bei mir ist alles anders

  • Hallo an alle,

    heut ist mein 40. Tag der Rückkehr in die Trockenheit.
    Ich habe zwischenrein viel als "stiller" Leser die Threads verfolgt und genau das gibt mir Kraft und die Hoffnung, wieder in eine langjährige (lebenslange) Abstinenz zu kommen.
    Ich habe in den letzten Tagen/Wochen nochmals genau durchforstet, was bei mir, wie, aus dem Ruder lief.
    Da kommt einiges zusammen.
    Jedoch habe ich zunächst einmal festgelegt, dass Rückschläge und fatale Situationen nicht als Grundlage für erneuten Alkoholmissbrauch benutzt werden dürfen.
    Ich hatte 2 Todesfälle innerhalb der Familie, dazu eine komplett verfahrene berufliche Situation, war mit mir und der Umwelt unzufrieden und war dabei, mich aufzugeben.
    Und ja, dummerweise tat die erste Flasche Bier gut. Ich hatte das Gefühl, zu schweben und mich durchdrang so eine Art der Leichtigkeit.
    Mir war dabei klar, dass es sich um Betrug handelt. Dennoch dachte ich, es kann nur besser werden. Dummer Gedankengang. Ich habe einige trockene Alkoholiker auf diesem gleichen Weg begleitet und wußte, dass es nicht besser, sondern schlimmer wird.
    Okay, eine Lebenserfahrung am eigenen Körper. Und hoffentlich die letzte dieser Art.
    Ich bin nun nicht auf dem Olymp des Lebens angekommen und auch nicht von all meinen Problemen befreit. Also kein Grund zum Jubeln.
    Doch meine zurückgekehrte Wahrnehmung gestattet mir das realistische Denken und schafft die Möglichkeit, mich mit all den Dingen unter vorsichtig positiver Herangehensweise zu beschäftigen.
    Mit Sicherheit hätte ich, würde ich weiter an der Flasche hängen, inzwischen den Faden verloren.


    Gruß, marianee

    Habe lange mein Problem negiert, bis es zu spät war. Stehe jetzt vor einer Situation, die ich noch nicht überschauen kann (Haus, Ratenzahlung, noch intakte Familie, Job weg, Führerschein weg).

  • Ich hatte vor genau einer Woche Besuch durch einen Freund.
    Er lebt seit 20 Jahren trocken.
    Er hatte für 10 Jahre eine SHG geleitet. Sich dann vor ca. 5 Jahren zurückgezogen.
    Er erzählte mir, dass er in den vergangenen Wochen immer mal wieder Saufdruck verspürt hat.
    Um sich nicht der Gefahr eines Rückfalls auszusetzen, ist er wieder in die SHG zurück und möchte auch weiter dabei bleiben.
    Dieses Beispiel zeigt mir wie wichtig es ist, immer Prioritäten zu setzen.
    Auch wenn man mal nicht jeden Tag seine Beschäftigung rund um den Alkohol sucht, müssen wir auf der Hut sein und uns doch damit
    auseinander setzen.
    Ich hatte es ja am eigenen Leib mitbekommen. Unachtsamkeit ist keine gute Voraussetzung.
    Wir müssen uns alle an gewisse Regeln halten. Wichtig: Krankheitseinsicht
    Und persönliche Schritte, wie kann ich dauerhaft gegen die Krankheit ankämpfen?
    Jeder muss dabei für sich den geeigneten Weg finden. Wichtig erscheint mir, sich geleichgesinnte zu suchen.
    Mit denen man, wenn man sich so fühlt, reden kann. Das befreit meistens gut, vor allem in kritischen Situationen.
    Nie, nie dürfen wir vergessen, dass das Belohnungsgedächtnis gut vorbereitet ist.
    Aber wir dürfen auch nie vergessen, dass es in z. B. so einem Forum in der Regel 24/7 einen Ansprechpartner geben wird.

    Habe lange mein Problem negiert, bis es zu spät war. Stehe jetzt vor einer Situation, die ich noch nicht überschauen kann (Haus, Ratenzahlung, noch intakte Familie, Job weg, Führerschein weg).

  • Liebe Forum-Mitglieder,

    heute ist Tag 50.
    Der Ausstieg aus dem Neueinstieg hat mir, außer in den ersten paar Nächten, keine so sehr großen Probleme bereitet.
    Aber die Erinnerung an die 3 Rückfälle muss ich dauerhaft in meinem Kopf einhämmern, denn nochmal will ich diese Erfahrung nun nicht mehr.
    Die Welt hat mich nüchtern zurück.
    Im Gegensatz zu sicher vielen anderen Leuten hat mir die Corona-Krise insoweit gut getan, dass sich mein Leben zunächst entschleunigen konnte und ich diese Stille genossen habe. Diese Aussage ist sicher gegenüber den meisten beruflich Betroffenen kontraproduktiv.
    Ich weiß und entschuldige mich, wenn sich jemand auf den Schlips getreten fühlt.
    Ich hab mir sehr viel Zeit genommen und meine gesamte Trinkerkarriere durch den Kopf gehen lassen.
    Hab zwar noch immer keine genaue Ursache, warum und weshalb ich im Strudel eines Alkoholikers gelandet bin, aber das ich einer bin, weiß ich.
    Und das ich damit leben muss, ist mir auch klar. Es kann durchaus sein, dass ich diesen Aspekt doch noch ein wenig verleugnet hatte und gegenteilig dachte, mein Alkoholproblem ist nun doch nicht so schlimm. Ha, ha, fataler Irrtum.
    Deshalb denke ich nach wie vor, war der letzte Absturz dringend notwendig.
    Dieser Schritt zeigte mir, dass ich, trotz langer Trinkpausen, noch immer im Bereich des Selbstbetrugs gelebt habe.
    Ich werde mich jetzt nicht zermartern, allerdings musste diese Gewissheit durch mich erbracht werden.
    Nun sag ich nicht stolz:"Ich bin Alkoholiker.", sondern ich weiß, dass ich mit dieser Erkenntnis leben muss und kann. Sie bereitet mir keinen Schrecken. Wichtig ist, meine Achtsamkeit daraufhin auszurichten und eventuell kommenden Druckphasen so zu begegnen, dass ich diese ohne Prozente überwinde. Das ist die immer vorhandene Lebensaufgabe von uns trockenen Alkoholikern. Ich sehe ja, dass viele gut damit klarkommen.

    Liebe Grüße an alle, marianee

    Habe lange mein Problem negiert, bis es zu spät war. Stehe jetzt vor einer Situation, die ich noch nicht überschauen kann (Haus, Ratenzahlung, noch intakte Familie, Job weg, Führerschein weg).

  • Hallo marianee
    Herzlichen Glückwunsch zu 50 Tage Abstinenz.

    Stolz bin ich auf meine Erkenntnis, dass ich eine Sucht Erkrankung habe und mir das ohne Scham eingestehe. Warum auch immer, welche Gründe noch dahinter stecken, die kenne ich so langsam und arbeite daran. Fakt ist ich habe getrunken, zu oft und zu regelmässig ... darauf wurde Gewohnheit, Missbrauch und es entstand die Suchtkrankheit.
    Meine Achtsamkeit richte ich darauf, wie bleibe ich gesund, wie kann ich trotz Krankheit ein für mich gutes Leben führen, was schon heisst, trocken bleiben als oberste Priorität. Zu verstehen, warum ich getrunken habe, hilft mir ein Stück weiter, damit ich jetzt anders handle, auf mich achte und aufpasse, ehrlich bin zu mir und zu anderen, mir meine Ängste und Unpässlichkeiten genau anschaue. Die Vergangenheit bearbeite und nach vorne schaue.
    Freundliche Grüsse von Dana

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