Liebe Leute, ich bin Noah - und mittlerweile fast 57 Jahre alt. Meine Mutter hat in meinem Alter von 1 bis ca. 13 Jahre (mehr oder minder) durchgehend getrunken, anfänglich (laut meines Vaters) noch moderat, über die Jahre hinweg dann immer mehr verbunden mit erheblichen Problemen, natürlich auch in ihrer Ehe und in unserer Familie. Später hat sie ihren Alkoholismus (und weitere Themen) über eine Therapie bearbeitet und ist seit Jahrzehnten trocken (sie lebt bis heute). Auch waren meine Eltern (wie mein Bruder) einige Jahre lang in AA-Selbsthilfegruppen, Jahrestreffen usw. - an denen ich allerdings damals als Jugendlicher bewusst nicht teilgenommen habe.
Mir ging es - ab 15 / 16 Jahren - zunächst ganz maßgeblich (als Entscheidung) darum, mein eigenes Leben verstärkt in Angriff zu nehmen - über Auszug, Distanzierung / Flucht, Ablenkung, neue Erfahrungen, wohl auch Verdrängung. An meine Kindheit habe ich bis heute nur recht wenig Erinnerung (und wenn dann sind diese nicht sonderlich erbaulich).
Warum ich hier schreibe: immer wieder - bis zum heutigen Tag - scheint mich meine Vergangenheit auf eine gewisse Art und Weise "einzuholen". Denn da sind (ab und an) plötzlich auftretende "Löcher", die ich so seit meiner Kindheit kenne, gepaart mit dann auftretender Niedergeschlagenheit. Ganz früher hielten diese auch mal wochenweise an - heutzutage kommen sie meist nur ein, zwei Mal im Jahr vor (außer es ist etwas Größeres / etwas Schwerwiegendes wie z.B. eine Trennung vorgefallen).
Nach ca. zwei, drei Tagen geht so ein Loch bei mir wieder weg (ich denke: durch meine Arbeit, Sport, soziale Kontakte ...allgemein: durch meine Aktivitäten). Gleichwohl bleibt eine solche Situation bis heute für mich schwierig, weil diese dann - nach wie vor "unerwartet" / plötzlich - mit großer psychischer Labilität, Rückzugsgedanken, nebeliges Gefühl der Verlorenheit usw. einhergeht ... ich kann dann in - so einer Phase - kaum einen klaren Gedanken fassen. Wie eine depressive Verstimmung, die mich kurze Zeit ummantelt.
Meine (früh und später) erlernten Ressourcen helfen mir zwar recht schnell und auch zuverlässig - dieses Gefühl bleibt bislang - in so einem Moment - dennoch sehr negativ. Ich glaube: ein Trigger aus meiner Kindheit, heute vielleicht ausgelöst durch bestimmte Veränderungen oder einen (mal) schlechten Tag (dann keinen "Halt spüren"). Ein heute vielleicht "überzogenes" (?) Gefühl aus meiner Vergangenheit, könnte ich mir vorstellen - wie ein vernarbter Spreißel im Körper, der sich ab und zu bewegt.
Nun, ich kenne bislang leider niemanden, der / die dieses Gefühl mit mir (als Erfahrung) teilt - kein Wunder, denn bislang habe ich es meist für mich behalten. Hier kommt nun mein konkretes Anliegen an Euch: kennt ihr - als erwachsene Alkoholiker-Kinder - solche Momente? Bzw. ähnliche? Mir geht es hier weniger um Bewältigung von schwierigen Situationen oder das Teilen von Ressourcen (habe ich für mich selbst recht gut entwickelt) - vielmehr würde ich gerne wissen, ob manche von Euch dieses Gefühl, wie von mir beschrieben, so in der Art kennen und es mit mir (als Erfahrung) teilen können. Denn dann würde ich vielleicht weniger alleine mit diesem Gefühl in der Welt stehen? Und natürlich fände ich es spannend, wie ihr mit so einem Gefühl - sobald es auftritt - umgeht, z.B. ob ihr es akzeptieren könnt, ob ihr bis heute dagegen ankämpft usw. ... vielen herzlichen Dank für Euren Imput!