Verstand und Gefühl

  • Liebe Toru,

    Zur negativen Selbsteinschätzung schreibe ich dir etwas in deinem Thread!
    Zwei Monate klingen vielleicht lang, aber erstmal ist es eine absehbare Zeit und soweit ich weiß, ist es auch sehr kurz im Vergleich zu anderen Wartezeiten! Ich bin mir sicher, dass die 2 Monate gut vorrübergehen. Und zur Überbrückung hast du ja noch uns hier im Forum :)
    Das mit den Albträumen kenne ich... dort bin ich oft mit meinen tiefsten Ängsten konfrontiert, die ich tagsüber versuche auszublenden. Ich habe eine (kurze) Zeit lang versucht, die Träume aufzuschreiben aber davon ging es mir so schlecht - ich glaube, das war nicht die beste Idee, so ohne therapeutische Unterstützung!

    Und da bin ich auch schon beim Thema meiner Gedanken die letzten Tage. Ich habe Angst vor genau 2 Ereignissen: Meinem Heimat-Aufenthalt im Mai und der Geburtstag meines Vaters Mitte des Jahres. Zum Glück beginnt die Therapie Ende April, also vor den beiden Angst-Situationen... das ist mir erst gestern aufgefallen - puh!
    Und ich habe mir wieder mal Gedanken gemacht, wie der Kontakt zu meinem Vater in der Zukunft aussehen könnte.
    Ich würde gerne wenigstens minimalen Kontakt zu ihm haben... glaube ich. Momentan kann ich nicht, ich trau es mir garnicht zu. Die Gespräche mit ihm haben immer soviel Potenzial geboten um zu streiten, zu weinen, sich aufzuregen... Und das hab ich selbstverständlich auch immer getan. Und davor hab ich Angst, dass ich noch zu anfällig für diese Sachen bin. Denn geändert hat er sich nicht.
    Also gibt es wohl nur zwei Kontaktmöglichkeiten: garkeinen oder einen sehr kontrollierten.
    Davon bin ich überfordert! Ich kann mir weder vorstellen, so extrem kontrolliert mit ihm zu reden noch niemals mehr mit ihm zu reden... Und ich stelle mir solche Gespräche auch total anstrengend vor. Ach ich weiß es nicht...
    Und da hoffe ich, dass ich während der Therapie eine zumutbare Lösung für mich finde.

    Ich frage mal die hier, die noch etwas Kontakt zu ihren Eltern haben:
    Ist dieser Kontakt anstrengend? Oder habt ihr euch auf Dauer so damit arrangieren können, dass es euch damit trotzdem gut geht?

    Schönen Sonntag euch allen!

  • Hallo Zoi,

    ja da hast du wieder mal Recht! Zwei Monate vergehen eigentlich recht schnell. Und auch, dass ich das Forum habe, hilft mir wirklich sehr. Ich habe am Wochenende ganz viel hier gelesen, das hat mir gut getan. Ansonsten wäre ich wahrscheinlich in meinem Gedankenwirrwarr verschwunden. Aber so hat es mir Mut gemacht, andere Erfahrungen zu lesen, gleiche Gedanken und Ängste zu teilen, zu wissen, ich bin hier nicht allein. Und in der restlichen Zeit hatte/habe ich eine schöne Zeit mit meinem Freund, die ich dieses Wochenende dann zum Glück doch besser genießen konnte. :)

    Deine Ängste kann ich sehr gut verstehen. Leider kann ich dir dazu noch keine richtigen Tipps geben, weil ich da selbst noch nicht so weit bin und mich momentan ähnliche Fragen beschäftigen. Auch ich möchte den Kontakt zu meinen Eltern ungern ganz abbrechen, würde ihn aber dennoch gerne auf ein Minimum beschränken. Bei mir ist es ganz unterschiedlich, meist schadet mir der Kontakt jedoch. Oft mache ich mich weit vorher schon verrückt, wie es werden wird usw. Im Nachhinein und währenddessen ist es unterschiedlich. Meist jedoch wühlt mich das aber auch auf, weil ja doch was vorgefallen ist. Und wenn nichts vorfällt, wühlt mich das auf, weil ich mir wieder Vorwürfe mache. Also eine gute Lösung für einen guten Umgang mit Kontakt habe ich noch nicht wirklich gefunden. Ich selbst habe auch schon von zwei Seiten den Rat bekommen, mich ganz von meinen Eltern zu entfernen. Da ich das (noch) nicht kann, habe ich mir vorgenommen, dabei mehr auf mich und meine Grenzen zu achten. Ich möchte sagen können, ab wann es mir zu viel wird. "Stop. Nein, das belastet mich. Berede das mit jemandem anderen. Ich bin dein Kind." Manchmal schaffe ich das, aber oft auch noch nicht. Ich weiß nicht, ob es besser wird, wenn man diese Grenzen so konsequent setzen kann oder ob das auch wieder zu viel Kraft raubt. Vor allem, wenn sie nicht respektiert werden. Was mich stört, sind vor allem die Übernachtungen. Mir wären Besuche für ein paar Stunden lieber. Aber aufgrund der Entfernung ist das nicht möglich. Und die Ansage, mir ein Hotel ähnliches zu nehmen, schaffe ich momentan nicht.

    Ich hoffe, mein Post klingt nicht zu wirr und hat dich nicht noch mehr verunsichert. :( Wenn doch, tut es mir Leid.

    Ich hoffe, wie gesagt, dass hier noch EKAs mit mehr Erfahrungen in diesem Bereich schreiben werden. :)

    Wäre ansonsten das eine Möglicheit für dich? Du schreibst, du wärst momentan nicht zu einem kontrollierten Kontakt in der Lage. Vielleicht könntest du den Kontakt bis dahin, bis du dich dazu in der Lage fühlst, erstmal ruhen lassen. Vielleicht kann dir die Therapie dabei helfen. Es ist auf jeden Fall gut, dass diese schon vor den beiden "Terminen" beginnt. Wenn du dir dann einen kontrollierten Kontakt zutraust, kannst du es ja dann versuchen, wenn du es dann noch möchtest. Keine Entscheidung ist absolut.

    Ansonsten hat mir heute auch das Lesen von CoLibris Faden hier im EKA-Bereich geholfen. Vielleicht wäre das auch was für dich, dort etwas zu lesen.

    Liebe Grüße, Toru-Chan

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  • Hallo liebe Toru,

    Ja, der zukünftige Kontakt ist so eine Sache...
    So wie du es beschreibst, so ging es mir auch die ganze Zeit während ich noch Kontakt zu meinem Vater hatte. Egal wie es läuft, schlecht fühlt man sich trotzdem irgendwie.
    Ich finde es aber gut, dass du versuchst, Grenzen zu setzen! So wie ich das hier bei vielen anderen gelesen habe, ist das ein sehr sehr wichtiger Schritt. Denn nicht alle brechen den Kontakt komplett ab (und ich finde auch nicht, dass irgendwer das "muss").

    Kurzes Zitat-auseinandernehmen:
    "Mir wären Besuche für ein paar Stunden lieber. Aber aufgrund der Entfernung ist das nicht möglich. Und die Ansage, mir ein Hotel ähnliches zu nehmen, schaffe ich momentan nicht."

    Widersprüchlich, hm? Die Möglichkeit hast du ja selbst erkannt.
    Damit will ich nicht sagen: Zieh das jetzt sofort durch! Sondern nur: Du erkennst selbst, dass es doch Optionen gibt.

    Und nein, dein Post klingt wie immer sehr sortiert! Ich bin nicht verunsichert, eher im Gegenteil. Denn es ist ja doch erleichternd zu hören, dass es anderen genauso geht!

    Der Kontakt zu meinem Vater ist momentan abgebrochen. Ich denke aber jeden Tag an ihn, ich träume viel von ihm. Und ich schwanke so hin und her... denn ich bin wütend, verletzt, traurig, fühle mich schuldig. Und ich vermisse ihn sehr. Nicht sein betrunkenes Ich, sondern den Menschen, der tief darunter schlummert.
    Zu meiner Schwester sagte er am Telefon etwas wie: Ich vermisse Zoi schon, aber die hat momentan solche Flausen im Kopf, dass ich nicht mehr normal mit ihr reden kann.

    Tja...

    Ich schaffe das abgrenzen einfach noch nicht. Deshalb habe ich den Kontakt erstmal abgebrochen. Ich kann ihm meine Grenzen nicht aufzeigen, das macht mich jedes Mal so fertig und mir geht es nicht gut damit. Das will ich lernen... Ich will meine Optionen kennen und die raussuchen, mit der ich leben kann!

    CoLibris Faden habe ich schon oft gelesen, auch den von Zimttee. Und das macht mir Mut! Ich bewundere EKAs, die ihren Weg gehen und glücklich leben können!
    Vielleicht wird mein Thread ja auch irgendwann einer, der anderen hilft?

    Liebe Grüße!

  • Und schonwieder etwas vergessen!

    Ich mache mir die letzten Tage vermehrt Gedanken um ein Thema... und es fällt mir schon schwer, jetzt die Worte "gesund" und "Alkohol" in einem Satz zu erwähnen. Ich mach es einfach mal:
    Ich habe mittlerweile keine eigene und gesunde Einstellung zu Alkohol mehr. Im Sinne von... ich trinke garnicht mehr.
    Dazu muss ich sagen, dass ich schon seit einigen Jahren jemand bin, der sehr sehr selten trinkt. Nur mal so auf Feiern quasi.
    Jetzt hat mich vorallem eine Situation da sehr zum nachdenken gebracht. Ich war mit 2 Freundinnen nachmittags Kaffee trinken, bis in den Abend hinein. Da waren wir dann nurnoch zu zweit und meine Freundin meinte dann irgendwann, ob wir nicht einen (man darf keine Namen nennen, oder?)... also ob wir nicht ein leicht alkoholisches Getränk trinken wollen. An sich hätte ich nichts dagegen aber mein Gedanke war sofort: Oh mein Gott, Alkohol. Mir wurde bei dem Gedanken schon ganz anders! Demnach habe ich natürlich keinen getrunken.

    Was mich daran stört ist folgendes: Ich habe keine EIGENE Einstellung mehr dazu, obwohl ich vorher ein normales Verhältnis ohne Gefahrendenken hatte. Ich meine, ich hätte dazu mal was in Zimttee´s Thread gelesen, bekomms gerade nicht mehr zusammen...

    Außerdem seh ich überall vermeintliche Alkoholiker bzw. Alkoholmissbräuchler. Die wahrscheinlich garkeine sind, aber mein Gehirn schaltet wohl jetzt so: Mensch+Alkohol=Gefahr!

    Kennt ihr das auch? Habt ihr das für euch irgendwie aufgelöst oder trinkt ihr einfach nie wieder...? Sehr ihr das überhaupt als ein Problem?

    Liebe Grüße

  • Hallo Zoi,

    kein Alkohol trinken ist der einzigste gesunde Umgang . Alles andere ist schönreden aus den unterschiedlichsten Gründen .

    Das es dich beschäftigt ist ja ganz normal da du dich ja intensiver darüber austauscht . Nur verfalle aber nicht in Panik.

    Der Alkohol macht dir ja nichts. Er lauft dir nicht nach oder verlangt das du ihn trinkst .

    Gruß Hartmut

    Gruß Hartmut

    ------------------

    Wer will, findet Wege. Wer nicht will, findet Gründe!

  • Hallo Hartmut,

    Ja da hast du wohl Recht. Und dass das von meiner dauernden Auseinandersetzung mit dem Thema kommt!
    Generell denke ich mir auch genau das: Keinen Alkohol zu trinken ist doch super. Ich glaube es geht mir auch mehr um meine Einstellung dazu als um meinen tatsächlichen Konsum, der wie gesagt ja eh gen Null geht.
    Ich habe einfach irgendwie Angst, dass ich da ein Tabu in meinem Kopf errichte... bzw. eher eine absolute Aversion.
    Ist irgendwie schwierig zu erklären... vielleicht verstehst du mich ja?
    Es fällt mir schon schwer da überhaupt drüber zu schreiben, vorallem weil ihr Trockenen da natürlich eine vollkommen andere (und richtige!) Einstellung zu habt.

    Liebe Grüße und danke für deine Antwort!

  • Vielleicht ist es so besser erklärt:
    Aversion aus Angst. Und ich denke auch, weil mein Vater Alkoholiker ist "darf" ich nichts trinken. Ist Quatsch.
    Ich hab das auch bei einer anderen Sache:
    Ich hab einige Zeit eine bestimmte Hunde-Sendung gesehen, in der man auch bissige Hunde sieht. Und seit einiger Zeit habe ich richtige Angst vor Hunden auf der Straße, ich mache einen Riesen Bogen oder wechsle die Straßenseite. Obwohl ich mit Hunden aufgewachsen bin und Hunde liebe!
    Ersetzt man da Hund durch Alkohol, passt das sehr gut auf meine momentane Angst...

  • Hallo Zoi

    ersetze die Angst vor Alkohol mit Respekt und du bist auf dem richtigen Weg So sehe ich es mal .

    Gruß Hartmut

    Gruß Hartmut

    ------------------

    Wer will, findet Wege. Wer nicht will, findet Gründe!

  • Hallo Hartmut,

    das trifft´s auf den Punkt.
    Respekt vor jeglicher Art von Droge hatte ich schon immer, weshalb ich selbst als naiver Teenager niemals irgendetwas ausprobiert habe - ausgenommen Alkohol, diese tolle (weil gesellschaftlich anerkannte) Droge... weil ich mir niemals solche Gedanken darum gemacht habe, eben weil einem irgendwie vorgegaukelt wird, es wäre ja so harmlos.
    Bei Tabletten ist es ja ähnlich, mein Stiefvater hat mir das Gegenteil bewiesen und noch heute bin ich sehr kritisch und hinterfragend bei Medikamenten. Auch so eine kleine tiefsitzende Angst...
    Ich schweife ab!
    Was ich sagen will ist, dass mein Respekt sich in Angst wandelt. Ich glaube, ich kann das schwerlich für mich allein auflösen und werde das auf meine gedankliche Therapie-Ansprechliste setzen.

    Ich habe gerade den "der trinkende Co" (oder so ähnlich)-Thread gelesen... ich hoffe, mein Beitrag fällt nicht unter "über eigenen Alkoholkonsum sprechen"?
    Wie gesagt geht es mir um meine Einstellung und Gedanken dazu, nicht um meinen Konsum.

    Danke für deinen Hinweis, Hartmut! Das bringt meine Gedanken wenigstens ein bisschen auf eine andere Ebene.

    Liebe Grüße!

  • Hallo Zoi,

    Zitat

    Kurzes Zitat-auseinandernehmen:
    "Mir wären Besuche für ein paar Stunden lieber. Aber aufgrund der Entfernung ist das nicht möglich. Und die Ansage, mir ein Hotel ähnliches zu nehmen, schaffe ich momentan nicht."

    Widersprüchlich, hm? Die Möglichkeit hast du ja selbst erkannt.
    Damit will ich nicht sagen: Zieh das jetzt sofort durch! Sondern nur: Du erkennst selbst, dass es doch Optionen gibt.


    Da hast du ganz recht damit. Noch fühle ich mich nicht so weit. Vielleicht bin ich es eines Tages. :)

    Zitat

    Ich schaffe das abgrenzen einfach noch nicht. Deshalb habe ich den Kontakt erstmal abgebrochen. Ich kann ihm meine Grenzen nicht aufzeigen, das macht mich jedes Mal so fertig und mir geht es nicht gut damit. Das will ich lernen... Ich will meine Optionen kennen und die raussuchen, mit der ich leben kann!


    Dann hast du doch für den Moment die richtige Option für dich gewählt. Es ist ja nicht mehr lange bis zu deiner Therapie. Bestimmt kannst du dann lernen, mit verschiedenen Situationen noch bewusster umzugehen. Dann kannst du ja eine neue, eine andere Option für den Umgang mit deinem Vater wählen, wenn du das dann möchtest. Wie schon erwähnt, keine Entscheidung ist entgültig.

    Zitat

    Vielleicht wird mein Thread ja auch irgendwann einer, der anderen hilft?


    Das ist er schon. Er hilft mir jetzt schon sehr. :)

    Zitat

    Was mich daran stört ist folgendes: Ich habe keine EIGENE Einstellung mehr dazu, obwohl ich vorher ein normales Verhältnis ohne Gefahrendenken hatte. Ich meine, ich hätte dazu mal was in Zimttee´s Thread gelesen, bekomms gerade nicht mehr zusammen...

    Außerdem seh ich überall vermeintliche Alkoholiker bzw. Alkoholmissbräuchler. Die wahrscheinlich garkeine sind, aber mein Gehirn schaltet wohl jetzt so: Mensch+Alkohol=Gefahr!

    Damit bist du nicht alleine. Mir geht es zumindest ähnlich. Ich habe keine "normale" Einstellung gegenüber Alkohol. Das fängt schon damit an, dass ich nicht mal weiß, was in diesem Zusammenhang "normal" ist. Mein eigenes Alkoholverhalten war lange Zeit so, dass ich gar nichts getrunken habe. Inzwischen ist es so, dass ich ab und zu Alkohol trinke. Aber sehr wenig und kontrolliert. Immer gemischt mit einer Vorsicht oder auch Angst, wie du es sagst. Am schlimmsten war es für mich früher, wenn mich Freunde zu überreden versucht haben, mehr zu trinken, mich langweilig fanden, weil ich nichts oder so wenig trinke. Das ist heute zum Glück nicht mehr so, dass meine Freunde sich mir gegenüber so verhalten. Dazu muss ich sagen, dass ich meinen Freundeskreis inzwischen komplett gewechselt habe und mich mit meinen jetzigen Freunden allgemein sehr viel wohler fühle, in allen Hinsichten.

    Ich denke bei Leuten, die viel Alkohol trinken, bzw. die betrunken sind, auch immer gleich "Oh nein!" Es ist mir unangenehm und ich versuche, ihnen so gut es geht aus dem Weg zu gehen. Bei Freunden ist es eigentlich anders, zumindest nicht so extrem... Aber mir ist aufgefallen, dass mich sehr müdes Verhalten (schlaftrunken?) kombiniert mit Alkoholgeruch (?) total triggert. Das kann ich gar nicht ertragen, das erinnert mich wohl zu sehr an meinen Vater.

    Ich hoffe auch, ich bin mit meinem Post nicht zu sehr in mein eigenes Alkoholverhalten reingerutscht. Wenn es so sein sollte, dann bitte eventuelle Stellen löschen. eigentlich wollte ich auch nur meine eigenen Gedanken und Gefühle zu dem Thema verdeutlichen.

    Liebe Grüße, Toru-Chan

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  • Hallo Toru,

    Schön, von dir zu hören :)

    Ja, wahrscheinlich habe ich für mich erstmal die bestmögliche Option gewählt, indem ich keinen Kontakt mehr habe...
    Gestern wurde mir erzählt, dass eine Katze meines Vaters schon seit 2 Wochen entlaufen (?) ist... Die Katze habe ich ihm damals mitgebracht. Und außer mal die Nachbarn zu fragen, ob die sie gesehen haben hat er nichts getan.
    Seit gestern bin ich von so einer Traurigkeit gepackt, ich weiß garnicht mehr was ich fühlen soll. Er tut mir leid, weil er so hilflos Problemen gegenübersteht, dass er noch nichtmals in einem Tierheim anrufen kann. Und ich weiß, dass er diese Katze abgöttisch liebt. Und ich vermisse ihn. Und ich bin so unfassbar traurig um die Katze und dass er verharrt ohne etwas zu tun.
    Aber was hätte er tun sollen? Ich bin weg und da rührt er ja auch keinen Finger, wieso dann bei einer Katze? Trotzdem bin ich irgendwie so enttäuscht und traurig um ihn, um die Katze. Um diese ganze beknackte Situation, an der ich GAR NICHTS ändern kann! Ich vermisse einen Vater, meinen Vater, den ich nicht haben kann weil er nicht mehr so existiert...

    Ja, meine Einstellung zu Alkohol ist ähnlich wie deine. Den einzigen "Vorteil" seh ich darin, dass wir Alkohol nicht mehr als harmlos und normal ansehen - denn das ist er nicht. Mich stört auch viel mehr genau das, was du da beschreibst. Menschen+Alkohol machen mir Angst... Alkoholgeruch macht mir Angst (bei anderen) und mein paranoides Hirn schaltet dauernd um auf Gefahr! Gefahr!
    Und wenn ich auf der Straße dann tatsächliche Alkoholiker sehe (und die sehe ich oft -> Großgroßstadt), dann will ich sie schütteln und anschreien. Dann verachte ich sie zutiefst und gleichzeitig tun sie mir leid... Weil ich finde jedes Menschenleben wertvoll und DAS hat einfach keiner verdient.
    Manchmal, wenn ich solche Menschen sehe, dann frage ich mich wer sie eigentlich WIRKLICH sind? Haben sie Familie, sogar Kinder? Werden sie geliebt und weint jemand um sie?
    Waren das mal tolle Menschen... bevor der Alkohol all das ausgelöscht hat? Und die Wut in mir schreit: WARUM zum Henker tust du das?

    Ich mache mir viele Gedanken. Zu viele?

    Liebe Grüße

  • Hallo Zoi :)

    diese Traurigkeit kenne ich. Das Gute ist, dass du weißt, wo sie momentan herkommt. Da kannst du mit deinen Gedanken besser gegen ansteuern. und das tust du auch, indem du dir immer wieder sagst: Richtig, du kannst NICHTS tun. Nur dein Vater kann etwas tun, um sich in dieser Situation selbst zu helfen. Auch, wenn das so unglaublich schwer ist.
    Mir geht es so mit meiner co-abhängigen Mutter. Sie tut mir auch immer wieder so leid. Auch hier versuche ich mir immer wieder zu sagen: Nur sie kann es ändern. Du oder Girasole habt mal geschrieben, dann entscheidet sie sich selbst dafür, in dieser Situation zu verharren. Bei deinem Vater ist es ähnlich. Er entscheidet.
    Wie man mit dem Mitleid und der Traurigkeit darüber besser umgehen kann, weiß ich auch nicht... Aber das Sich-immer-wieder-Sagen hilft vielleicht zumindest dahingehend, sich selbst die Verantwortung zu nehmen...
    Ansonsten geht es mir mit dem Mitgefühl/ der Traurigkeit mal besser und mal schlechter. Wahrscheinlich auch im Zusammenhang, wie viel man darüber nachdenkt und grübelt oder, ob man gerade Kontakt hatte bzw. darüber nachdenkt...

    Wie geht es dir heute?

    Zitat

    Ich mache mir viele Gedanken. Zu viele?


    Ich weiß es leider nicht. Ich bin auch ein Gedankenmensch. Eine frühere Freundin meinte mal zu mir, wenn sie sich immer so viele Gedanken machen würde, wie ich, würde ihr Kopf platzen. Ich glaube, manchmal ist es schon besser, die Gedanken abschalten zu können, "einfach" unbeschwert mit sich selbst zu sein... Wie? Keine Ahnung... Ich kenne diese ganzen Gedanken, die du beschreibst, und noch tausend mehr...
    Aber als Fortschritt für mich, sehe ich, dass ich mich bereits weniger selbst fertig mache, nicht mehr bei jedem und bei allem, egal unter welchen Umständen springe, egal was mit mir ist. Das ist besser geworden. Immerhin.

    Liebe Grüße, Toru-Chan

    follow your smile

  • Hallo liebe Toru,

    schön, dass du fragst! Ich war ein paar Tage hier nur passiv unterwegs, hab gelesen und bin ein bisschen Gefühlsachterbahn gefahren.
    Heute gehts mir eigentlich ganz gut, sitze sogar am PC und arbeite an ein paar eigenen Projekten... die hab ich die letzte Woche etwas schleifen lassen!
    Und habe noch einen weiteren Brief an meinen Vater geschrieben, natürlich ohne ihn abzuschicken - nur gedanklich.
    Und dabei ist mir aufgefallen, wie sehr ich mich in bestimmte Gefühle reinsteigere. Man kann quasi dabei mitlesen...
    Solche Briefe fangen recht versöhnlich, klar und "nett" an und dann irgendwann gehts über "versaute Kindheit" und zum krönenden Schluss: Ich brauche dich nicht mehr, ich bin erwachsen!
    Ich habe viel gelernt, vorallem hier. An diesen Punkt zu kommen, an dem ich sagen kann, dass ich mein eigener Herr bin... ich gestalte mein Leben, ich bin es so satt in dieser Endlosschleife Kindheit-Jugend gefangen zu bleiben!
    Und ICH kann das ändern, das ist so super eigentlich. Ein harter Weg, Angst habe ich auch. Aber ich habe die Kontrolle darüber, was aus mir wird... Dieses kranke Familiensystem endet mit mir, wird nicht an meine Kinder weitergegeben.

    Und das sind auch die Dinge, die ich versuche mir immer vor Augen zu halten... Klappt im Normalzustand ganz gut, wenn ich so meine Wut-Trauer-Phasen habe so lala.
    Ich war die letzten Tage auch irgendwie sehr erschöpft, meine Gedanken und Gefühle waren einfach anstrengend.
    Und jemanden zu bemitleiden und gleichzeitig rasend wütend zu sein ist auch alles andere als entspannend...
    Ich fühle mich dann oft wie gefangen in meinem Körper, schutzlos solchen Gefühlen ausgeliefert und weiß garnicht mehr wohin mit mir... am liebsten würd ich mich dann einfach in Luft auflösen.
    Aber stop! Heute ist ein ganz guter Tag und den werde ich mit einem leckeren Essen und warmer Badewanne beenden. Schön beduftet mit Kardamom und Vanille, darauf freue ich mich jetzt :)
    Wie geht es dir denn? Wie waren deine letzten Tage?

    Alles Liebe!

  • Hallo Zoi,

    das klingt doch gut, dass du auch einzelne Tage genießen kannst. Das freut mich für dich! :)

    Zitat

    Ich habe viel gelernt, vorallem hier. An diesen Punkt zu kommen, an dem ich sagen kann, dass ich mein eigener Herr bin... ich gestalte mein Leben, ich bin es so satt in dieser Endlosschleife Kindheit-Jugend gefangen zu bleiben!
    Und ICH kann das ändern, das ist so super eigentlich. Ein harter Weg, Angst habe ich auch. Aber ich habe die Kontrolle darüber, was aus mir wird... Dieses kranke Familiensystem endet mit mir, wird nicht an meine Kinder weitergegeben.

    Das klingt auch richtig super! Klar, die Angst ist normal. Aber, dass du gedanklich schon so weit bist, das freut mich so! :)

    Diese anderen Phasen sind ja auch noch normal. Vielleicht gehören sie auch immer etwas dazu, nur dass sie mit der Zeit seltener werden. Ich habe hier ganz oft gelesen, dass es vor allem wichtig ist, auch diese traurigen verwirrenden Gefühle hinzunehmen, ohne dagegen anzukämpfen. Und du hast dir gestern ja an deinem schönen Tag auch noch einen tollen Abend gegönnt. Das ist glaube ich auch ganz wichtig, sich etwas Schönes zu gönnen.
    Du bist auf einem guten Weg!

    Meine Antwort darauf, wie es mir geht, habe ich jetzt mal in meinen eigenen Faden kopiert, damit ich das nicht alles in dein Thema schreibe. Ist nämlich doch etwas mehr geworden, als ich zunächst dachte. ;)

    Liebe Grüße, Toru-Chan

    follow your smile

  • Hallo Toru,

    Ja, ich hatte einige schöne und "normale" Tage, das tat echt gut :)
    Dieses Akzeptieren der negativen Gefühle fällt mir immernoch sehr schwer, ich fühl mich ihnen so ausgeliefert und das ist manchmal kaum zu ertragen... aber auch deshalb brauch ich die Therapie, ich kann das einfach nicht alleine!
    Morgen fahren mein Freund und ich seine Eltern besuchen, da bin ich seit langem zum 1. Mal wieder im Lande. Eigentlich freu ich mich sehr, er hat eine wirklich tolle Familie...
    Andererseits habe ich Angst, dass mein Vater mir zu Ostern schreibt. Schon bei dem Gedanken bleibt mir mein Herz vor Panik stehen... ich weiß nicht, wieso. Aber ich kann da sowieso nichts machen, deshalb komm ich nicht drumrum falls das passiert. Naja!
    Außerdem hat meine Mutter meine Oma getroffen. Und da fragt meine Oma doch tatsächlich: Leidet Zoi denn garnicht darunter? (Situation, dass ich keinen Kontakt mehr zu meinem Vater habe)
    Ich bin da ziemlich sprachlos. Ich kanns mir aber auch erklären, wieso sie das denkt. Denn in den Gesprächen mit ihr bin ich nicht frei und unbefangen, ich habe eine Schutzmauer bis in den Himmel und klinge wahrscheinlich dementsprechend kühl und abgeklärt. Es hat mich trotzdem irgendwie verletzt, weil ich oft den Eindruck habe, dass andere Menschen glauben, ich hätte sowieso keine Gefühle und wäre unkaputtbar... Und da ist wieder das Alien-unter-Menschen-Gefühl.

    Außerdem hatte ich eine verrückte und beängstigende Erkenntnis. Im Prinzip ist mir das schon etwas länger klar gewesen, ich habe es gestern aber zum 1. Mal bei meinem Freund ausgesprochen. Mein Stiefvater war ja Borderliner, er hat mich ab meinem 6. Lebensjahr aufgezogen, erzogen, manipuliert. Die Geschichte ist zu komplex um sie zu erzählen, außerdem gehört´s sicher nicht in den offenen Bereich. Jedenfalls habe ich mich bis ins Teenageralter auch benommen wie ein Borderliner. Manipulieren, Drama, extra andere verletzen, mich verletzen und es ganz offensichtlich zeigen. Und immer so weiter.
    Ab einem Alter (als ich anfing zu reflektieren) ist mir klargeworden, dass ich mich zwar so verhalte, aber mich dabei immer schlecht gefühlt habe. Als wäre mein Verhalten implantiert, als wäre ich fremdgesteuert.
    Und nun meine Theorie: Ich habe Borderline simuliert. Ich habe ja am Modell "Borderline" gelernt - wie man Probleme "löst", wie man mit Menschen umgeht etc.
    Ich verhalte mich schon lange nicht mehr so, jedenfalls nicht gegenüber anderen Menschen. Aber dieser Keim ist in mir und ich weiß, wozu ich fähig bin. Ich kontrolliere mein Verhalten sehr.
    Und das finde ich SO gruselig, das hat mir immer schon Angst gemacht. Ich weiß, dass ich keine Borderline-Störung habe. Ich bin die billige Kopie dieser Krankheit, sie wurde mir einfach beigebracht. Ich finde das so verrückt und schlimm, als würde da ein Monster in mir wohnen, das nicht zu mir gehört.
    Diesen Gedanken musste ich jetzt einfach mal hierher loslassen...
    (Und habe sofort Angst, dass ich jemanden damit verschrecke!)

    Liebe Grüße, Zoi

  • Hallo Zoi,

    Zitat

    Dieses Akzeptieren der negativen Gefühle fällt mir immernoch sehr schwer, ich fühl mich ihnen so ausgeliefert und das ist manchmal kaum zu ertragen... aber auch deshalb brauch ich die Therapie, ich kann das einfach nicht alleine!


    Ich weiß, was du meinst. Gestern ging es mir auch wieder so... Heute ist es wieder besser...

    Ich wünsche dir für den Besuch bei den Eltern deines Freundes alles Gute, dass du dort etwas entspannen kannst, auch, wenn dein Vater räumlich dann viel näher ist.

    Dass du das Borderliner-Verhalten nachgeahmt hast und vielleicht davon noch Spuren in dir hast, finde ich unter den Umständen, unter denen du aufgewachsen bist, gar nicht so abwägig. Du kanntest ja kein anderes Verhalten und Kinder lernen ja durch Nachahmen. Mich schrecken diese Gedanken zumindest nicht ab. Mit dem selbstverletzenen Verhalten, meinen Flashbacks, meinem Hineinsteigern und meinem teilweise scheinbar grundlos übertriebenen Verhalten und meinen verdrängten Erinnerungen habe ich auch so viel in mir, was mir Angst macht. Was ich nicht als zu mir gehörig annehmen möchte. Quasi auch ein unkontrollierbares Monster, was manchmal einfach ausbricht... Vielleicht gehört das Annehmen dieses Monsters mit zum Lernprozess, aber noch kann ich das nicht...

    Liebe Grüße, Toru-Chan

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  • Hallo Toru,

    Ich bin wieder in Deutschland und fühl mich ziemlich angespannt, eigentlich direkt seit überqueren der Grenze. Und das verrückte ist, dass ich hier immernoch SEHR weit weg von meiner Familie/meinem Vater bin. Es fühlt sich aber so nah an, als wäre das ganze Land verflucht :(

    Es ist etwas schwierig für mich, ich kann mich so schlecht "gut" fühlen und abschalten. Ich fühl mich einfach so belastet und hier ist alles so... unbelastet. Also die Familie und ich, das Stress-Alien, mitten drin. Ich weiß, das klingt so negativ. Hm.

    Ja, an sich ist es kein Wunder, dass ich dieses Verhalten erlernt habe. Es macht mir so Angst, weil ja gerade dieses Verhalten mein halbes Leben versaut hat. Und dann stell ich solche Sachen auch noch an mir fest, die Dinge die ich hasse und die mir immer Angst gemacht haben. Das einzig Gute daran ist, dass es quasi niemand merkt, da ich es nicht nach außen lasse. In vielen Situationen könnte ich austicken, mich total hysterisch oder böse verhalten - und das tue ich nicht. Aber ich fühle manchmal, dass ich es eigentlich tun würde, wäre ich nicht so kontrolliert. Und dass ich das hier schreibe (oder ausspreche) fühlt sich auch so seltsam an... wer will schon mit so jemandem zu tun haben? Hier bin ich aber geschützt durch die Anonymität, Freunden würde ich das eher nicht erzählen...

    Du sagtest: "Was ich nicht als zu mir gehörig annehmen möchte."
    Das ist wahrscheinlich wieder der Knackpunkt, es zu akzeptieren! Und gleichzeitig der schwierigste Schritt. Also toi toi toi!

    (Vielleicht lerne ich auch irgendwann die Zitat-Funktion, ha!)

    Liebe Grüße!

  • Hallo Zoi,

    ich wünsche dir, dass du mit der Zeit noch Möglichkeiten findest, den Besuch in Deutschland bzw. bei den Eltern deines Freundes mehr zu genießen. Die Familie meines Freundes ist auch nicht wirklich unbelastet, von daher weiß ich nicht, wie sich das anfühlt...
    Vielleicht kann man sich aber für solche Situationen auch eine Art Notfallkoffer packen?
    Ich kenne das nur so, dass ich schon weit im Voraus verrückt werde, bevor ich zu meinen Eltern fahre oder auf dem langen Weg dorthin. Hatten wir ja schon mal in meinem Faden darüber geschrieben. Aber einen Notfallkoffer dafür habe ich leider auch nicht... Lass dir wenigstens gesagt sein, dass du mit solchen oder ähnlichen Gefühlen nicht allein bist. :)

    Was die Angst wegen deines Verhaltens angeht. Du schaffst es ja, dass du dich nicht so verhältst. In deiner Therapie kannst du ja genau diese Ängste nochmal ansprechen. Aber im Grunde ist es ja auschlaggebend, wie man sich dann entscheidet sich zu verhalten bzw. dass man erkennt, dass man in diesem Punkt Schwierigkeiten hat. Ich verhalte mich auch nicht immer so, wie ich es gern möchte. Meistens kann ich die Beherrschung behalten, manchmal aber auch nicht. Das fühlt sich im Nachhinein blöd an und ich fühle mich noch wertloser, aber dennoch liebt und unterstützt mein Partner mich, obwohl er meinen Kontrollverlust und selbstverletzendes Verhalten schon mehrfach mitbekommen hat. Zum Glück ist das immerhin schon viel seltener geworden... Aber so viel zum Alien in mir...

    Liebe Grüße, Toru-Chan

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