Beiträge von Helena_Strahlende

    Etwas an deinem Beitrag hat mich unruhig gemacht. Ich wusste längere Zeit nicht was es war und dann wurde es mir klar. Es ist das Wort „abwenden“.

    Ich persönlich könnte mich niemals von ihr abwenden

    Ich habe dazu mittlerweile eine ganz andere Sichtweise. Für mich steht im Mittelpunkt, dass ich mich in meinem Fall jemand ganz entscheidendem ZUGEWENDET habe ….und zwar der wichtigsten Person in meinem Leben, mir. Gleichzeitig habe ich meinem Vater damit die einzige Hilfe gegeben, die in dem Moment wirklich eine Hilfe war. Denn zu diesem Zeitpunkt, wollte er seine Krankeheit noch nicht angehen. Mit jeder anderen vermeintlichen Unterstützung hätte ich also nicht ihm geholfen, sondern seiner Sucht……dem Alkohol. Es meinem Vater in seiner Sucht auch noch bequem zu machen. Nichts ändern zu müssen weil ja noch alles läuft wie bisher. Die Lieben sind ja noch da und sonst ist ja auch alles paletti. Nein. Das wäre für mich ein untragbarer Zustand gewesen.

    Wie gesagt, ich hatte auch lange Zeit geglaubt ich könnte ihm helfen, ihn heilen……das war ein Trugschluss, so lange die Person das Problem nicht sieht und an der Situation nichts ändern möchte, bleibt nur eine Frage: Möchte ich mit in den Abgrund gerissen werden, auf den der Zug zusteuert, oder abspringen und mein Leben leben?

    So sehe ich das zumindest :)

    Liebe Grüße,

    Helena

    Hallo Hyouka,

    ich habe deine Beiträge schon letzte Woche verfolgt und finde jetzt die Zeit mich zu melden. Wenn ein Elternteil trinkt ist das sehr belastend. Bei mir war es der Vater und es hat mir sehr geholfen hier zu lesen und zu schreiben. Das schwierigste ist sich abzunabeln und sich um sich zu kümmern, denn das ist als Erwachsene deine Verantwortung. Niemand sonst trägt für dein Wohlergehen Verantwortung. Deshalb kümmere dich gut um dich. Deiner Mutter scheint dein Wohlergehen, deinen Beiträgen nach zu urteilen, herzlich egal zu sein. Zu zwei deiner Passagen möchte ich einen Teil meiner Geschichte schreiben, die dich vielleicht weiterbringt:

    Und ich muss auch ehrlich sagen, dass ich das nicht schaffen würde, da ich tatsächlich Angst hätte, dass der Kontaktabbruch sie zerstören würde und ich sie irgendwann in ein paar Jahren halbtot in einer Gosse finde. Ich hab ja immer schon Angst, mit wem sie sich wo rumtreibt, wenn man mehrere Tage nichts von ihr hört (hab schon ein paar Geschichten hören müssen, den Rest malt man sich dann selbst aus...).

    Meinem Vater war es egal, ob ich und meine Mama direkt daneben standen und zuschauten, wenn er sich kaputt soff oder nicht. So einfach war das. Aber es hatte eine enorme Verbesserung meiner Lebensqualität bewirkt, als ich beschlossen habe den Kontakt einschlafen zu lassen, zu schauen wann ich wirklich was von meinem Vater hören und sehen will. Was soll ich sagen, ich habe ihn das letzte Mal lebend Ende Oktober 2021 gesehen. Tot Anfang Februar. Das war alles andere als einfach aber es wäre deutlich härter für mich gewesen, seinen Abgang in allen Einzelheiten hautnah mitzuerleben.

    Aber ich kann diese Sorgen einfach nicht ablegen. Im Endeffekt ist es immer noch meine Mutter, auch, wenn es sich sehr oft nicht so anfühlt.

    Bei mir sind die Sorgen mit der Distanz kleiner geworden…..nicht von alleine, ich musste und muss dafür immernoch die gemeine Stimme in meinem Kopf als Lügnerin enttarnen, die mir weiß machen will ich wäre verantwortlich für meinen Vater gewesen. Wäre eine schlechte Tochter, weil ich ihn im „Stich“ lasse. Muss zu ihm halten. Wirklich? Auch wenn ich daran kaputt gehe? Irgendwann merkte ich, vor allem durch viele Beiträge in diesem Forum, dass nicht ich ihn im Stich lasse, sondern umgekehrt. Wo war er denn in den letzten Jahren Vater für mich? Und welche Verpflichtung habe ich gegenüber meinen Eltern, die mir das Leben geschenkt haben? GESCHENKT!

    Ich hatte das Gefühl, es wäre meine gesellschaftliche Pflicht mich um meine Eltern zu kümmern. Dachte, die Leute würden schlecht über mich denken, wenn ich es nicht täte. Am Ende hat sich rausgestellt, dass das niemand in meinem Umfeld dachte. Nur die Stimme in meinem Kopf……aber die kann ich ja glücklicherweise beeinflussen, denn es ist meine.

    Noch ein letzter Gedanke: bei mir war irgendwann von der Person, die ich als Vater liebe, nicht mehr viel übrig. Da saß am Ende ein fremder Mann vor mir, der noch entfernt aussah wie mein Vater. Der Alkohol hat meinen Vater langsam aber stetig ausgelöscht. Wie viel von deiner Mutter ist bei dir noch da?

    Liebe Grüße,

    Helena

    Interessantes Thema und sehr interessante Antworten. Ich geb mal meinen Wasabi noch dazu:

    Es gibt den Spruch „Eigenlob stinkt“…….ich finde aber es duftet ganz fantastisch und zwar nach Selbstwert. Aber aus meiner Sicht vor allem dann, wenn ich es mir selber geben kann ohne eine Bestätigung von meiner Umwelt zu erwarten. Lob von mir, an mich.

    EKA‘s, CO‘s und wahrscheinlich auch Alkoholkranke (das bleibt aber Mutmaßung weil ich keine Alkoholsuchterfahrung aus erster Hand habe) sind aber oftmals im Selbstbild so verunsichert, dass Eigenlob schwer fällt. Da schadet wohldosiertes Lob von außen nicht um den Zug ins Rollen zu bringen oder nochmal an Fahrt aufzunehmen. Wenn man aber ständig nachfeuern muss mit der Lob-Kohle von außen, ist das für mich ein sehr instabiles Konstrukt. Da wird sich auf Dauer keine Selbstzufriedenheit bzw. Selbstwert einstellen.

    Jede*r entscheidet dabei für sich selbst was wertig genug ist, dass es sein oder ihr Lob verdient hat. Also keine eindeutige Stellungnahme von mir dazu :D

    Grüße,

    Helena

    Über welchen Zeitraum hat sich das denn erstreckt?

    Wenn du die Zeitspanne der Verschlechterung meinst, hat es bei meinem Vater ca. 1-2 Jahre gedauert. So genau kann ich das nicht sagen, weil er die Symptome längere Zeit vor uns und sich selbst verheimlicht hat. Aber es gibt auch Fälle in denen es lange lange Jahre weitergeht ohne, dass sich die Symptome so extrem verschlechtern. Korsakow gibt es ja auch als Einzeldiagnose. Bei meinem Vater kam noch die körperliche Komponente dazu.

    …..was ich dir dazu aber noch sagen möchte……

    Verbeiß dich nicht darin. Ich weiß am liebsten wollte ich ganz zu Beginn auch die Bestätigung von außen, von professioneller Seite, dass er Alkoholiker ist. Man schwankt immer wieder zwischen „Ja, es ist auf jeden Fall so“ und „na vielleicht ist es ja doch nicht so schlimm, wie ich mir das ausmale“. Irgendwann wurde mir dann klar, dass ich mich mürbe gemacht habe damit. Unbedingt wissen zu wollen ob mein Empfinden in der Sache medizinisch bestätigt wird, wurde zur Belastung und hat meine Gedanken eingenommen. Dann habe ich langsam versucht, davon Abstand zu nehmen und durch Beiträge hier im Forum angefangen meinem Urteil in der Hinsicht zu vertrauen. Die Rückmeldung der Ärzte und Ärztinnen war dann zwar immer noch erleichternd aber ich war nicht mehr darauf angewiesen :).

    Vertrau deiner Einschätzung.

    Hallo Sporty,

    in unserem Fall ging das, weil er noch im Krankenhaus lag und ich mir dann einfach die Ärzte direkt geschnappt hab. Telefonisch meine ich natürlich, zu sehen bekommt man die eher selten :D. Hab mich bei denen nach dem Zustand erkundigt und gefragt, ob er ihnen mitgeteilt hat, dass er alkoholkrank ist wegen der Gefahr kaltem Entzug. Danach waren die selber froh, dass sie nicht mehr um das Thema herum tänzeln mussten. Ob das wegen der Schweigepflicht sonst so unproblematisch geht, kann ich nicht sagen, aber wenn es dir hilft, probier es einfach mal aus. Mehr als nein sagen, können sie nicht.

    Dass deine Mama erfundene Dinge erzählt und scheinbar Gedächtnislücken hat, klingt ähnlich den Anfängen bei meinem Vater, aber wie gesagt ich bin kein medizinisches Fachpersonal und kann dir das nicht bestätigen. Mein Vater hat sich teilweise Dinge erfunden, um über seine Lücken hinwegzutäuschen. Am Ende ging nicht mal das und er war mental zu nicht mehr viel in der Lage.

    Ganz liebe Grüße,

    Helena

    Mein spontaner Gedanke war tatsächlich, dass es ja eigentlich schon Bände spricht, dass sie sich gegen ärztliche Empfehlung nicht im Krankenhaus behandeln lassen will. Vielleicht hat ein Teil von ihr ja Angst, dass der Alkoholmissbrauch auch offiziell erkannt wird? Außerdem kann es ja auch ein Krankheitsgewinn sein, an "unerklärlichen" Symptomen zu leiden und dafür potenziell viel Zuwendung & Mitgefühl zu bekommen (und es ist viel einfacher als sich dem wahren Problem zu stellen).

    Genau das hab ich mir auch gedacht. So war es auf jeden Fall bei meinem Vater.

    Hallo liebe Sporty,

    auch ich lese immer wieder bei dir mit und will dir meine Erfahrung zu deinem aktuellen Thema da lassen, denn ich kenne deine Verunsicherung und den Wunsch, Klarheit zu haben. Vielleicht hilft es dir ja:

    Vor ca. einem Jahr ist mein Vater aus „unerklärlichen“ Gründen durch Schwindel umgefallen und hat sich 7 Rippen gebrochen. Die Schwindelanfälle und auch Gewichtsverlust und Gedächtnisverlust fingen aber schon deutlich vorher an (das wussten wir zu diesem Zeitpunkt aber noch nicht). Na klar, hat er sich dann selbst sorgen gemacht was für eine „schlimme“ Krankheit er haben mag, weil er es dann nicht mehr unter den Teppich kehren konnte…..aber natürlich stand nie zur Debatte, dass es der Alkohol ist. Danach ging es dann los mit den weiteren Gebrechen. Bedauern und sich Sorgen machen kam dann auch auf unserer Seite dazu, obwohl wir immer wieder den Alkohol im Verdacht hatten. Mein Vater hat tunlichst alle Arzttermine vermieden oder wenn er dann mal hinging, konnte man da…..oh Wunder, oh Wunder…..nichts herausfinden. Auch seine Krankenhausaufenthalte haben nie Licht ins Dunkel gebracht. Sagte ER.

    Später haben wir dann herausgefunden, dass die Alkoholsucht sehr wohl diagnostiziert wurde oder zumindest von den Ärzten und Ärztinnen als Ursache in Erwägung gezogen wurde. Diese Info hat er aber natürlich vor uns verheimlicht.

    Deshalb meine Frage: habt ihr die Info, dass nichts herausgefunden werden konnte von deiner Mama oder habt ihr mal direkt mit den Ärzten gesprochen? Den Aussagen einer Alkoholikerin würde ich nicht vertrauen. In meinem Fall hat mich mein Vater auf jeden Fall angelogen.

    Ich musste aber auch die Erfahrung machen, dass diese Diagnose nicht gerne an Angehörige weitergegeben wird. Wir haben tatsächlich erst weitergehende Infos bekommen als wir das Thema Alkohol bei den behandelnden Ärzten angesprochen haben. Die Reaktion war „ach, das wissen sie also schon? Ja wenn sie so fragen, kommt das unserer Meinung nach vom Alkohol“. Aber von selbst hat uns das niemand gesagt. Wieso sollten sie auch? Wir sind ja nicht die Patienten.

    Jetzt wo mein Vater tot ist, sind mir seine neusten Entlassungsbriefe in die Hände gefallen. Diagnose U.a. Wernicke-Korsakow. Das hatte ich mir schon viel früher gedacht und war auch mit mir im Reinen, aber es tut mir trotzdem gut die Diagnose schwarz auf weiß zu lesen.

    Eventuell gibt es dir auch ein wenig Sicherheit und Gewissheit, mal offen den Alkohol bei den Ärzten auf den Tisch zu legen?

    Ganz liebe Grüße,

    Helena

    Liebe Chrissi,

    ich kenne dieses gemeine falsche Verantwortlichkeitsgefühl sehr gut. Mir hat damals folgende Frage bzw. Erkenntnis geholfen:

    Helfe ich meinem Vater wirklich damit, wenn er nicht die Absicht hat trocken zu werden? Nein, ich unterstütze damit nur seine Alkoholsucht. Dann kann er in Ruhe weiter trinken und jemand anderes kümmert sich um den restlichen Kram.

    Und zu der Gedankenspirale, dass du und deine Schwester die einzige Hilfe seid, die eure Tante hat, kann ich nochmal auf meine obige Reaktion hinweisen ;). Es gibt die Möglichkeit der professionellen Hilfe, die sie scheinbar ausschlägt und dafür musst dann du hinhalten?

    Die Fragen und Vorschläge von Lea finde ich gut und berechtigt. Die wichtigste Person für die wir Verantwortung tragen, sind wir selbst. Das lerne ich auch immer wieder aufs Neue.

    Ganz liebe Grüße,

    Helena

    Hey kttnlos,

    Du bist hier absolut nicht alleine mit deiner Entscheidung. Ich habe auch nachdem ich meine Schmerzgrenze erreicht habe, den Kontakt zu meinem mittlerweile verstorbenen Vater abgebrochen. Obwohl der Abbruch erst als „einschlafen lassen“ oder Kontakt ruhen lassen gedacht war. Ich habe dann gemerkt, dass ich einfach keine Kraft habe immer wieder über die selben Themen zu reden.

    Zum Thema Unverständnis im Umfeld habe ich eine Frage:

    In der Außenwelt treffe ich teilweise auf großes Unverständnis. Ich habe oft das Gefühl, mich vor nahestehenden Personen für meine Entscheidung rechtfertigen zu müssen.

    Teilt dir dein Umfeld das aktiv mit oder hast du nur ein Gefühl. Denn da sehe ich einen riesigen Unterschied. Ein Gefühl käme aus dir selbst heraus und daran kann man etwas ändern ;).

    Vielleicht kannst du etwas mit meiner eigenen Erfahrung dazu anfangen. Ich hatte auch lange Zeit das Gefühl, dass alle sich fragen wie ich nur den Kontakt abbrechen kann, dass ich eine Rabentochter bin und meinen Vater im Stich lasse, dass man* sowas ja nicht macht mit den Eltern……blablabla…….dann irgendwann als ich mich schön mies gefühlt habe, hab ich mir die Fragen gestellt: hat mir sowas irgendwer schon mal direkt ins Gesicht gesagt oder habe ich mitbekommen, dass hinter meinem Rücken dazu geredet wurde? Was soll ich sagen, die Antwort war nein.

    Ich habe dann mit einigen Personen in meinem Umfeld genau dazu gesprochen und nirgendwo bin ich auf Unverständnis gestoßen. Das Gefühl war eben nur ein Gefühl und hatte mit der Realität nichts zu tun.

    Irgendwann später kam dann noch eine andere Frage dazu. Wie finde ich Leute die so über mich denken und lege ich Wert auf deren Meinung? Sind das dann wirklich Menschen, denen etwas an mir liegt? Ich hab für mich beschlossen, dass ich versuche darauf zu sch***en. Ich sage extra VERSUCHE. Denn das ist für uns EKA‘s nicht ganz einfach. Die Schuldgefühle und die Unsicherheit haben wir ja brav jahrelang gelernt.

    Die Arbeit zu unserer Vergangenheit wird wahrscheinlich nie wirklich enden. Du schreibst du hast eine Langzeittherapie gemacht und gelernt deine Muster langsam zu erkennen. Das finde ich sehr wertvoll und hoffe, dass du damit ein gutes Handwerkszeug für die Zukunft hast. Ich selbst profitiere immer wieder von meiner Therapie und kann das gelernte mal besser und mal weniger gut anwenden aber ich bleibe am Ball :). Dazu nutze ich auch dieses Forum.

    Ich wünsche dir Frieden mit deiner Entscheidung. Eine Entscheidung, die in meinen Augen richtig ist, denn sie hilft dir ja offensichtlich.

    Ganz liebe Grüße,

    Helena

    ^^ Toll wie ich das hier so abgeklärt runterschreibe, na hoffentlich erinnere ich mich dann auch dran, wenn ich es nötig habe.

    Ich kenne zumindest von mir, dass es immer Tage gab an denen ich super gefestigte Gedanken, Gefühle hatte und mir alles klar war, wenn ich mich viel mit mir beschäftigt hab. Sowie es sich bei dir jetzt liest. Wenn dann wieder etwas vorgefallen ist, z.B. mein Papa hingefallen ist, oder er mich angerufen hat um mich in ein Gespräch zu verwickeln, dann war ich wieder unsicher, zweifelnd und kam mir hilflos vor, so als würde alles an mir hängen. Da fiel es mir wahnsinnig schwer die Verantwortung bei ihm zu lassen. Zu Anfang dachte ich noch, dass ich das hinbekomme und einen „kontrollierten“ Umgang mit ihm haben kann (fast wie ein Alkoholiker, der denkt er könnte kontrolliert trinken :D). Schnell habe ich für mich gemerkt, dass mich der Kontakt und die Nähe in der Intensität zu sehr belastet und ich immer müder wurde, immer trauriger und mich immer kleiner gefühlt habe. Wie ein Strudel in den ich eingesogen werden. Da war für mich klar, dass ich mich erstmal distanzieren muss. In diesen Strudel gerate ich ab und zu noch, aber jetzt habe ich mehr Einfluss darauf wieder hinauszufinden.

    Das war meine Erfahrung damit, die keine Allgemeingültigkeit hat ;), aber ich rate dir sehr genau in dich hineinzuhorchen, ob du die Nähe in der Form noch ertragen kannst. Ganz ehrlich zu sich zu sein und zwar immer wieder. Wie gesagt, deine Entscheidung hinsichtlich deiner Mama ist nicht in Stein gemeißelt und du musst sie nicht bis zum Ende durchziehen, du darfst dich auch nochmal umentscheiden :). Das wollte ich dir mal noch da lassen.

    Ich wünsche dir aber jetzt schonmal Kraft für die kommende Zeit. Vor allem wenn sich rausstellen sollte, dass deine Mama wieder trinkt.

    Liebe Grüße,

    Helena

    Jetzt ist es fast vier Wochen her, dass mein Papa tot ist. Ich kann es immer noch nicht ganz begreifen. Er wurde 67 Jahre alt, hatte seinen Ruhestand gerade erst vor etwas mehr als einem Jahr begonnen. Ein Alkoholproblem, vielleicht zu Beginn keine Sucht aber doch kein wirkliches Maß, so wird mir aus Erzählungen meiner Mama langsam bewusst, hatte er wahrscheinlich schon bevor meine Eltern sich kennenlernten. Da die schlimmste Abwärtsspirale ziemlich genau vor einem Jahr begonnen hat, möchte ich gerne das letzte Jahr hier aufarbeiten.

    Gestorben ist er alleine in seinem Zimmer nachdem er wieder gefallen war. Dabei haben sich Rippen, die er sich bereits letztes Jahr gebrochen hatte, zum wiederholten mal in seine Lunge gebohrt. Befreundete Ärzte haben gesagt, dass es wahrscheinlich sehr schnell ging. Ich wünsche es mir. Sein Zwillingsbruder hat ihn am Morgen gefunden, da war er noch warm. Mein Vater hat nachdem er kurz vor Weihnachten aus dem Krankenhaus entlassen wurde, wieder im Haus meiner Eltern gewohnt, alleine. Meine Mama ist bereits mit unserer Hilfe im Sommer ausgezogen. Es war sein eigener Wunsch nicht in Betreuung zu gehen, keine Pflege zu Hause zu haben. Es wurde ihm mehrfach vom sozialen Dienst und seiner gesetzlichen Betreuung geraten. Die Ärzte sahen die Notwendigkeit zur Unterbringung in einer betreuten Einrichtung nicht, deshalb hatte er die Wahl. Seine Wahl war der Stolz: „wenn ich in so eine Einrichtung gehe, kann ich mir auch gleich die Kugel geben“…….irgendwie hat er sich die am Ende trotzdem gegeben, nur anders.

    Manchmal schäme ich mich, weil ich sage, dass mein Papa an seiner Alkoholsucht gestorben ist, wo er doch den Tod durch die implodierte Lunge gefunden hat. Dann dauert es einige Anläufe und ich versuche mich darauf zu besinnen, dass der Alkohol zu seinem miserablen körperlichen Zustand geführt hat, zu seinem Delir, seiner Wackeligkeit, seinen Stürzen und damit eben auch zu seinem Tod. An manchen Tagen gelingt es mir besser, als an anderen.

    Ich bin wahnsinnig traurig, dass mein Papa nicht mehr da ist. Gleichzeitig bin ich dankbar, dass ich von meinen ständigen Sorgen befreit wurde. Mir keine Gedanken machen muss, was noch kommt, wie ich mich ihm gegenüber verhalte. Eine große Last ist von meinen Schultern gefallen. Das klingt irgendwie makaber, aber so ist es nunmal neben der Trauer auch.

    Ich denke für heute belasse ich es erstmal dabei und werde beim nächsten Mal ein Jahr zurückspulen und mich von da an nach vorne arbeiten.

    Helena

    Aber genau diese Sichtweise (also dass man die Störung immer vom Ganzen her betrachtet und nicht von der einzelnen Person ausgehend) wird doch gerade zum Vorwurf gemacht oder?


    Ich bin verwirrt :S

    Jetzt bin ich auch verwirrt :D. Dachte deine Frage zielte auf die Beschreibung der systemischen Therapie ab.

    Mit meinem Kommentar wollte ich sagen, dass in der systemischen Therapie nicht die Schuld im außen gesucht wird, weil man immer Teil des Systems ist……aber eventuell hatte deine Frage auch einen anderen Hintergrund…….wenn ja, ignorier einfach, dass ich dich vorher zitiert hab.

    Liebe Grüße,

    Helena

    Soll das im Klartext halten, dass Du die Schuld immer bei Anderen suchst

    Ich hab schon ein wenig Erfahrung mit systemischer Therapie sammeln dürfen. Die Person wird zwar nicht einzeln betrachtet, sondern im jeweiligen System, dabei ist die eigene Person aber natürlich immer TEIL des Systems. Mir hat es tatsächlich zur normalen Therapie sehr geholfen.

    Ich wünsche dir ganz viel Regenration in der Reha, liebe Nudeltante :)

    Liebe Grüße,

    Helena

    Ich kann dir raten dich an den sozialen Dienst des Krankenhauses zu wenden. Du kannst die Situation dort schildern und sie kümmern sich z.b. um eine gerichtliche Betreuung oder beantragen einen Pflegegrad für deine Tante. Sie können auch einen Pflegedienst beauftragen, der täglich nach deiner Tante schaut und ihr ggf. hilft. Vielleicht würde es dir damit etwas besser gehen.

    Das ist ein guter Hinweis. Bei meinem Vater hat es mir zumindest was den ganzen Papierkram angeht sehr geholfen und es fiel mir leichter Abstand zu nehmen weil ich wusste, es setzt sich jemand regelmäßig mit ihm in Verbindung. Pflege wollte er zwar nicht (erzwingen kann man das nur schwer), aber das scheint bei deiner Tante anders zu sein. Ich würde es dir wünschen. Dann kümmern sich andere, professionell um deine Tante. Schau mal, ob das eine Möglichkeit für dich wäre, die vom sozialen Dienst waren zumindest in meinem Fall immer sehr nett und verständnisvoll.

    Liebe Grüße,

    Helena

    Hallo Api,

    ich selbst bin EKA und kenne die Seite der Kinder. Ich hab mit 10 Jahren bei meinem Vater das komische Verhalten und den Alkoholkonsum und -Geruch mitbekommen, konnte diese aber selber für mich nicht bewerten. Ich musste mich zwangsläufig darauf verlassen, dass die Erwachsenen um mich rum schon wissen was gut ist und was zu tun ist. Da alle sich verhielten als wäre alles paletti, habe ich das so angenommen und in meiner Hilflosigkeit das ganze weggelächelt und im stillen gespürt das etwas nicht in Ordnung ist und gelitten. Mal ganz abgesehen von den Streitigkeiten zwischen den Eltern. Mit deinem Sohn zu reden, ihm die Situation zu erklären, finde ich deshalb sehr wichtig.

    Ich kenne aber auch den Weg meiner Mama einer Co-Abhängigen und habe sie im letzten Jahr dabei begleitet und unterstützt nach fast 40 Jahren (du siehst, es kann auch deutlich länger dauern) sich endlich einzugestehen, dass sie nicht an der Seite meines Vater überleben kann. Jetzt im Nachhinein schüttele ich den Kopf darüber, warum meine Mama nicht schon viel früher einen anderen Weg eingeschlagen hat, IHREN Weg. Sie hat mir mittlerweile gesagt, dass mein Papa bereits öfter betrunken Heim kam, als meine ältere Schwester noch ein kleines Baby war. Sie hat sich das aber scheinbar die ganzen Jahre schön geredet.

    Wir Kinder (meine Schwester und ich) haben, seit wir langsam uns eine eigene Meinung bilden konnten so mit 15/16 Jahren, immer wieder zu unseren Eltern gesagt,…….dann trennt euch doch bitte. Da hatte immernoch niemand das Thema Alkoholiker angesprochen. Es muss zwar nicht immer gleich eine Trennung sein, aber ein wenig Abstand zu gewinnen, um sich unbelastet mal zu sortieren, denke ich schadet niemandem, schon gar nicht mehr als die Situation weiter auszuhalten, auch nicht deinem Sohn. Der will doch auch nur, dass es Mami gut geht.

    Ich bin für Tips, ratschläge und fragen von euch sehr dankbar! Am liebsten welche, die helfen, diese kleine Familie zu retten!!!

    Wen meinst du genau mit der kleinen Familie?

    SICHER retten kannst du aus meiner Sicht vor allem die kleine Familie „Mama und Sohn“. Deinen Mann kannst du nur unterstützen auf seinem Weg. Wenn er aber das Problem nicht anerkennt, keine professionelle Hilfe annehmen möchte in Form einer Therapie, dann zählt er sich selbst nicht zu dieser kleinen Familie. Das ist seine Entscheidung. Das ist die schwerste Erkenntnis. Aber du kannst was für dich und deinen Sohn machen. Das ist das aller wichtigste.

    Liebe Grüße,

    Helena

    Hallo Chrissi,

    du schreibst ja bereits, dass dein erster Impuls kein gutes Gefühl in dir hervorruft. Du darfst dich immer nochmal anders Entscheiden. Ich schreibe dir kurz meine Gedanken zu einigen Passagen:

    Andererseits hat sie eben einfach sonst niemanden.

    Das stimmt nicht. Die Hilfe, die sie bekommen kann und die ihr wirklich helfen würde, lehnt sie ja scheinbar ab. Das ist ihre Entscheidung.

    Eigentlich graut mir auch davor, nochmal in die Wohnung zu gehen.....

    Dann hör auf dich. Arbeite nicht gegen deine innere Stimme, die ich bis hierher schreien höre und die sagt……..GEH NICHT HIN. Ich weiß es ist hart zu wissen in welchen Verhältnissen deine Tante haust und sich davon zu distanzieren wird nicht einfach, aber du kannst ihr nicht helfen. Du kannst gerade nur dir helfen. Finde was dir GUT tut.

    Liebe Grüße,

    Helena

    Leider gibt es so unsäglich viele, die Ähnliches erlebten und erleben, nur spricht kaum jemand darüber oder ist nicht in der Lage seine Gedanken, Gefühle in Worte zu kleiden. Weil`s eben so weh tut und die Auseinandersetzung damit auch nicht gerade schmerzfrei ist.

    Als ich endlich die Krankheit meines Vaters in Worte fassen und als solche anerkennen konnte und mich meinem direkten Umfeld geöffnet habe, sind so viele meiner Freunde mit Geschichten von Alkoholikern aus der eigenen Familie rausgerückt. Schon faszinierend, dass es so häufig vorkommt und keiner von sich aus offen drüber redet. Seitdem spreche ich sehr offen darüber, denn diese Offenheit nimmt vielen die Unsicherheit und Scham, außerdem hätte mir selbst damals geholfen zu wissen, dass ich in meinem Umfeld nicht alleine bin.

    Hallo liebe Steffi,

    Ich bin erstaunlicherweise im Reinen damit, dass ich dieses "Ich bin immer für Dich da, egal was passiert..." nicht halten konnte. Es ging einfach nicht mehr.

    Du hast direkt gemerkt, was mich interessiert hat ;). Das zu lesen freut mich sehr. Für mich hat dieser Satz, auch wenn ich genau wie du durch meine Therapie viel besser in der Selbstreflektion geworden bin, im ersten Moment auch einiges unterbewusst getriggert. Ich sehe es tatsächlich so, dass du es halten konntest. Wir waren für unsere Väter da, in dem wir für uns selbst da waren. Das zu schreiben, hilft mir gerade auch :)

    Bei mir hat mich die Beerdigung etwas mit ihm und mir versöhnt. Ich hatte ja genau wie du gute Erinnerungen an einen liebevollen Vater. Die waren überschattet vom sehr beschissenen letzten Jahr. Das mittlerweile trennen zu können, hilft wahnsinnig. Die Wellen kommen und gehen auch bei mir. Ich werde anfangen mein letztes Jahr in meinem Beitrag hier aufzuarbeiten. Mich endlich mit Leuten auszutauschen, die genau wissen, wovon ich schreibe, tut so gut, also vielen Dank für deine Nachfrage :).

    Liebe Grüße,

    Helena

    Hallo liebe Luise,

    ich schließe mich dem bereits geschriebenen an. Ich selbst habe erst im letzten Jahr den Kontakt zu meinem Vater abgebrochen. Das war nicht einfach und ist es auch immer noch nicht, aber es war für mich die absolut richtige Entscheidung. Danach habe ich richtig gemerkt, dass ich aufatmen konnte und die Kontrolle für MEIN Leben zurück gewinnen konnte. Bei meinem Vater zu bleiben und weiter zusehen zu müssen, wie er sich zu Tode säuft (was er am Ende, dann auch getan hat) wäre viel schlimmer gewesen, als Abstand zu nehmen. Du schreibst:

    Ich kann das doch nicht einfach alles so ,,wegwerfen“. Außerdem habe ich Angst, dass er dadurch nur noch mehr abstürzt oder sich etwas antut, da er mich sehr liebt.

    Du wirfst niemanden weg, lässt deinen Vater nicht im Stich. ER lässt dich gerade im Stich. Du kannst ihm nicht helfen, das muss er selbst wollen. Das war eine heilsame Erkenntnis, die ich hier im Forum erlangt habe und die ich mir selbst in regelmäßigen Abständen wiederholen muss. Außerdem hat mir folgendes sehr geholfen, vielleicht macht es dir die Entscheidung auch etwas leichter oder versöhnt dich etwas mit dem Gedanken Abstand von deinem Vater zu nehmen

    .......dass ich mich von meinem Vater distanziert habe, den Kontakt abgebrochen habe, war die einzige Hilfe die ich mir und IHM wirklich geben konnte. Wenn er nicht von sich aus für einen Entzug bereit ist, dann unterstütze ich mit meiner vermeintlichen Hilfe nicht meinen Vater, sondern die Sucht.

    Liebe Grüße,

    Helena