Moin Lütze,
als du letztens schriebst, dass dein Therapeut meinte, deine Frau wäre mit ein Grund, dass du getrunken hast, erinnerte ich mich, dass es bei uns ähnlich war. „Sein“ Therapeut hat ihn immer wieder in diese Richtung geschubst und es hat mich tierisch angenervt. Ich hatte bei verschiedenen Gelegenheiten Kontakt mit dem und er läuft mir auch jetzt noch öfter durch meine Arbeit in der Selbsthilfe über den Weg. Ich fühle mich in seiner Nähe unwohl, obwohl ich zwischenzeitlich nachvollziehen kann, was er meinte. Aber damals hätte ich mir von ihm mehr Unterstützung gewünscht, meine Rolle im System zu erkennen. Aber er war ja nun mal der Therapeut meines Ex. Ich musste also selbst sehen, dass ich Hilfe und Erkenntnisse fand.
Aber er hatte recht. Es gab zwischen uns Dinge, Verhaltensweisen und Interaktionen, die wir beide nicht sehen wollten. Inzwischen grenzen wir uns voneinander viel besser ab, auch wenn wir viel zusammen unternehmen. Und ich habe gelernt, dass ich ihn machen lassen muss. Egal, ob es mir gefällt und ich es richtig finde, was er tut oder nicht. Es ist sein Ding. Wenn es mich selber betrifft, muss ich für mich entscheiden, ob ich Grenzen ziehe oder nicht. Genauso ist es für ihn. Und auch für dich wird es Teil deiner Trockenheitsarbeit sein, für dich und deine Zufriedenheit zu sorgen, egal, ob deine Frau so agiert, wie du es dir wünschst oder nicht. Je mehr Eigenständigkeit und eigenes Leben ihr euch aneignet, desto besser werdet ihr miteinander auskommen, vermute ich. Allerdings ist es eben eine Entwicklung, die beide nehmen müssen. Wenn nur du dich weiterentwickelst, wird es womöglich irgendwann ganz vorbei sein.
Was tut deine Frau für sich? Und wie kommt sie mit ihrem Leben zurecht aus dem sie dich, nachvollziehbar, ausgeschlossen hat? Es reicht nicht, wenn sie sich von dir trennt, denn dann hat sie nur ein Symptom, nicht aber die Ursache ihrer Co-Abhängigkeit aus ihrem Leben verbannt. So, wie es für dich nicht ausreicht, nur nichts mehr zu trinken, wie du ja in den letzten Monaten festgestellt hast.
Ich freue mich immer, wenn ich dich lese, auch wenn es dir nicht immer gut geht. Ich habe das Empfinden, dass du auf einem guten Weg bist, auch wenn er dir manchmal steinig und unwegsam erscheint. Es kommen auch wieder andere Zeiten, wenn du durchhältst – versprochen.
LG
Ette