eine Grundangst. Aber du bist doch auch erwachsen. Warum machst du dich von ihm da so abhängig? Finanziell. Du gehst doch auch arbeiten, oder?

    Ich habe all diese Ängste auch gehabt. Und ebenfalls 1000 Gründe. Und war finanziell abhängig vom Ex. Das hat mich viele Lebensjahre gekostet. Heute weiß ich, es liegt an mir, was zu verändern. Ich habe es in der Hand. Ich bin erwachsen und darf und muss mein Leben gestalten, dass es mir gut damit geht. Ich hätte mich doch viel eher trennen können. Ich hätte mehr Stunden arbeiten können, für meine Kinder wäre es besser gewesen, sie hätten vieles nicht miterleben müssen. Nicht ansehen müssen, wie man eine Beziehung besser nicht führen sollte... Ich war so feige. So starr.

    Darum sag ich mal, lass dich nicht so lahm legen durch diese Ängste. Es gibt immer Wege! Immer. Für dich und deine Kinder. Du musst nur in Bewegung kommen.

    Viele Grüße
    Aurora

    Willst du etwas wissen, so frage einen Erfahrenen und keinen Gelehrten.


    chinesische Weisheit

  • Liebe Aurora,
    danke für den "Auftrieb". Meine Kleine ist 6 Jahre und kann halt noch nicht stundenlang alleine bleiben.
    Ja, ich geh arbeiten, aber hab halt einen typisch niedrig bezahlten "Frauenjob". Wir haben das Haus nun fast abbezahlt, nun müsste man nicht mehr so auf jeden Euro schauen, klar möchte man da gerne in dieser finanziellen "Bequemlage" bleiben und nicht wieder von vorne anfangen.
    Er trinkt nicht jeden Tag. Und nicht jedesmal bemerkbar für die Kinder. Für mich schon, ich merk sein verändertes Verhalten schon nach 2 Bier. Aber natürlich, ich weiß, sie bemerken natürlich das oft kühle Verhältnis zwischen uns. Aber wenn ich meine Große (14) fragen würde, was sie will (hab ich schon), dann sagt sie, sie will hier nicht weg.
    Das Problem ist eben auch, dass ich ein sehr beständiger Mensch bin und ich mich sehr schwer damit tue, etwas aufzugeben. Es ist wie umkehren, und ich hasse es, umzukehren, den Weg nicht zu Ende zu gehen....
    Aber ich weiß, es muss mal "klick" machen.
    LG, E

  • Liebe Elisa-Chrissy,

    auch ich bin frisch auf meinem Weg! Deine Gedanken und Ängste kenne ich nur zu gut! Ich habe so lange alles mitgemacht dass ich selber zum Alkohol gegriffen habe. WIR zerstören uns und alle um uns herum.
    Dein Mann könne auch meiner sein 100%
    Ich wünsche dir viel Kraft den schicken kann ich dir im Moment keine die brauche ich selber :wink:

    Versuche den ersten Schritt und erkenne was DU bist!

    Alles Liebe und an alle passt gut auf Euch auf!

    Passt gut auf Euch auf! Ich versuch es auch!

Unserer Selbsthilfegruppe beitreten!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!