• Ich bin 37, verheiratet und habe 3 Söhne. Wir wohnen mit meinen Eltern in einem Mehrgenerationshaus, seit unser erster Sohn (12) auf die Welt gekommen ist. Die Eltern meines Mannes sind früh verstorben und es gibt keine weiteren Verwandten seinerseits mehr. Ich bin ein Einzelkind und meinen Eltern gehört das kleine Paradies in dem wir wohnen. Meine Eltern sind Alkoholkrank mit unterschiedlichen Trinkmustern. Vor der Pandemie ging es mir deshalb richtig schlecht, habe mir Hilfe gesucht und meine Eltern mit dem Problem konfrontiert. Es kam zu einem sehr großen Krach und ich habe mich soweit möglich von ihnen distanziert. Jetzt habe ich aber das Gefühl, dass es nicht ausgereicht hat. Ich viel zu lange zugesehen habe ohne was zu sagen. In mir hat sich so viel aufgestaut und ich finde keinen Weg es los zu werden. Ich hoffe hier eine Möglichkeit zu finden damit klar zu kommen und damit zu leben und mit mir wieder ins Reine zu kommen.

    Viele liebe Grüße an euch alle hier.

    Toll das es euch gibt. :)

  • Hallo Sporty,

    herzlich Willkommen in unserer SHG. :)

    Dein Ansatz, dir Hilfe für dich zu suchen, ist der richtige Weg.

    Ich weiß es aus eigener Erfahrung, daß man die Eltern (bei mir war es die Mutter) nicht von außen "trockenlegen" kann. Gespräche, Drohungen, Hilfsangebote... Hat alles nichts gebracht.

    Ich konnte erst meinen Frieden damit schließen, als ich ihre Suchterkrankung als ihre Verantwortung angesehen habe - und meinen Zustand als meine Verantwortung! Denn hier kann man ansetzen, bei sich selber.

    Ich habe erst mal Abstand gehalten, viele Jahre, räumlich und auch inhaltlich. Später, und auch jetzt, hat es sich ganz o.k. entwickelt. Aber es war ein langer Weg.

    Liebe Grüße, Linde

    You can't wait until life isn't hard anymore before you decide to be happy.

    - Nightbirde

  • Liebe Linde,

    vielen lieben Dank für deine Antwort. Ich trage schon länger den Gedanken eines Auszugs mit mir, wenn das nur mich betreffen würde…Bis auf den Alkoholkonsum meiner Eltern, der nur mich völlig zerreißt, leben wir alle in einem Paradies. Ich weiß nicht wie ich das vor allen rechtfertigen kann. Mein Mann ist der Meinung, dass ich mich da zu sehr reinsteigere und würde mir zuliebe ausziehen aber grundsätzlich möchte er lieber bleiben. Ich kann doch nicht alle ins Unglück stürzen, weil es mir schlecht geht. Ich befürchte dann geht es mir auch nicht besser. Ich habe mich an eine Selbsthilfegruppe gewendet, die sich alle 2 Wochen trifft. Glaubst du es gibt auch Wege ohne eine räumliche Trennung? Ich versuche schon wieder mehr mit Freunden unterwegs zu sein und nicht mehr rüber zu ihnen zu gehen. Aber meine Mama ist irgendwie in meinem Kopf verwachsen…

    LG

    Sporty

  • Hallo Sporty,

    ohne räumliche Trennung sich emotional zu lösen ist schwieriger.

    Aber man kann mit der Zeit lernen bei sich zu bleiben.

    Du hast ja sicher im Forum schon etwas quergelesen. Du bist mit deinen Sorgen nicht allein.

    Wenn du oben in der blauen Leiste das Feld VORSTELLEN mit der Maustaste überfliegst, erscheint das Feld BEWERBUNG. Bitte schreib dort nochmal ganz kurz, dann wirst du fürs Forum freigeschaltet und kannst in den Erfahrungsaustausch einsteigen.

    Viele Grüße, Linde

    You can't wait until life isn't hard anymore before you decide to be happy.

    - Nightbirde

  • Hartmut 19. Juli 2021 um 17:36

    Hat den Titel des Themas von „Da bin ich“ zu „Sporty Da bin ich“ geändert.
  • Vielen lieben Dank Hartmut.

    Linde66 Wie hast du die räumliche Distanz bewältigt, hast du auch Kinder? Hast du ihnen auch den Umgang untersagt? Wir lassen die Kinder nicht mehr bei Ihnen, wenn wir nicht selber auch zuhause sind. Meine Mama trinkt schon vor dem Mittag. Sie wird nicht aggressiv oder Ähnliches sie schläft oft oder sucht auch oft die Nähe meistens verbringt sie die Zeit mit ihren Handy. Sie hatte vor einigen Jahren Krebs und seit dem kann sie einfach gar nichts mehr. Ich kann es nicht leiden wenn sie ab dem Nachmittag zu uns kommt, denn dann spricht sie immer komisch. Ich hab sie nun oft beim heimlichen trinken ertappt und Verstecke gefunden, obwohl uns allen immer Ehrlichkeit wichtig war, lügt sie mir ins Gesicht. Ich kann gar nicht in Worte fassen wie ich mich fühle…

  • Hallo Sporty,

    meine Mutter hat auch 'heimlich' getrunken. Jeder wußte es, aber sie glaubte, daß wir nichts mitbekommen. Bei mir war es allerdings so, daß ich es als Kind schon wußte.

    Ich bin mit 18 daheim ausgezogen, aber hatte noch sporadisch Kontakt.

    So wirkliche Treffen gabe es erst wieder, als ich ca. 45 war. Jetzt bin ich 55.

    Selber habe ich keine Kinder.

    LG, Linde

    You can't wait until life isn't hard anymore before you decide to be happy.

    - Nightbirde

  • Rückblickend hat meine Mama eigentlich auch schon immer getrunken. Sie kam meist spät von der Arbeit und wenn sie nach Hause gekommen ist, musste sie immer erst ein Bier trinken und eine Zigarette rauchen. Ich kann mich nicht erinnern, dass sie dann noch mal was anderes als Bier getrunken hat für den des Tages. Am Wochenende hat sie immer sehr lange geschlafen , nach Gesprächen mit Freunden waren sie oft unterwegs und da hat sie auch immer zu viel getrunken. Ich hab das aber immer nur im Urlaub oder auf Familienfeiern mitbekommen. Gab es eine bestimmte Situation, bei der du gesagt hast: Jetzt ist Schluss ich breche den Kontakt ab? Ich habe für mich schon lange das Gefühl, dass es reicht aber ich finde den Absprung nicht…

    LG

  • Hallo Sporty,

    nein, eine bestimmte Situation gab es nicht.

    Ich bin einfach mit 18 daheim ausgezogen, damals zu einem Freund, später in eine Winz-Wohnung während der Lehre. Ich bin nie wieder zurück in das Elternhaus. Mein Zeug ließ ich da. Irgendwann hat mein Vater aus meinem Kinderzimmer einen Hobbyraum für sich gemacht, das fand ich gut.

    Altersbedingt hat das mit dem Auszug sich normal angefühlt, nix wie raus! Habe dann Lehre und Beruf gemacht, bin viel rumgekommen. Damals gab es einen sehr losen Kontakt, Postkarten zum Geburtstag und Weihnachten, selten mal ein Telefonat. Ich wollte einfach nichts mehr mitbekommen und mich einfach mal um mich selber kümmern. Habe dann Therapie gemacht, stand im Beruf, habe meine Hobbys und Freundschaften gepflegt. Über all die Jahre bin ich zur Ruhe gekommen und innerlich stabil geworden, also weitgehend. Klar haut mich ab und zu mal etwas aus den Latschen.

    Den ersten richtigen, wirklich freiwilligen Kontakt hatte ich vor ca. 10 Jahren, also nach sehr, sehr langer Zeit. Ich bin wieder in dasselbe Dorf gezogen, aber nicht ins Elternhaus. Es gab schöne Gespräche, auch meine Mutter war anders drauf. Sie trank zu der Zeit noch. Dann vor ca. 2 Jahren, ich weiß es gar nicht mehr genau, hatte sie plötzlich eine lebensgefährliche Symptomatik aufgrund ihres Alkoholismus. Sie wurde im Krankenhaus 2 x notoperiert. Von da an hat sie keinen Schluck mehr getrunken. Das war wohl ihr Tiefpunkt = Wendepunkt. Sie hat jetzt obwohl sie schon sehr alt ist, eine wunderbare Entwicklung genommen, ihr gehts körperlich altersentsprechend. Aber seitdem ist unser Verhältnis sooo innig und lieb, davon habe ich mein Leben lang geträumt. Endlich habe ich eine Mama.

    Das ist so ungefähr meine Geschichte.

    Ich glaube ohne die räumliche Trennung hätte ich es nicht geschafft, mein eigenes Leben in die Hand zu nehmen. Allerdings bin ich alleine und kann meine Entscheidungen entsprechend treffen. Bei dir sieht das anders aus. Schwierig wenn Kinder da sind. Ich wollte mich hätte damals jemand am Schopf gepackt und woanders wieder abgesetzt, nur raus da. Aber ich bin damit aufgewachsen und habe die ganzen Suchtmuster verinnerlicht, wie man eben als Kind alles verinnerlicht, was man vorgelebt bekommt.

    Lieber Gruß, Linde

    You can't wait until life isn't hard anymore before you decide to be happy.

    - Nightbirde

  • Liebe Linde,

    lieben Dank, dass du mir das alles schreibst. Eigentlich hatte ich immer eine sehr gute Beziehung zu meinen Eltern. Ich habe mich erst mit 21 abgenabelt als ich zu meinem Freund (jetzt mein Mann) gezogen bin etwa 40km von zuhause entfernt. Ich hatte auch große Bedenken wieder mit meinen Eltern zusammen zu ziehen, als unser ältester unterwegs war. Aber wir wohnen hier so schön und fanden es auch gut, dass die Familie jetzt so nah ist. Jetzt weiß ich nicht ob ich mich überhaupt jemals wirklich abgenabelt habe. Ich kämpfe ständig mit dem Gefühl dankbar sein zu müssen und will eigentlich immer unabhängig gegenüber meinen Eltern sein. Ich habe hier viel von anderen gelesen, so schlimm ist es bei uns zum Glück noch nicht. Aber ich habe Angst davor, dass es dazu noch kommt. Und ich bin jetzt immer schon auf 180 wenn ich nur das Weinglas sehe, geschweige denn ich sehe noch die kleinen Ausnahmen die sie sich zwischendurch noch genehmigt. Ich fühl mich in der Zwickmühle wenn ich es für mich behalten soll. Noch habe ich mit meinem Vater nicht gesprochen, weil wir letztens auch eine sehr unschöne Begegnung hatten. Seit dem lasse ich beide so gut es geht links neben mir. Aber innerlich koche ich und selbst im Urlaub , der mir wirklich gut tut, schweifen meine Gedanken in ruhigen Momenten immer wieder zu ihnen. Es ist verhext.

  • Das ist nicht verhext, sondern normal. Wie soll man sich abgrenzen, wenn es die eigenen Eltern sind?

    Wenn man als Frau einen Alkoholikerpartner verlässt, ist das wie man hier lesen kann, auch ein schwieriger Prozeß. Aber die Eltern? Oder andersherum, wenn man Elternteil ist und das erwachsene Kind trink? Wie soll man sich da abgrenzen?

    Es wird darauf hinauslaufen, damit leben zu lernen. Ich meine jetzt nicht resignieren. Sondern es als deren Krankheit akzeptieren, als ihre Lebensentscheidung. Denn das ist es: Es ist ihre Entscheidung, so zu leben. Sowohl Mutter als auch Vater haben ja die Wahl, wie sie leben könnten, was sie ändern könnten. Tun sie aber nicht. Dann ist das halt so.

    Wer sind wir, daß wir als Kinder, als EKAs, uns in deren Entscheidungen einmischen dürfen? Wir können nur unser eigenes Leben leben und unsere eigenen Entscheidungen treffen, für uns und unsere Kinder. Dein Ansprechpartner sollte dein Mann sein. Lass die Eltern wirklich mal wurschteln, das ist ihr Ding. Deine Eltern werden genauso wie meine Eltern einander seit Jahrzehnten umkreisen, das ist ein eingespieltes Team in einem kranken System. Keine Chance das zu knacken.

    Das ist für DICH auch gar nicht notwendig. Du kannst sie einfach wurschteln lassen. Aber du kannst den Abstand verändern. Du kannst deine Position verändern. Das muß gar nicht laut sein, da braucht es keinen Knall. Es kann ganz unaufgeregte Veränderungen geben, mal hier, mal da, inhaltlich, räumlich. Mach dein Ding draus, sieh es für DICH als Chance, so eine Art nachgeholter Pubertät.

    Viele liebe Grüße, Linde

    You can't wait until life isn't hard anymore before you decide to be happy.

    - Nightbirde

  • Hallo Sporty,

    beziehst du dich auf unsere Artikel, die oben verlinkt sind?

    Da fällt mir nämlich gerade auf, daß wir dort für EKA's noch gar nichts haben.

    Kommt aber noch, wir sind noch an den Hintergrundarbeiten.

    Aber schau mal hier:

    Forenleitung
    3. März 2009 um 11:52

    Das haben wir, also viele EKA's verschiedenster Altersstufen, über die Jahre zusammengetragen!

    Eine wahre Fundgrube an Aha-Erlebnissen.

    Vielleicht hilft dir das schonmal weiter!

    Lieber Gruß, Linde

    You can't wait until life isn't hard anymore before you decide to be happy.

    - Nightbirde

Unserer Selbsthilfegruppe beitreten!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!