Hallo zusammen,
Richtig glücklich bin ich mit dem Titel immer noch nicht, aber ich wollte etwas über den Tod reden.
Jetzt ist gerade jemand aus meiner nahen Familie gestorben, alles ist etwas stressig und trübe zur Zeit, und die Veränderungen werden immer merkbarer. Er ist an den direkten Folgen seines Alkoholkonsums gestorben, und ständig beschäftigt mich nun die Frage, ob ich nicht etwas hätte tun können.
Ich lande zwar immer wieder bei "nein, konnte ich nicht", aber ein paar mal in den vergangenen Jahren hatte ich mich schon gefragt, ob ich es nicht zumindest einmal unter vier Augen ansprechen sollte. Mir fiel schon auf, wie seine Umgebung eine etwas altbackene Auffassung zum Thema Alkoholismus hatte, wo keiner so richtig zu verstehen schien, was "Sucht" eigentlich bedeutete, und er eigentlich nur etwas weniger hätte trinken sollen.
Und er wohl auch nicht. Ich kenne das Gefühl noch gut. Jeden Abend trinken, aber die Möglichkeit überhaupt nicht erst wahr zu nehmen, dass etwas damit nicht in Ordnung sein könnte, schließlich geht es mir gut, und alle haben Spaß.
Ich hatte mich dagegen entschieden, mit ihm zu reden, weil ich mich zu dem Zeitpunkt noch nicht als jemanden sah, der die Autorität über die Situation annehmen konnte. Ich hatte es aufgeschoben. Heute bin ich nun fast 3 1/2 Jahre trocken, also war ich damals vielleicht, was, 1 Jahr ohne, als ich das erste Mal überlegte, mit ihm zu sprechen? Ich wollte zu der Zeit wohl auch nicht unbedingt das Problem von jemand anderen angehen, während mein eigenes immer noch gefährdet sein konnte.
Also Ausreden hatte ich wohl genug, und nun ist es zu spät. Dieses ganze letzte Jahr war eine einzige Talfahrt nach unten für ihn, und war ab dann nicht mehr aufhaltbar.
Der Grund, weswegen ich dieses Thema aufmachte, ist um noch einmal zu verdeutlichen, dass es tatsächlich irgendwann einfach nur zu spät sein kann. Und eine nicht gestoppte Alkoholsucht durchaus mit dem Tod enden kann. Als anfangs einige meiner Freunde nicht so recht akzeptieren wollten, dass mein Schritt notwendig für mich war, berichteten sie von Familienmitgleidern, die noch ins hohe Alter hinein jeden Abend ihre Flasche Wein tranken. Aber wer sich an den Ausnahmen festhält, wird eines Tages möglicherweise mit den harten Konsequenzen seiner nicht gestoppten Sucht konfrontiert, und dann ist es zu spät. Jeder hält sich an den einen Opa fest, aber all die Onkels, Väter, und Tanten sind schon lange vergessen, weil die Zeit entweder ihre Geschichte umgeschrieben hat, oder es einfach nur noch unangenehm ist, an sie zu denken.
Der Tod ist keine Spukgeschichte, womit einem die kirren Langzeittrockenen versuchen Angst einzujagen. Der Tod ist eine reelle Konsequenz, und ich finde es durchaus angemessen, sich das vor Augen zu führen, wenn die Situation es erfordert.
Mit wäre lieber, er wäre noch da.
Gruß, Bruce