Seiltaenzerin - Ich bleib am Ball, nicht an der Flasche

  • Hi ST, UR und Ihr,

    Ihr beschäftigt Euch sehr viel mit Eurer nassen Zeit. Ich habe das von Anfang an nicht gemacht. Im Gegenteil ich spürte, dass ich alles, was ich jemals im Zusammenhang mit Alkohol gedacht, gefühlt oder gemacht habe in die Tonne treten muss, um überhaupt eine Chance zu haben. Ich kann nichts Positives oder Negatives aus meiner nassen Zeit lernen. Im Gegenteil, das positive wäre eine Hintertür für mein Suchtgehirn. Und das negative wird nicht ausreichen, um mich davon abzuhalten wieder zur Flasche zu greifen. Das Einzige, was mich sicher davon abhält, ist maximale Risikominimierung, Umsetzung der Grundbausteine und die HALT Regel.

    Das heißt nicht, dass ich jetzt abstinent Dinge in meinem Leben geändert habe. Beispielsweise habe ich privat und beruflich dauerhafte, zu starke Belastungen abgebaut. Weil diese meine Abstinenz gefährden und außerdem Depressionen bei mir begünstigen.

    Zum Supermarkt. Es gibt dort Alkohol, klar. Aber der tut mir nichts und springt nicht von alleine in meinen Einkaufswagen.;) Ich blende dort Alkohol konsequent aus. Ich gehe nicht in die Alkgänge. Was sollte ich auch dort? Und wenn er dort woanders auftaucht, in Einkaufswägen oder auf dem Band liegt, blende ich ihn aus und konzentriere mich auf etwas anderes. Das klappt inzwischen gut.

    Liebe Grüße Kazik

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    abstinent seit 10.12.2024 / Heute trinke ich nicht.

  • Kazik danke für die Reflektion. Ich übe ja, mir zu verzeihen, aber ich schaue auch nach vorne. Meine Pflanzenfrage war eventuell blöd, aber es tat mir gerade gut, das zu schreiben. Dann ist es aus dem Kopf.

    Schritt für Schritt wird die Konzentration aud das Hier und Jetzt gelegt. Da ich ein Grübler bin, behandle ich dies auch mit meiner Psychologin. Stichwort: nasse Zeit in die Tonne treten ist ein gutes naheliegendes Ziel. Diesen Erfahrungswert nehme ich gerne an. Ich denke, für mich ist es dabei wichtig, dies symbolisch zu tun. Das lasse ich mir durch den Kopf gehen. (Die Seiten meines Notizbuchs mit Verfehlungen wegschließen / entsorgen? Stopp sagen bei Flashbacks mit einem Mantra für das Hier und Jetzt? Ich denke darüber nach, was bei mir am Besten "hängenbleibt.)

  • Ich übe ja, mir zu verzeihen,

    Hi UR,

    Du hast getrunken, um den Rausch zu haben. Du hast nicht getrunken, um abhängig zu werden. Das macht, glaube ich Keine.;) Also was solltest Du Dir verzeihen?

    Und ab dem Zeitpunkt, ab dem Du abhängig wurdest, hast Du nur noch aus einem einzigen Grund getrunken, weil Du süchtig warst und musstest. Was solltest Du Dir hier verzeihen?

    Es mag sein, dass Du betrunken Dinge getan hast, die Du jetzt bereust. Aber auch hier ist der Punkt, dass Du ab dem Zeitpunkt wo Du abhängig warst, nicht betrunken warst, weil Du es so gewollt hast. Sondern dass Du betrunken warst, weil Du trinken musstest.

    Liebe Grüße Kazik

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    abstinent seit 10.12.2024 / Heute trinke ich nicht.

    Einmal editiert, zuletzt von Kazik (28. September 2025 um 19:31)

  • Ich blende dort Alkohol konsequent aus. Ich gehe nicht in die Alkgänge.

    Habe ich auch gemacht. Das ging bei mir sogar so weit, dass ich schon das Gefühl hatte, dass alles im Alk Gang verpixelt war, als ich mal durch bin.

    Aus dem "Ausblenden" wird dann irgendwann ein "nicht mehr wahrnehmen". Oder kaum noch. Weil es nicht mehr interessiert.

    Ich nehme ja nur Dinge, die ich ggfs. benötige richtig war. Oder leider auch Süßigkeiten, die ich zwar nicht benötige, aber versuche gemäßigt zu mir zu nehmen.

    Nachdem ich jetzt jahrelang keinen Alk mehr gekauft habe, weiß ich nicht mal mehr was "mein" Bier gerade kostet.

    Ich weiß auch nicht was die Windeln kosten, oder Maskara ^^ (schreibt man das so?)

    Das sich fragen, ob das neben mir an der Kasse auch ein Alkoholiker ist, ist geblieben. Bzw. das hatte ich vorher eher nicht. Die Menschen um mich herum finde ich interessant und ich meine auch besser zu erkennen, ob es sich auch um einen Alkoholiker handelt. Wenn es dann so ist, versuche ich nicht zu auffällig hin zu glotzen. Damit ist keinem geholfen. Ich kann nur für mich froh sein.

    Einmal editiert, zuletzt von Alex_aufdemweg (28. September 2025 um 22:06)

  • Hallo Kazik und Alex_aufdemweg und alle die mitlesen. Danke für eure Beiträge, habe lange darüber nachgedacht. Finde es toll, daß ihr eure Wege gefunden habt und erfolgreich geht :) Teilweise ähneln sich unsere Wege, wie ich auch aus anderen Beiträgen von euch weiß. Abstinenz als oberstes Ziel. Umdenken, umlernen. Während meiner 6 Wochen Nüchternheit im Sommer z.B. hab ich anders gedacht als jetzt. Irgendwie hab ich gar nicht gedacht, fürchte ich. Hab den Alkohol weggelassen, mich darüber gefreut und ansonsten gelebt wie vorher. Jetzt weiß ich, daß der Rückfall vorprogrammiert war, das habe ich dem Forum zu verdanken. Ich muss mehr tun als den Alkohol weglassen, ich übe ein wirklich trockenes Leben zu führen. Durch dazu lernen und Umsetzen.

    Neue Wege also. Für mich gehört dazu, mich mit meiner nassen Zeit zu beschäftigen, wenn Gedanken dazu aufkommen. Diese Gedanken sind quasi immer negativ (der einzige "positive" Gedanke, eher ein Gefühl ist "Entspannung - aber ich kann mich auch nüchtern gut entspannen und tu das auch). Die negativen Gedanken und Gefühle drücke ich nicht weg, sondern lasse sie zu. Das hab ich in der LTZ Mitte der 90er so gelernt und für mich macht es Sinn.

    Gestern ging ich noch spazieren, war aus unterschiedlichsten Gründen nicht gut drauf (kein Suchtdruck). Dann hab ich den Geruch des frisch gemähten Gras auf den Feldern wahrgenommen und mich bewusst darauf und die Umgebung konzentriert. Hab den Wolkenhimmel und den Sonnenuntergang beobachtet. Hab eine Katze getroffen und sie gestreichelt und ihr Maunzen genossen. Hab eine Meditationsübung gemacht, die man immer und überall machen kann. Es ging mir dann wieder gut :)

    Liebe Grüße,

    ST

  • . Für mich gehört dazu, mich mit meiner nassen Zeit zu beschäftigen, wenn Gedanken dazu aufkommen. Diese Gedanken sind quasi immer negativ (der einzige "positive" Gedanke, eher ein Gefühl ist "Entspannung - aber ich kann mich auch nüchtern gut entspannen und tu das auch). Die negativen Gedanken und Gefühle drücke ich nicht weg, sondern lasse sie zu. Das hab ich in der LTZ Mitte der 90er so gelernt und für mich macht es Sinn.

    Sehe ich komplett anders.

    Ich habe nicht nur negative Gedanken an die nasse Zeit. Da war auch einiges dabei, das zumindest ansatzweise okay war. Aber das spielt für mich keine Rolle mehr, seit ich die Erkenntnis hatte, Alkoholiker zu sein. Seitdem macht es für mich keinen Sinn, in alten Erinnerungen herumzuwühlen oder die Vergangenheit aufzubereiten.

    Als ich diese Erkenntnis erlangt habe, habe ich einen klaren Schlussstrich gezogen. Ich halte wenig davon, im Gestern zu graben. Ich wurde Alkoholiker, weil ich zu viel getrunken habe und den Absprung verpasst habe – so einfach ist das.
    In meinem trockenen Zustand lasse ich keinen Raum für alte nasse Geschichten.

    Negative Gedanken haben eine Berechtigung, aber nicht in Verbindung mit Alkoholsucht, sondern im Hier und Jetzt.

    Gruß Hartmut

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    Wer will, findet Wege. Wer nicht will, findet Gründe!

    Trocken seit 2007

  • Für mich gehört dazu, mich mit meiner nassen Zeit zu beschäftigen, wenn Gedanken dazu aufkommen. Diese Gedanken sind quasi immer negativ (der einzige "positive" Gedanke, eher ein Gefühl ist "Entspannung - aber ich kann mich auch nüchtern gut entspannen und tu das auch). Die negativen Gedanken und Gefühle drücke ich nicht weg, sondern lasse sie zu. Das hab ich in der LTZ Mitte der 90er so gelernt und für mich macht es Sinn.

    Hi ST,

    nur zur Sicherheit. Ich habe nicht geschrieben, dass es keinen Sinn ergibt, mich an meine nasse Zeit zu erinnern. Ich habe geschrieben, dass es für mich keinen Sinn macht, mich aktiv mit meiner nassen Zeit zu beschäftigen. Ich werde mich auch weiterhin daran erinnern, wie grenzwertig schlecht im Wortsinn es mir in den letzten Jahren meiner Sauferei ging. Aber es gibt eine sehr gute Wahrscheinlichkeit, dass mich diese Erinnerung nicht davon abhalten wird, doch wieder zur Buddel zu greifen. Das meinte ich damit, wenn ich schrieb, dass ich nichts aus meiner nassen Zeit für meinen jetzt abstinenten Weg lernen kann.

    Liebe Grüße Kazik

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    abstinent seit 10.12.2024 / Heute trinke ich nicht.

  • Guten Morgen,

    ich habe über Eure Antworten nachgedacht. Für mich bedeutet dies, meinen Weg noch zu finden und zu festigen. Kaziks Kommentar zum Verzeihen habe ich nun immer im Kopf, aber um zu dem "Denkstatus" zu kommen, bedarf es Arbeit an mir und meinem Selbstbild. Und genau dies nehme ich mit in die Psychotherapie sowie in die SHG am Donnerstag, wir dürfen immer Themen mitbringen, über die sich die Gruppe austauscht.

    Herzlichen Dank dafür und einen guten Start in den Tag!

    UR

  • Guten Morgen Hartmut , Kazik und alle. Ich finde es, wie schon gesagt, super, daß ihr euren Weg gefunden habt und damit abstinent bleibt.

    Seitdem macht es für mich keinen Sinn, in alten Erinnerungen herumzuwühlen oder die Vergangenheit aufzubereiten.

    In alten Erinnerungen wühlen, das mach ich auch nicht. Vergangenheit aufarbeiten ja, mit der Hilfe meiner rSHG, allein und wenn es sich ergibt (Schreiben, auch nur für mich, hilft mir sehr.) Wurde hier auch schon nach Rückfallgrund gefragt und möchte das zu gegebener Zeit beantworten. Da denk ich dann ja auch an die Vergangenheit ... mir Rückfallgründe bewusst machen hilft mir diese zu vermeiden.

    Ich habe nicht geschrieben, dass es keinen Sinn ergibt, mich an meine nasse Zeit zu erinnern. Ich habe geschrieben, dass es für mich keinen Sinn macht, mich aktiv mit meiner nassen Zeit zu beschäftigen.

    Bin froh, Kazik, daß Du das noch mal geschrieben hast, glaube ich verstehe es jetzt besser. Aktiv beschäftige ich mich auch nicht mit meiner nassen Zeit, also ich setz mich nicht hin und denke darüber nach. Dazu hab ich gar keine Zeit. Wenn mir aber was ein-oder auffällt, auch Beiträge hier im Forum, das mich berührt, triggert oder sonstwie beschäftigt, dann beschäftige ich mich durchaus damit.

    Diese Woche habe ich noch einen Telefontermin mit der Caritas und hoffe dann zu erfahren, wann es bei mir mit Einzelgesprächen losgehen kann. Desweiteren bin ich viel am Telefonieren wegen der geplanten stationären Therapie, hoffe, daß sich auch das diese Woche noch klärt.

    Ich wünsche allen einen guten Tag, liebe Grüße von

    ST

  • Hallo Alex_aufdemweg , ja, das warst Du. Es tut mir leid, wenn ich bei dem Thema vielleicht "zickig" wirke, aber ich möchte nicht öffentlich darüber berichten. Ich will über manche meiner Themen hier nicht schreiben, wo das jeder, auch ohne Registrierung lesen kann, und das solange das Forum existiert (hoffentlich noch mindestens 50 Jahre), selbst wenn ich mich löschen sollte, was ich nicht vorhabe.

    Vielleicht sehe ich das und manche andere Dinge in einigen Monaten anders, ich weiß es nicht. Wünsche mir ja selbst lockerer zu sein.

    Liebe Grüße,

    ST

  • Nur ein Tipp, Seiltänzerin: Du kannst auch etwas verklausuliert schreiben, damit Du nicht so leicht zu identifizieren bist.

    Mache ich übrigens in geschlossenen Bereich auch, denn theoretisch könnte der eine oder andere Nachbar oder Kollege dort schon in 4 Wochen aufschlagen, und das wäre für beide unangenehm.

    Z. B. Schreibe ich nur von dem verstorbenen oder verbliebenem Elternteil oder von einem Geschwister und sonstige "Ungenauigkeiten", die für mein jeweiliges Thema nicht relevant sind. Ist auch ein bisschen Gehirnjogging für mich ...

  • Hallo Rennschnecke , als ich mich gestern ausgeloggt hatte dachte ich ganz ähnlich: ich muss ja nicht übermäßig ins Detail gehen, muss nicht über meine Abgründe schreiben. Das ist so ein Ding aus den Therapien: "Hosen runter, nackig machen, alles erzählen". Das mag in den Therapien in geschlossenen Gruppen oder im Einzel sinnvoll sein, hier ist es das wohl eher nicht, schätze ich.

    Liebe Grüße,

    ST

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