Verstand und Gefühl

  • Zitat von Toru-Chan

    Hallo,


    Das kenne ich auch. :shock: Vor allen Dingen, sieht meine Mutter immer ALLES so negativ. Es ist eigentlich egal, worüber sie redet, alles ist immer schlimm und furchtbar. Ob es die Familie, die Arbeit, das Wetter oder sonst was ist. Manchmal weise ich sie darauf hin oder erkläre ihr, dass man das ein oder andere ja auch anders, also positiv sehen kann, aber eigentlich raubt mir das auch nur meine Kraft. Ich finde es nämlich auch immer schon anstrengend genug, ihr einfach nur zuzuhören


    Das ist genau auch meine Mutter :roll: ich muss immer was dazu sagen....sonst habe ich das Gefühl, durch mein schweigen zu zustimmen. Anstrengend ist es für mich, weil es nicht nur reines zuhören ist. Es kommen ganz viele Botschaften rüber und es geht immer um sie, um die Themen die sie interessieren usw.
    Und in der Regel hört sie umgekehrt mir gar nicht zu. Das schafft sie nicht länger als einen Satz.

    LG girasole

  • Hallo,

    ich habe vorhin mit meiner Mutter telefoniert. Ich fand es gut, dass ich mich vorher darauf einstellen konnte, dass alles negativ sein wird. Das hat mir zumindest heute im Gespräch geholfen. Heute habe ich es auch geschafft, ihr nicht alles positiv zu reden. Nicht, weil ich es nicht so sehe, sondern einfach nur, um mich selbst zu schützen. Nach dem Telefonat habe ich deinen letzten Beitrag gelesen, girasole. Dabei ist mir aufgefallen, dass ich quasi auch fast nichts über mich erzählt habe...

    Manchmal, wenn ich hier so schreibe, denke ich, ich würde vor allem meiner Mutter unrecht tun. Dann sag ich mir Sachen wie, es war doch nicht alles schlimm. Sie hat auch oft versucht, für uns da zu sein, hat tolle Sachen für uns gemacht, hat uns auf ihre Art und Weise unterstützt. Dann bekomme ich ein ganz schlechtes Gewissen... Andererseits weiß ich auch, dass vieles hätte anders laufen müssen, dass wir Kinder in ganz anderen Bereichen Unterstützung gebraucht hätten. Das schlechte Gewissen aber bleibt...

    Liebe Grüße, Toru-Chan

    follow your smile

  • Huiuiui!
    Ich versuche mich mal nach und nach hier durchzuwurschteln! :D

    An sich versuche ich, ganz klare Regeln und Grenzen zu setzen bei meiner Oma... das klappt mal gut, mal garnicht. Da muss ich aber auch zugeben, dass ich da oft selbst schuld bin. Ich tappe dann bei irgendwelchen Kommentaren ihrerseits total in die Falle, erwidere etwas und dann führt ein Wort zum nächsten und ich rechtfertige mich, werde sauer/traurig und reibe mich auf... dumme Zoi =/
    Deshalb danke für eure Tipps, ich werde mir kleine Zettelchen schreiben um mich auch selbst in die Schranken zu weisen! Ich weiß auch nicht, warum ich das manchmal mache... In manchen Telefonaten setz ich mich durch, sage ganz klar "Ich möchte das nicht!" und es klappt. In anderen fang ich das Gespräch schon relativ unbedacht an und es wird ein einziges Chaos und danach bin ich fix und fertig und weine.
    Es klingt vielleicht seltsam, aber im Nachhinein frag ich mich, ob ich das eigentlich extra gemacht habe? Um diese Auseinandersetzung zu bekommen, um zu überzeugen? Ich weiß es selbst nicht so genau.
    Also Memo an mich: Nimm dich ernst, verdammt nochmal!

    Und ja, dieses verfluchte Familiensystem...
    Da habe ich gestern mit gebrochen und das fühlt sich SO gut an.
    Erstmal das "Negative":
    Ich habe meine Oma angerufen wegen meinem Besuch im Mai. Es war ein schreckliches Gespräch und da hab ich auch einiges zu beigetragen... weil ich mich auf ihre Aussagen eingelassen habe. Das Ergebnis ist trotzdem, dass ich wohl keine Angst haben muss, dass mein Vater dort auftaucht. Ihr gegenüber fühl ich mich aber richtig unwohl.
    Daraufhin das Übliche: Ich habe mich aufgeregt, geweint und war fertig. Und dann hab ich etwas getan, dass in unserer Familie fast schon revolutionär rebellisch ist! Ich habe meinen Cousin angerufen (Sohn vom Bruder meines Vaters, also auch Enkelkind meiner Oma). Ich habe ihm alles erzählt und es tat SO GUT! Ich habe das für mich getan, ich musste einfach mit jemandem sprechen, der in demselben System lebt und der mich nicht für verrückt halten wird. Es war unglaublich befreiend und er hat mich darin bestärkt, dass es gut ist was ich tue und das ich mir die Dinge meiner Oma nicht zu Herzen nehmen soll. Die leben alle in ihrer eigenen Welt, da kann man nicht dran rütteln. Wir haben 2 Stunden telefoniert, er hat mich ernst genommen und wir haben festgestellt, dass in unserer Familie der "Schein" nach außen das Wichtigste ist. Über Probleme wird niemals gesprochen, er wusste genau wovon ich da spreche... Das erleichtert mich sooo :)

    So, zurück zu Girasole und Toru-Chan :)
    Haben wir irgendwie dieselben Eltern? Oder lest ihr heimlich mein Tagebuch? Das ist unglaublich! Mein Vater sieht alles immer nur negativ. In den Telefonaten mit ihm sind die Hauptthemen: Sein Stress auf der Arbeit, seine "Krankheiten", seine Probleme. Wenn er über etwas anderes spricht, dann auch nur negativ. zB dass er nicht glaubt, dass meine Schwester ihre Ausbildung schafft. Oder dass er sich Sorgen macht um irgendeinen ausgedachten Kram. Das hat mich jedes Mal so verrückt und wütend gemacht! Ich habe auch immer dagegengesteuert, das kostet nur Energie und bringt nichts.
    Er ist für sich der Nabel der Welt, da haben andere keinen Platz. Und in allen positiven Dingen vermutet er negative Konsequenzen. Er sagte einmal, dass sein schlimmster Albtraum wäre, wenn ich heirate, denn dann wäre ich ganz weg.
    GRAUENHAFT.

    Liebe Toru,

    Ich glaube, es ist ganz normal, dass du ein schlechtes Gewissen hast... deine Mutter verhält sich scheinbar schon lange so, verweilt in der hilflosen Opferrolle und du bekommst das alles ab. Ich finde es vollkommen klar, dass du sie nicht als starken, erwachsenen Menschen wahrnimmst - so verhält sie sich ja auch garnicht.
    Deshalb ist es umso wichtiger, dass du dir immer wieder sagst: Sie ist aber erwachsen und verantwortlich für ihr Leben. Niemand zwingt sie, so zu leben! Und du bist einfach nicht ihre persönliche Seelsorge, sondern ihre Tochter.
    Ich frage mich, wie sie wohl reagieren würde, wenn du mal sagen würdest: Weißt du Mama, wenn es dir so schlecht geht... dann geh! Du kannst alles tun, was du willst und scheinbar willst du dort verharren und jammern.

    Deine Mutter ist deshalb kein schlechter Mensch und du verrätst sie nicht, wenn du die Wahrheit schreibst oder sagst. Du liebst deine Mutter und sie liebt dich auch, aber auch solche Menschen sind nicht unfehlbar. Es gibt einen Mittelweg zwischen aufopfern und ignorieren...
    Du hast ein Recht auf dein Leben, auf Glück, Gesundheit und Frieden! Nimm dir das :)

  • Wusste doch, dass ich was vergessen habe!

    Liebe Ina,

    Ich habe ein bisschen gemischte Gefühle zu dem, was du schreibst. Erstmal freu ich mich für dich, dass du es geschafft hast dich etwas abzuschotten!
    Ich habe auch viel bei den (trockenen) Alkoholikern hier im Forum gelesen und eines gelernt: Man ist trocken, wenn man KEINEN Alkohol mehr trinkt. Ein Alkoholiker kann nicht kontrolliert trinken, auch keine kleinen Mengen. Vielleicht klingt das hart, aber ich habe nicht den Eindruck, dass deine Mutter wirklich trocken ist.
    Das spielt aber (denke ich) nicht so die Rolle, da sich durch ihr "trockensein" zwischen euch ja nichts geändert hat. Und das tut mir sehr leid für dich, auch dass dein Vater noch trinkt.

    Ich habe mich immer für sehr stark, fast schon unkaputtbar gehalten. Ich habe mich auch sehr tough gegeben. Vor ein paar Monaten bekam ich dann meine erste "innere Ohrfeige", die mir gezeigt hat: So bin ich nicht! Ich bin stark aber auch schwach. Nicht alles geht spurlos an mir vorbei, ohne Kratzer oder Narben... das war sehr hart für mich, weil ich mich so nicht kannte! Als jemanden der sogar weint!
    Ich sehe es als meine Stärke, dass mir das klargeworden ist und ich etwas ändern will. Ich breche den Familienfluch mit all den kaputten Systemen und scheinheiligem Getue - indem ich es anders machen werde.
    Ich finde es mittlerweile nicht verwunderlich, dass ich mich hasse. Ich wurde schwerst misshandelt, psychisch und physisch. Schuld daran war immer ich - es wäre ein Wunder, würde ich mich anders fühlen!
    Aber verdient habe ich all das nicht. Ich habe ein verdammtes Recht darauf, mich wertvoll zu fühlen :)
    Und da hast du Recht! Es ist so schade, dass wir uns so fühlen. Es ist reine Selbstgeißelung, die keiner von uns nötig hat.

    Liebe Grüße!

  • Hallo Zoi,

    Zitat

    An sich versuche ich, ganz klare Regeln und Grenzen zu setzen bei meiner Oma... das klappt mal gut, mal garnicht. Da muss ich aber auch zugeben, dass ich da oft selbst schuld bin. Ich tappe dann bei irgendwelchen Kommentaren ihrerseits total in die Falle, erwidere etwas und dann führt ein Wort zum nächsten und ich rechtfertige mich, werde sauer/traurig und reibe mich auf... dumme Zoi =/

    Sag das nicht. Wir lernen doch noch. Gib dir Zeit. Du bist schon so einen weiten Weg gegangen, du hast mal selbst gesagt, es geht nicht alles von heute auf morgen. Ansonsten finde ich die Idee von girasole mit den Zetteln gut, dass man sich so selbst immer wieder daran erinnert. :)

    Zitat

    In anderen fang ich das Gespräch schon relativ unbedacht an und es wird ein einziges Chaos und danach bin ich fix und fertig und weine.

    Das kenne ich auch. Vielleicht hilft es hier, sich vorher genau beswusst zu machen, dass das Telefonat anstrengend wird. Vielleicht hilft es, wenn man sich vorher seine Zettel nochmal durchliest, um sich bewusst zu machen, wie man reagieren möchte, wo die eigenen Grenzen sind. Vielleicht hilft es auch, das alles vorher nochmal laut für sich zu sagen. Vielleicht hilft es auch, sich hinterher zu sagen: Toll, dass ich das heute so gut geschafft habe. Oder: Es ist o.k., dass ich es heute noch nicht so geschafft habe, wie ich es gerne wollte, aber ich übe es und versuche es das nächste Mal wieder neu.
    Das ist etwas, was ich selbst gerne auch noch üben möchte.

    Zitat

    Es klingt vielleicht seltsam, aber im Nachhinein frag ich mich, ob ich das eigentlich extra gemacht habe? Um diese Auseinandersetzung zu bekommen, um zu überzeugen? Ich weiß es selbst nicht so genau.

    Das kenne ich auch. Manchmal frage ich mich im Nachhinein, ob ich mich nun mit Absicht in irgendeinen sinnlosen Konflikt hineingesteigert habe. Das muss noch nicht mal mit meiner Familie sein. Und dann frage ich mich immer, wieso mache ich das? Eigentlich will ich das doch gar nicht.

    Liebe Zoi, es freut mcih, dass du mit deinem Cousin über die Familie geredet hast und dass dir das so gut getan hat, dass du jemanden in der Familie hast, der dich versteht. :) Und vor allem, dass du das Schweigen im Familiensystem brechen konntest.

    Was das negative Denken der Eltern angeht. Bei meiner Mutter habe ich ganz oft das Gefühl, dass sie sich gar nicht richtig freut, wenn ich ihr etwas Schönes erzähle. Das ist bei Noten so eine 2 ist besser als eine 3, eine 1 ist besser als eine 2 und eine 1+ besser als eine 1. Und wenn es eine 1+ ist und andere diese auch haben, dann war es wohl nicht so schwer. Nicht nur bei Noten, bei ganz vielen Sachen ist es so, als seien die Dinge, über die ich mich so freue, plötzlich gar nichts mehr Wert...

    Zitat

    Sie ist aber erwachsen und verantwortlich für ihr Leben. Niemand zwingt sie, so zu leben! Und du bist einfach nicht ihre persönliche Seelsorge, sondern ihre Tochter.

    Danke für diese Sätze. Die werde ich auf meine Zettel schreiben! :)

    Zitat

    Ich frage mich, wie sie wohl reagieren würde, wenn du mal sagen würdest: Weißt du Mama, wenn es dir so schlecht geht... dann geh! Du kannst alles tun, was du willst und scheinbar willst du dort verharren und jammern.

    Ersteres, dass sie sich scheiden lassen soll. Das habe ich ihr zumindest schon ganz oft gesagt. Ich weiß gar nicht mehr, wann ich es das erste Mal gesagt habe, es ist schon lange her... Aber sie tut es ja nicht. Aber den zweiten Teil, dass sie alles tun und lassen kann, was sie will und scheinbar verharren und jammern will, das habe ich bisher noch nicht gesagt. Das hatte ich früher nie so erkannt. Ich glaube, sie wäre wütend, wenn ich ihr das sagen würde, würde mich vielleicht ignorieren, würde vielleicht weinen, ich weiß es nicht. Es käme wohl darauf an, wie ich es sage. Wenn ich es vorsichtig formulieren würde, würde sie wahrscheinlich gar nicht darauf reagieren. Noch bin ich nicht dazu bereit, vielleicht irgendwann. Aber für meine eigenen Gedanken, hilft mir diese Sichtweise sehr.

    Liebe Grüße, Toru-Chan

    follow your smile

  • Liebe Zoi,

    sag mal, redest du mit irgendeinem anderen Menschen so lieblos und unbarmherzig wie mit dir?!
    Wahrscheinlich nicht....
    Das gehört auch zu einem der vielen Wege zu mehr selbstliebe!
    Achte darauf, wie du mit dir redest. Da hörst du dann auch die inneren Kritiker: dumme Zoi! Ist wahrscheinlich noch eher harmlos. ...

    überlege dir, wie du einen über alles geliebten Menschen, oder vielleicht auch ein Kind, was noch viel zu lernen hat (und das haben wir ja auch genau)- wie du mit diesen reden würdest.
    Wenn man mit einem Kind dauerhaft so umgeht, kann man zusehen, wie es kleiner, unsicherer und ängstlich wird - immer mehr Fehler macht, ein unglückliches Kind wird/ ist.
    das sind meine Erfahrungen als Pädagogin.

    Zum reinstolpern in Konflikte: ich persönlich glaube, es liegt daran, dass wir nie gelernt haben, Grenzen zu setzen und uns zu schützen.
    Wenn man sich auf so ein Telefonat bewusst vorbereitet, wie Toru beschrieben hat, und es dann auch noch nachbereitet, wird es einem kaum noch passieren. Das ist jedenfalls meine Erfahrung.

    LG girasole

  • Das mit dem guten Gespräch mit deinem Cousin freut mich sehr! Es ist wichtig sich jemanden mit ins Boot zu holen.. Gerade wenn dein Vater gerne mal versucht die Rollen umzudrehen.

    Das mit den Noten kenne ich zu gut :D Wenn ich mich zB über eine 2- in Mathe in der Grundschule gefreut habe, haben meine Eltern "witzig gemeint" gefragt "wieso nicht + ?". Weil ich das so nervig fand hat es natürlich meinen Ehrgeiz geweckt. Hatte den Vorteil, dass ich gut in der Schule war (immer auch das positive sehen ;D). Jahre später habe ich meine Mutter mal darauf angesprochen und sie konnte überhaupt nicht verstehen wieso ich das als Kritik und nicht als Spaß verstanden habe und dass sie ja immer stolz auf meine Leistungen waren.. Weil ein achtjähriges Kind ja schon so denken kann.

  • Hallo ihr alle!

    Ich fasse meine Antwort mal zusammen...
    Danke Toru für deine stärkenden Worte! Ich bin beruhigt, dass es anderen auch so geht. Ok, das klingt jetzt irgendwie blöd :D
    Ich meine, es tut gut zu wissen, dass man mit solchen Aktionen nicht alleine ist. Ich glaube, da ich jahrzehntelang in so einem Dauer-Konfliktzustand war, könnte der Grund dafür sein, dass ich manchmal noch Auseinandersetzungen suche... Und da kam mir meine Oma + Thema Alkohol natürlich gelegen.
    Aber ich glaube durch eure Tipps (innerlich vorbereiten, Zettelchen schreiben...) werde ich da in Zukunft besser drauf achten können, weil eigentlich will ich das ja auch garnicht!

    Wow, Girasole! So eindeutig hat mir das noch nie jemand gesagt. Und so hab ich das auch noch garnicht gesehen... Es ist irgendwie meine Normalität, so lieblos mit mir umzugehen. Und nein, mit anderen würde ich das sicher nicht tun. Ich glaube es sitzt soooo tief bei mir. Gestern war da wieder mein absoluter Tiefpunkt... Ich habe mich an ein paar Design-Sachen an den PC gesetzt und war unfassbar frustriert von meiner Arbeit, von mir! Dann ist es in Hass umgeschlagen und ich habe vor Wut auf mich geweint. Und ich habe wirklich versucht, genau in dieser Situation an deine Worte zu denken und da habe ich gemerkt: Es sitzt zu tief.
    Jetzt gerade in meinem Zustand, die Wut auf mich ist vorbei, da sehe ich das wieder komplett ein und verstehe was du meinst. Aber genau IN der Situation macht es mich noch wütender, wenn ich merke dass ich solche Techniken nicht anwenden kann bzw es nicht schaffe :(
    Das wird sicher die schwerste Arbeit in der Therapie werden. Aber immerhin weiß ich das jetzt, also einen Funken positive
    Erkenntnis habe ich aus meiner Hass-Attacke mitgenommen.
    Und vorallem: Ich will das nicht mehr. Ich habe ein Recht darauf, mich zu mögen... ich will mich nicht mehr so runtermachen! Puh.

    Jetzt ruh ich mich aus. Gestern das, das hat mich etwas aus der Bahn geworfen! Vorallem erschreckt es mich, wie ich in meinen Gedanken mit mir umgehe in solchen Situationen.
    Aber immerhin finde ich das traurig für mich, das ist etwas ganz Neues!

    Schönen Abend an euch!

  • Liebe Zoi,

    die Erkenntnis ist der wichtigste Schritt. Und das bewusst werden.
    komplett das ändern können- wenn du das direkt im ersten Anlauf gepackt hättest- wow, da wäre ich wohl persönlich bei dir vorbei gekommen, um dich fortan auf meinen Schultern durchs Leben zu tragen :mrgreen:
    Ich kann es heute noch nicht und schätze mal so ganz werde ich es wohl auch nicht hinbekommen.
    aber es hilft unheimlich, wenn man es immer wieder bewusst merkt. Oft reicht das, um sein Verhalten irgendwie von selbst ein wenig zu ändern.

    Und wenn man es merkt, hat es lange nicht mehr die Macht von vorher.

    Also du hast einen ganz wichtigen Schritt toll geschafft gestern!
    Du hast zum ersten Mal bewusst gemerkt, wie du dich runter machst.
    Wenn man es nämlich bemerkt, hat es lange nicht mehr die Zerstörungskraft.
    mir geht es öfter so, dass ich mich total mies fühle und nicht weiß, warum.
    Früher habe ich mir sehr ungesunde Mittel gesucht, damit umzugehen.
    (Alkohol, sportsucht, Magersucht, co- Abhängigkeit).
    Da hab ich nicht mal bemerkt, dass es mir total mies ging.
    Heute lebe ich bewusst und wenn es mir schlecht geht, spüre ich das und versuche, dem nachzugehen.
    Meist stellt sich dann heraus, dass ich gerade voller Hass auf mich bin und mir das immer unbewusst einflöße.
    mir scheint, ich bin damit am Ende einer langen Reise mit vielen selbst- Schädigungen angelangt.

    ich würde mich sehr freuen, wenn du etwas eher als ich darauf kommst :)

    Ich finde es toll, wie wissbegierig du bist und wie unbedingt du versuchst, dich zu ändern.
    Du wirst noch lernen, dass die Seele ihre Zeit braucht und sich mit zu viel Druck (hier ist er wieder. ...) nichts schneller bewegt ;)
    Aber mit deinem Willen und deiner Bereitschaft an dir zu arbeiten, wirst du deinen Weg schon finden bzw ihn gehen!

    LG girasole

  • Liebe Girasole,

    Ach, das ist so erleichternd... Und deine Worte zeigen mir auch, wie sehr ich nach "Perfektionismus" strebe, aber nur bei mir. Ich will SOFORT ALLES schaffen, wenn nicht bin ich frustriert.
    Mann, was habe ich hohe Ansprüche an mich selbst. Denen kann und werde ich niemals gerecht werden! Und vorallem: An andere habe ich die nicht, da bin ich viel realistischer.

    Und dann sehe ich solche Dinge garnicht, die du mir sagst:
    Ich habe (trotz der Selbsthass-Aktion) einen wichtigen Schritt gemacht, weil ich es erkannt habe! Auf sowas komm ich von alleine irgendwie nicht, ich konzentriere mich wohl eher auf meine vermeintlichen Rückschläge. Ich danke dir :)

    Und diese ungesunden Ersatzhandlungen, die kenne ich auch. Ich bestrafe mich durch Essensentzug oder andere Dinge... zum Glück habe ich das schon seit ein paar Monaten durchblickt und versuche da, so früh wie möglich einzulenken, sogar mit ein paar kleinen Erfolgen! Das erleichtert mich, weil ich mir selbst Angst mache, wenn ich sowas tue.

    Also vielleicht... ganz vielleicht... erspare ich mir so einen Leidensweg wie deinen? Ich mags kaum aussprechen, aber ich habe das Gefühl, dass sich verdammt viel getan hat und sobald ich die Therapie habe... wird alles besser und ich wieder gesünder.

    Es ist schön, dass trotz kleiner Rückschläge und seelischem Auf-und-Ab immernoch an mich geglaubt wird :)
    Das tut so gut, dann glaube ich nämlich auch mehr an mich!

    (Jetzt schreib ich dir noch was in deinem Thread bei den Cos!)

    Liebe Grüße!

  • Liebe Zoi,

    dein letzter Beitrag liest sich so schön! Es ist toll, wie reflektiert du schreibst und wie reflektiert du dich selbst sehen kannst. :)

    Ich freue mich so für dich, wie viel du schon erkannt hast. Das ist toll! Viel mehr wollte ich gar nicht schreiben. :wink:

    Liebe Grüße, Toru-Chan

    follow your smile

  • Liebe Zoi,

    ich unterschreibe bei Toru :)
    Ich habe auch so ein Gefühl, dass du in einer Therapie wahre Sprünge machen wirst - vielleicht sogar regelrecht explodierst :)

    Natürlich kommst du auf sowas nicht von selbst - dann bräuchtest ja keine Therapie mehr, sondern könntest dich selbst therapieren ;)
    Vergiss nicht, die alte Girasole hat einige Jahre mehr Leben UND Therapie (10, hust) hinter sich ;)

    Danke für deine Beiträge im andern Bereich.
    Den gesuchten Thread findest du bei im Unterforum "sonstiges" bei den Alkoholikern. Ansonsten kannst ein Mitglied anklicken und erhältst alle Beiträge, die es verfasst hat, glaube ich- zumindest aber alle Fäden, die es eröffnet hat.

    LG girasole

  • Ach, ihr seid lieb! Da werd ich ganz rot...

    Vorallem bin ich immer wieder aufs Neue ganz perplex, wie anders ich auf andere wirke - im Gegensatz dazu, wie ich mich selbst beurteile. Verrückte Welt!

    Ohja, von der Therapie erhoffe ich mir viel... Ich weiß wo ich hinwill und hoffe, ich bekomme dort das passende Werkzeug dazu :)

    Schönen Abend!

  • Da Girasoles Thread bei den Cos leider schon geschlossen ist, schreibe ich hier in meinem etwas an dich... und hoffe, dass du das noch liest!

    Es ist deine Entscheidung und ich verstehe sie auch. Natürlich macht es mich traurig, warst du doch eine der ersten, die mir hier geschrieben hat - und mich bis jetzt begleitet hat.
    Deshalb danke ich dir für deine Mühen, für alle guten Ratschläge, dein Mitgefühl und Verständnis.
    Und nein, Menschen sind nicht ersetzlich! Da muss ich der alten Girasole wiedersprechen ;)
    Denn wäre das so, dann hätte kein EKA, kein Co einen Grund hier zu schreiben. Jeder würde seines Weges gehen und sagen: Tschüss, ich such mir neue Eltern / einen neuen Mann etc.
    Du bist nicht ersetzlich :)
    Wenn ich könnte, würde ich dich klonen - einfach weil ich dich sehr zu schätzen gelernt habe.

    In diesem Sinne wünsche ich dir alles Gute und Liebe, dass du dein Leben meisterst und glücklich bist!

    Liebe Grüße :)

  • Hallo Ihr Lieben,

    achja, gestern war wieder so ein Tag. Ich war ziemlich plötzlich total traurig wegen meinem Vater. Es war so, dass ich eine Zeit lang mit dem Gedanken, dass alles so bleibt, ganz "gut" klar kam. Gestern hatte ich da einen kleinen Tiefpunkt, weil mir bewusst geworden ist, welche Auswirkungen das Ganze hat und ob wir je wieder "normalen" Kontakt haben können...
    Und bei dem Gedanken, im Mai quasi in seiner Nähe zu sein - ohne ihn zu sehen - da wird mir ganz komisch und ich habe auch Angst! Ich habe Angst, dass mir wieder Vorwürfe gemacht werden. Vorallem weil ich ihn nicht sehen möchte. Manchmal kann ich damit ganz ok umgehen, manchmal verkrafte ich das aber garnicht mehr.
    Heute habe ich mich zum Glück wieder etwas gefangen, das strengt auch ungemein an über solche Sachen nachzudenken.
    Gestern ist mir auch klargeworden, dass ich eine enorme Distanz zwischen mir und meiner Lebengeschichte geschaffen habe. Oft ist es so, dass wenn ich etwas aus meinem Leben erzähle, dass es mir vorkommt als würde ich von einem Film erzählen, den ich mal gesehen habe. Und zu vielen Situationen fehlen mir meine damaligen Gefühle dazu... Ich betrachte das dann ganz nüchtern und erzähle es, als wäre es eine Geschichte in der ich garnicht vorkomme.
    Und gestern fand ich das sehr gruselig. Wie wenig ich mich mit meinen Geschichten identifiziere, ich kapiere dann garnicht, dass ich gerade von MIR erzähle. Vielleicht weil ich noch nicht will, dass mir das alles passiert ist...
    Auch eine Sache, die mir in der Therapie wichtig ist: Ich möchte das ertragen können und akzeptieren können, dass das zu mir gehört!

    Ich brauchte das gerade einfach mal... ein bisschen meine Gedanken loslassen!
    Geht es jemandem ähnlich? Also dass ihr manchmal garnicht fassen könnt, dass EUCH das passiert ist? Wie geht ihr damit um?

    Liebe Grüße!

  • Liebe Zoi,

    Zitat

    Gestern ist mir auch klargeworden, dass ich eine enorme Distanz zwischen mir und meiner Lebengeschichte geschaffen habe. Oft ist es so, dass wenn ich etwas aus meinem Leben erzähle, dass es mir vorkommt als würde ich von einem Film erzählen, den ich mal gesehen habe. Und zu vielen Situationen fehlen mir meine damaligen Gefühle dazu... Ich betrachte das dann ganz nüchtern und erzähle es, als wäre es eine Geschichte in der ich garnicht vorkomme.
    Und gestern fand ich das sehr gruselig. Wie wenig ich mich mit meinen Geschichten identifiziere, ich kapiere dann garnicht, dass ich gerade von MIR erzähle. Vielleicht weil ich noch nicht will, dass mir das alles passiert ist...

    Mir geht es ganz genauso. Mir ist es am Dienstag wieder aufgefallen, als ich zum Hausarzt gefahren bin und mir überlegt habe, was ich ihm eigentlich sagen will, dass ich eine Therapie machen möchte und weshalb. Das habe ich dann im Auto laut für mich gesagt und es klang so, als würde ich nicht mich meinen. Das war ganz seltsam...
    Auch in anderen Situationen kenne ich das. Ich weiß dabei auch nicht, ob ich mich wirklich an meine Gefühle erinnere oder mir nur denke, so hätte ich mich fühlen müssen. Manchmal fühle ich da auch gar nichts. Aber nachts, wenn ich träume, dann kommt manchmal eine riesige Angst. Dann habe ich z.B. riesige Angst vor meinem Vater. Da sind die Gefühle wieder da. Sie beeinflussen mich noch eine Weile und verschwinden dann auch wieder, werden zu einer Erinnerung, die ich nicht mehr fühle.

    Es freut mich, dass es dir heute etwas besser geht, als gestern. Ich denke, solche Zweifel sind normal. Es ist ja ganz neu für dich, deinem Vater solche Grenzen zu setzen. Du bist es wahrscheinlich auch nicht gewohnt, dass er sie respektiert, dass die Familie sie respektiert. Da du ja auch schreibst, du hoffst, es würde keine Vorwürfe geben. Dennoch finde ich es gut, wie du versuchst, die Grenzen zu setzen. Du übst ja auch noch. Sei nachsichtig mit dir.

    Aber deine Zweifel bezogen auf die Zukunft kann ich nachvollziehen. Ich weiß momentan auch nicht so recht, wie es langfristig gesehen mit meiner Familie weiter gehen soll... Momentan versuche ich das noch zu verdrängen... Dabei erhoffe ich mir auch Hilfe von meiner Therapie, dass ich mich dem stelle und damit umgehen kann...
    Ich glaube, da bist du schon weiter als ich. Zumindest nehme ich das so wahr.

    Alles Liebe, Toru-Chan

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  • Hallo Toru,

    Ja, genauso wie du es beschreibst ist es auch bei mir: Ich bin mir nicht sicher, ob ich mir die Gefühle darein denke weil sie da sein müssten oder ob das meine wirklichen Gefühle waren. Und ja, oft habe ich garkeine Erinnerung an mein Gefühl zu Situation XY.
    Ich glaube das zeugt von einer großen Distanz, die wir uns da geschaffen haben... denn eine Situation ohne Gefühle ist nicht bedrohlich, macht keine Angst und nicht traurig.
    Die Feststellung find ich trotzdem gruselig, weil man weiß da fehlt etwas, etwas Wichtiges!
    Und Albträume habe ich auch, schon seit ich denken kann... Ich kann mich leider auch nur an einen schönen Traum in meinem Leben erinnern. In den Albträumen bin ich teils in Situationen die mal waren und manchmal auch in fiktiven, aber über allem schwebt dieses riesige Bedrohungsgefühl. Und ich weiß, dass das wohl meine echte Empfindung war - ganz oft. Jedenfalls eine von vielen.
    Manchmal seh ich mich selbst wie so ein Testobjekt, das ich erforsche. Und ich analysiere und stelle fest... und manchmal ist mir einfach nicht klar, dass ICH diese Person sein soll über die ich da nachdenke!
    So auch bei dieser Feststellung, das ist so kompliziert und komplex.

    Ich glaube auch, dass die Zweifel normal sind... ich weiß nur noch garnicht, wie ich damit umgehen soll weil es sich so überwältigend anfühlt. Es fühlt sich so unkontrollierbar an und ich bin ein absolut kontrollierter Mensch, grausam.

    Danke für deine bestärkenden Worte, es tut einfach gut das zu hören. Man geht viel zu schnell hart mit sich ins Gericht!

    Ich glaube, dass wir beide - jeder für sich - in der Therapie lernen werden, mit solchen Themen umzugehen und sie für uns als etwas sehen, dass wir beeinflussen können. Wir haben unser Leben ja selbst in der Hand und der Umgang mit der Familie gehört dazu... Ich bin mir sicher, dass wir das lernen werden, weil wir WOLLEN.

    Ich kann so schlecht beurteilen, wie "weit" ich bin. Ich bemerke oft Fortschritte garnicht, bis mich jemand (ihr zB) darauf hinweist. Ich sehe nur meine Defizite, die Dinge die ich noch nicht kann - deshalb erwarte mal keine gute Selbstbeurteilung von mir ;)

    Aber immerhin weiß ich das jetzt und durch euch habe ich gelernt, dass die Einsicht allein schon ein Fortschritt ist! Und der Wille, das ändern zu wollen :)

    Liebe Grüße!

  • Hallo Zoi,

    es freut mich, dass dir meine Worte gut tun. In meinem Thread habe ich ja geschrieben, dass ich das mit der negativen Selbsteinschätzung gut kenne. Da hilft manchmal eine Fremdwahrnehmung. :)

    Ich hoffe auch so sehr, dass wir in der Therapie den Umgang mit solchen Themen lernen. Gestern habe ich mich so gefreut, nun einen Therapieplatz in Aussicht zu haben. Heute kommt mir Mai so unendlich weit weg vor. Allerdings sind zwei Monate im Verhältnis zu meinem bisherigen Leben nichts...

    Heute Nacht hatte ich auch wieder Albträume. Im Traum habe ich sogar heftig geweint, über meine Eltern und all das. Im Traum kann ich scheinbar auch die Trauer darüber zulassen, die ich tagsüber scheinbar verdränge.

    Liebe Grüße, Toru-Chan

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