Mit 32 stelle ich fest: Ich lebe eine Lüge... sauber.

  • Hi,

    ich bin 32 Jahre alt und dachte immer, ich komme so gut klar. Weit gefehlt, schätze ich.

    Ich habe nie ein Geheimnis draus gemacht, unter welchen Umständen ich aufgewachsen bin, aber immer auch mir und somit anderen weiß gemacht, alles sei easy. Ist also wenig verwunderlich, dass ich in 32 Jahren nie jemandem begegnet bin, der die Vermutung äußerte, dass irgendwo was hängen geblieben sein muss. Bis jetzt. Meine Freundin konnte sich einfach nicht vorstellen, dass ich der Nummer ohne innerlich Schaden zu nehmen entwachsen bin. Da sie sich für das Ding an sich und sicherlich auch für mich interessiert, hat das Nachhaken in meinen Kindheitserinnerungen nur eins hervorgebracht: Schmerz. Schmerz, von dem ich gar nicht wusste, dass er da ist. Und die unverrückbare Erkenntnis, dass eben gar nichts 'easy' mit meiner Kindheit ist.

    Wir sind uns einig darüber geworden, dass ich mich mit meiner Vergangenheit auseinander setzen muss und das will ich auch. So verloren ich mich auch augenblicklich fühle, so denke ich doch, dass ich gestärkt daraus hervor gehen werde. Bewußter vor allem. Aber momentan ist meine ganze Existenz, mein Fundament so in Frage gestellt. Ich weiß nicht, woran ich mich halten soll, weiß nicht, was richtig und wichtig, was normal ist, woran ich noch glauben kann und ob die Dinge, die mich sonst immer aufrecht hielten überhaupt gut und sinnvoll sind.

    Wir sind viel im Internet gesurft und auf das Muster "Erwachsene Kinder von Suchtkranken" gestossen. Ich habe mir dann das Buch "Familienkrankheit Alkoholismus", das mit Sicherheit viele hier in diesem Teil des Forums ebenfalls kennen, gekauft und mich dort wiedergefunden. Erinnerungen tauchen auf, auch Erklärungen. In gewisser Form tut es gut. Aber oftmals treffen die Beschreibungen der Familiensituation auch nicht auf mich zu, weil - wenn ich das richtig sehe - keine alleinerziehende Alkoholiker beschrieben werden. Sicher, es gibt getrennt lebende Familien. Und auch wenn es sich dann so verhalten sollte, wie in dem Buch beschrieben: auch der nicht trinkende Elternteil kümmert sich eher um den trinkenden Teil, statt um die Kinder, so stelle ich mir doch vor, dass es da immerhin noch jemanden gab.

    Bei mir war es anders. Mein Vater ist verstorben, als ich 6 Jahre alt war. An einem goldenen Schuß. Meine Mutter hat sich irgendwie aus der Heroinsucht rausgekämpft, aber hat dann viele Jahre getrunken. Fast 20 Jahre. Heute ist sie trocken. Sie kann sogar mal einen Abend trinken, ohne rückfällig zu werden, obwohl sie es weiß Gott nicht einfach hat. Sie ist depressiv, voller Scham und Schuldgefühle. Hat vor wenigen Jahren eine zweite Liebe an Krebs verloren. Ist allein, ohne Perspektive.

    Naja. Worauf ich hinaus will ist, dass ich in meiner gesamten Kindheit keine Anleitung hatte. Es gab nicht eine einzige erwachsene Person in meinem Alltag, die ich hätte respektieren können und die mir Anleitung gab, wie das Leben funktioniert. Heute bin ich einfach nur verloren. Wie kann ich davon ausgehen, dass ein Kind sich das Leben erklärt ohne falsche Interpretationen und Verhaltensmuster zu entwickeln? Gar nicht. Deshalb ist augenblicklich mein 'Ich' auch so in Frage gestellt.

    Das oben erwähnte Buch ist laut Inhalt das erste Buch, dass sich dem Thema EKA annimmt. Aber es ist von 1990. Gibt es mittlerweile weitere, empfehlenswerte Bücher über das Thema? Eventuell welche, die in Teilen auch Familienstrukturen ansprechen, in denen es keine erwachsenen Vorbilder für die Kinder gibt? Wer ist ebenso aufgewachsen und was hat ihm/ihr geholfen?

    Mein Leben heute ist voller Unzufriedenheit mit mir selbst. Ich habe kein Lebensziel und somit keinerlei Ansporn. Ich habe auf dem zweiten Bildungsweg mein Abitur nachgeholt, dann 3 Semester Wirtschaftsmathematik studiert, es aber abgebrochen, weil es extrem viel Arbeit war und ich mir nicht zutraute, das Studium in angemessener Zeit abzuschliessen. Ich wechselte dann auf eine Fachhochschule in einen Ingenieursstudiengang. Regelstudienzeit wären 6 Semester, aber ich bin jetzt im 8-ten. Habe von insgesamt 36 Klausuren noch 13 offen. Habe verpasst mich dieses Semester für Klausuren anzumelden. Total dumm. Denn ich glaube, es wäre wichtig, den Abschnitt Student zu beenden. Vielleicht muss ich gar nicht so viel Angst haben, keinen Job zu finden, weil ich zu alt bin? Vielleicht muss ich den Glauben daran stärken, dass ich nicht der einzige Student bin, der sich zu wenig ausgebildet fühlt und Angst davor hat, in der Praxis zu versagen? Und es könnte so einfach sein. Mein Notendurchschnitt liegt bei 1,57. Ich kann sehr gut lernen, auch wenn letztlich vieles wieder in Vergessenheit gerät. Warum habe ich so wenig Ansporn? Warum bleibe ich so krass hinter meinem Potential zurück, obwohl ich mir so klar darüber bin, dass es mich aufbauen würde, dass ich dann stolz auf mich sein kann? Denn wenn ich will, traue ich mir alles zu, habe einiges auf dem (IQ-)Kasten. Warum will ich nicht? Warum erhalte ich diese mich unglücklich machende Situation aufrecht?

    Mit der Arbeit verhält es sich ähnlich. Ich habe einen Job mit wirklich guter Perspektive und ich geniesse extrem viel Freiheit. Aber ich mache mir das selbst kaputt. Arbeite viel weniger, als gut und angemessen wäre. Sorge nicht dafür, dass der Job Fahrt aufnimmt, ich nach dem Studium da bleiben kann, sondern steuere irgendwie das genaue Gegenteil an. Warte geradezu auf meine Kündigung. Halte sie schon seit Monaten für überfällig. Dabei wäre auch das so einfach und könnte so viel Spaß machen. Und ist so erfolgversprechend. Umsatzbeteiligung inbegriffen.

    Und dann meine Beziehung. Meine Güte. Diese Frau ist so wundervoll. Noch nie in meinem Leben habe ich definieren können, was Liebe ist und durch sie spüre ich tagtäglich, was es ist. Vorher wußte ich das Gefühl nicht so richtig zu interpretieren. Da gibt es die eine, die habe ich geliebt. Dann kommt eine andere und die liebe ich mehr? Wo ist das Ende? War das mit der ersten dann überhaupt Liebe? ... Jetzt weiß ich es. Tagtäglich spüre ich, dass ich diesen Menschen liebe und sie erwiedert diese Liebe. Noch nie habe ich so einen tollen Menschen kennen gelernt. Sie setzt den Maßstab so hoch, dass ich - sollte diese Beziehung in die Brüche gehen - vermutlich nie wieder an einen Menschen gerate, der diesem Maßstab gerecht würde. Und ausgerechnet jetzt muss ich in so eine Phase eintreten, in der ich Beginne an ihrer Liebe zu zweifeln? In der ich so wenig Selbstwertgefühl habe, dass ich mir gar nicht vorstellen kann, liebenswürdig zu sein? Bin so destruktiv, dass ich gestern hergehe, mir mit ihr zusammen einen hinter die Binde gieße und 'nur', weil ich ehrlich sein will, weil ich lernen will zu mir zu stehen, ausdrücke, dass ich zweifle? Dass ich vielleicht Glück, Vertrauen und Liebe untrennbar mit Enttäuschung verbinde? Mein Gott... welcher Idiot ausser mir geht schon zu seiner Traumfrau und sagt ihr: Hey, ich zweifle an der Liebe generell und somit auch an Deiner Aufrichtigkeit?!?

    Diese Liebe muss ich erhalten. Ich muss diese Beziehung erhalten. Ich wünsche mir eine gemeinsame Zukunft mit ihr. Unsere Kommunikation ist sehr gut, sie lässt mich nicht im Unklaren darüber, wie sie zu mir und zur derzeitigen Situation steht. Diese Nüchternheit erschreckt manchmal, gibt aber auch Halt und Orientierung. Aber ich darf mir das nicht zerstören. Ich muss ein Lebensziel entwickeln, für mich, nicht für uns, denn ich darf mein Glück nicht von ihr abhängig machen. Ich muss mein Studium beenden. Die Angst davor verlieren, was danach kommt. Ich muss mich selbst lieben lernen, Stolz auf mich sein, um auch daran glauben zu können, dass meine Freundin mich liebt.

    Auch hier wäre ich für Buchempfehlungen, etc dankbar. Beziehung, was ist das? Wie belaste ich uns nicht zu sehr mit der momentanen Situation, die sich ja mit Sicherheit noch eine Weile hinstrecken wird? Wie lerne ich, mich zu lieben und somit ihre Liebe zu akzeptieren? Wie entdecke ich Fehlverhalten, das diese Liebe nur überfordernd und erdrückend machen würde?

    Ich beginne Anfang März eine Therapie. Allerdings wird diese sich nicht hauptsächlich dem Thema EKA widmen, sondern wohl eher eine Form Coaching werden. Ein Lebensziel zu entwickeln, mich selbst zu definieren. Blinde Flecken für mich aufdecken. Wer bin ich heute und wer will ich vielleicht morgen lieber sein? Was will ich darstellen? Herausfinden, was mir Freude bereitet, was mich glücklich macht. Nachreifen.

    Mit dem Thema EKA werde ich mich vorranging privat auseinandersetzen. Vielleicht mit meiner Schwester die Kindheit zum ersten Mal thematisieren, mit Büchern, mit Freunden, hier im Forum. Ich habe mir auch fest vorgenommen Al-Anon aufzusuchen. Die Sitzungen sind keine 3 Minuten Fussweg von meiner Wohnung entfernt.

    Danke für's 'zuhören'

    Ich möchte mich nicht mit meinem Forumnamen verabschieden. Das finde ich seltsam vor Menschen, denen ich meine Gefühle eröffne. Aber ich möchte meinen Namen auch nicht nennen, da er recht selten ist und ich nicht möchte, dass ein potentieller Arbeitgeber darauf stösst, da es ja heute gang und gebe ist, Bewerber zu googeln. Ich bitte um Euer Verständnis dafür.

    Wie gesagt: Danke schön

  • Hallo und herzlich Willkommen hier bei uns EK.

    Vieles von dem was du geschrieben hast ähnelt meiner Biographie, als Kind einer alkoholkranken Mutter übernimmt man gewisse Muster.

    Wenn du magst, dann lies dich mal durch die Seiten des Threads Merkmale für ein EK. Vielleicht entlastet es dich ein wenig und hilft dir beim Sortieren. Wir haben so einiges zusammengetragen. Ich konnte darin erkennen, ich bin ein gaaanz normales EK, mit all seinen Schwächen, aber auch Stärken!

    Literaturtipps:

    https://beispiel.rocks/beispiel.rocks…elbsthilfeun-21

    https://beispiel.rocks/beispiel.rocks…elbsthilfeun-21


    Du kannst deinen Benutzernamen nochmal ändern lassen in einen, der heute gut zu dir paßt. Dann können wir dich auch ansprechen. :wink: Einfach eine PN an Karsten.

    Liebe Grüße, Linde

    You can't wait until life isn't hard anymore before you decide to be happy.

    - Nightbirde

  • Hallo, du mit dem seltenen Namen und dem langen Nick,

    erstmal willkommen im Forum.

    Nach dem durchlesen deines Beitrags hatte ich nur einen Gedenken:

    Du erlaubst dir nicht, glücklich und zufrieden zu sein.

    Ich wünsche, du bekommst hier von betroffenen EKA’s Hilfe und gut Buchtipps.

    Gruß Weißbär

    Liebe Grüße
    Weißbär

  • Linde66

    Die Mermale habe ich mir durchgelesen. Allerdings kam es mir so vor, als stünde einfach schon vieles in dem Buch. Einige wenige Sachen haben mich dennoch berührt und dafür hat sich der "Aufwand" schon gelohnt.

    Es ist irgendwie seltsam, wie scheinbar schnell sich eine Besserung einstellt. Nie habe ich ein Buch in Händen gehalten, dass mich Seite um Seite mit Selbsterkenntnis und Erklärung erschlägt. Dass sich innerhalb nur weniger Tage dermaßen viel Akzeptanz einstellt und ich so flott eine positive Erwartungshaltung mir und der Thematik gegenüber entwickelt. So viel Furcht ist von mir gewichen, so vielen Dingen, denen ich mein Leben lang unbewußt ausgewichen bin habe ich mich schon gestellt und bisher ist jegliche Angst, die ich mit dem sich stellen in Verbindung brachte, positiv belohnt worden. Zunehmend fallen Puzzlestücke an die richtigen Stellen und der 'Tabula Rasa' ist mehr als willkommen.

    Momentan kann ich nur irgendwie die Trauer, die ich die ganze Zeit spüre noch nicht akzeptieren. Nach wie vor halte ich meine Tränen zurück, weil es mir so leicht fällt. Aber ich schätze, dass wird sich in den kommenden Tagen ergeben.

    Wenn sich dieses unbeschriebene Blatt, dass ich momentan darstelle, mit Inhalt füllt, finde ich vielleicht auch einen Namen für mich.


    Weißbär
    Ja, Deiner Vermutung räume ich ihre Berechtigung ein. Erstmal muss ich aber entdecken, was mich zufrieden und glücklich macht. Die Erlaubnis werde ich mir erteilen.

    Gestern hatte ich ein stundenlanges Gespräch mit einem langjährigen, sehr intelligenten Freund. Der hat mir noch ganz andere Dinge eröffnet.

    Mein Leben lang habe ich Schwierigkeiten mit so - ich sag mal - der "Esoterikschiene" gehabt. Ich kann mich mit vielen Büchern nicht anfreunden, werde von vielen Büchertiteln abgeschreckt. Ich finde es nicht nur unsinnig, sondern geradezu unannehmbar für mich, wenn ein/e Autor/in hergeht, sich einen beliebigen Begriff (wie etwa KRAFT) hernimmt, sich zu jedem Buchstaben Schlagwörter einfallen lässt und dies zur Formel für ein glückliches Leben erklärt. Das ist mir letztlich vielelicht zu simpel? Ich gestehe dem Leben nicht zu, dass es sich so einfach erklären lässt. Vielleicht, weil es mir so viel komplizierter erscheint? Aber: Vielleicht irre ich mich auch. :)

    Worauf ich hinaus will: In dem Gespräch mit meinem Freund sind ganz andere Ansätze gefallen, mit denen ich mich selbst schon beschäftigt habe, die ich nur nie auf mich bezogen habe. Die biologische Komponente. Glück und Zufriedenheit sind für mich nicht nur positive Gedanken, Dinge, die ich tue und die mich dann zufrieden stellen. Sondern auch Botenstoffe im Gehirn. Serotonin und Dopamin, die ausgeschüttet werden und das Empfinden erzeugen. Vielleicht darf ich also diese Komponente nicht außer Acht lassen. Sollte vielleicht in Betracht ziehen, dass ich mehr Verknüpfungen zulassen und erzeugen muss, die zur Ausschüttung führen. Aber das ist lediglich ein Teil des Gesamten, kein Allheilmittel oder so. Und es spiegelt lediglich meine eigene Auffassung wieder, keinesfalls will ich generalisieren. Die "Wahrheit", die Dinge, die einem Individuum weiterhelfen sind zu individuell. Für mich mag das aber greifen.

  • Nach nur wenigen Stunden Schlaf, erwache ich und stelle fest, dass ich ein angestammtes Muster des Zweifelns zurückgleite. Einige (eher negative) Vermutungen, die ich bereits gestern hegte, sind irgendwie die ersten Gedanken, mit denen ich in den Tag starte.

    Wie kann sich bereits nach wenigen Tagen eine vermeintlich so gravierende Besserung im Selbstempfinden ergeben? Mache ich mir was vor? Ist da in mir vielleicht irgendwo ein unbewußter Selbstschutz ausgelöst worden, der sich der Thematik gegenüber versperrt und ich mir wieder nur vorlüge, dass schon alles gut wird, obwohl es das nicht ist? Ist das, was Du anders als sonst gemacht hast der "richtige" Weg oder eher emotionale Überreaktion?

    Gott sei Dank konnte ich diese Zweifel schnell beiseite räumen. Die vielen Kleinigkeiten, die ich in den letzten 4 Tagen anders machte, zeichnen sich positiv in meinem Leben ab. Ich muss mich nur umsehen, mir die eMails ansehen, die ich mit Menschen ausgetauscht habe, die Briefe, die ich geschrieben habe, die Gedanken, die in meinem "Orientierungsbuch" festgehalten wurden. All das bestärkt nach wie vor. Vielleicht schaffe ich es ja in naher Zukunft, dass meine ersten Gedanken nach dem Aufwachen positiver Natur sind.

    Ich habe schon eine halbe Ewigkeit ein Problem mit "normalem" Einschlafverhalten. Ich muss immer beschäftigt sein, bis ich vor Erschöpfung in den Schlaf finde. Ich muss lesen, rätseln oder einen Film schauen. Ich kann nicht abends das Licht löschen und mich hinlegen, noch 20 Minuten den Tag verarbeiten oder vielleicht eine kurze Orientierung für den kommenden Tag aufstellen und dann ruhig einschlummern.

    Gestern habe ich es wieder einmal, aber deutlich bewußter versucht. Es hat nicht funktioniert. Trotz allem gab es auch dort eine positive Entwicklung. Die Gedanken, die mich wie immer wach hielten, waren nicht so derb negativer Natur. Ich habe ein wenig über den Tag nachgedacht und mir einen kurzen Leitfaden für heute zurecht gelegt und war damit auch zufrieden. Tatsächlich habe ich das erste Mal seit Wochen auch wieder bewußt geträumt. Es hat nur 10-15 Minuten gedauert, in die gleiche positive Zuversicht zurückzufinden, die ich gestern den ganzen Tag über empfand. Ich bin heute nicht so euphorisch, wie gestern, aber nicht weniger voller guter Hoffnung. Das Schreiben werde ich definitiv beibehalten. Es hat mir früher vermeintlich schon geholfen, aber mit 19, 20 rum habe ich das irgendwie eingestellt.

    Zuallererst werde ich - nachdem meine Kaffeesucht gestillt ist - ein paar Sachen verpacken. Ich habe mich auf materieller Ebene von einem Teil meiner Sammlung getrennt. Ich sammle schon mein Leben lang, zum ersten Mal habe ich aber den Eindruck, dass es sein könnte, dass ich mich damit vervollständigen wollte. Aber auch eine Sammlung hat kein Ende. Es ist nie genug, weist vielleicht schon suchtähnliche Strukturen auf. Diesen suchtähnlichen Faktor werde ich jetzt unterbinden und auf ein gesundes Maß reduzieren. Mich von einem großen Teil meiner Sammlung trennen, den glücklich macht es mich nicht. Nur für einen Augenblick, aber begegne ich einem Sammler, dessen Sammlung "vollständiger" ist als meine empfinde ich Neid. Plötzlich dumm für mich. Also: weg damit!

    Was danach kommt? Weiß noch nicht. Vielleicht setze ich mich ins Cafe, lese oder schreibe ein bisschen. Irgendwas wird sich schon ergeben. Irgendwas, dass ich sonst anders machte werde ich heute auf eine neue Art angehen. Neu überdenken.

  • Ach ja, außerdem werde ich meine Therapeutin anrufen und in Erfahrung bringen, ob es etwas gibt, dass ich im Vorfeld tun kann, was uns den Start in unsere Zusammenarbeit kommende Woche erleichtert.

    Und mal wieder aufräumen ist angesagt. Bin echt verwahrlost in den letzten Tagen :)

    Außerdem sehe ich heute abend meine Freundin, wenn ich das nicht falsch verstanden habe.

    Und wenn ich die Zeit dafür finde, ein paar Auktionen bei dem großen Internet-Auktionshaus einstellen, um mich weiter von materiellem Ballast zu befreien.

    Irgendwelche Sorgen für heute? Nein. Ein paar Dinge, die noch ausstehen, die mich aber nicht mehr so bedrücken, weil die Zeit dafür noch nicht gekommen ist.

  • Hi,

    ich habe diese Woche Deinen Thread verfolgt und mit jedem Beitrag ist die Grundstimmung besser geworden.

    Ja, irgendwie ist es erstmal ein Schock mit dem "EKA-Sein" konfrontiert zu werden. Man hat zwar all die Jahr das Gefühl, irgend etwas stimmt nicht im eigenen Leben, aber diese Gefühle sind eher diffus und es sind schnell eigene Erklärungen und solche von anderen Menschen zur Hand, die einen beruhigen.

    Ich habe meinen Prozess im letzten Jahr begonnen - mit 39 Jahren - als ich einsehen musste, dass ich mich total verrannt hatte. Zwei Beziehungen entwickelten sich katastrophal. Ich hatte einen Job, der mich immer unglücklicher machte, zwang mich aber aus Angst und weil er mir das Gefühl gab, wichtig zu sein, weiterzumachen, bis mein Körper mir zu verstehen gab, dass jetzt "Schicht im Schacht" ist. Seitdem bin ich krankgeschrieben, warte auf die Aufnahme zur stationären Psychotherapie, und habe einen unglaublichen Prozess der Selbsterkenntnis durchlaufen, über den ich sehr dankbar bin.

    Die Pfeiler meines ganzen bisherigen Lebens sind zusammengekracht und wie Du auch geschrieben hast, ich fühle mich als leeres Blatt Papier. Das ist sehr oft nicht angenehm, weil ich mich mein ganzes Leben lang an der Meinung anderer Menschen definiert habe und eigentlich nie ICH gewesen bin. Langsam baue ich Pfeiler für Pfeiler, Holz für Holz wieder auf, mit meinen Baumaterialien, und dieses Mal soll das Fundament gerade sein, damit es auch trägt. :wink:

    Aber, es ist schön zu wissen, dass es einen Namen für das bisherige Unglücklichsein gibt und dass jeder EKA was tun kann, um glücklich zu werden.

    Was ich auch toll finde ist, dass Du Dich von Deiner Sammlung trennst und Dich somit von dem Kram entlastest. Ich habe auch viel zu viel Zeug hier in der Wohnung rumfliegen, das mich belastet (Feng Shui lässt grüssen :wink: ) und an die Vergangenheit bindet.


    Liebe Grüße,

    Sonnenstrahl

    Jeder kleine Schritt führt näher zum Leben.

  • Guten Morgen,
    ich wollte dir nur schreiben, dass du mir persönlich so viel Mut machst und selber bist du so streng mit dir? Beurteile dein Verhalten und deine Gedanken nicht so hart, denn es ist ganz normal, dass nicht alles immer perfekt läuft, dass ist doch gerade das, was das Leben ausmacht. Das mit dem Einschlafen kenne ich auch, ich schlafe seit Jahren nur mit dem Fernseher ein, um nicht nachzudenken und irgendwann vor Ermüdung einzuschlafen. Im Moment brauche ich das noch, ich denke es legt sich irgendwann, wenn ich meinen inneren Frieden gefunden habe, dass dauert, aber es ist ok für mich, denn es tut mir gut.
    Ich habe gelesen das deine Mutter depressiv ist, meine Mutter auch, echt heftig wieviele Parallelen es gibt. Vielleicht kommt daher dein Optimismus, wir wissen wie schlimm es ist, wenn das Leben nur noch von negativen Gedanken bestimmt ist und wie trostlos es ist sein Leben so zu leben. Nur weil du miterleben musstest wie hart das Leben sein kann, muss es nicht heißen, dass es auch bei dir so ist, das Leben kann auch schön sein!
    Ich habe mehrere Beiträge von Dir gelesen und machst anderen Mut, behalte deine Einstellung bei und glaub an DICH!
    Ich wünsche Dir ein schönes Wochenende, genieße es!

  • Guten Morgen Sonnenstrahl!

    Naja, ich habe so gelesen, dass nicht alle Überlebensmuster von EKA's im Erwachsenenalter schlecht sein müssen, gar das Gegenteil davon darstellen können.

    Ich empfand es für mich immer als sehr sehr große Stärke und Entlastung, negative Dinge schnell mit Humor nehmen zu können. Vielleicht ist das dieses antrainierte Leidensempfinden, eher ein Ersatzgefühl, so dass Du die Tragweite, das tatsächliche Leid nicht wahrnimmst, ihm ausweichst.

    Ist mir aber schnurzpiepe! Unterm Strich kann ein jeder nach einem gewissen Zeitraum über negative Erlebnisse lachen. Dinge die schlimm, peinlich oder anderweitig unangenehm waren. Ich betrachte es als "meine Fähigkeit" das oftmals schon nach Minuten zu können. Das wichtige momentan ist mir das neue Bewußtsein. Dieser Humor hat mir immer Kraft gegeben. Seit kurzem räume ich der Vermutung, dass es eine Form Ausweichverhalten darstellt, ihre Existenzberechtigung ein. Ich kann aber nicht alles gleichzeitig angehen. Ich setze mir also lieber Prioritäten und bin einfach froh, wenn ich im Blick behalte, dass ich mich vielleicht auch in dieser Hinsicht neu orientieren muss. Aber halt nicht jetzt. Jetzt BENUTZE ich es erst mal bewußter für meine Zwecke. Schon ist die Sache erst mal für mich geritzt :)

    Ich weiß noch nicht so genau, wo meine Stärken genau sind, kann die Eigenschaften nicht so eindeutig definieren, aber eins ist mir wirklich wirklich klar: Ich BIN stark, mein ganzes Leben lang. Ich kann NICHT untergehen! Diese Fähigkeit geht mir völlig ab ;)

    Diese Dinge, die Du beschreibst, das nicht mehr vorhandene Fundament habe ich ja auch vorerst wahrgenommen. Aber mittlerweile ist das Buch (sehr übertrieben dargestellt) mein neuer Gott geworden. Es hat mich entlastet. Wer auch immer ich war, ich muss das nicht heraus finden, denn das war einfach nicht selbstbestimmt. Die Darstellung "unbeschriebenes Blatt" stimmt ja nicht. Nüchtern betrachtet habe ich mich noch nicht soooo sehr verändert. Ich bin der gleiche Typ, wie die letzten 32 Jahre und dennoch ein wenig anders. Dieses wenige andere trägt und erzeugt aber so viele positive neue Entwicklungen, dass mich das "alte Ich" nicht kratzt. Nur noch das, was ich heute tue, um mein Morgen zu bestimmen, erstmalig SELBST zu bestimmen, was ich morgen bin ist wichtig geworden.

    Hach, ich weiß auch nicht so recht. Passt einfach irgendwie, frag ja nicht genau nach ;) Ich habe mir vorgenommen weiterhin zu berichten, da das Schreiben mir gut tut. Werde ich diesen Vorsatz durchhalten? Weiß nicht. Ich weiß nur, ich werde es mir nicht so übel nehmen, falls mir irgednwas dazwischen kommt :)

    Ich wünsche Dir ganz ganz viel Erfolg, Sonnenschein!

    Liebe Grüße,
    A.

  • Liebe Tinka,

    vielen vielen Dank für die aufmunternden Worte. Aber gestern (oder war es vorgestern?) ist mir eines wie Schuppen von den Augen gefallen:

    Das erste Mal in meinem Leben ist jegliche Sorge um mich völlig unangebracht! Ich entwickle Energie, wie nie zuvor.

    Etwas anderes das mir immer Kraft gab, war die Auseinandersetzung mit östlicher Philosphie. In sich zu ruhen ist eines der Hauptziele und ich habe es mir jahrelang vorgegaukelt "in mir zu ruhen", spürte das was nicht stimmt, veror das Gefühl schon vor Jahren, ohne dass es mir auffiel.

    Jetzt kejrt es zurück. Die Tatsache allein, dass ich weiß, wie sich dieses Gefühl anfühlt verleiht mir die Fähigkeit es zu erzeugen. Ich Ruhe momentan nicht in mir Selbst, aber ich werde es wie den oben beschriebenen Humor als Werkzeug benutzen. Irgendwann vielleicht neu überdenken. Vielleicht gelange ich an den Punkt und kann irgendwann sagen: Jetzt ist es kein bloßes Werkzeug mehr, sondern "Wahrheit" ... dann bin ich an einem Ziel angelangt. Dufte! Wenn ich das nicht erreiche bleibt es halt ein Werkzeug. Ich kann nur immer wieder sagen, allein das Bewußtsein darüber ist das wichtige, das was es für mich gilt aufrecht zu erhalten.

    Wünsche Dir ebenfalls ein ganz furchtbar schönes Wochenende!

    Liebe Grüße,
    A.

  • Zitat

    Hach, ich weiß auch nicht so recht. Passt einfach irgendwie, frag ja nicht genau nach Ich habe mir vorgenommen weiterhin zu berichten, da das Schreiben mir gut tut. Werde ich diesen Vorsatz durchhalten? Weiß nicht. Ich weiß nur, ich werde es mir nicht so übel nehmen, falls mir irgednwas dazwischen kommt


    hi hombre (ist irgendwie einfacher und kürzer, sorry)
    hör ja nicht auf zu schreiben. 2 tage und schon 10 antworten und über 300 aurufe. du gibst anderen kraft und mut... und dir tut es auch gut... weiter so...

  • Jessy:
    Danke, danke :)

    Frucht:
    Auch Dir danke schön, aber geben wir es doch zu. Die meisten der Antworten hab ich mir doch selbst geschrieben ;)

    Jetzt im Augenblick fühle ich mich nicht so sehr nach Schreiben. Zumindest öffentlichem Schreiben. Ich hab da so was im Hinterkopf, dass muss ich erst mal hin und her werfen und schauen, wo es landet. Mache mir aber keine Sorge darum, es steht lediglich eine Entscheidung aus, die ich nur nicht überstürzen möchte :)

  • hi lost ,
    wenn du mal nicht schreiben willst ist das völlig in ordnung solange du dich überhaupt meldest hihihi
    weisste doch niehme dir das was du brauchst und was dir gut tut
    lg jessy21

  • Jessy,

    Klar ist das völlig in Ordnung ;) Melden werde ich mich auch weiterhin. Liegt vielleicht am Wochenende. Mit Sicherheit aber auch daran, dass ich selbst noch am Anfang von irgendwas stehe. Irgendwas, dass ich ja noch gar nicht so recht zu interpretieren weiß. Momentan fühlt sich das alles gut an und so. Aber ich will für mich auch sicher gehen, dass ich nicht "abdrifte". Der Ansatz, mich um mich selbst zu kümmern ist gut und ich werde ihn zunehmend und konsequent verfolgen. Ich will für mich aber auch schauen, dass ich die schädigenden Muster, die ich neuerdings so viel bewußter in mir entdecke, nicht versehentlich gegen Muster ersetzte, die mir auch nicht wünschenswert erscheinen. Wie z.B. zu sehr egoistisch zu werden oder so. Das Sich-Zurücknehmen-Können will ich ja nicht gänzlich abstreifen können. Freunde und Familie, die Arbeit in einem Team im Beruf etc. erfordern so was ja, ich muss nur das Auge auf mich behalten, um zu einem gesunderen Maßstab zu finden.

    Aber wie gesagt: Auch meine "Zweifel" besorgen mich nicht im Geringsten. Es im Auge zu behalten reicht mir im Moment gänzlich :)

    Schönen Sonntag noch!

    A.

  • hi lost,
    ich denke du bist auf deinen richtigen weg
    wir können mit einsehen und für uns vielleicht den einen oder anderen teil für uns mit nehmen ach ich finde das toll
    zu sehen wie andere menschen das machen und wir einblick bekommen
    echt tolles forum wer das eröffnet hat bei den muss ich mich mal echt bedanken
    lg jessy21

  • So...
    die letzten paar Tage sind ziemlich ernüchternd für mich gewesen. Ich weiß selbst nicht so recht, warum. Aber irgendwie bin ich schon eher so da, wo ich vor dem "EKA sein" war und doch irgendwie auch ein kleines bisschen woanders.

    Zunehmend beschleicht mich das Gefühl, dass ich mich gar nicht so sehr mit meiner Kindheit auseinandersetzen muss. Zumindest nicht so mit meiner eigenen Rolle in dieser vermeintlichen Kindheit. Ich beschäftige mich ziemlich intensiv damit, betrachte vieles aber auch eher aus einer "erhöhten" Position. Es ist mir gar nicht so wichtig, festzustellen, was in meiner Kindheit schief lief, will mich definitiv nicht bemitleiden und erst recht niemanden beschuldigen. Die Auseinandersetzung mit der Thematik hilft mir eher, ein paar Dinge nachzuholen, die ich verpasst habe. Ich weiß mich irgendwie deutlicher einzuschätzen, bekomme langsam und allmählich ein besseres Gefühl für mich selbst. Aber mir ist die "Ursachenforschung" weniger wichtig. Die Vergangeheit werde ich ja eh nicht ändern können. Aber ich kann feststellen, wo ich mich in der Gegenwart befinde, um ab jetzt die Zukunft in einem deutlich stärkeren Maße selbst zu beeinflussen.

    Manchmal schwanke ich so hin und her. Frage mich, ob ich versehentlich zurück bin im "alten Trott". Aber irgendwie muss das auch sein. Kein Mensch ändert sich oder jahrelang antrainierte Verhaltensmuster über Nacht. Es ist "normal" ich zu sein, auch mit den ganzen durch die Kindheit verursachten Mustern, die mir jetzt erst auf- und missfallen. Aber die Tatsache an sich muss vorerst reichen. Die Akzeptanz, dass es jetzt erst mal ist, wie es ist, ich mich lediglich bemühen kann im Auge zu behalten, was ich für mich ändern möchte und daran zu arbeiten.

    Nach wie vor bin ich sehr zuversichtlich. Aber auch ernüchtert. Unterm Strich ist es gut. Bücher, das Forum und die diese Woche startende Therapie werden mich am Thema halten, so dass ich nicht vergesse, warum ich an dem jetzigen Punkt bin. Andere Sorgen, wie das mit dem Studium und der Arbeit brauchen eh auch ein bisschen Zeit. Das kommende Semester soll mein vorletztes werden. Alle Klausuren will ich wahrnehmen, einige schon vor dem Prüfungszeitraum hinter mich bringen, wenn Professoren und Prüfungsamt mitspielen.

    Außerdem werde ich mein Leben ganzheitlich in eine "Generalüberholung" schicken. Mir Mühe geben, jeden kleinen Ansatz, jeden noch so kleinen Automatismus in mir zu erkennen, das für und wieder abzuwiegen und eine neue Definition für mich treffen. Sowohl und zuvorderst, was mein eigenes Selbst betrifft, aber auch meine Freunde und Bekannten, meine Wohnung, Kleidung, Hobbies, was da auch komme. Ich muss nicht herausfinden "Bin ich das oder war das meine Kindheit". Ich muss nur jetzt hergehen und neu entscheiden, wie und woher ich in der Vergangenheit dazu kam, die Ding so anzugehen, wie ich es praktiziere kann mir dabei egal sein. Die Auseinandersetzung mit dem Thema deckt lediglich schneller die Defizite auf. Alles versuche ich jetzt nach dem Motto "Defizit erkannt - akzeptiert - Für und Wieder durchdachte - bemühen um Veränderung" anzugehen. Meine Kindheit war wie sie war und das wird immer so bleiben. Es zählt nur der Augenblick und die Konsequenz daraus.

    Mal sehen was kommt. Bin schon sehr gespannt und hoffe, dass ich in Kürze sehr viel stolzer auf mich sein kann und ich mein Leben ein großes Stück selbstbestimmter empfinde. Ich bin freudig gespannt. :)

    Wünsch euch allen eine angenehme Woche. Gönnt euch was!

    Gruß,
    A.

  • hi lost,
    ich finde du kannst jetzt schon stolz auf dich sein.
    immerhin hast du es geschafft zu erkennen was für dich falsch ist und was nicht.
    manche schaffen diesen schritt erst garnicht
    und stell dir nicht zu grosse erwartungen von dir selber es kommt so wie es kommt.
    ich hoffe für dich das es mit der therapie gut klappt und du viele sachen für dich rausfiltern kannst
    lg jessy21
    p.s. und immer lächeln das leben ist viel zu kurz um traurig zu sein

  • Hmm.... gestern habe ich eine seltsame Feststellung gemacht. Vorher war mir gar nicht klar, wie sehr mich das als Kind bedrückte.

    Viele werden das sicher kennen. Als Kind erlebt man mit einem Alkoholiker schlimme Dinge, die einen besorgen. Der trinkende Elternteil verliert den Job, den Führerschein, stürzt und muss ins Krankenhaus, man zofft sich derbe und mit Sicherheit noch etliches mehr, dass man als Kind als schlimm empfindet.

    Gestern ist mir etwas klar geworden, dass ich noch viel schlimmer fand. Nämlich die Tatsache, dass Alkoholiker viele dieser schlimmen Dinge am nächsten Tag vergessen haben. Ich weiß auf einmal wieder, wie unerträglich das Gefühl war, wenn man in einer Situation steckte, die man nur schwer ertrug. Man wünschte dies alles würde nicht passieren, man fühlte sich hilflos, verlassen und im Stich gelassen. Irgendwie hatte ich es vergessen oder es ist mir nie bewußt geworden, aber es hat mich immer ganz schwer getroffen, wenn solche Situationen den Alkoholikern am nächsten Tag entfallen waren. Das verschärfte das Gefühl noch mal. Auf einmal war es so, als hätte man die von den Alkoholikern verursachte schlimme Sache allein erlebt. Immerhin war man der einzige, der sich daran erinnern konnte. Ich glaube das hat damals mein Gefühl von Alleinsein und Hilflosigkeit zusätzlich geschürt.

    Na ja. Das nur am Rande. Momentan lese ich ein weiteres Buch über EKA's und der Part, den ich bereits gelesen habe ist zugekleistert mit grünem Textmarker und Randnotizen. Irgendwie macht es auch ein bisschen Spaß, sich der Vergangenheit zu stellen :)

    Was mich nur irgendwie wundert: noch immer habe ich nicht getrauert. Zu Beginn meiner Auseinandersetzung habe ich so was wie eine tiefe Qual gespürt und habe die aufsteigenden Tränen beständig niedergerungen. Und heute sind sie irgendwie nicht mehr da. Dabei sagt man doch immer, dass "Trauerarbeit" so wichtig ist. Komisch irgendwie.

    Hat jemand vielleicht ne Idee dazu, woran das liegen könnte?

    So. Mein Mädchen hat bald Geburtstag. Ich muss mich noch um ihr Geschenk kümmern. Und mal wieder zur Post, einen Teil meiner Sammlung an Käufer verschicken. Und ich habe später ein Gespräch mit einem Prof bezüglich meiner Bachelorarbeit. Morgen ist der Kick-Off-Termin für die Therapie. Gutes Gefühl, sein Leben in die Hand zu nehmen. :)

    Wünsch Euch was!

    Gruß,
    A.

  • Hallo A.,

    bei mir stellte sich manchmal das Gefühl ein, im falschen Film zu sein. Die Mutter wußte nichts mehr, der Vater wollte nichts wissen, der Bruder schwieg und ich hatte den Durchblick. Begann aber ob der Übermacht um mich herum an meiner Wahrnehmung zu zweifeln. Das Gefühl zu wissen, richtig zu sein, richtig zu fühlen wurde in seinen Grundfesten immer wieder angezweifelt. Von außen sowieso, aber irgendwann auch von mir selber.

    Da ich aber einige sehr brauchbare Werkzeuge in meinem Werkzeugkoffer hatte und habe, kam ich immer wieder in mich rein.

    Das mit der Trauer war/ist bei mir auch zeitversetzt. Geh einfach weiter.


    Lieber Gruß, Linde

    You can't wait until life isn't hard anymore before you decide to be happy.

    - Nightbirde

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