Hier ein paar meiner Gedanken zur Krankheit.
Zitat
Vielleicht liegt im Annehmen der Krankheit des Partners auch ein Stueck Kraft, ihn besser loslassen zu koennen?
Das bringt es meiner Meinung nach auf den Punkt Currlinger, das ist unumgängliche Voraussetzung dazu.
Dazu gehörte für mich auch folgendes:
Ich habe mich hier umfassend über die Krankheit Alkoholismus informiert.
Dabei habe ich erkannt das ich absolut machtlos dem Alkohol gegenüber bin und es keine Abstufungen von süchtig sein gibt (ich hatte z.b. die naive Vorstellung ein Junkie sei süchtiger als ein Alkoholiker weil die körperliche Abhängigkeit schneller und stärker ist).
In vergangenen Jahren bin ich immer wenn es mir schlecht ging mal zu Al-Anon gegangen. Das mein Partner krank ist hatte ich schon verstanden, aber das ich auch krank bin nicht, ebenso wenig wie ich vor dem Alkohol kapitulierte. Das gehört ganz wesentlich auch dazu - nicht nur der Partner ist dem Alkohol gegenüber machtlos sondern ich auch.
Ich erkannte das die Sucht eine unpersönliche Krankheit ist und hörte auf mir Fragen zu stellen über:
Warum tut er das wenn er mich doch angeblich liebt.
....also verstand ich, dass die Sucht stärker ist als die Liebe und das sein Reden und Handeln vollkommen suchtgesteuert waren.
Man könnte meinen, ich würde ihn damit nicht mehr für voll genommen haben, aber das Gegenteil war der Fall. Endlich akzeptierte und respektierte(!!!) ich die Krankheit meines Partners.
Das versetzte mich in die Lage mich mir selber zuzuwenden, eine mögliche Fortführung der Beziehung zu einem späteren Zeitpunkt (eine Beendigung auf immer erschien mir wie vielen hier zu schmerzhaft) gelassen in Aussicht zu nehmen und mich endlich als eigenständige Person wahrzunehmen die das Leben an der Seite eines nassen Alkoholikers für sich ausschliesst.
Ich halte es inzwischen für anmassend und aussichtslos einem Alkoholiker das Trinken verbieten oder ausreden zu wollen.
Andererseits habe ich endlich von mir beriffen, dass ich mir einen Partner unterbewusst auch unter dem Aspekt gesucht hatte, weil er als nasser Alki nicht wirklich für eine Beziehung zur Verfügung stand und mir auch nicht überlegen sein konnte. Ich hatte panische Angst vor echter Nähe und ich war der Kontroller in der Beziehung.
Also meine eigenen kranken Anteile haben mich jahrelang in einer Beziehung bleiben lassen die mir und den Kindern nicht gut tat, weil ich es unbewusst so wollte (und natürlich auch die 'Sicherheit' des Bekannten hatte - co-sein von der Pike auf gelernt). Das hat mit Liebe nix zu tun, das ist genauso krank wie saufen, nur das man es nüchtern erleben muss.
Mein Partner war besoffen vom Alkohol und ich war besoffen von ihm.
Zweimal ist er in eine LZ gegangen weil ich sagte: Der Alkohol oder ich.
Das ist wieder so ein Bumerang, es funktioniert nicht.
Hier habe ich gelernt die Krankheit meines Partners wirklich zu akzeptieren und nicht nur zu konstatieren das er krank ist. Jede Aktion die ich danach gestartet habe, tat ich um meiner Selbst willen. Er konnte mit mir über nichts mehr verhandeln - was hiess - in einer Wohnung nur noch wenn er trocken ist und bleibt.
Indem ich meine seelische und geistige Gesundheit an die erste Stelle setzte, übernahm ich endlich Verantwortung für mich und gab ihm die seine wieder.
Ich konnte so auch distanzierter und wieder freundlicher sein - alles kann, nichts muss. Was ich früher unter dem Deckmäntelchen der Liebe mit ihm gemacht habe, war alles Hilflosigkeit, Wahnsinn und meine Sucht.
Als er dann ankam und mich bat ihn ins Krhs. zu bringen, konnte ich das gerne tun.
Den Anfang schaffte ich durch die Kinder, hatte ich auch keine Ahnung von Eigenverantwortung, so wenigstens noch einen Schimmer das es für sie eine Zumutung war (wie sich das für ein Kind anfühlt wusste ich ja ansatzweise - es macht Angst. Ansatzweise deshalb, weil bei uns zuhause das offensichtliche zu 100% totgeschwiegen wurde.).
Wenn also beide solchermaassen trockengelegt sind, der eine vom Alkohol und der andere von seiner Beziehungssucht, dann kann man überhaupt mal über Liebe reden. Das ist Arbeit - ich darf das gerade erleben.
Sich gleichzeitig um die eigenen und die Gefühle des Partners zu kümmern geht nicht. Das schliesst sich gegenseitig aus.
Zum Loslassen gehört - die Krankheit zu akzeptieren und durchaus auch zu Lieben, aber ohne die Qualen der Verstrickung.
Weil ich meinem Partner sein Seilende zuwarf und ihm damit ermöglichte seinen Schlamassel selbst auszubaden und die Folgen zu tragen.
Ich wusste schon lange das mein Partner krank ist, aber nichts wirklich reeles was Sucht wirklich bedeutet.
Es machte mir Mut hier zu sehen wie man erst anders handelt, dann sein Denken und Fühlen verändert. Zuvor hatte ich es immer in der anderen Reihenfolge versucht und bin regelmässig daran gescheitert.
Vor Augen selbst zugrunde zu gehen (und das ganz unpersönlich durch eine unpersönliche Krankheit) kam ich an meinem Tiefpunkt auf der Suche nach Hilfe hierher und hier durfte ich im Turbotempo ein paar wesentliche Vorraussetzungen und Bausteine für mein 'trockenes' Leben lernen. Dafür bin ich sehr dankbar.
Liebe Grüsse smilla