Erfahrung mit Angehörigen auf dem trockenen Weg

  • Hallo La vie,

    @Sunshine

    Umprogrammierung, überschreiben kenne ich von den Festplatten. Da bleiben jedoch immer noch ein Rest über der dir jeder Computerspeziallist herstellen kann. Es gibt auch Viren die auf der Festpallte die nicht ganz entfernt werden können. Ich kann mich darüber streiten ob sie nun geschädigt oder beschädigt ist. Das ist auch egal. Denn sie funktioniert eben nicht mehr nach den "normalen " Parameter. Wenn das Hirn dir signalisiert trotz besseren Wissens wieder Saufen zu wollen. Ist es dann beschädigt, geschädigt oder funktioniert es nicht richtig ? :lol:

    @ La vie
    nun mal zum Notfallplan. Wenn trotz besseren Wissen das es nicht mehr geht, der Gedanke aufkommt wieder Alkohol trinken zu wollen oder zu können handelt so mancher Alkoholiker nach seinen Notfallplan. Der eine denkt das ganze Scenario bevor er was trinkt zu Ende und steuert dagegen.

    Andere wiederum machen das nicht. Ich gehöre dazu. Ich halte wenig davon es zu Ende zu denken. Ich weiß ja wie es endet und akzeptiere für mich das es diese kranke Gedanken gibt.

    Das hat was für mich was mit Abschreckung zu tun wo immer noch eine Möglichkeit bestehen könnte das es doch noch gehen könnte. Ich vergleiche es mal an einem Abschreckungsbild auf Zigaretten Schachteln. Der Raucher sieht es jeden Tag und es ist ihm egal. Ein süchtiger Nichtraucher sieht es auch und fängt trotzdem wieder an, weil er sich im Vorfeld vormacht das eine Zigarette nichts ausmacht.

    Abschreckung ist für mich der verkehrte Weg. Überzeugung und das Wissen darüber reicht mir.

    Gruß Hartmut

    Gruß Hartmut

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    Wer will, findet Wege. Wer nicht will, findet Gründe!

  • Hallo Hartmut, hallo Sunshine,

    eure Antworten gleichen sich schon, ich erkenne daraus, dass durchaus langfristige Schädigung zumindest der Nervenbahnen im Gehirn bleiben und das ein Hirntraining sehr erfolgreich für die Zellen sind. Auf der einen Seite gehst du liebe Sunshine heut ohne Probleme Trigger aus dem Weg und du lieber Hartmut gehst erst gar nicht den nassen Gedanken weiter nach. Auf der anderen Seite macht ihr das. Was ja auch wunderbar funktioniert und ihr sehr gut leben ohne Alkohol könnt. Passen meine Hedanken zu euren Beiträgen aus eurer Sicht!
    Auch coVerhalten zeigt sich ja im Helfen in Erwartung von Lob und Anerkennung, oder sich selbst aufwertend. Auch hier passt ja etwas nicht. Raus aus der ständigen Helferrolle ( die ja oft nicht wirklich hilfreich ist und auch bevormundend sein kann) und mit anderen Dingen sich selbst belohnen. Aber wenn es machbar ist unterstützen, wenn um Unterstützung gebeten wird.
    Ich denke auch, dass das Aneignen von Wissen um Zusammenhänge ein sehr förderlicher Weg ist. Verbote und Anklagen hemmen ihn.
    Ihr beschreibt es so sehr gut nachvollziehbar. Chapeau.
    Einen lieben Gruß,
    la vie

  • Lieber Hartmut,

    Zitat


    um mal bei diesem Vergleich zu bleiben :lol: :
    Ein paar Viren auf dem Rechner legen ihn noch nicht lahm, nur in bestimmten Bereichen funzt er evtl. nicht mehr wie ein Virenfreier. Ich habe auch das "Virus" Alkoholkrankheit, aber es beeinträchtigt mich nicht als solches im "normalen Betrieb". :wink:
    Schlimmer wäre allerdings ein "Trojaner", der Dir nach und nach alles platt macht oder auch auf einen Schlag (Rückfall).
    Hierzu zähle ich nasse Gedanken, eine Abstinenz mit "der Faust in der Tasche", wie wir das hier ja oft nennen (kommt dieser sehr treffende Ausdruck nicht sogar von Dir?) und risikohaftes Verhalten wie vorsätzliche Aufenthalte in nassen Umfeld etc.
    Und natürlich können auch mechanische Schäden an der Festplatte auftreten... denn der Alk ist schließlich letztendlich ganz klar ein Nervengift und Gifte richten nun mal Schaden an.
    Mitunter auch irreparable.

    Hartmut schrieb:

    Zitat

    Der eine denkt das ganze Scenario bevor er was trinkt zu Ende und steuert dagegen.
    Andere wiederum machen das nicht. Ich gehöre dazu. Ich halte wenig davon es zu Ende zu denken. Ich weiß ja wie es endet und akzeptiere für mich das es diese kranke Gedanken gibt.

    Für mich war die Vorstellung des Szenarios (also wieder trinken) inkl. des Zuende-Denkens des Ganzen wohl mein wichtigster Schutz vor einem Rückfall in den ersten Jahren meiner Abstinenz.
    Das mag aber an meiner persönlichen Geschichte liegen, denn ich hatte eine sehr schwere Entgiftung auf der Intensivstation unseres KH und hätte sie beinahe nicht überlebt.
    Die Vorstellung, nochmal etwas ähnliches durchmachen zu müssen, war für mich extrem schlimm und abschreckend.
    Meine Trockenheit baut allerdings nicht auf Angst und Abschreckung auf, und ich denke, das würde auch nicht wirklich dauerhaft funktionieren.
    Aber es hat mir anfangs geholfen.

    Liebe la vie,

    Ich hatte es schon eingangs geschrieben und durch einige Beiträge in einem anderen Bereich dieses Forums kamen diese Erinnerungen erneut hoch.
    Für mich war es das belastendste, nach meinem Entzug wie ein Insekt unter der Lupe betrachtet zu werden.
    Zum Glück tat das nur eine einzige Person, die vorher ausgiebige Gespräche geführt hatte mit einer anderen nahestehenden Person, deren Mann immer wieder rückfällig wurde und sich letztendlich totgesoffen hat.
    Betreffende Person ging aufgrund dieser Gespräche schon beinahe automatisch davon aus, das ich auch wieder trinken würde.

    Meine anderen Angehörigen taten das nicht, ihnen war auch gar nicht bekannt, wie hoch die Rückfallquote ist.
    Die glaubten einfach ganz fest an mich, und mir hat das unheimlich viel Mut gemacht und Kraft gegeben.
    Um es klar zu stellen, ich kann es durchaus verstehen, das sich Menschen dem Alkoholkranken gegenüber distanziert verhalten, ganz besonders wenn sie schon mehrere Rückfälle miterleben mussten.
    Sie möchten ganz einfach nicht erneut enttäuscht und verletzt werden. Dazu kommt das meist sehr belastende Verhalten von nassen Alkoholikern. Das alles sitzt sehr tief.
    Und dennoch ist so ein misstrauisches Verhalten für den Alkoholkranken sehr verletzend.
    Ich weiß das auch aus Erzählungen aus meiner ehemaligen realen Gruppe.
    Das kann sogar zu Gedanken führen wie "es denken doch eh alle, das ich wieder saufen werden, also tue ich es einfach und gut isses".
    Mir war jedenfalls das Vertrauen, was meine Angehörigen mir wieder schenkten, eine ganz besondere Unterstützung, wahrscheinlich sogar die wichtigste, die sie leisten konnten.
    Wäre ich aber immer wieder rückfällig geworden, wäre ihr Vertrauen sicher auch in Misstrauen umgeschlagen. Auch das ist mir klar und verständlich.

    Zitat

    Auch coVerhalten zeigt sich ja im Helfen in Erwartung von Lob und Anerkennung, oder sich selbst aufwertend. Auch hier passt ja etwas nicht. Raus aus der ständigen Helferrolle ( die ja oft nicht wirklich hilfreich ist und auch bevormundend sein kann) und mit anderen Dingen sich selbst belohnen.

    Richtig. Ein CO zieht also durchaus auch eigenen Nutzen aus der Beziehung zu einem Alkoholkranken (oder anderweitig kranken Menschen, gerne mit Suchterkrankung).
    Fehlendes Selbstbewußtsein oder andere Defizite sollen durch die gefällige Helferrolle ausgeglichen werden. Und Richtig, eine Helferrolle kann auch sehr bevormundend sein.

    So wird ein CO auch meist ein Problem bekommen, wenn der suchterkrankte Partner seine Sucht stoppen kann, denn ab dann wird er in den allermeissten Fällen auch die Gestaltung des eigenen Lebens wieder in die eigenen Hände nehmen wollen.
    Und dann kann ein CO seine Helferrolle eben nicht mehr so ausleben und kann sich sogar überflüssig fühlen.
    Auch nich so witzich... da erscheint es einigen CO`s sogar als verführerischer, wenn der suchterkrankte Partner wieder rückfällig wird und alles "beim alten" bleiben kann.
    Denn das kennt man, da fühlt man sich "heimisch" (wenn auch auf ne ziemlich kranke Art) und man muss vor allem nix am eigenen Verhalten ändern! :wink:

    Für einen Nicht-Co allerdings wird es eine große Erleichterung sein, nicht mehr für alles "zuständig" zu sein und er wird den suchterkrankten Partner in seiner zurückkehrenden Eigenständigkeit fördern anstatt ihn darin zu hemmen.
    So war es beispielsweise bei meinem Mann und mir. Mit diesem Loslassen konnte ich in ein eigenständiges Leben zurückkehren und das war einfach toll !

    LG Sunshine

  • Liebe Sunshine,
    du bringst es wie so oft auf den Punkt. Das Loslassen des Angehörigen auch In seiner nüchternen Zeit ist ja das Wichtigste für beide Seiten, um in ein erfülltes & glückliches Leben zu kommen.
    Die Art und das Tempo des Loslassens ist individuell und von den Rahmenbedingungen abhängig. Z.B. Macht es keinen Sinn einen nüchternen Alkoholiker im Rollstuhl allein in einer Wohnung stehen zu lassen, wenn er noch in einer verwüsteten Wohnung aus seiner trinkenden Zeit steht. Er benötigt Unterstützung bei Anträgen, wenn sich grad erst Gehirnzellen regenerieren oder auch nicht.

    Wenn ein coabhöngiger Angehöriger sofort wieder anspringt, wird seine Abhängigkeit wieder bedient.

    Den Grad zu finden gelingt, sich im Hintergrund zu halten und Unterstützung zu geben, wenn sie nicht die eigenen Ressourcen aufbrauchen und wenn ich gefragt werde,
    Ich habe ja Schlimmes erlebt in der trinkenden Zeit. Darum muss ich entscheiden, was mute ich mir zu und will ich es mir zumuten.

    So ein “Trinkergedächtnis“ ist ja nicht von heut auf morgen verschwunden.

    Warst du empört oder sauer, als sich dein Mann so verhielt und dir seine Grenzen in Situationen aufgezeigt hat? Wo er dir keine Unterstützung gegeben hat, warum auch immer?

    Hat jemand Erinnerungen daran, wie es bei euch war, als Angehörige ihre Unterstützung in eurer nüchternen Zeit nicht geben konnten oder wollten, sie aber Ernsthaft gebraucht hättet? Wie seid ihr damit umgegangen? wie konntet ihr es Lösen, grad im ersten Jahr eurer Nüchternheit.

    Einen lieben Gruß,
    la vie

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