Liebe Lost,
ich möchte Dir wirklich nicht auf die Füsse treten, aber mir scheint es wirklich so, als steigerst Du Dich auch zu sehr da rein. Ist nicht böse gemeint, aber manche Dinge scheinen dir mehr Sorgen zu machen, als sie unterm Strich sollten. Das Ding mit dem Loslassen hat ein Stück weit auch mit "Gleichgültigkeit" zu tun. Gleichgültigkeit dem gegenüber, was Deine Mutter von Dir denkt oder erwartet. Darauf _solltest_ Du keine Rücksicht nehmen.
z.B:
- Was wenn ich Ihr dann über den Weg laufe?
Sag ihr deutlich und bestimmt: Mutter, ich habe momentan weder Lust noch den Kopf mich mit Dir zu unterhalten. WIR würden uns eh wieder nur streiten. (Keine Vorwürfe, sollte Sie DIR etwas vorwerfen, halt Dir vor Augen, dass ihr beide eine unterschiedliche Wahrnehmung habt. Deine Mutter mag das so wahrnehmen. Eure gesamten Differenzen sind für meine Begriffe stark auf eine unterschiedliche Wahrnehmung der Tatsachen begründet. KEINESFALLS in ein Gespräch einsteigen, es macht den Anschein, als könne es momentan bei euch beiden keine konstruktiven Ergebnisse erzielen. Wenn Du sie FREUNDLICH aber BESTIMMT zurückweist, wirst Du Dich gut dabei fühlen. Du hast dann das Ruder in die Hand genommen und selbst bestimmt, was passiert)
- Soll ich etwa nicht zu dem Geburstag von meinem Bruder gehen?
Wenn Du Dich da nicht wohl fühlst, dann lass es. Ruf Deinen Bruder an, schildere ihm, warum Du nicht kommen willst. Erkläre ihm, dass es nicht mit ihm, sondern mit eurer Mutter zu tun hat. Frag ihn, ob er sich ein, zwei Tage später mit Dir treffen mag und ihr dann unter euch auf ihn anstosst. Er wird Dich verstehen und Dir das nicht übel nehmen.
Hier ein Ansatz, wie man sich ohne Streit begegnen könnte (das wichtige sind klare, deutliche Aussagen, ohne einen Vorwurf zu machen)
- "Mutter. Du nimmst doch bestimmt auch wahr, dass wir uns in lezter Zeit immer streiten. Vielleicht bin ich daran schuld (stimmt natürlich nicht, aber das musst Du nicht ausdrücken, damit die Situation nicht aus dem Ruder läuft), vielleicht gehören aber auch zwei dazu. Ich bin momentan sehr verwirrt und möchte ein wenig Ruhe. Ich hoffe, Du verstehst das und kannst meine Entscheidung respektieren."
Es geht auch anders, führt mitnichten aber zu dem Ergebnis, dass bei euch beiden Ruhe einkehrt. Dir steht auch das Recht zu zu sagen "Mutter, was möchtest Du von mir? Meine Hoffnung daran steigern, dass Du wirklich vom Alk los bist, damit sie wieder enttäuscht wird? Möchtest Du meine Absolution? Soll ich Dir heute die Zustände verzeihen, unter denen ich gezwungen war aufzuwachsen? Soll ich Dir die Schuld daran nehmen, weil Du selbst sie nicht siehst oder erträgst? Nein. Du überschreitest wiederholt meine Grenzen. Du tust mir momentan nicht gut! Beweis mir erst mal, dass Du ein Jahr keinen Schluck Alkohol trinken kannst, dann kann ich auch daran glauben, dass Du es ernst meinst."
Es ist alles Deine Entscheidung. Viele Fragen, die Du so hast sind aber erst dann zu beantworten, wenn Du für Dich entdeckt hast, was Du willst und brauchst! Es gibt immer so viele Antworten auf alles, aber die für Dich richtige findest Du auch nur, wenn Du Dir überlegst, was für Dich das beste ist und eine Entscheidung fällst. Und verdräng Deine Mutter bei diesen Entscheidungen. Es gibt KEINERLEI Grund, für sie da zu sein, denn sie war diejenige, die Dich im Stich gelassen hat (nicht bewußt, nicht absichtlich, sondern durch den Alk, aber dennoch)
Lost ich will Dir wirklich wirklich nicht zu Nahe treten, aber Du machst auf mich den Eindruck als sperrst Du Dich noch zu sehr. Ich kenne das von mir selbst. Wir sind in solchen Strukturen aufgewachsen und empfinden sie gar manchmal für normal. Tief verwurzelt, fühlen wir uns für unsere eigenen Eltern schuldig und verantwortlich, aber das ist falsch! Du hast das Recht einfach jeden Menschen fallen zu lassen, wenn Du Dich von ihm bedrängt fühlst, wenn Du spürst, dass er Dir nicht gut tut. Ich hatte damals ANGST auszuziehen. Alle Sorgen drehten sich nur um meine Mutter. Ich dachte, ich kann sie doch nicht allein lassen, die säuft sich doch zu Tode! Ich trage keinerlei Verantwortung für diese miese Kindheit, die meine Mutter mir hat zuteil werden lassen. ebensowenig wie Du. Aber Menschen ändern sich nicht einfach so. Und wenn, dann braucht es viel Zeit.
Ich erkenne mich ganz ganz stark in Dir wieder. Meine Lösungsansätze mögen für Dich nicht greifen. Du fühlst Dich sicher grad erschlagen, weil Du denkst, dass alles Dich überrumpelt. Nimm Dir Deine Ruhe. Setzt Dich vielleicht hin, schreib Dir alle Deine Fragen auf und nimm Dir eine nach der anderen und schau, welche Antworten für Dich wünschenswert sind.
Die Frage sollte also nicht lauten "Warum hört meine Mutter nicht auf zu trinken und macht mir so viele Sorgen?", sondern eher "Wenn meine Mutter nicht aufhört zu trinken, ich ihr nicht glauben kann, dass sie trocken ist, was mache ich dann?" Das wird Deine Mutter in den Hintergrundrücken und Dich nach vorne bringen.
Ich wünsche Dir wirklich von ganzem Herzen alles erdenklich Gute. Auf dass Du möglichst bald Antworten für Dich findest, die es Dir erlauben zu Dir zu finden.
Ganze liebe Grüße,
A.