Endlich trocken werden

  • Hallo zusammen,

    ich bin seit gestern dabei und möchte mich Euch allen mal vorstellen:

    Seit meiner Jugend konsumiere ich Alkohol. Erst gelegentlich, nach einigen Jahren regelmäßig und die letzten Jahre täglich. Und auch die tägliche Dosis wurde immer höher.
    Meine Trinkgewohnheiten sind am späten Nachmittag bis zum zu Bett gehen 1 - 2 Flaschen Sekt (manchmal auch mehr). Ausnahme: eine 6wöchige Reha 2009 in der ich absolut abstinent blieb. Kaum Zuhause verfiel ich wieder in meine alten Trink-Muster

    Alkohol gehört zu meinem Leben, obwohl ich zunehmends ein schlechtes Gewissen habe. Mittlerweile bin ich 55 Jahre alt.

    Letzten Mai wurde routinemäßig mein Blut untersucht und dabei stellte sich heraus,daß meine Leberwerte viel zu hoch sind. Meine Ärztin sprach von einer möglicherweise vorzunehmenden Medikamentenumstellung, doch ich nahm meinen ganzen Mut zusammen und erzählte ihr von meinen Trinkgewohnheiten.

    Daraufhin vermittelte sie mir einen Termin bei der Suchtberatung im hiesigen Klinikum und nach mehreren Einzelgesprächen besuche ich jetzt wöchentlich eine entsprechende Frauengruppe. Anfangs war es für mich furchtbar, dort hinzugehen, aber man geht sehr liebevoll miteinander um und jetzt fühle ich mich richtig wohl dort,vor allem, weil man "das Kind beim Namen nennen kann".

    Allerdings ist es mir bisher noch nicht gelungen, trocken zu bleiben. Im Grunde ist heute mein zweiter trockener Tag. Ich denke ständig an Alkohol und habe mich deswegen hier zum Thema "Saufdruck" eingelesen und mich dann entschlossen mich hier anzumelden. Körperlich geht es mir gut,keine Schweißausbrüche, kein Zittern.....nichts, aber im Kopf findet der "Suff" statt..... ich versuche mich abzulenken.

    Das wars fürs Erste und ich schicke liebe Grüße
    RömchenS

  • Guten Morgen RömchenS

    und herzlich willkommen zum Austausch hier im Forum.
    Für mich war zu Beginn extrem wichtig,
    dass kein Alkohol in der Wohnung ist.
    Dadurch war ein "versehentliches" Wiederanfangen erschwert.
    Ist Deine Wohnung bereits alkfrei?

    Viele Grüße
    Correns

  • Hallo Correns,

    vielen Dank für die freundliche Begrüßung! :)

    Meine Wohnung ist nicht alkfrei, denn mein Mann trinkt "leichte Weiße" und "Äppler". Allerdings mache ich mir nichts aus diesen Getränken. Meins ist Weißwein und Sekt. In Zeiten wo ich beides nicht im Haus hatte, bin ich lieber rüber zur Tanke gegangen, als die vom Mann bevorzugten Getränke zu konsumieren.

    Allerdings habe ich ein wachsames Auge auf mich selbst, ob sich meine Gedanken verändern, wenn ich NICHT zur Tanke gehe.

    Dieses Thema und auch das Thema Entgiftung habe ich bereits auf meinem "Zettel" für den nächsten Gruppentermin bei der Suchtberatung. Kommende Woche geht es dort nach der Weihnachtspause wieder los.

    Viele Grüße
    RömchenS

  • Hallo RömchenS,

    schön, dass Du den Mut aufbringen und Deine Ärztin informieren konntest. Prima, dass Du auch schon einige Schritte unternommen und Dir bereits Unterstützung geholt hast. Es lohnt sich!!!

    Die ersten Tage, Wochen sind nicht einfach, aber der Suchtdruck lässt nach. Mir hat die 24-Std-Taktik geholfen und mich von Tag zu Tag weitergebracht. Ja und natürlich, wie Correns bereits schrieb, Bude alkfrei!

    Einen guten Austausch wünsche ich Dir!

    Gruß
    Eni

  • Hallo RömchenS,
    auch ich bin ganz neu dabei und stehe ganz am Anfang. Aber ich denke, dass war die beste Entscheidung, die wir treffen konnten und uns hier angemeldet haben. Wird dich denn dein Mann auf deinem Weg unterstützen können?
    Liebe Grüße Pearl

  • Hallo Eni und Pearl,

    auch Euch lieben Dank für die Zeilen. :)

    Eniba: als ich der Ärztin von meinem Alkoholkunsum erzählte war ich erschrocken über meinen eigenen Mut. Allerdings hat mich ihre Reaktion bestätigt, endlich Klartext geredet zu haben. Ich hätte nicht gedacht, daß es leichter wird, wenn man Alkoholismus vor sich selber eingesteht. Nur leider hat es noch Monate gedauert, bis dieser "Klick" kam. Da waren immer diese Gedanken "du könntest ja mal weniger....", oder "andere trinken ja auch...." und so habe ich mich mehr oder weniger munter belogen, um mein Trinken zu rechtfertigen.

    Pearl: ja, es ist erstaunlich wie gut es tut, in so einem Forum zu sein. Alle hier haben nahezu dasselbe erlebt, die Abstürze, die Verachtung sich selbst gegenüber, das schlechte Gewissen und dennoch...... das weiter saufen! Es ist auch schön, in Dir eine Mit-Anfängerin zu finden. :)

    Bin jetzt im 4. Tag, aber es ist nicht leicht. Trotzdem hätte ich mir gerade die ersten Tage schwerer vorgestellt. Aber ich wäre naiv zu glauben, daß es so easy weiter geht.

    Die 24-Stunden-Taktik hilft mir auch, denn die Vorstellung "nie wieder Alk" macht mir (noch) Angst.

    Unterstützung von meinem Mann? Nun ja..... er unterstützt mich insofern, daß er mich nicht verführt, bzw. mir etwas anbietet oder Sekt u. Weisswein für mich kauft Was er mit sich macht, muß er selbst wissen, denn bei MIR hat es "klick" gemacht und nicht bei ihm und ich muß mich um mich selber kümmern. Ich hätte ihmzuliebe das Trinken nicht aufgegeben und er wird mirzuliebe auch nicht auf sein Bier verzichten. Was nicht bedeutet, daß wir uns nicht lieben, aber die Erfahrung eines jeden Alkholiker, der trocken werden will ist nun mal, der Entschluß muß von einem selber kommen.

    Ansonsten geht es mir außer Schlaflosigkeit gut. Allerdings habe ich immer schon unter Schlafstörungen gelitten. Früher haben sich in dieser Zeit schlimme, ängstliche Gedanken wie eine Endlos-Spirale in meinem Kopf gedreht. Und jetzt kann ich nicht schlafen, weil ich den trockenen Tag Revue passieren lasse und Pläne für den nächsten Tag schmiede.
    Wenns gar nicht anders geht, stehe ich wieder auf und setze mich ins Wohnzimmer. Bis vor dem 05.01. natürlich nicht, ohne mir noch ein Glas (oder 2) zu genehmigen, jedoch die letzten Nächte habe ich entweder ein Stück Obst gegessen oder ein Glas Milch getrunken.

    Was mir tagsüber auch hilft ist, mich lesend auf das Bett zu legen. Im Schlafzimmer triggert nichts, denn hier wurde niemals geraucht und auch kein Alk konsumiert.

    Also ich trickse mich halt so durch und muß noch austesten, was alles in meinen "Notfallkoffer" soll.

    Seid alle lieb gegrüßt
    RömchenS

  • Guten Abend zusammen,

    heute ist T-Tag 7 und es ist ein schönes Gefühl, morgens aufzustehen, ohne nachdenken zu müssen, was am Abend vorher war, bzw. leere Sekt- und Weinflaschen zu entsorgen.

    Allerdings hatte ich heute einen großen Drang nach Alk. Vorausgegangen ist eine Situation mit einer Angestellten im Supermarkt, die mich aufgrund einer Nachfrage von mir angepamt hat, sinngemäß: "Dann müssen Sie halt richtig lesen....!". In meinen Ärger flochten sich gleich die Gedanken "jetzt einen Pikkolo, dann gehts dir wieder besser...". Das machte mir angst und deshalb verließ ich den Einkaufsmarkt fast fluchtartig.

    Das Gefühl trinken zu wollen/müssen ist immer noch da und ich sitze hier mit einem halben Literkrug Wasser mit Zitronensaft, weil ich gelesen habe, daß viel Trinken (alk.-frei) helfen soll.

    Naja jedenfalls habe ich heute die Erfahrung gemacht..... sobald etwas außer der Reihe passiert (Ärger/Stress/Kummer) befindet man sich auf einem schmalen Grat.... einem ganz schmalen sogar! Und daran merkt man, daß man wirklich suchtkrank ist. Aber wie auch immer: wenn ich morgen früh aufstehe, habe ich eine Woche ohne Alkohol geschafft.

    Schönen Abend noch und viele Grüße
    RömchenS

  • Hi RömchenS,
    das hast Du gut gemacht. Erst einmal raus aus der Situation.

    Zitat von RömchenS

    Naja jedenfalls habe ich heute die Erfahrung gemacht..... sobald etwas außer der Reihe passiert (Ärger/Stress/Kummer) befindet man sich auf einem schmalen Grat.... einem ganz schmalen sogar! Und daran merkt man, daß man wirklich suchtkrank ist.

    Nach meiner Erfahrung (und die ist gerade mal 7 Monate alt) wird der Grat breiter, aber er bleibt ein Grat und keine breite Straße. Und ich denke das bleibt auch so. Vielleicht können die Langzeiterfahrenen da mehr zu sagen. ;)

    Die erste Woche ist um, mach so weiter.

    Viele Grüße
    step

  • Hallo RömchenS,

    herzlich willkommen!

    Aller Anfang ist schwer. Ich habe am Anfang die Supermärkte gemieden, wenn ich gemerkt habe, dass ich keinen guten Tag hatte oder habe auf dem Weg nach Hause telefoniert, damit ich nicht einfach so abbiege ;)
    Und ich habe mich mental immer darauf vorbereitet, dass ich Alkohol gleich sehen werde, wenn ich da reingehe. Obwohl mich allein der Anblick eigentlich nicht triggert...

    Für mich ganz wichtig war auch, dass meine Wohnung alkfrei war. Vielleicht kannst Du das ja nochmal mit deinem Mann besprechen...

    Hast Du sonst noch Pläne?

    vg,

    panem

  • Hallo zusammen, hier bin ich wieder!

    @ Panem: Du hast mich nach Plänen gefragt und ich weiß gar nicht so recht, wie ich diese Frage beantworten soll. Meinst Du Pläne bezügl. der Sucht/Abstinenz? Oder Urlaubs-, Wochenpläne? Ich mags trotzdem versuchen:

    Also ich plane mehr Aktivitäten. Erstens zwecks Ablenkung und zweitens macht es mir mehr und mehr Spaß aktiv zu sein. Und ich treffe mich regelmäßig mit nicht-trinkenden Freunden. Außerdem habe ich einen VHS-Kurz belegt (Wassergymnastik).

    Das mit dem Kurs hatte ich bereits letztes Jahr vor, aber ich hatte mich damals nicht angemeldet, weil sich die Uhrzeit mit der Zeit überschnitt, wo ich täglich zu trinken anfing. Ganz schön blöd, gell? :roll:

    Ich habe auch wieder Spaß daran, mich zu pflegen. Das heißt nicht, daß ich es vorher nicht getan hätte, aber halt aus reiner Routine, widerwillig, unzufrieden mit mir.

    Und worüber ich mich besonders freue: Ich habe ein Geburtstagsessen hinter mir, trank nur Mineralwasser und was mir sehr entgegenkam......, es gab nicht mehr den obligatorischen Pflaumenwein zur Rechnung, sondern man servierte den Gästen einen Fruchtcocktail (Litschi, Ananas, Limette), sehr köstlich. Wenn ich ehrlich bin muß ich sagen, daß ich nicht weiß, ob ich den Wein, den es sonst immer gab, abgelehnt hätte oder nicht. Jedenfalls blieb mir dieser innere Kampf erspart.

    So dann viele Grüße Euch
    RömchenS (im T-Tag 14)

  • Hallo RömchenS,

    ja, Du hast Recht, ich hätte die Frage wohl etwas ausführlicher stellen sollen ;)

    Aber deine Antwort hat meine Frage schon beantwortet...

    Das mit dem Pflegen kann ich nachvollziehen. Man achtet wieder mehr auf sich selbst und will sich etwas Guten tun. Der Alk hat mich persönlich immer relativ gleichgültig gegenüber mir und auch anderen gemacht. Aber gestern gabs ne schöne Gesichtsmaske, dazu Tatort und Tee;)

    vg,

    panem

  • Hallo Panem, hallo Forenmitglieder!

    Ja, das mit dem Pflegen ist wirklich so ne Sache und es ist schön, wieder Interesse daran zu haben. Und durch den Nebeneffekt "Gewichtsabnahme" erhalte ich ein ganz anderes Körperbewußtsein.

    Vorgestern ging es mit der Gruppe wieder los und ich konnte zum ersten Mal von meiner Abstinenz berichten. Aufgefallen war ihnen aber bereits bei der Begrüßung, daß ich irgendwie anders aussehe, entspannter.

    Doch immer noch - und das wird wohl auch noch eine ganze Weile andauern - ist zu bestimmten Uhrzeiten der Gedanke an einen "Belohnungssekt" Ich weiß allerdings aus Erfahrung, daß es nicht bei einem Glas bleiben würde und dann ginge alles wieder von vorne los.

    Für heute allen alles Gute und ein lieber Gruß
    RömchenS

  • Hallo RömchenS,

    den Gedanken an einen Belohnngssekt kenn ich zu gut. Aber lass Dich trösten er wird wirklich schwächer, weg ist er bei mir nach 7 Monaten allerdings nicht.
    Wird er vermutlich auch nicht.

    Das Bewusstsein, dass ich in Nullkommanichts wieder im alten Trinkverhalten wäre, ist ein Bestandteil meines Notfallkoffers, also eine wichtige Hilfe. Ich will da nie wieder hin!

    Mach weiter so,
    LG
    step

  • Hallo Römchen,

    Bei mir ists seit dem 16.2. soweit, dass ich nicht mehr so weitermachen will, bei mir hat es bezüglich des Schlafs bis Tag 8 oder 9 gedauert bis es halbwegs normal ging. Zudem muss ich nun - da ich extrem auch auf früh getrunkenen starken Kaffee Abends reagiere - auch noch den Kaffee einschränken, bzw. auf koffeinfreien ab 12:00 umsteigen, aber das geht irgendwie auch.

    Ich hau mir momentan Beruhigungstee Abends täglich rein, das holt einen runter und man trinkt viel Flüssigkeit. Das Thema "nie wieder Alk" ist auch bei mir ein großes Angstthema, aber wie ich schon woanders in einem Thread sagte:

    Lieber als einsichtiger Alkoholiker von Tag zu Tag hangelnd mit der Gefahr eines Absturzes als so weitermachen wie bisher...nämlich täglich Saufen mit dem Glauben, man habe kein Problem.

    Je weniger vom Klaren, desto klarer der Tag ;(

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