Hallo zurück zum Zweiten

  • Hallo zusammen,
    wie schon bei meiner ersten Vorstellung im Jahre 2009 geschrieben, bin ich inzwischen seit 10 Jahren mit einem Alkoholiker verheiratet. Nach vielen Hoch´s und Tief´s sind wir nun am Ende unserer Ehe angelangt. Das Thema Trennung war immer mal wieder Thema, mein Mann war auch schon einmal für mehrere Wochen ausgezogen, doch bisher habe ich immer wieder eingelenkt, bat um weitere Versuche, unsere Beziehung zu retten. Leider ging diese Initiative immer nur von mir aus. Seit ca. 2 Jahren (er war ausgezogen, kurz darauf starb seine Mutter) empfinde ich unsere Ehe nur noch als Krampf. Bei der kleinsten Unannehmlichkeit verzog er sich in unser Gästezimmer und wart nicht mehr gesehen. Ich war diejenige, die immer wieder auf ihn zu ging, ein Gespräch zur Klärung gefordert hat,
    .... hmm... ja, mehr eigentlich auch nicht. Ich bat ihn jedes Mal, mit mir zu reden, wenn ihm wieder was nicht behagte. Zugestimmt hat er dem eigentlich auch nicht. Mir ist es erst gar nicht aufgefallen... Aber zunehmend nahm er die Dinge, und das was ich sagte, einfach nur hin.
    Ein paar Male wollte er mich davon überzeugen, dass er kein Alkoholiker wäre, und ein zwei Bierchen, oder so, dürfe er doch trinken.
    Nun gut, das Ende vom Lied war dann, als er mich Samstagabends fragte, ob ich ihn zu seinem Kumpel fahren würde, damit er nicht laufen bräuchte, denn er wolle was trinken. Ich lehnte es resolut ab, er bedankte sich zynisch. Dann kam er gegen Morgen nach Hause und seit dem ist er wieder wortlos untergetaucht (inzwischen im Schlafzimmer, ich habe mir unser Gästezimmer zu meinem Schlafzimmer eingerichtet).
    Soweit zum Thema Alkohol....
    Leider hat er in den letzten Jahren eine, heute schwere Depression entwickelt. Er funktioniert nur noch mechanisch. Er ist seit ein par Jahren selbständig, er fährt jeden Morgen ins Büro, mehr weiß ich nicht mehr darüber. Spät Abends kommt er nach Hause, geht schnurstraks ins Schlafzimmer, wir begegnen uns fast nicht mehr. Früher hat er mich schon in solchen Phasen verbal provoziert oder beschimpft. Heute herrscht absolute Ruhe. Als wir noch miteinander geredet hatten, sprach er davon, dass er sich ständig schlapp und ausgelaugt fühle, aber nicht schlafen könne. Freuen konnte er sich über nichts mehr.
    Vor einigen Wochen, sagte er noch zu mir, dass er sich eine eigene Wohnung suchen wolle.
    Heute glaube ich da nicht mehr dran. Es sind nur noch Äußerungen, wie: ich will nicht mehr, ist mir alles egal oder: irgendwann bin ich weg, von ihm zu hören. Ich befürchte, er ist sehr schwer depressiv und auch suizidgefährdet, er hat sich selbst aufgegeben. Und das ist es auch, was mir so zu schaffen macht, und warum ich mich hier wieder angemeldet habe.
    Ich weiß, ich kann ihm nicht helfen... Aber mir... Wenn mir einer sagen kann wie... Ich halte hier seit Wochen mit Warten aus, dass etwas passiert. Ich habe die schlimmsten Vorstellungen... Verfalle immer mehr in Traurigkeit, weil ich nicht verstehen kann, wie er sein Leben so wegwirft...

    Liebe es, ändere es oder lass es.

  • Hallo Ossi,

    willkommen zurück im Forum.

    Zitat

    Ich halte hier seit Wochen mit Warten aus, dass etwas passiert.


    Wie muß ich mir das vorstellen? Verläßt du das Haus nicht, aus Angst es könnte etwas schlimmes passieren?
    Was sind da deine Vorstellungen, was wäre das schlimmste, und kannst du wirklich etwas verhindern mit deinem Warten?
    Ich wohne auch noch mit dem XY unter einem Dach , aber ich habe mir ein neues Leben aufgebaut.
    Wir sehen uns manchmal über Tage nicht. Ich habe aber auch Jahre lang damit zugebracht, mich überwiegend zuhause aufzuhalten, es könnte ja etwas passieren und ich könnte es verhindern.
    Es hat lange gedauert bis ich es verstanden habe, ich kann nichts verhindern.

    Zitat

    Es sind nur noch Äußerungen, wie: ich will nicht mehr, ist mir alles egal oder: irgendwann bin ich weg, von ihm zu hören.


    diese Äußerungen habe ich auch sehr oft gehört, und immer in Phasen, wenn ich mir wieder etwas zurück "erobert" hatte.
    Er hat es ganz deutlich gemerkt, dass ich mich anders verhalte und das macht dem nassen Alkoholiker Angst. Seine CO könnte ihm abhanden kommen, und damit wird sein Leben ja vielleicht etwas komplizierter.
    Sollte er tatsächlich Suicidgefährdet sein, gehört er in ärztliche Hände. Das ist nichts, was du stemmen kannst.


    lg Morgenrot

    Wer nicht hofft, wird nie dem Unverhofften begegnen. ( Julio Cortazar )

  • Hallo Morgenrot, lieben Dank für deine Nachricht!
    Mit “Aushalten“ und “Warten“ meine ich, dass ich nichts tue, nicht aktiv bin, um meine derzeitige Situation zu verändern/zu verbessern.
    Ich habe einen Job in Vollzeit, ja, gottseidank, da bin ich abgelenkt.
    Er sagte vor einigen Wochen, er sucht sich eine eigene Wohnung, also warte ich auf seinen Auszug... Oder einen Anruf aus der Klinik, oder von der Polizei...
    Soviel zu meinen Befürchtungen.
    Ich bemühe mich, bei mir zu bleiben, mich abzugrenzen. Sein Leben, seine Entscheidungen...

    Liebe es, ändere es oder lass es.

  • Hallo ossi,

    wie sieht es denn inzwischen bei dir aus?
    Konntest du ein wenig in Bewegung kommen?

    Viele Grüße
    Aurora

    Willst du etwas wissen, so frage einen Erfahrenen und keinen Gelehrten.


    chinesische Weisheit

  • Hallo Aurora, danke dass du nachfragst...
    Also in Bewegung gekommen bin ich bestimmt nicht. Im Gegenteil, es ist sehr ruhig geworden, angenehm ruhig. Ich organisiere meinen Alltag für mich allein, das läuft super. Irgendwie fühlt sich das gar nicht so fremd an, da XY in den letzten Monaten mental sowieso schon nicht mehr bei mir war. Heute kommt er nur über Nacht nach Hause, verhält sich absolut ruhig, geht mir aus dem Weg. Ich sehe ihn nicht, höre wenn er kommt, zwischendurch mal im Bad, sonst ist es still.
    In meinen Gedanken ist jedoch einiges in Bewegung gekommen. Denke ich zurück, was ich jedoch sehr selten tue, weil ich weiß, dass mich das nicht weiterbringt... Dann erinnere ich mich immer wieder an Situationen, in denen ich die rosarote Co-Brille aufgehabt haben muss. Meine Güte, was hab ich mir Märchen erzählen lassen. Und wenn mir dann auffällt, wann ich schon eindeutige Zeichen hätte sehen müssen, und seit wann er eigentlich schon nicht mehr der ist, den ich geheiratet habe. Und dann frage ich mich, warum ich diesen Menschen immernoch lieb(t)e.
    Und wenn ich dann wirklich doch mal in diese Gedankenspirale rutsche, dann entwickelt sich eine gehörige Wut in meinem Bauch. Dann bin ich so wütend auf ihn, weil er alles, aber auch alles, was wir uns in den letzen Jahren gemeinsam erarbeitet und aufgebaut haben, einfach so kaputt macht. Wir waren gemeinsam so glücklich, hatten alles für ein zufriedenes Leben. ...aus meiner Sicht.
    Nun gut, ich schaue aber jetzt lieber nach vorn. Ich lebe für mich, bin zufrieden, egal was noch kommt, das schaffe ich auch. Nur ohne ihn.

    Morgenrot
    Du wohnst mit XY noch zusammen? Wie lange denn schon? Wie geht das bei euch? Magst du mir das erzählen?

    LG Ossi2

    Liebe es, ändere es oder lass es.

  • Leider ging diese Initiative immer nur von mir aus.

    Hi! Das kenne ich so gut! Ich war 8 Jahre lang mit einem Alkoholiker zusammen. Auch ich habe immer wieder probiert Gesprche aufzubauen, doch diese wurden nur widerwillig angenommen oder ignoriert. OFt hat er dann nur das gesagt, was ich hören wollte, damit ich endlich Ruhe gebe. ICh bin ausgezogen und mittlerweile geht es mir gut. Es war die beste Entscheidung meines Lebens. Man bekommt einen anderen Blickwinkel. ICh bin fassungslos darüber, wenn ich über mein Leben mit dem Alkoholiker reflektiere. Wie habe ich das nur ausgehalten? Warum habe ich mir so viel gefallen lassen? Ich bin erst seit einem Monat ausgezogen, trotzdem kommt mir diese Zeit so unrealistisch vor...
    Viel Kraft!

  • Danke Chuck81, viel Kraft, ja, das können wir alle gut gebrauchen. Wünsche ich dir auch ein gute Portion von. :D
    Bei mir war es ja auch so. Initiative zum Gespräch, oder auch nur das Benennen der Notwendigkeit, ging immer, wirklich immer, nur von mir aus. Es ist sogar so, dass XY mir zum Schluss eindeutig signalisiert hat, dass er nicht reden möchte. Nur wenn es ganz eng für ihn wurde, hörte er mir kurz zu. Doch gesagt hat er nichts, womit ich was anfangen konnte. Seit mindestens 2 Jahren habe ich nur zu hören bekommen, wie kaputt und müde er sei. Anstatt mal Klartext zu reden, hatte ich immer wieder “Verständnis“, drängte nicht weiter, hab mich vertrösten lassen auf später. Wie gesagt, mindestens 2 Jahre ging das schon so... :oops:

    Liebe es, ändere es oder lass es.

  • Mein XY hat mir oft "verboten" das Thema anzusprechen... Traurig, dass wir uns das gefallen lassen. Aber es ist ein Prozess. ICh glaube mittlerweile, dass man wirklich weg muss, gehen muss. Vor 4 Wochen war ich ein anderer Mensch. Ich war so gefangen, so eingefahren, so resignierend... Jetzt weiß ich, dass das ganze Dorf schon über unsere Familie gesprochen hat.
    Gehört das Haus dir? ICh bewundere deine Kraft, dass auszuhalten- wirklich... Momentan kämpfe ich mit schlechtem Gewissen. XY sagt, dass jetzt alles anders wird. Er will jetzt Therapie machen, doch ich merke wie egal es mit wird. Klingt hart, aber mit Abstand denke ich ganz anderss. Eine Freundin von mir hängt immer noch in einer Beziehung mit einem Alkoholiker. Irgendwie hat uns das verbunden. Wenn sie mir jetzt schreibt, dass er heute wieder trinkt, fällt mir nichts anderes mehr ein als zu antworten "Deshalb bin ich gegangen..! Aber ich muss eines sagen, ich rede jetzt leicht, ich habe drei JAhre lang- nach seiner trockenen Zeit - gebraucht um zu gehen. Und wir haben ein kleines Kind. MAche mir furchtbare Vorwürfe, dass ich den Kleinen nicht früher aus dieser Lebensituation befreit habe. Mir hat dieses Forum sehr geholfen, da ich von vielen Teilnehmerinnen eine Message bekommen habe: GEH WEG!!!! ZIEH AUS!! oder ER MUSS GEHEN. Mein XY trinkt heute noch, er versucht mir zu verkaufen, er sei nüchtern, doch er ist es nicht. (WIr haben Kontakt wegen dem Kind) Wir können nichts ändern. Egal was wir sagen oder tun, aber dir brauch ich eh nichts zu erzählen, du erlebst es schon länger als ich... LG

  • Hey Chuck81,
    ganz bestimmt war es die richtige Entscheidung, zu gehen. Das wird dir jeder hier im Forum bestätigen. Und erst recht, wenn ihr ein kleines Kind habt. Die Kleinen haben ganz feine Antennen, sie spüren, dass Mama nicht mehr vertraut, spüren, dass Papa sich verändert... Und dann noch die Gefahr, die von einem alkoholisiertem Menschen ausgeht, du musst dein Kind schützen.
    Es freut mich zu lesen, dass du erst seit kurzem allein lebst und es dir damit gut geht.
    Diese Ankündigungen, Therapie machen zu wollen u.ä. kenne ich auch. Meiner hat Entgiftung, Suchtklinik, ambulante Psychotherapie und Selbsthilfegruppe, alles durch... Wie lange er wirklich trocken war, weiß ich nicht. Rückfälle gehören auch dazu, weiß ich. Kann man alles wuppen, meine ich. Doch wenn der Betroffene meint, er ist nun kein Alkoholiker mehr, könne doch wohl mal ein, zwei Bierchen trinken, dann ist wirklich Schluss. Solche Aussagen bestärken mich nun, die Trennung aufrecht zu halten.
    Lass dich nicht einlullen. Es wäre für dich und dein Kind wirklich schön, wenn er es schafft, vom Alk loszukommen. Dann kann man Schritt für Schritt ein gemeinsames Leben neu aufbauen. Du schreibst, du hast dich nach 3 trockenen Jahren von ihm getrennt. Was heißt das? War er schon 3 Jahre trocken? Trinkt er jetzt wieder?

    Liebe es, ändere es oder lass es.

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