Frische Liebe böse Erkenntnis nach Corona

  • Hallo zusammen,

    ich bin heute aus Verzweiflung auf euer Forum gestoßen.

    Ich bin 28 Jahre alt und erst seit knapp einem Jahr in einer Beziehung mit meinem Freund.

    Wir haben uns also im Lockdown kennengelernt. Er konnte seinen Job während dieser Zeit leider nicht ausführen und musste seinen Laden schließen.

    Da er eine kleine Tochter hat die sehr weit weg wohnt, hatte er zwar kaum Einkommen (Hilfen kamen erst gar nicht und dann in viel zu kleinem Rahmen) aber trotzdem eine riesige Verantwortung. Er (mittlerweile wir) holt die kleine alle zwei Wochen bei Ihrer Mutter für das Wochenende ab, den Rest der Zeit sind wir zu zweit. Während des Lockdowns und somit unseres Kennenlernens hat er bereits regelmäßig getrunken. Ich selbst trinke sehr sehr selten Alkohol. Er hat sich abends dann teilweise mehrere Longdrinks getrunken und offen zu mir gesagt, dass er versucht das beste aus der Zeit zuhause zu machen und versucht sich mal von dem Stress zu erholen und dabei auch gerne mal den einen oder anderen Drink trinkt. Ich hatte Verständnis für seine Lage und es gab auch einige Tage an denen er nichts getrunken hat und wir einfach eine schöne Zeit hatten. Wenn seine Tochter bei uns ist, trinkt er in dieser Zeit auch keinen einzigen Schluck Alkohol. Wir sind relativ schnell nach unserem kennenlernen zusammen gezogen. Ich arbeite im Homeoffice und wir waren während des Lockdowns also 24/7 zusammen. Nun kann er Gott sei Dank wieder arbeiten. Aber widererwarten ist der Alkoholkonsum nicht zurückgegangen - im Gegenteil- ertrinkt nun noch viel regelmäßiger. Er "braucht" nach dem Feierabend mindestens 2 Longdrinks. Er ist ein sehr geselliger Typ und je nachdem was sich so ergibt kann es auch bereits unter der Woche und mindestens an den Wochenenden an denen seine Tochter nicht da ist auch mal deutlich mehr werden, sodass er auch wirklich deutlich betrunken ist. Er kann dann ohne Probleme eine Flasche Vodka trinken ohne abzustürzen. Das schockiert mich persönlich sehr. In letzter Zeit kam es bei uns in diesem Zustand auch zu streit. Ich merke dass ihn der Alkohol streitlustig macht. Er streitet sich dann aber auch nicht nur mit mir sondern auch mit Freunden. Natürlich habe ich Ihn schon mehrfach darauf angesprochen, dass ich sein Konsumverhalten nicht normal finde. Er sagt dann immer, er braucht nur einen Feierabend-Drink um so seinen tag abzuschließen ( als Ritual) er würde niemals auf die Idee kommen (und hat auch gar keinen "Appetit" darauf morgens schon zu trinken und deshalb hätte er auch kein Alkoholproblem. Meiner Meinung nach ist er aber auf dem besten Wege dahin. Neulich habe ich nochmal einen ruhigen Moment ( in der Therme) abgepasst und ihm nochmal meine Sorgen geschildert. Wir wünschen uns beide Nachwuchs aber ich habe ihm gesagt, dass ich mir unter diesen Umständen absolut nicht vorstellen kann mit ihm eine Familie zu Gründen und ich die Vorstellung, dass er wenn er von der Arbeit Heim kommt unser Kind mit einer Fahne begrüßt äußerst abstoßend finde. Da hat er mir zugestimmt und meinte es wäre dann ja etwas ganz anderes und er trinkt ja auch nicht wenn seine Tochter da ist und er habe auch nicht getrunken als sie noch mit Ihrer Mutter bei ihm gelebt hat. Man erkennt bereits viele körperliche Folgen auf die er auch von Außenstehenden angesprochen wird. Er hat stark zugenommen und wirkt einfach aufgequollen und er hat andauern Darmentzündungen. Ich habe ihn dazu überzeugen können mit mir zum Sport zugehen und habe gehofft dass er dort dann die nötige Motivation/Disziplin bekommt weniger zu Trinken um auch Ergebnisse vom Sport zu sehen. Leider hat das nur dazu geführt, dass ich nicht mehr motiviert bin. Wir stehen morgens auf um zum Sport zu gehen, weil er abends nach der Arbeit zu müde ist. Tatsächlich glaube ich aber, dass er abends einfach lieber seine Drinks genießen will. Denn trotz Sport hat er abends nicht auf seine Drinks verzichtet.

    Sorry für diesen riesigen Text, ich hoffe es nimmt sich trotzdem jemand Zeit ihn zu lesen und kann mir einen Rat geben. Ich habe die Hoffnung, dass er sich gerade noch in einem "frühen" Stadium befindet und es noch nicht zu spät für ihn ist. Seine Tochter ist sein ein und alles und er würde alles für sie tun. ich versuche auch immer wieder daran zu appellieren.

    Viele Grüße und vielen Dank schon mal!

  • Hallo Jasmin,

    herzlich Willkommen hier bei uns im Forum!

    Zitat

    Ich habe die Hoffnung, dass er sich gerade noch in einem "frühen" Stadium befindet und es noch nicht zu spät für ihn ist.

    Die Frage ist, ob er selber eine Krankheitseinsicht hat oder nicht.

    Bei dir klingeln sämtliche Alarmglocken, was sicherlich berechtigt ist.

    Bitte bitte komme auch nicht auf den Gedanken, daß ein Kind aus euer beider Beziehung irgendetwas an seinem Konsum verbessern könnte. Gerne wird die Schwangerschaft der Frau bzw. das Kindergeschrei danach als Anlaß genommen, in der Garage zu verschwinden und sich zu betrinken...

    Tja, was tun. Wenn er wegen seines ersten Kindes nichts trinkt, nur weil es mal paar Stunden da ist, dann ist das nicht löblich, vorbildlich, bewundernswert oder sonstwas. Es sollte eigentlich normal sein, daß Eltern nicht besoffen sind, wenn sie Eltern sind. :roll: Wenn er Alkoholiker ist, wird er durchtrinken, wenn euer Kind da wäre.

    Geht dir das alles nicht zu schnell?? Also unabhängig von seinem Konsum? Lockdown, 24/7 zusammenhocken, quasi sofort zusammenziehen und jetzt schon Familienplanung? :shock: Dafür lassen sich andere jahrelang Zeit.

    Dann jetzt noch das Suchtthema.

    Hör nicht auf das, was er dir verspricht. Denn das macht er nur, damit zu bleibst.

    Schau auf das, was er macht.

    Geht er zum Arzt? Macht er eine Entgiftung? Geht er in eine SHG? Ändert er sein Leben?

    Dann und nur dann könntest du vielleicht über Familienplanung nachdenken.

    Wer steht im Mietvertrag?

    Viele liebe Grüße, Linde

    You can't wait until life isn't hard anymore before you decide to be happy.

    - Nightbirde

  • Hallo Linde,

    danke, dass du dir die Zeit genommen hast meinen Roman zu lesen.

    Also wie gesagt, an Kinderplanung ist nicht zu denken, so lange das Problem nicht eindeutig gelöst ist.

    Ich hatte selbst einen alkoholkranken Vater und möchte das selbe Schicksal auf keinen Fall für meine Kinder.

    Ich bin auch auf keinen Fall der Meinung, dass das helfen könnte - im Gegenteil.

    Bzgl. unserer Lebensumstände: Nein, es hat sich richtig angefühlt. Ich würde auch nicht sagen, dass ich es bereue. Natürlich war es eine beunruhigende Erkenntnis, dass er nun weiterhin regelmäßig konsumiert. Ich bin ja aber nicht auf ihn angewiesen und kann Problemlos auf eigenen Beinen stehen. Sollte er sich also in naher Zukunft nicht nur Einsichtig zeigen sondern auch wirklich daran arbeiten, dann werde ich ihn natürlich verlassen.

    Er war mit mir zusammen beim Arzt um seine Werte checken zu lassen ( auch wegen der ständigen Darmprobleme). Als wir die Ergebnisse bekommen haben waren alle Werte vollkommen in Ordnung ( auch Leber). Der Arzt meinte dann, dass solche Darmprobleme häufig durch Stress ausgelöst werden. Mein Freund hat dann selber erzählt, dass er auch regelmäßig trinkt....woraufhin der Arzt meinte, dass es natürlich auch mit ein Grund sein kann aber nicht DER Grund sein muss und dass seine Werte ja ansonsten super wären und er natürlich schauen kann ob es mit weniger Alkohol besser wird aber dass man ja auch nicht unbedingt verzichten müsse :rolleyes: Super...

    Er meinte dann auch zu mir dass er auf jeden Fall trotzdem reduzieren will. Jetzt waren aber wieder suuuuper viele Veranstaltungen auf denen er sich dann halt auch in der Gruppe betrunken hat. Das ist undenkbar für Ihn dann bei solchen Events nicht zu trinken. Er kann generell schlecht "Nein" sagen und das betrifft nicht nur den Alkohol. Er hat ständig Angst Leute zu enttäuschen. Nur dass er mich damit enttäuscht sieht er scheinbar leider nicht.

    Liebe Grüße

  • Zitat

    Er meinte dann auch zu mir dass er auf jeden Fall trotzdem reduzieren will. Jetzt waren aber wieder suuuuper viele Veranstaltungen auf denen er sich dann halt auch in der Gruppe betrunken hat. Das ist undenkbar für Ihn dann bei solchen Events nicht zu trinken. Er kann generell schlecht "Nein" sagen und das betrifft nicht nur den Alkohol. Er hat ständig Angst Leute zu enttäuschen. Nur dass er mich damit enttäuscht sieht er scheinbar leider nicht.

    Das heißt, ihn gibts nicht nüchtern.

    Er hat ja eine klare Ansage gemacht.

    Daß er noch nicht schwerer krank ist, ist für ihn ein Freibrief statt ein Warnschuss.

    Also brauchst du eigentlich nicht mehr all zu lange warten...

    Denn das nächste Event kommt bestimmt.

    Täglich grüßt das Murmeltier. Schon traurig...

    LG, Linde

    You can't wait until life isn't hard anymore before you decide to be happy.

    - Nightbirde

  • Salü Jasmin.

    Das hab' ich früher auch gesagt. Dass ich an Feiern sicher nicht nix trinken würde. Hierzu seien Feiern ja da, das täten alle.

    Es waren allesamt nur Erklärungen, damit ich hübsch weiter bechern darf.

    Das scheint ja sowieso ein Grundbedürfnis von Alkoholkonsumenten zu sein, sich zu erklären, warum sie jetzt da was trinken.

    Meine Werte waren auch stets in Ordnung. Trotzdem würde ich sagen, ich hab wirklich zu viel getrunken. Und ich, und mein Umfeld, wir haben allesamt dafür einen Preis bezahlt.

    Das ist weder schön, noch lebenswert.

    So wie Dein Partner argumentiert, ist es jetzt wohl bereits "zu spät". Er wird kaum "wenig" trinken können... respektive er kann das für eine gewisse Zeit, und dann gehts wieder von vorne los. Diese GARANTIE kann ich Dir zu 98% aussprechen. Also beinahe zu 100%. Es ist nur eine Frage der Zeit bis ein Alkoholkonsument wieder bei der Menge angelangt ist, die er gewohnt ist/war, zu trinken. Nennt sich Suchtgedächtnis, und ist wohl einer der Hauptgründe, warum ein Alkoholiker die Fingerchen vom Alkohol lassen muss - für den Rest seines Lebens.

    Dein Partner weiss aber vermutlich gar nicht, wie schön ein Leben ohne Alkohol ist. Er sollte unbedingt herausfinden, warum er trinkt. Denn "Stress abbauen" kann man auf andere Weise besser.

    "Alkohol - die (vermeintliche) Lösung der Probleme, die wir ohne ihn nicht hätten"

    Gerne würde ich ihm von meiner Begeisterung, die ich jetzt nach über 20 Monaten neuen Lebens in Trockenheit erfahren habe, schenken. Denn wenn er diese erfahren würde, spüren würde, wüsste er: Diesen Scheissdreck braucht kein Mensch. Wirklich nicht. Alkohol nimmt nur weg, gibt nicht, unterm Strich gesehen...

    Aber eben.. das muss er alles selber erfahren wollen... leider...

  • Dein Partner weiss aber vermutlich gar nicht, wie schön ein Leben ohne Alkohol ist. Er sollte unbedingt herausfinden, warum er trinkt. Denn "Stress abbauen" kann man auf andere Weise besser.

    "Alkohol - die (vermeintliche) Lösung der Probleme, die wir ohne ihn nicht hätten"

    Hi Florian,

    vielen Dank für deinen Beitrag hier.

    Ich möchte auch immer verstehen, weshalb er trinkt und wünsche mir auch, dass er es für sich selber herausfinden kann.

    Seine Antwort ist eben stets "Das ist mein Abschluss des Tages". Er trinkt dann eben meist 2 Mischen in seinem Laden und dann gehen wir heim.

    Er wirkt nach außen immer sehr stark und selbstbewusst aber ich merke in vielen Situationen unserer Beziehung, dass er doch extrem sensibel und unsicher ist. Er hat es wirklich schwer gehabt mit seiner Familie und konnte es dort nie jemandem recht machen. Ich glaube das alles nagt einfach mehr an ihm als er sich eingestehen kann. Zu seiner Mutter hat er auch vor ca. 2 Jahren den Kontakt komplett abgebrochen. Das ist natürlich ein krasser Schritt der mit Sicherheit nicht spurlos an einem vorbei geht. Ich würde mir wünschen dass er sich mehr reflektiert und tief in sich hineinblickt aber da kann ich ihm nicht helfen und das weiß ich.

    Ich frage mich natürlich wie andere Menschen zur "Erhellung" gekommen sind. Muss wirklich erst alles kaputt gehen und man muss vor den Scherben seiner Existenz stehen ehe man sich Hilfe sucht? War das bei dir so der Fall?

    Liebe Grüße

  • Hallo Jasmin,

    es gibt leider Menschen, die ihren persönlichen Tiefpunkt nie erreichen. Selbst wenn sie alles verloren haben, reden sie sich noch ein, dass sie keine Schuld haben oder aber sie denken „jetzt ist es eh egal“. Das ist die Sucht. Ich würde nicht darauf hoffen, dass die Einsicht irgendwann kommt. Das ist verschwendete Zeit, weil diese Hoffnung sich wie gesagt bei vielen, vielen Co-Abhängigen niemals erfüllt.

    Das ist traurig, aber leider die Realität :(

    LG Cadda

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