butterweich und steinhart zugleich

  • Hi Kaltblut,

    Zitat

    Ayki besser? Dein damaliger Buchtipp, der hat mich ganz schön unpässlich gemacht. Gelegentlich braucht man einen aufe Fresse, damit man wieder mit erhobenem Haupt gerade aussehen kann oder platte Füße in München oder Masern von spedi oder irgend so was.

    Zitat

    Hättet Ihr mir etwas von „zu viel lieben“ gesagt, nicht ich wäre der Irre gewesen, ich hätte Euch für Irre erklärt und gefragt, was Ihr denn wohl eingenommen hättet? Ihr hättet mich da getroffen, wo es mir unbegreiflich am Meisten wehgetan hätte. Co sein aus falscher Liebe, was schon wieder für ein unverständlicher Schwachsinn. Ich war heute in einer Werkstatt und die Jungs laberten ziemlich laut, lustigen, sagen wir mal typischen Kerlkrams. Hätte ich denen was von zu viel lieben erzählt, mir wäre was auf den Kopf gefallen, ein Auto, ein Reifen, irgendwas, den ganzen Abend hätten die sich kaputtgelacht über diesen Irren zu viel Lieber.


    ich musste richtig lachen, als ich diese Zeilen las :lol:

    Zitat

    Meine Eltern haben nicht gesoffen. Meine Eltern haben nicht gestritten, keiner von uns Kids hat je mitbekommen wenn etwas nicht OK war, es gibt nichts zu ergründen, zu forschen, zu tun und zu machen, zu rechtfertigen oder was auch immer, es ist einfach so wie es ist, fertig.


    Manchmal sind es auch nicht die Worte, die man mitbekommt. Es läuft alles schematisch ab, man denkt, es wäre "normal", aber das war es vielleicht trotzdem nicht. Eltern prägen ihre Kinder, egal, wie, was, wo, geprägt ist jeder von uns. Der eine in die Richtung, der andere in die andere Richtung. Zu viel Gefühle, zu viel "Helfen", zu wenig Empfindlichkeiten, Spürsinne und anderes "sentimentales Zeugs". Abhängigkeiten, Verhaltensweisen und das ganze Drumherum... Es ist gut, wenn man sich damit auseinandersetzt und in sich hineinhorcht, finde ich ;)

  • @ Ayki, stimmt, hineinhorchen, machmal auch ein wenig länger oder tiefer oder weiter zurück. Wir sind wie wir sind, weil mit uns etwas passiert ist, was wir nicht mehr rückgängig machen können. Was uns dazu veranlasst hat, zu sehr zu lieben, zu sehr die Anderen zu lieben und uns zu vergessen. Brav wollten wir sein, perfekt, alles tun, damit die Anderen uns mögen. Rückgängig geht nicht mehr, aber anders geht. Ganz anders sogar, aber Zeit braucht es halt, das lebenslang Gelebte zu verändern. Mühsame Kaffeebohnen-Schritte, wo mir eher nach Siebenmeilen-Stiefeln wäre. Geduld ist genauso mühsam wie die Veränderung.

    @ Kaltblut: Vielleicht wenn wir die Liebe, die wir immer nur für Andere hatten und die Fürsorge auch einmal uns selber angedeihen lassen, ich glaube, dann steigen die Chancen, auf das Hohelied – und nicht nur als eine Art Ideal, sondern ganz real.

    Ette

    Im Schmerz von gestern liegt die Kraft von heute.
    ("Handbuch des Kriegers des Lichts" v. P.Coelho)

  • Hallo Ihr Lieben,

    erstmal ganz schnell: Sohnemann hatte mal wieder Schwein gehabt. Kommt nach Hause, habe ihn erstmal gedrückt und er mir die ganze Story erzählt. Keine Drogen, kein Alk, übermüdet um 6h, in die Leitplanke, toll reagiert, Karre ist zwar Schrott, aber wieder einen Schutzengel gehabt. Als ich meinte: Junge, jetzt hast Du schon 2 verbraucht, die kleinen zählen wir nicht mit, da meinte er, nein 3, Kart hast Du vergessen. Stimmt, als er 10J. war, waren wir alle im Schumifieber, also Sonntagsmorgens auf die Kartbahn. Ich schaute auf den Monitor und dachte, oh den Kart hat es aber böse erwischt, Abflug von ganz oben, mit Überschlag aus der Steilkurve, dann blieb das Ding mit einem Hinterrad schräg nach oben und der Fahrer nach unten hängend auf dem Reifenstapel liegen. Krankenwagen und arme Eltern dachte ich und erkannte, dass es unser Helm war, der da baumelte. Schwein gehabt, bevor ich an der Stelle war, kam er schon lachend angerannt.


    Einige Erkenntnisse hier sind mehr als merkwürdig, ich sage nicht mehr bekloppt, einfach merkwürdig, weil ich sie zwischenzeitlich nicht mehr ablehne oder verspotte, sondern annehmen gelernt habe.

    Irgendwann habe ich hier etwas über Helfersyndrom und andere Abhängigkeiten, wie eben dieses zu viel lieben gelesen und dachte, den Schuh ziehst Du Dir ja nun nicht auch noch an, weg damit.

    Als ich einmal gefragt wurde, ob ich denn wieder heiraten würde, da sagte ich spontan, klar sofort. Mit großer Wahrscheinlichkeit und im Rückblick auf Dinge, vor deren Betrachtung und Hinterfragung ich mich hier monatelang verweigerte, die mir einfach zu kompliziert und zu blöde waren, kann ich heute mit ziemlicher Sicherheit sagen: ich wäre unbedarft in die gleiche Situation wieder hierein gerutscht und wieder und wieder. Vielleicht nicht mit Co.- und Alkoholsucht, aber mit irgendeiner „Gebrauchtwerden-“ oder „Anerkennungs-“ oder „Geliebtwerden-“ Sucht, mit Vielfresser-, Vielarbeiter- und einer klasse Vielverdrängungsmethode. Wahrscheinlich hätte ich gesagt, hallo da bin ich wieder, hat was aufe Fresse gegeben, aber sonst alles ganz toll und auch sonst und überhaupt.

    Es gibt diese Menschen, hier, bei Euch, auf diesen Seiten, die Größe, die Stärke und etwas Besonderes haben, uns genau das an der richtigen Stelle ins Hirn einpflanzen können, was uns zum Nachdenken und Begreifen bewegt. Plötzlich sehen wir Dinge, die einfach unheimlich und klar einfach vor uns erscheinen, immer schon da waren, wir haben sie einfach übersehen, wollten sie nicht sehen, waren zu, blind, taub und es stimmt auch: im Vergleich zur Alkoholabhängigkeit sind wir zwar meist körperlich etwas besser drauf, aber wir wollen vieles nicht sehen.

    Heute frage ich mich auch, was das eigentlich war, diese große Liebe, dieses verzehrende, quälende, überflüssige Gefühl, mit dem wir alle hier landen. In zahlreichen Themen wird über die Liebe gesprochen und wir zaubern uns da etwas ins Hirn, was mit der Grundstoff für die Abhängigkeit ist, meiner zumindest. Real ist die Liebe mein Alibi für all meinen transportierten, versteckten Müll, mit der ich herrlich alles rechtfertigen kann. Ich mag Liebe, lieben und geliebt werden ja auch, wenn es schön und nicht überflüssig lästig belastend bis quälend ist. Wenn wir hier landen, dann ist aus unserer großen unbändigen Liebe, eine gewaltige verstrahlte Müllhalde geworden, aus den einst strahlenden Verliebten sind zerbröselnde verseuchte Strahler geworden.

    Meine geliebte Frau hat mir letzte Woche eine erst verwirrende, dann ganz klare Nachricht übermittelt: „nach ausführlichen Gesprächen mit ihrem Therapeuten, hält sie ein Angehörigenseminar nicht mehr für angebracht, etvl. könnte ich, wenn ich es denn wollte, noch an einem Paargespräch teilnehmen und möchte Terminvorschläge einreichen.“

    Auf ihrer Baustelle hat sich somit eigentlich wenig getan, es ist immer noch wie „bring mir das Auto“, „hol mich vom Flughafen ab“, mach, tue, drehe und sei dankbar für mich da sein zu dürfen, lass dich gebrauchen, irgendwie nass, vom Großenwahn weiter übermaßlos verwirrt. Dabei träumte ich nur ganz einfach von einer liebevoll gereichten Hand. Sie hat nicht verstanden, dass meine Luft abgelassen ist, der selbst auferlegte Leidensdruck entwischen, fort ist.

    Sie hat es nicht verstanden, ich war in einer Dekontaminationskammer, mehrfach, wurde entseucht, entseucht und entseucht, gereinigt bis der Zeiger nicht mehr ausschlug, bis sich eine angenehme Wonne der unverseuchten Zufriedenheit, der reinen Gewöhnlichkeit, des loslassenden Seins ausbreitete.

    Ich mag ja die unendliche Geschichte, auch Baustellen werden uns unser Leben lang begleiten, aber die Tage werden langsam wieder kürzer und ich habe es mir verdient, für mich, für mein Leben, etwas, nur ein ganz klein bisschen reales unverseuchtes Glück zu fühlen, mich unbenutzt und ungebraucht selbst zu leben.

    Ich, für mich, stehe jetzt vor einem ganz anderen Problem und vielleicht fällt Euch etwas dazu ein:
    In der Vergangenheit bin ich einfach mal planlos in den Bus eingestiegen, irgendwohin gefahren, habe interessantes gesehen, erlebt und kam irgendwann schulterzuckend wieder an, falsche Richtung, war aber schön. Einige Leute standen dann immer noch an der Haltestelle und wussten nicht wohin. Ich dachte dann immer, traut euch einfach, was kann schon passieren. Heute kann ich gelassen an dieser Haltestelle sitzen bleiben, reglos dem bunten Treiben der fahrenden, stehenden und wartenden Menschen zu sehen, ohne selbst den Drang zu haben, irgendetwas machen zu müssen. Nur, ich habe keine Ahnung wozu das gut ist. Es ist einfach eine wundersame erfüllte Leere.

    Wenn ich in diesem Buch von Robin Norwood lese, dann geht mein Atem oft schwer und bedächtig auf und ab, finde ich mich, meine Frau und viele andere Menschen wieder, sehe warum was wie war, warum es nicht ist und was zu ändern ist. Als ich Euch fragte, warum soll meine Frau aufhören zu trinken, da kam die Antwort, damit sie zumindest die restliche Zeit bewusst erlebt.

    Irgendwann ändert sich etwas, begreifen wir Zusammenhänge, wie die kleinen Rädchen der Menschenmechanik ineinander greifen. Dann stellen wir überrascht fest, es gibt nichts zu greifen, wir halten es und es fließt einfach durch uns durch, wie die Liebe, wie der Glaube, wie die Trauer, wie die Sucht, wie die Schwerelosigkeit. Schwereloses, ungreifbares, leichtes Sein.

    Ist das alles kompliziert. Hätte ich einen Wunsch frei, ich wünschte mir die Menschenmechanik zu verstehen. Ich kann mit diesem Bewusstsein noch nicht so wirklich umgehen. Sich gut fühlen, wenn man gemeinsam krank ist, Liebe an der Qual messen, in das Unglück tanzen und wenn alles passt, alles richtig und OK ist, gesund ist, unser Hirn wieder richtig Tickt, was dann? Das ist alles irgendwie was oberverwirrend. Kann mir mal eben jemand dieses Buch abnehmen, vielleicht eine klatschen oder den PC ausmachen? Und Spedi, ich habe keine Ahnung ob ich gerade Masern oder eher Mums oder Windbeutel bekomme.

    LG kaltblut

    Sie standen dar und fragten sich warum und nur einer meinte: warum nicht.

  • Hallo kaltblut,

    Ich hab' das glaub ich alles verstanden was du geschrieben hast.

    Ja so ist das.

    Annehmen heisst gesund werden und sagen können so ist das Leben auch. Diese Gelassenheit spüre ich bei dir.

    Die Liebe? Mein Mann war der erste Mensch den ich als Angehörigen in meinem Leben empfand (Kinder sind immer ausgenommen). Was das heisst weiss ich nicht genau. Wir haben uns für ein Leben miteinander entschieden, wir haben beschlossen wir schlafen nicht mit anderen, wir woll(t)en zusammen alt werden.

    Jetzt fühle ich erst mal das ich eine eigene Person bin ohne das Gefühl nur ein halber Mensch zu sein.
    Komme gerade zurück aus der Klinik, wohin ich meinen Mann begleitet habe. Der hat noch nicht ganz verstanden, dass er nicht halb ist und es nur um ihn geht.
    Deine Frau kämpft mit einer anderen Baustelle, wie komme ich vom Pferd runter ohne mich zu verletzen.

    Heute morgen hatte ich nach dem Aufstehen feuchte Augen, da kam die Frage: Na, sind das Freudentränen weil du mich jetzt los bist?

    Sie wissen nicht das wir in der Dekontaminationskammer waren, müssen sie auch nicht. Wir müssen das wissen und weil das so ist können wir auch ruhig an Haltestellen sitzen, Pause machen und dem Leben zunicken.


    Liebe Grüsse Smilla

    ---------------------------

  • Hi Kaltblut,
    das Buch kann einen ganz schön zum Nachdenken anregen, ich weiß. Man hat das Hirn dann voll mit allen möglichen Dingen. Hat es verstanden, aber manchmal auch nicht. Die Gedanken kreisen und kreisen! Ich finde es gut, dass du es liest und dich damit auseinandersetzt!

    Ich habe auch eine Zeit lang nur diese verdammten Ratgeber gelesen. Ab und zu mache ich das jetzt auch noch - aber nicht mehr so oft wie vor kurzer Zeit! Es hilft einfach! Schmeiß das Buch nicht weg! Nimm es dir immer und immer wieder zur Hand, wenn dir danach ist! Es ist ein sehr gutes Buch, und man kann vieles daraus lernen und aufsaugen ;) und auch umsetzen!!! Und irgendwann werden die Gedanken um den Alkohol immer weniger... auch bei dir wird das irgendwann so sein. Wenn du bereit dafür bist!

  • Servus Kaltblut - Du bist nicht gerade downton Memphis? Da hat's mich mal ähnlich erwischt, so vor drei Jahren.

    Wie sagte mein absoluter Liebling, Karl Valentin: "mögen hätten wir schon wollen, aber dürfen haben wir uns nicht getraut". Wie viel Wahrheit liegt in diesem Ausspruch, gerade dann, wenn wir nicht wissen, was wir wollen!

    Ich wünsch dir viel Kraft zur Erkenntnis, dass es sich (auch) als ein "kleiner Egoist" besser lebt...und schick Dir eine kleine Portion "gesunder Egoismus"...


    LG
    Spedi

  • Kaltblut,

    ich kann nachempfinden, wie es dir geht. Wenn du plötzlich feststellst, dass das Gesunde Angst macht, weil wir es nicht gewohnt sind.

    Das Kranke fühlte sich an wie Wasser, das in Stromschnellen dahin jagte. Nun sind die schlimmsten Wirbel überwunden und es kann es noch nicht glauben, dass es möglich ist, ohne Gischt und wilde Wellen zufrieden dahinzuströmen. Dieser Hexenkessel der Veränderung, in dem du gerade steckst, der gehört meines Erachtens dazu. Erst nicht begreifen, nicht verstehen wollen. Dann verwirrt und ängstlich über das Neue, Unbekannte, bevor sich die Zuversicht und das Vertrauen darauf einstellt, dass diese Veränderung Sinn macht. Alles braucht seine Zeit. Und wenn sie reif ist, trauen wir uns das zu dürfen was wir mögen.

    Ette

    Im Schmerz von gestern liegt die Kraft von heute.
    ("Handbuch des Kriegers des Lichts" v. P.Coelho)

  • Hallo Ihr Lieben,

    ich habe das Gefühl, Ihr wisst was ich meine. Es geht etwas im Hirn ab, da kommt etwas Befriedigendes, Erfüllendes auf mich zu. Ursache und Wirkung, Ohnmacht/Koma und Aufwachen, die ganze Palette halt, nur in einem anderen Stadium. Halt nicht mehr als der liebesblinde, gefühlsgesteuerte, erdrückende Ehemann und dann all die bis jetzt durchlaufenden Stufen, die hätte ich vor 1 Jahr weder gesehen, erkannt, noch akzeptiert oder angenommen.

    Warum bin ich überhaupt Co., was passiert, was geht da, was wird sein. Klar, wir wissen das nicht genau, aber wenn all die Menschen hier es sagen, wenn all die Fälle und Erfahrungen es belegen, wie kann ich dann auf die Idee kommen, dass es ausgerechnet bei mir, in meinem Leben anders sein wird?

    Also habe ich gewühlt, auf meine Art. In mir, tiefer und tiefer. Als mich meine Frau irgendwie verzweifelt im Suff anmachte, bevor sie in Entgiftung ging, dass in meiner Kindheit auch irgendwas gewesen sein müsste, meine Mutter dazu eigentlich nichts sagen konnte, wollte was auch immer, also alles voll OK war und der Typ in diesem Buch sein gedachtes Gedrucktes in mein Hirn brachte, da war da halt was. Steht alles auf meinem Papier und ich hätte nie und nimmer gedacht, dass so ein für mich bis gestern überflüssiger verdrängter Krams unser tägliches Handeln, unseren Tag, unsere Wochen, Monate, Jahre, sogar Jahrzehnte tief prägen.

    Dieses Wort „radikal“, als ich das hier fand, war das wie, als hätte ich immer schon danach gesucht. Irgendwann bin ich heute Nacht eingepennt, verstört ohne rechten Arm wach geworden, der war weg, baumelte irgendwie an mir rum, wie leblos, hatte ich noch nie, keine Durchblutung, dann kam sie und es war so angenehm, wie damals, wenn mich meine Oma in den Arm nahm.

    So, dat hammer jez, den Hammer haben wir gefunden. Haut mächtig rein, Birne klar, tolle Erkenntnis, gähnende erfüllte Leere, ein großartiges Gefühl und durchatmen. Da kann ich jetzt was mit anfangen.

    Da was im Busch war, hatte ich neulich meinen Hausarzt angerufen, klar ich bin „Kasse“, also Termin in 4 Wochen, Vorgespräch, Überweisung, und und und. Wahrscheinlich habe ich dann nächstes Jahr auch einen Therapeuten, also muss dazwischen irgendwas passieren und das ist eben hier passiert, danke Euch allen.
    Und dann stinkt es mir bis oben hin, wenn ich mir vorstelle, wie Menschen monatelang, jahrelang irgendwohin laufen, mit offenen Armen als Kassensparschwein empfangen werden und Therapie nach Therapie verpuffend abhandeln.

    @Elle: dafür bin ich doch auch hier, damit ich eins vor die Hörner bekomme wenn ich nicht weiter weiß und dankbar für jedes Wort. Es sind keine alten Kamellen, das sind für mich ganz neue Dinge. Warum passiert so etwas, kann oder soll es sich ein Leben lang wiederholen, kann man etwas ändern und was passiert da. Ist da eine Basis, Augen zu und durch oder ist das auch eine ewige Baustelle und wenn, wie bekomme ich das repariert. Sieh mal, es war ein sehr großes Geschenk, wie sich das alles bei meiner Frau entwickelt hat, dass sie für sich auf ihrem Weg ist und was ich daraus für mich lernen und erfahren durfte. Aber wir, Du, ich und jeder hier angemeldete Co., jeder stille Leser, hat sein Päckchen zu tragen, ein verdammt hartnäckiges explosives Päckchen, das uns unbewusst mächtig zusetzt. Wenn wir das nicht losbekommen, dann geht es irgendwann hoch und dann möchte ich nicht da stehen und meine Beine, meine Arme, meinen Kopf verlieren. Ich habe ein Recht darauf, es ist mein Leben.

    LG kaltblut

    Sie standen dar und fragten sich warum und nur einer meinte: warum nicht.

  • Kaltblut,

    ich sehe, du hast dein Motto erweitert. Wir arbeiten, um zu leben. Ja, und im Moment arbeitest du mächtig. Aber es ist eine gute Arbeit, auch wenn sie schwer ist. Weil sie sich lohnt, weil sie die Päckchen kleiner macht, erträglicher, lebbarer. Manches musst du nur anschauen und kannst es wieder einpacken und vergessen, weil du andere, schönere Dinge in dein Päckchen packen kannst und es müssen überhaupt keine Dinge sein...

    Ach, du hast schon lang nix mehr vom Kochen erzählt. Haste etwa keinen Hunger mehr?

    Ette

    Im Schmerz von gestern liegt die Kraft von heute.
    ("Handbuch des Kriegers des Lichts" v. P.Coelho)

  • Gut, Ihr Lieben,

    der Trip geht weiter, aber in Kürze bin ich da und dann kann ich auch wieder was kochen, so richtig brauche ich auch nicht zu kochen, kleine Nikotinpölsterchen gibt es ja auch noch:

    Eigentlich fängt es in einem Buch so an:

    „Vater stand vor mir, wütend schnaubend, leicht rosarot anlaufend, mit erhobener Hand, bereit seinem jüngsten Sprössling den Hintern zu versohlen, um seiner unbeherrschten, unverstandenen, Choleriker Aggression freien Lauf zu lassen. Schlimm war es eigentlich nicht so richtig, eher angemessen, wenn es mal einen auf den Hintern gab, weil die hohe Hauswand des Nachbarn nächtlich mit rohen Eiern dekoriert wurde oder desgleichen Fahrzeug morgens mit dem rupfendem Getöse eines zersplitternden Gartenzaunes die Umgebung weckte, weil böswillige Jugendliche die Stoßstange des Wagens mit Vaters Abschleppseil verbunden hatten oder nach nicht besonders herauszustellenden schulischen Aktivitäten (zum Schutze der heutigen Jugend sollen hier keine Details erwähnt werden). Für heutige Verhältnisse vielleicht etwas überzogen, aber noch nicht wirklich knastreif. Klapsreif ist da schon akzeptabel.“


    "Er ist für immer in mir, der kleine quirlige Choleriker, der Hans Dampf, der Mann, der in seiner schwachen Phase, meiner aufkeimenden starken Zeit, meinen Respekt verlor, um ihn unbemerkt mit Anerkennung und Respekt, 1000fach auf Ewig zurück zu erlangen."


    Das war April 2006, jetzt sind wir aber im Juli 2007:

    Wenn da also wirklich irgendwo innen drin was Verdrängtes ist, wenn wirklich zwischen dem weichen Blumenkind und dem beim Wort „radikal“ aufbrausenden Erwachsenen paar Schrauben auf der Strecke geblieben sind, dann muss man suchen. Gemacht, getan, gesucht, irgendwie nicht mehr lustig.

    Wenn ein 13 jähriger bereit ist, seinem Vater eins auf die Fresse zu geben, wenn ein 10 jähriger, Aufmerksamkeitsdefizite hat, die schulischen Leistungen extrem von topp in hopp umschwenken, geschlitzt, gequalmt wurde und der Alltag nur aus Extremmist bestand, häufiger Krankheit, bis hin zum Röllcheneinwurf, wenn einige dumme und nicht akzeptable Gerüschte über Vater kreisen und da auch nur etwas dran sein sollte und meist ist vieles dran, wenn die noch sehr helle Mutter mit 86 J. eigentlich wenig über ihren Mann spricht und sagt, er hätte nie etwas getrunken, er aber mehrfach als Transportunternehmer den Schein fort hatte, wenn der Vater immer fort war, Spieler war und seine Kinder zu irgendwelchen Frauen mit nahm, dann stimmte da irgendwas nicht. Sie mögen sich nie offiziell vor den Kindern gestritten haben, aber wir haben eigentlich alle einen weg.

    Ich sehe meine Mutter, die Jahre nur heulend durch die Gegend läuft, weil dieser kranke Zocker und Choleriker, nie da war, mit dem Buchmacher verheiratet war, mich laufend zum Zocken mitnahm und ich freudestrahlend von ihm zu Hause abgesetzt wurde und rief: "schau mal, Mama habe ich von der und der…." Sie fing dann schon wieder an zu flennen, ich baute meinen Scheiß und erinnere mich daran, dass ich sie für ihr Weicheigetue und die Unfähigkeit dem Typen eins aufs Maul zu geben haßte, nie so weich sein wollte. Mit 13 war ich der King.

    Es gibt vieles was wir verdrängen, anders in uns tragen, aber es ist wie es ist, unänderbar, akzeptiert, schon lange Frieden.

    LG kaltblut

    Sie standen dar und fragten sich warum und nur einer meinte: warum nicht.

  • @ Ette: „ich sehe, du hast dein Motto erweitert“ – ja, auch eine klare Erkenntnis:

    Ich habe lange gelebt um zu arbeiten, aber ich arbeite um zu leben.
    Wir schaffen das stand für meine Frau, meine Co, für gegen Alk, aber es bleibt Arbeit.
    Es mag heute meine Lebensaufgabe sein, aber Arbeit ist nicht mein Leben.

    Sie standen dar und fragten sich warum und nur einer meinte: warum nicht.

  • Kaltblut,

    Schlangen häuten sich, wenn sie wachsen, weil die alte Haut irgendwann zu klein ist.

    Vielleicht sind unsere Verleugnungen wie so eine zu eng gewordene Haut, weil wir auch gewachsen sind. Unsere Häutungen sind schmerzhaft. Sie schneiden und brennen, hinterlassen ein wundes Gefühl auf der Seele und es dauert, bis diese Schmerzen weniger werden. Ganz langsam wächst sie nach, die neue Haut. Klarer und zarter, wie diese Häutchen, die sich, empfindsam noch, über Narben bilden. Wenn wir sehr achtsam mit dieser neuen Haut umgehen, kann sie vielleicht eine Art Glückshaut werden. So habe ich es jedenfalls empfunden.

    Ette

    Im Schmerz von gestern liegt die Kraft von heute.
    ("Handbuch des Kriegers des Lichts" v. P.Coelho)

  • Servus Kaltblut,

    Zitat

    Wir schaffen das. Schaffen ist Arbeit. Wir arbeiten um zu leben, wir leben nicht um zu arbeiten.

    Hm. Ich muss nichts "bleibendes" hinterlassen, keinen "Ruhm", keine "Ehre", keine materiellen Dinge.
    Unser Sohn wird eines Tages einen guten Start in ein eigenes Leben haben, dank (Schul-)Ausbildung, die er sich selbst erarbeitet.

    Wenn ich es schaffe ihm zu vermitteln, dass ein Selbstbestimmtes Leben ohne Suchtmittel das "Nonplusultra" ist, dann habe ich was hinterlassen. Nämlich Leben. Keine Arbeit.

    Und bis dahin lebe ich, trocken, zufrieden, täglich (an mir) arbeitend. Hoffentlich, denn so gefällt es mir!

    LG
    Spedi

  • @Spedi: vielleicht ist das auch der Grund, warum meine Jungs heute keine Probleme haben und von ihren Eltern, trotz Scheidung, etwas mit auf den Weg bekommen haben, was in meiner Familie fehlte: Nähe, Geborgenheit, Sicherheit im Hirn. Es ist ein schönes Gefühl an die 2 Kerle zu denken und zu sehen, dass da ein Kreislauf durchbrochen wurde.

    Sie standen dar und fragten sich warum und nur einer meinte: warum nicht.

  • Hier in Deutschland leben sehr viele Menschen nach dem Motto: Ich lebe, um zu arbeiten! Ich habe mir geschworen, NIE so ein Leben zu führen! Geld ist nicht alles. Es ist schön, welches zu haben, keine Frage, und ich brauche auch immer ein wenig Sicherheit im Rücken. Aber es gibt wichtigere Dinge! Liebe, Zufriedenheit, inneren Frieden, Ausgeglichenheit und diese ganzen Dinge. Und es ist viel schöner, zu arbeiten, um zu leben! Das Leben ist viel zur kurz, um es nicht zu genießen ;)

  • Hallo, Ihr Lieben,

    es passieren da merkwürdige Sachen und noch merkwürdigere Erkenntnisse. Ich weiß nicht wie oft ich hier saß und dachte: „ Schraube los, wo ist das Werkzeug?

    Hier passieren sie, online, in diesem Forum und dafür bin ich Euch allen sehr dankbar. Ich bin Euch dankbar, dass ich all die Erfahrungen machen durfte und unverblümt in die Welt hinaus schreien durfte, was in mir ab geht, was ich erfuhr und dass ich niemanden deshalb verstohlen, versteckt oder falsch, misstrauend ansehen muss. Und wenn Ihr mich morgen aufsucht, mich im Einkaufszentrum treffen würdet oder sonst wo ansprechen würdet: ach, bist Du nicht der Spinner so und so? Ich würde einige Zentimeter wachsen, Euch lächelnd und stolz ansehen und sagen: ja, das Leben zu erfahren ist wunderschön und Du, kennst Du es?

    Wist Ihr, eigentlich bin ich nur hier, weil meine Frau alkoholkrank ist, einen Infarkt hatte und mit der sch.. Sauferei nicht brechen konnte, dieses Zeugs über Leben, Familie, Kinder, mir und allen Werten stand.

    Gut, ich habe hier festgestellt, es gibt eine Co Krankheit, Angehörige die Krank werden vom Kranken.
    Da kann man ja was tun, meine Frau ist entzogen und in Therapie, brauche ich also nicht mehr.
    Kippen, Fresssucht, Arbeitssucht und auch die eigene Alkoholsucht, weg damit, erledigt, unnütz.

    Zu viel Lieben, das war ja nun die Krönung, Abhängigkeit aus zu viel Liebe, Schmarrn, wer hat sich diesen Quatsch ausgedacht? Habt Ihr überhaupt eine Ahnung wie das Gefühl war, wenn jemand von Euch wehmütig schrieb: „Du musst Deine Frau sehr lieben“? Endlich verstand mich jemand. Ich wäre sofort mit derjenigen auf und davon und hätte sie kaputt geliebt, stiften gegangen wärt Ihr nach kurzer Zeit, trotz all Eurem unerfülltem Liebesdurst..

    Die Härte, die absolute Härte bleibt es aber unbeirrt nicht fortzulaufen, sondern in der Sch… zu wühlen, fest zu stehen und weiter die Ursachen zu suchen. Davor bin ich immer fortgelaufen. Mal ehrlich, was hat mein tadelloses Elternhaus mit der Sucht meiner Frau, mit mir zu tun? Was ein Schwachsinn- oder?

    Spedi, unser bayerischer Hardcore Champ verleit mir Flügel: Masochismus und ich dachte, was will der schon wieder mit seinen unverdaulichen knappen Worten? Spedi, was immer Du da in Deiner bayerischen SHG machst, danke und Treffer: von meinen 48 Jahren, habe ich fast alle bewussten mit unbewusstem Masochismus verbracht, Selbstverstümmelung, Leidensdruck, sinnlos verschenktes Tun, Handeln, Liebe, in der Erwartung geliebt zu werden.

    Die Krönung ist das Leben zu begreifen, zu leben, einfach zufrieden leben, uns.
    Frei sein, ein schönes Gefühl, leben, nicht gelebt werden.
    Also, sehen wir mal, es sieht klasse in mir aus.

    LG kalli kaltblut

    Sie standen dar und fragten sich warum und nur einer meinte: warum nicht.

  • Super, ich sag doch, das Buch ist echt gold wert! Dir hat es anscheinend so richtig die Augen geöffnet. Mach weiter, du wirst noch viele Dinge über dich herausfinden :) wenn du dich mit dir selbst auseinandersetzt! Schlaf gut ;)

  • Hallo Ihr Lieben,

    zuhause überkam mich ein Gefühl der gähnenden Leere, des Geschafft, des Neuanfangs, des Aufbauens.
    Ein Gefühl, diese kontrollierende, mächtige, erhabene Liebe, dieses wilde beherrschende Gefühl, dieses Liebe
    geben müssen um Liebesverlust auszugleichen, diese über 40 Jahre prägende Verlangen sei fort, Leidensdruck,
    Masochismus, fort, eine erfüllte schöne Leere.

    In diesem Augenblick der Leere, da überkam mich ein gewaltiges Verlangen nach eine Zigarette und ich weiß,
    wären irgendwo Zigaretten im Zugriff gewesen, das wäre es nach 4 Wochen gewesen.

    In diesem Augenblick der Leere, der nicht vorhandenen Kippen, da überkam mich ein Gefühl des Speichelflusses,
    ein Gefühl des Verlangens und ich weiß, hätte ich Zeugs im Hause gehabt, es hätte einen ungleichen Kampf gegeben.

    In diesem Augenblick habe ich zum ersten Mal in meinem Leben, nur für wenige Augenblicke,
    die direkten Zusammenhänge gespürt, sie wild und unbändig,
    gemeinsam durch mein Hirn hüpfen, tanzen sehen,
    wie sie umschlungen von mir Besitz ergreifen wollten.

    Liebe und Droge – Droge und Liebe – habt ihr Pech gehabt, Arschtritt, mein Glück.

    LG kaltblut

    NS: klar, ins Office, an den PC schreiben, lesen, weg

    Sie standen dar und fragten sich warum und nur einer meinte: warum nicht.

  • Hallo Ihr Lieben,

    ich habe mir mit Mr. Fast die Wampe voll geschlagen, sonst hätte ich den Tag nicht überstanden und irgendeine Sch… angestellt.

    Paargespräch
    Ich habe zugesagt, nichts über unser Gespräch hier zu schreiben, bin Mundtod, stehe ich zu.
    Aber eines sage ich Euch, die Überschrift eines neuen Kapitels:

    Masochismus, die feine tränenlose Füße kleende Art der Liebes Filettierung
    Damit es auch kein wenn und aber, eines Tages keine einseitigen Profilierungsvorwürfe geben sollte:

    Lest dieses einmalige beschissene Ergebnis einer langen Irrfahrt:

    Ende
    Scheidung

    So, und jetzt lasst mich das erstmal verdauen, gebt mir einfach was Ruhe und da kann sagen wer was will, es ist unbezahlbar und ich bin tief dankbar, dass es Euch gibt, dass ich mich jetzt und hier ausschreiben darf.


    LG kaltblut

    Sie standen dar und fragten sich warum und nur einer meinte: warum nicht.

  • Hallo Kaltblut,

    nimm Dir alle Zeit, die Du brauchst!

    Wir laufen ja nicht weg und sind für Dich da, wenn Du uns brauchst!

    Einen ganz lieben Gruß an Dich
    Speedy

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