Gemeinsam einsam planlos in die Zukunft

  • Liebe Pinky,

    ich begrüße dich ganz herzlich.

    Da hast du ja echt eine schlimme Geschichte. Kein Wunder, dass du völlig am Ende bist.

    Mein Exmann hatte auch mal epileptische Anfälle, damals allerdings aufgrund eines geplatzten Aneurysma im Gehirn. Ich hatte das noch nie vorher gesehen und war wohl echt traumatisiert. Seither habe ich einen Tinnitus, muss jetzt Hörgeräte tragen, so hat mich das geschädigt. Von der psychischen Seite mal ganz abgesehen...ich hatte viele Jahre beim kleinsten komischen Geräusch Panik...

    Ihr fangt jetzt gewissermaßen bei "Null" an. Vielleicht lernst du erst jetzt das wahre Gesicht deines Mannes kennen. Denn so wie ich es verstehe stand er schon immer irgendwie unter Strom.

    Und du bist bei "Null", weil deine Lebensenergie ziemlich aufgebraucht ist. Was auch kein Wunder ist, nach so vielen Jahren. Das ist ja das Leid der Cos. Sie/wir geben uns völlig auf, gehen im (kranken) Partner auf und verlieren uns. Machen alles um das Bild zu erhalten, um zu harmonisieren und die Sache am Laufen zu halten. Alles hängt gefühlt nur von uns ab, wir fühlen uns überverantwortlich. Und irgendwann sind wir am Ende, völlig ausgepowert und kaputt.

    Jetzt ist es an der Zeit, dass du Wege für dich findest. Gut, dass du aus dem Verkehr gezogen bist von deinem Arzt. Und auch eine Therapie beginnen wirst und eine Reha machst. Das machst du für dich!

    Auch dein Mann muss für sich neue Wege finden, trocken werden. Ihr habt beide eine sehr schwierige Aufgabe zu meistern. Ob die Wege wieder zusammen laufen können ist unklar. Aber es ist auch nicht schlimm, wenn es nicht mehr funktioniert. Das ist nicht selten der Fall.

    Zitat

    Die alten Muster funktionieren nicht mehr.


    Hört sich vielleicht jetzt blöd an, aber es ist gut, dass sie nicht mehr funktionieren! Nur so besteht für euch beide die Chance, ein neues, anderes Leben aufzubauen. Würdet ihr beide in euren alten Mustern hängen könnte sich nichts ändern und ihr wärt bald wieder da, wo ihr noch vor einiger Zeit wart. Und das willst du mit Sicherheit nicht...

    Ich wünsche dir einen ruhigen Tag heute
    liebe Grüße
    Aurora

    Willst du etwas wissen, so frage einen Erfahrenen und keinen Gelehrten.


    chinesische Weisheit

  • Hallo Pinky und Willkommen hier im Forum.
    Schön, das Du hergefunden hast und hier nun auch schreibst.

    Deine Geschichte ist für mich übrigens eine recht typische, was die Beziehung zwischen einen nassen Alkoholiker und seinem CO angeht.
    Und das, was jetzt gerade mit Euch passiert, ist auch keine Seltenheit.

    Da wird der Alkoholiker trocken (oder versucht es zumindest) und das ganze Gefüge ändert sich.
    Eines kann ich Dir gleich so gut wie voraussagen...wenn sich hier nicht beide Beziehungspartner ändern, geht die Sache wohl eher schief.
    Denn es zeigt sich recht schnell, das nicht alles automatisch wieder gut wird, wenn der Alkoholiker trocken wird.
    Im Gegenteil, oftmals zerbrechen auch gerade daran Beziehugen,
    denn ein trockener Alkoholiker nimmt üblicherweise sein Leben wieder komplett in die eigenen Hände.
    Und braucht dabei keinen CO mehr, der ihm am Rockzipfel hängt. Mal etwas böse ausgedrückt...
    Sowas wird einem dann eher lästig.
    Der CO hingegen fühlt sich dann oft fallen gelassen, links liegen gelassen, weil er nicht mehr "gebraucht" wird.
    Er wird unwichtiger für den trockenen Alkoholiker, dennd er wird wieder selbstständig.
    Ein trockener Alkoholiker wünscht sich meinen Erfahrungen nach eher einen Partner auf Augenhöhe und keinen CO, der für ihn weiterhin das Leben regelt.

    Zitat

    Ich verliebte mich in seine unbeschwerte, fröhliche, laute Art, er ging (und geht) völlig unbeschwert auf fremde Menschen zu - mein komplettes Gegenteil.

    er kann nicht mehr fröhlich sein, sondern ist sehr ruhig und ernst.

    Ich picke mir hier mal so ein paar Sachen raus...
    Das ist auch geradezu etwas typisches, was passieren kann:
    Der Partner verändert sich auf eine Art und Weise, wie man es überhaupt nicht erwartet.
    Das tut der aber nicht aus Bosheit, sondern man ist auch oft selbst erstaunt über seine Veränderungen, wenn man trocken wird.
    Als trockene Alkoholikerin kann ich das auch nur bestätigen.
    Man merkt beispielsweise, daß das Laute, scheinbar Unbeschwerte oftmals nur eine Fassade war und man in Wirklichkeit gar nicht so ist.
    Und viele andere Veränderungen gehen außerdem in einem vor.
    Die Perspektiven verschieben sich mitunter erheblich, alles ändert sich, und zwar so, das einem oftmals selbst schon unheimlich wird.
    Denn Veränderungen machen oft auch erstmal Angst.

    Zitat

    Naja, im Moment dümpeln wir jedenfalls ziemlich planlos vor uns hin.
    Wir haben in den letzten Wochen mehr zusammen unternommen als in den Jahren davor, werden aber nicht richtig warm miteinander, was uns beide traurig macht.


    Ja, das kann ich mir gut vorstellen.
    Man ist teilweise geradezu fremd miteinander, nicht wahr?

    Zitat

    Ich kann nicht mehr "stark" und ausgeglichen sein, er kann nicht mehr fröhlich sein, sondern ist sehr ruhig und ernst. Es gibt Momente, wo wir uns sehr nah sind, aber die sind selten.


    Ja. Aber man kann auch an vielem arbeiten ! WENN man zusammen blieben möchte, das muss dann aber von beiden Seiten aus kommen.

    Zitat

    Ich kann ihn nicht mehr "lesen", er sich nicht mehr auf mich verlassen - es lässt sich schlecht erklären.


    Oh, ich kann das sehr gut verstehen :wink:
    Das "nicht mehr lesen können" ist für einen CO sicher unangenehm, denn sein Leben ist ja meist mehr oder weniger auf den kranken Partner eingestellt.
    Alles dreht sich am Ende nur noch um den kranken Säufer oder anderweitig Erkrankten.
    Und nun ändert der sich so, wo er trocken wird.
    Es gibt CO-Abhängige, die sich sogar wünschen, das der Partner wieder säuft, weil er so wieder durchschaubarer und auch leichter händelbar wird.
    Und auch hier... ein trocken werdender Alkoholiker, der das wirklich 100% ernst meint, kann mit einem CO nichts mehr anfangen, der ihm evtl. sogar schadet.
    Auch hier ist dann eine Trennung unausweichlich.

    Ich kann Dir nur als Tipp geben, Deinen Mann seine Entwicklung machen zu lassen, und Du kümmerst Dich mal nur um DICH.
    Ich weiß, wie schwer das für einen CO ist, aber es ist wichtig.
    Nicht nur, um die Beziehung aufrecht erhalten zu können, sondern vor allem für sich selbst.
    Wie Du das machen kannst, das kannst Du hier im Forum erlernen.
    Und dazu möchte ich dann auch gleich noch den Erweiterten Bereich ans Herz legen,
    denn dort ist der Austausch sehr viel intensiver als hier im offenen Bereich.

    Zitat

    Wir haben uns verloren in diesen Jahren und obwohl wir es möchten, wissen wir nicht, ob wir uns wiederfinden.


    Ja, das weiß man auch wirklich nicht, ob man wieder zueinander findet.
    Zuerst einmal muß man nachschauen, ob die Liebe denn überhaupt noch da ist., würde ich mal sagen.
    Bzw. auch, ob es sie denn überhaupt jemals gab oder ob alles nur eine Abhängigkeitsbeziehung war, von beiden Seiten aus?
    Und dann hilft im Grunde nur, viel miteinander zu reden. Und auch bereit zu sein, sich selbst zu ändern.
    Denn wenn sich nur einer ändert, wird die Beziehung wohl zerbrechen.
    So zumindest meine persönlichen Erfahrungen, auch durch das Lesen von wohl vielen hundert Berichten hier im Forum.

    Bei mir und meinem Mann war es übrigens so, das wir wieder zueinander finden konnten. :wink:
    Es gab dabei allerdings auch so einige Irrungen und Wirrungen.
    Mein Mann war außerdem nicht CO-abhängig, so konnte er mich auch wieder loslassen, als ich mein Leben wieder selbst in die Hand nahm.
    Das betraf jetzt insbesondere ganz praktische Erledigungen, die ich ihm früher gern aufgedrückt hatte.
    Er war froh, das ich wieder selbstständig wurde, und so hatten wir wohl auch etwas bessere Voraussetzungen, zusammen bleiben zu können.
    Aber ich sehe grundsätzlich durchaus Chancen, wenn es denn beide wollen und BEIDE zu Veränderungen bereit sind.
    Ein einfacher Weg ist es sicher nicht, und außerdem einer mit ungewisser Zunkunft.
    Aber Garantien in Beziehungen gibt es ja eh nie. Egal welcher Art sie auch sind.

    Hast Du Ideen, wie Du Deine CO-Abhängigkeit stoppen könntest?

    Zitat

    Ende Monat geht meine Psychotherapie los, eine Kur ist beantragt.


    Das ist doch schonmal gut. Ist die Psychotherapie auch auf Deine Probleme ausgerichtet? Kennt sich der oder die Psycho mit dem Thema CO-Abhängigkeit gut aus?

    Was kannst Du tun, damit es DIR besser geht bis dahin?
    Und zwar unabhängig davon, was Dein Mann gerade macht oder tut.
    Da wirst Du loslassen müssen, und Du hast ja offensichtlich auch genug eigene Baustellen, nicht wahr?
    Die zu bearbeiten wäre jetzt wichtig. DU bist wichtig. Und zwar für Dich selbst.
    Nicht für andere.

    LG Sunshine

  • Liebe Pinky,
    willkommen im Forum.

    In meinen Augen ist das erst einmal im Hinblick auf Eure Beziehung die wichtigste Aussage:

    Zitat

    Es gibt Momente, wo wir uns sehr nah sind


    Jetzt das mal ohne das bei dir folgende "aber" zu sehen: Es gibt die Momente also noch. Das ist doch schon mal etwas.

    Alles andere, wird in meinen Augen die Zeit zeigen müssen. Ich denke, dass du jetzt erst einmal nur erschöpft und ausgebrannt bist und Zeit brauchst, um wieder auf die Füße und wieder zu dir zu kommen. Und er muss sich auch um sein Leben, seine Gesundheit und seine Trockenheit kümmern. Ziemlich volle Programme für jeden.

    Irgendeine Prognose, ob sich wieder ein gemeinsamer Weg finden lässt - ich glaube, die kann derzeit keiner abgeben. Aber Ihr könnt erst einmal versuchen - jeder für sich - wieder zu sich zu kommen. Und wenn das gelungen ist, dann könnt Ihr - möglicherweise - wieder zu Euch kommen. Aber eins nach dem Anderen.

    Ich wünsche dir alles Gute für die Therapie, hoffe, dass die Kur dann alsbald bewilligt wird und wünsche dir aber auch, dass du auch unabhängig von der Kur Möglichkeiten findest, ruhige Nischen für dich zu schaffen.
    HM

  • Herzlich Willkommen hier :)

    Zitat von Pinky


    Ich bin ehrlich gesagt, sogar froh, dass ich so am Ende bin - mir fehlt im Moment die Kraft, gross an jemand anderen als mich selbst zu denken.

    So ging es mir auch, und erst da habe ich was geändert.
    Und heute bin ich sehr sehr froh darüber ;)

    Es ist nicht wichtig, wie schön die Worte klingen, sondern wie ehrllich sie sind...

  • Hallo Pinky,

    ich meinte eher, jemanden "emotional" ewig am Rockzipfel zu hängen.
    Halt das eigene Leben abhängig vom Leben/vom Befinden/vom Verhalten des anderen zu machen.
    Im Kopf.
    Äußerlich sind CO`s ja sehr oft starke Frauen, die ihr Leben und den Beruf gut im Griff haben.
    Die evtl. nicht mal mit ihrem Säufer zusammen leben, weil sie noch so schlau waren, das einfach nicht zu wagen aufgrund ihrer eigenen Einschätzung.
    Die nicht ihre gesamte Freizeit dem Säufer opfern.
    Aber "innendrin" besteht trotzdem oft diese starke Abhängigkeit.

    Zitat

    ich erkenne nicht, ob er gut drauf, gelangweilt, müde oder amüsiert ist, weil ich ihn bis jetzt nur als Extrem kenne.
    Diese feinen Abstufungen kann ich (nur bei ihm) überhaupt nicht abschätzen oder wahrnehmen.


    Da ist es auch wieder :wink:
    Dieser Drang, alles am anderen verstehen zu wollen, um sich selbst entsprechend angepasst verhalten zu können.
    Und auch lenken zu können :wink:
    Das funktioniert jetzt eben nicht mehr so. Erstmal sicher unangenehm für einen CO.
    Aber es ist doch auch andererseits eine schöne Sache, den anderen nochmal ganz anders/neu kennenzulernen, oder?
    Leider muss ich aber auch sagen, das gerade das auch oft zu Trennungen führt.
    Weil der andere ohne Alk gar nicht mehr der ist, den man mal kennengelernt halt.
    Weil man ihn so vielleicht gar nicht sooo gern mag? Sich so vielleicht nicht mal in ihn verliebt hätte?
    Das kann jetzt nur die Zeit und die weiteren Entwicklungen zeigen.

    Zitat

    Kein Donnerwetter, ich konnte mich mal aussprechen, er hat zugehört - war ebenfalls ungewohnt.
    Sonst ist es sehr still zwischen uns im Moment. Jeder ist mit seinen Gedanken bei sich.


    Das hört sich doch schonmal recht vielversprechend an :)
    Miteinander reden ist eh ganz wichtig. In allen Beziehungen.

    Wenn es jetzt mal stiller ist, dann ist das eben gerade so. Und man muss auch nicht immer wissen, was der andere gerade denkt, wozu auch?
    Ich persönlich bin eh kein Freund von derartigen Symbiosen.
    Ich hatte nie vor "eins" zu sein mit meinem Partner, er ist er und ich bin ich.
    Wir sind zwei unterschiedliche Persönlichkeiten und das darf auch genau so sein :)
    Wir leben zusammen, weil wir das gern so möchten und aus Liebe zueinander.
    Das reicht mir persönlich und ihm auch.

    Zitat

    Mal abgesehen von der Trinkerei haben wir viel zusammen erlebt, viel durchgemacht - es wäre einfach schade, wenn das zerbrechen würde...und sehr traurig.


    Noch seid ihr doch zusammen :wink:
    Ich finde es immer schade, wenn Beziehungen zerbrechen, wo es mal echte Liebe gab. Das IST doch auch einfach traurig. :(
    Und doch ist es manchmal der Lauf der Dinge...
    Ich habe gerade in den letzen Jahren einige Trennungen miterlebt, wo ich nie gedacht hätte, das diese Beziehungen mal scheitern könnten.
    Ich fand es jedes Mal schade und traurig :(
    Und in fast allen Fällen lag es meiner Meinung daran, das man das Dasein des andern als ganz selbstverständlich betrachtete und kaum noch miteinander ernsthaft redete.
    Manchmal gab es wohl auch nicht mehr viel zu sagen.
    Und wenn der eine etwas an der Beziehung kritisierte, wurde das vom anderen nicht mal ernst genommen.
    Das dicke Ende folgte dann irgendwann...

    Ihr habt doch gerade jetzt sozusagen eine Chance auf eine Art Neuanfang.
    Denn das Leben ohne Alkohl ist ein anderes, als es je zuvor war.
    Da kommen auch noch mehr Veränderungen auf Euch zu... :wink:
    Wenn ihr Euch auch so noch gern habt, und Dein Partner trocken bleiben kann, dann sehe ich nichts, warum es nicht wieder mit Euch klappen könnte.
    Trotzdem werden ihr BEIDE an Euch arbeiten müssen.

    Zitat

    Ich bin ehrlich gesagt, sogar froh, dass ich so am Ende bin - mir fehlt im Moment die Kraft, gross an jemand anderen als mich selbst zu denken.


    Am Ende zu sein kann auch einen Neuanfang bedeuten, um dann später eine "Phönix aus der Asche-Nummer" hinzulegen. :wink:
    Wenn Du wieder bei Kräften bist.
    Bei mir war es so.
    Ich war ganz am Ende, hätte mich beinahe totgesoffen.
    Die Trockenheit war ein Neuanfang für mich. Ich habe nochmal ein neues Leben geschenkt bekommen.
    Und konnte für mich was schönes draus machen.
    Und ich bin längst nicht die einzigste, der das gelang :D

    LG Sunshine

Unserer Selbsthilfegruppe beitreten!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!