Wem erzähle ich von meinem Entzug/Entgiftung

  • Hallo zusammen,

    es gibt da was, bei was es mich interessieren würde, wie andere darüber denken bzw. das handhaben.
    Folgende Geschichte: ich bin heute den 5ten Tag ohne, war zwar nicht stationär zur Entgiftung, war aber den 2ten Tag (Heiligabend) im KH um mich checken zu lassen und (natürlich) die darauffolgenden 2 Tage nicht unterwegs oder so sondern für mich zu Hause (kann man glaub verstehen).
    Heute war ich nun im Fitnessstudio und eine Bekannte, die dort arbeitet, fragt mich "na, was hast du an Weihnachten gemacht". hmmmm ...
    Meine Familie und engsten Freunde hab ich ins Bild gesetzt. Aber ich wollte dann doch, so beim Training mit zig Leuten um mich rum, nicht einfach mal mit dem Spruch rausrücken "Alkoholentzug".
    Also hab ich gelogen. Scheisse, das ist genau das, was ich auf keinen Fall machen wollte. Das ist halt ne andere Sache, als ein Glas Sekt abzulehen oder so. Ich hab dann geantwortet "ach nix, zu hause, fernsehn", stimmt ja auch irgendwie. Aber da hat sie schon weng komisch geschaut. Und dann die nächste Frage: was machst du an Silvester. Da hab ich dann das Studium und die Arbeit vorgeschoben. Mit dem Ergebnis, dass die die Frau von mir denkt: Boahhh, wie langweilig und stier ist denn der drauf!
    Die hat jetzt ein völlig falsches Bild von mir. Ich mein, ich hab im Suff schon genug gelogen, ich will das nicht wieder, und ich geh mit dem Thema eigentlich schon sehr offen um, aber in dieser Situation?
    Und im neuen jahr werden noch mehr solche Fragen kommen(Studienkollegen, Fitnessstudio, Job). Ich weiss nicht, wie ich das handhaben soll? Wie würdet ihr das machen?

    Grüssle, swiss

  • Hallo swiss...

    ... ich habe von Anfang an gesagt, was mit mir los ist. Wie Du schon sagst - wir haben in unserer nassen Zeit genug gelogen, verdrängt usw. Das tue ich heute nicht mehr.

    Und erstaunlicher Weise akzeptieren das fast alle, Respekt wird mir gar entgegengebracht... ich staune heute immer wieder. Und das baut natürlich auf...

    Ich binde mir ja kein Plakat auf die Stirn "Ich bin Alkoholiker" - aber wenn es zur Situation kommt, dann stehe ich dazu. Ganz untheatralisch und sachlich - und es funktioniert.

    Mache bitte nicht den Fehler und falle in alte Muster zurück - belüge DICH niemals mehr. Und damit andere nicht (kommt von selber).

    Schön dabei ist auch, das mein Selbstwertgefühl und mein Selbstbewusstsein erheblich gestiegen ist.

    Alles wird gut
    Frank

  • morgen swiss

    ich möchte mich frank anschließen, ich sage auch was mit mir los ist, das kann einen retten wenn das nähere umfeld bescheid weiß, denn fitnessstudio gehst du doch sicher öfter.
    ich fände es extrem anstrengend mir ständig neue ausreden einfallen zu lassen warum ich nicht trinke oder auch nur ständig was angeboten zu bekommen. die leute mit denen ich öfter zu tun habe und wo die möglichkeit gegeben ist das alk ins spiel kommt wissen bescheid, das macht vieles einfacher und schützt mich auch.
    ich gehe seit einiger zeit mit meinen großen wieder in die disco, dort wissen auch die angestellten und stammgäste über meine krankheit bescheid, und das hat mich schon gerettet als es ein typ der von mir nen korb gekriegt hat witzig fand mir vodka in den o-saft zu kippe. ich hatte es nicht gesehen, aber die anderen und die haben das glas sofort entsorgt und den kerl rausgeschmissen.
    ich denke, wenn man wieder einigermaßen normal leben möchte sollte man zu seiner krankheit stehen, es macht vieles einfacher. die erfahrung hat mich gelehrt, das eigentlich nur leute darauf blöde reagieren die selbst ein problem mit alk haben, und die können mich sowieso mal gern haben.

    lg doro

    Alkohol ist ein prima lösungsmittel es löst familien arbeitsverhältnisse freundeskreise und hirnzellen auf.
    trocken seit 18.10.2001

  • Hallo swiss!
    Ich kann mich doro und frank nur anschließen.Du fängst an trocken zu werden,und das geht nur,wenn Du ehrlich zu dir selbst bist.Du konntest für Dich feststellen,daß es Dir nicht gut bei der Sache ging,also lass es doch,denn alles was Dich jetzt noch zusätzlich belastet,ist nicht gut für Dich.Gehe offen mit deiner Krankheit um,damit hilfst Du Dir auch schon ein ganzes Stück weiter,und kannst vielen für Dich unangenehmen Situationen vorbeugen.Beschissen haben wir uns und andere lange genug!Ich habe mit meiner Offenheit nur positive Erfahrungen machen dürfen,und die wenigen,die das nicht so ganz verstehen konnten,habe ich es entweder erklären können natürlich nur wenn sie interesse daran gezeigt haben,ansonsten war mir das auch egal,wie Sie damit umgehen,Hauptsache ich bleibe trocken!!

    Viel Glück bei der Umsetzung,alles ist schwer,bevor es leicht wird.

    Bis demnächst,liebe Grüße,Andi

  • Halo Swiss,

    kann mich hier auch den anderen anschließen.
    Ehrlichkeit zu dir selbst ist sehr wichtig.
    Ich sag jeden ehrlich,der es wissen will,wie es um mich stand.Viele stehen zwar mit Mund offen und sagen."du doch nicht",aber ich hab ja genug Beispiele,wo ich sagen kann,;weißt du noch,dann und dann,wie ich mich da immer benommen hab,da fällt mir ja genug ein.
    Und ich muß sagen,es reagieren alle äußerst positiv,finden es super und stark.
    Probier es aus,du wirst erstaunt sein,wie gut dein Umfeld reagiert.
    Liebe Grüße
    Kiki

    mein Rückfall zeigte mir,wie kostbar ein Leben ohne Alkohol ist!

  • Hallo Swiss,

    auch ich kann mich den anderen nur anschliessen.

    Natürlich trägt man kein Schild um den Hals. Aber:

    Zu dem weiten Weg, den wir zurücklegen um trocken zu werden und zu bleiben, gehört für mich besonders Ehrlichkeit.

    Wenn ich es anderen Menschen nicht sagen kann, kann ich es dann mir selber sagen?

    Mit Offenheit bin ich bisher sehr gut gefahren - es wird einem schon Resepekt gezollt. Und dann wird man auch ernst genommen.


    Gruß Peter

  • Hallo swiss,

    ich persönlich bin der Meinung, das man es nicht JEDEM sagen muss, aber auf jedem Fall der Familie und den wirklichen Freunden.

    Auch war es mir wichtig, das es meine Arbeitskollegen wußten, denn wir feierten ab und zu zusammen. Da habe ich es dann allerdings so gemacht, das ich das so nach und nach gesagt habe, bei Gesprächen zu zweit oder zu dritt, wenn sich die Gelegenheit ergab, aber dann hab ich auch nicht lange gezögert, sondern hab es halt gesagt.

    Vor versammelter Mannschaft hätte ich es mich zu dem Zeitpunkt noch nicht so getraut.

    Auf Partys kann es vorkommen, das mir jemand Alkohol anbietet, der mich nicht kennt, dann sage ich: Ich trinke keinen Alkohol !
    Wer dann weiter nachfragt, dem sage ich dann klipp und klar: Ich kann mit Alkohol nicht umgehen, ich bin Alkoholikerin. Das ist dann meist ausreichen.

    Ob das im Fitnesstudio nötig ist, mußt Du selbst beurteilen, ich hab ja auch Mitschwimmer/innen, die ich ein bisschen vom Sehen und mal reden kenne, aber da schwimm ich sicher nicht an den Rand sage: Übrigens, ich bin Alkoholikerin.

    Ich sage es halt denjenigen, die es wissen müssen und auch sollen, aber nicht jedem, das entscheide ich selber.
    Schämen tue ich mich allerdings nicht, wenn ich es sage, es ist nun mal so und fertig. Wer damit nicht klar kommt, iss mir egal, ist dann nicht mein Problem.

    LG an Dich
    Lilly

  • Hallo Hermann,

    das mit den "Notlügen" ist ja auch manchmal in Ordnung - nicht jeder muss schliesslich alles wissen.

    Aber hier möchte ich Dir widersprechen: sind "Notlügen" nicht sehr bewusste Lügen?

    Ausserdem muss man bei späterem Wiedertreffen immer wissen, wem man gerade welche "Notlüge" aufgetischt hat. Mir wäre das zu anstrengend. :wink:

    Gruß Peter

  • Hallo Hermann,

    es gibt so einen Spruch:

    "Wer erfolgreich lügen will, braucht ein unheimlich gutes Gedächtnis"

    Und wenn man das manchmal nicht hat, kann es ganz schön peinlich werden... :oops:

    Aber ich denke auch, die Aussage "Nein danke, ich trinke keinen Alkohol" ist nicht gelogen und sagt alles Notwendige.

    Liebe Grüße

    pauly

    Es ist nicht leicht, das Glück in sich selbst zu finden,
    doch es ist unmöglich, es anderswo zu finden.

    Agnes Repplier

    Abstinent seit Oktober 2006

  • Zitat von Petter

    Aber hier möchte ich Dir widersprechen: sind "Notlügen" nicht sehr bewusste Lügen?

    Ja, Petter... :wink:

    ... stimme Dir absolut zu.

    Haben wir uns in der nassen Zeit nicht schon genug belogen? Und dann auch andere?

    Die Gefahr, in das alte Muster wieder zurückzukehren, finde ich sehr groß, wenn ich anfange mit solchen Notlügen.

    Wie schon mal woanders erwähnt - ich hänge mir kein Plakat um den Hals "Ich bin Alkoholiker" - aber wenn mich jemand darauf anspricht - sage ich es offen heraus.

    Ich habe erstaunlicher Weise die Erfahrung gemacht, dass die meisten sehr gut damit umgehen können, was ich anfangs nie erwartet hätte. Die wenigen, die es nicht können, sind für mich traurige Ignoranten - die sollen ihr Leben so weiterleben - was kümmert mich's?

    Zitat von pauly

    "Wer erfolgreich lügen will, braucht ein unheimlich gutes Gedächtnis"


    ... auch das ist natürlich sehr wahr!

    In meinen 2. Leben - gibt es keine (Not-)Lügen mehr.

    Alles wird gut
    8) Frank

  • Was die "Notlügen" direkt auf den Alkohol bezogen betrifft, habt Ihr natürlich recht!!!

    Ich wollte das wohl eher im "Allgemeinen" so sagen, daß ich nicht jedem die/meine "Wahrheit" ins Gesicht schmettere, da ich nicht weiß wie der "Andere/n" damit umgehen kann und es eine Wahrheit für mich auch eigentlich gar nicht gibt!?

    Ach, könnte ich mich nur so schriftlich mitteilen, das man mich versteht! Es ist eine Schwäche von mir, Gedanken nicht gut in Worte fassen zu können :cry:

    Gruß Hermann

  • Zitat von Hermann 65

    Ach, könnte ich mich nur so schriftlich mitteilen, das man mich versteht! Es ist eine Schwäche von mir, Gedanken nicht gut in Worte fassen zu können :cry:

    Ach, Hermann... :wink:

    ... wir haben hier alle so unsere Schwächen... :) - schreibe einfach, was Du denkst. Ich mache es auch so. Ich denke, das ist hier kein Literatur-Forum oder ein Philosophie-Forum - da geht es anders zu (bin da auch oft zu Besuch, verstehe da manchmal nur Bahnhof...)

    Also - nur Mut - Schämen gibt es hier wohl nicht.

    Ich wünsche Dir einen schönen Abend

    Alles wird gut
    8) Frank

Unserer Selbsthilfegruppe beitreten!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!