Beiträge von maloross

    Nächste Runde.

    Der Anwalt meines Mannes hat natürlich nur das bestätigt, was meine Anwältin ermittelt hat. Und das eine Scheidung sehr kostspielig werden kann, bis zu mehrere 1000 Euro können da durchaus zusammenkommen.

    Mein Mann hat heute den Vorschlag gemacht, seinen Alkoholkonsum zu reduzieren; hat auch gleich einen Kasten Alkoholfreies in den Keller gestellt. Dann hat er vorgeschlagen, man könnte ja am Dienstag "mal was gemeinsam" machen.

    Habe ich jedoch dankend abgelehnt - seine Reduzierung wird wie die unzähligen Versuche in der Vergangenheit auch im Sande verlaufen und nichts, aber auch garnichts wird sich an der Schieflage ändern.

    Nächster Schritt: Vierergespräch mit Fixierung der zu leistenden Unterhaltszahlungen für die nächsten Monate mit Ziel, dass ich ab 01.07.23 über ein "Einkommen" verfügen kann.

    Sitze in meiner Kammer, bin wütend und traurig zugleich, im Moment schlägt mir alles auf den Magen. Aktuell seh' ich eher trübsinnig in die Zukunft.

    Hab eine Al-Anon-Gruppe in der Nähe gefunden, werde mich zum nächsten Treffen mal dort einfinden.

    Nachtrag: Habe vorgeschlagen, gemeinsam einen Paartherapeuten aufzusuchen (min. 5 Sitzungen), er soll sich bis kommenden Mittwoch um einen Termin bei einem Therapeuten seiner Wahl kümmern.

    Prognose: Wird er natürlich nicht.

    Such nach Hilfsangeboten! Du bist nicht allein.

    Auch das habe ich getan, es braucht aber ebenfalls Zeit.

    wie ich gelesen habe, hat Deine Anwältin Trennungsunterhalt gefordert. Wie reagiert da Dein Mann drauf?

    Er hat am Dienstag Termin bei seinem Anwalt.

    Wie Du geschrieben hast, wohnt Ihr ja nicht allein im Haus. Ggf. muss Eurer Sohn oder der Bruder ausziehen,

    damit Du genügend Wohnraum zur Verfügung hast.

    So stimmt das nicht; es ist genügend Wohnraum vorhanden:

    Oberste Etage (Dachausbau) = für mich

    1. Etage = Ehemann

    Erdgeschoss = zwei kleine Wohnungen für Bruder bzw. Sohn

    Auszug nur erforderlich, sollte das Haus verkauft werden, um meinen Anteil auszahlen zu können.

    Ich erhalte auf mein Konto schon seit Jahren "Taschengeld" für persönlichen Bedarf und das läuft weiter.

    Ich habe weiterhin Zugang zu seinem Konto (vorerst)

    Gemeinsam unter einem Dach wäre für mich als eine temporäre Lösung vorstellbar, langfristig aber nicht denkbar.

    NOCH haben wir keine Streit oder Rosenkrieg, daher ist der finanzielle Aspekt bislang unproblematisch. Nur für eine eigene Wohnung wird ein Einkommensnachweis von den Vermietern angefordert - den habe ich nun mal nicht.

    Gib dich nicht damit zufrieden. Das ist mein Rat an Dich. Du verlierst nicht nur Zeit sondern auch Kraft und Selbstvertrauen!

    Das ist leichter gesagt als getan. Kein Geld, keine Wohnung - so sieht das auf dem Markt aus.

    Trennungsunterhalt hat meine Anwältin eingefordert, das steht noch aus und kann noch eine Weile dauern. Aber auch dann ist es fraglich, ob ich eine Wohnung finde.

    Das Haus zur alleinigen Nutzung zu beantragen entfällt, da die Möglichkeit der räumlichen Trennung besteht (zwei Etagen) und keine schwerwiegenden Gründe (häusliche Gewalt) vorliegen.

    Zaubern kann ich nicht, die gute Fee mit den drei Wünschen ist grad in Urlaub - und ich habe keinen Bock mehr, mich auf den bescheidenen Raum zu beschränken.

    Zeit habe ich eh schon verloren, denn bei ehrlicher Betrachtung ist schon seit mindestens 20 Jahren der Alkoholkonsum im Bereich des Missbrauchs.

    Wenn du mir den Rat erteilst, welche Lösungsmöglichkeiten siehst du?

    Es ist zum Verzweifeln: keine Wohnung oder bezahlbares Eigentum in Sicht, um dieser Situation hier zu entfliehen.

    Seit Dezember 2022 lebe ich in einem 11 m² Zimmer im oberen Stockwerk, ein altes Kinderbett (80x190 cm) zum Schlafen, einen Teil meiner Bekleidung in Kisten und Körben aufgestapelt neben der Tür, zum Glück aber ein eigenes Bad.

    Seit dieser Zeit lebt er in der unteren Etage mit 110 m², Küche, Bad, Schlafzimmer, dazu die Kellerräume und das Gartenhaus.

    In der oberen Etage gibt es einen Raum mit 50 m², dort ist der PC-Arbeitsplatz meines Mannes, seine Schallplattensammlung, seine Bücher, sein Krempel. Diesen Raum möchte ich als meinen persönlichen Wohnraum beanspruchen.

    Ich fürchte aber, er wird sich querstellen, denn er müsste ja alle seine Sachen entfernen. Ich finde meine Ansprüche gerechtfertigt, weiß aber nicht, wie ich sie tatsächlich durchsetzen kann.

    Maddalena vielen Dank für deine lieben Worte. Das Aufarbeiten ist ein schwieriger Weg, sowohl für Alkoholabhängige als auch Co-Abhängige. Viele Mechanismen haben sich im Laufe der Zeit tief eingeschliffen und die Gefahr, in solche Gewohnheiten zurückzufallen ist hoch.

    Nein, ich bekomme noch keine Rente; ich bin auch nicht freiwillig zu Hause geblieben: ich habe 2009 meinen Arbeitsplatz nach über 20 Jahren Betriebszugehörigkeit verloren, da war ich bereits 49 Jahre. Im Laufe der Folgejahre habe ich erfolglos weit über 200 Bewerbungen geschrieben. Der Wechsel zur Familienversicherung war daher nicht freiwillig.

    Jetzt, mit 63 Jahren, sind meine Chancen noch viel schlechter und es reicht auch nicht aus, eine kurzfristige Anstellung zu ergattern, um wieder selbst KV-versichert zu sein. Je nach Krankenkasse sind die Hürden schon recht hoch.

    Aber du hast es ja selbst schon richtig gesagt: man muss sich von Tag zu Tag durch die Situation durcharbeiten und sich selbst motivieren. Ich hänge viel zu sehr an meinem Leben, um einfach aufzugeben.

    Für mich eine gute Hilfe ist das Lesen hier im Forum und auch das Schreiben, denn bisher habe ich die Alkoholproblematik im Freundes- und Familienkreis eher klein geredet.

    Heute also Gespräch mit einer Beraterin der Suchtberatung gehabt, eine sehr nette, junge Frau hat sich um mich gekümmert. Ich sollte erst einmal von mir und meiner Situation erzählen. Ich bin eigentlich mit dem festen Vorsatz in das Gespräch, alles möglichst emotionsfrei und wertneutral zu schildern. Aber schon nach wenige Minuten kamen dann doch die ersten Tränen und mir wurde klar, wie nah mir das alles doch geht.

    Klar, ich habe auch eine unheimliche Wut in mir: Wut auf meinem Mann, weil er in meine Augen in seiner Lethargie verharrt und sein "Leben" zu genießen und mich und meine Bedürfnisse zu ignorieren scheint.

    Wut auf mich, weil ich mich eigentlich lange Zeit selbst belogen und versucht habe, eine für beide Seiten gute Beziehung aufzubauen und dabei meine Bedürfnisse so lange hintenan gestellt habe.

    Das wurde mir klar, als ich gegen Ende des Gesprächs gefragt wurde, was ich eigentlich für mich tue (hab ja viel erzählt, was mein Mann alles so treibt) und was ich mit meiner Zeit so anfange (bin nicht mehr berufstätig und Sohnemann ist ja auch schon erwachsen, Enkel noch nicht in Sicht). Erst nach ein paar Minuten habe ich dann erzählt, dass ich einen eigenen Hund habe und mich im Tierschutz engagiere (Hunde in Pflege nehmen oder im Tierheim aushelfen). Aber sonst?

    Früher habe ich viel Sport getrieben (fühle mich jetzt zu alt dafür), habe mich für Fotografie interessiert und mehrere Jahre experimentiert (meine Kamera hab ich schon lange nicht mehr mitgenommen). Ich bin gern in Museen, zu Ausstellungen oder Konzerten gegangen (letztes Konzert EAV 2018 - allein) und habe viel gelesen, kann mich nicht erinnern, wann ich das letzte Mal ein Buch in der Hand hatte.

    Mittlerweile kann ich meine Freunde an einer Hand abzählen, habe mich immer weniger um Kontakt bemüht und mich um meine Freunde gekümmert. Ich fühle mich grad schrecklich, weil so viel auf der Strecke geblieben ist und ich es noch nicht einmal bemerkt habe.

    Insgesamt muss ich feststellen, dass vieles weggebrochen ist, weil ich so viel Energie in die Aufrechterhaltung bzw. Verbesserung unserer desolaten Beziehung gesteckt habe.

    Nun ja, so ist der status quo. Ich werde mich erst einmal damit auseinandersetzen, was ich mit meiner Zeit und ohne meinen Mann Sinnvolles anfangen möchte. Außerdem werde ich wie heute im Gespräch vorgeschlagen ein Seminar besuchen, wo sich Angehörige über die Thematik "Sucht und Co-Abhängigkeit" informieren können. Vielleicht kann ich da Kontakte knüpfen, da ich in meinem Umfeld keine Gesprächspartner habe, die mit der nötiger Distanz zu mir bzw. Alkohol mit mir über die Suchtproblematik sprechen können.

    Bin zwar ziemlich platt, aber irgendwie tat es gut, ein wenig Ballast abwerfen zu können.

    Meine Kinder mögen auch nicht darüber sprechen, sagen aber ich soll mich jetzt um mich kümmern.

    Fällt ja nicht nur den erwachsenen Kindern schwer darüber zu sprechen, zumal hier ja die doppelte Problematik Trennung und Alkoholmissbrauch zum Tragen kommt. Auch die Geschwister meines Mannes finden, ich übertreibe - wobei deren Trinkverhalten dem meines Mannes ziemlich ähnlich sind - und wechseln schnell das Thema. Von deren Seite brauche ich keine Unterstützung zu erwarten.

    Mein Blick auf Alkohol ist noch kritischer geworden: mir fällt immer öfter auf, dass Alkohol anscheinend immer und überall dazu gehört.

    Beispiel Krankenversicherung:

    Ich bin über meinen Mann in der gesetzlichen Krankenversicherung familienversichert. Bei Scheidung muss ich mich selbst versichern, wobei die Altersgrenze für die gesetzliche KV bei 55 Jahren liegt und ich somit eine Private Krankenversicherung abschließen muss.

    Beispiel Versorgungsausgleich:

    Hier werden die während der Ehe erworbenen Rentenpunkte gegeneinander ausgeglichen (Halbierung). Hätten die Renten für einen gemeinsamen Haushalt gut ausgereicht, so müssen von den über den Versorgungsausgleich angepassten (gekürzten!) Renten zwei Haushalte bezahlt werden. Bei den steigenden Mieten und Preisen rückt da die Altersarmut in greifbare Nähe.

    Wenn möglich also Scheidung vermeiden, ggf. Trennungsfolgevereinbarung (notariell beglaubigt) abschließen.

    Was sagen denn deine Mutter und Sohn zur Situation?

    Meine Mutter lebt nicht mehr und Sohnemann hält sich raus,

    Wieso lieber „nur“ Trennung und keine Scheidung laut Anwältin?

    Betrifft Hauseigentum (im Grundbuch steht nur mein Mann), Erbrecht, Witwenrente, Versorgungsausgleich usw.

    Hier hat sie ein Vierergespräch vorgeschlagen mit dem Ziel, eine geeignete Vereinbarung zu erzielen und schriftlich (notariell beglaubigt) zu fixieren.

    Insgesamt ist eine Scheidung im fortgeschrittenen Alter sehr, sehr ungünstig.

    Wieder eine Absage, der Vermieter möchte nur Mieter mit festem Einkommen. Kann ich noch nicht vorweisen.

    Termin am Donnerstag bei der Anwältin mit erstem Lichtblick: Trennungsunterhalt bzw. Vertrag mit Angabe der monatlichen Zahlungen kann ich in wenigen Wochen erhalten, dann kann ich potentiellen Vermietern zumindest ein ausreichendes Einkommen nachweisen. Allerdings sollte ich mir eine Scheidung gründlich überlegen und statt dessen vielleicht "nur" räumliche Trennung in Erwähnung ziehen. Wenn ich das alles nur schon vor Eheschließung geahnt hätte - ich hätte wohl da schon die Flucht ergriffen...

    Mein Mann redet seit meinem Anwaltstermin kein Wort mehr mit mir, starrt mich nur mit einem - zumindest interpretiere ich das so - bösem Blick an. Letzter Kommentar am Donnerstag Abend: ich habe mein Leben im Griff. Hast du dein Leben auch im Griff?

    Dienstag Termin bei einer Suchtberatung hier in der Nähe, aktuell sammle ich so viele Informationen wie möglich.

    Eine schlaflose Nacht, viele Gedanken und Emotionen.

    Mir ist bewusst geworden, dass nicht nur meine Zukunft auf dem Spiel steht. Ich bin grad echt ratlos.

    Die Situation: Wir haben ein schuldenfreies 2-Familienhaus plus Einliegerwohnung. Mein Bruder bewohnt die Einliegerwohnung, mein Sohn hat ebenfalls seinen (wenn auch kleinen) Wohnbereich. Das Haus soll(te) unser Sohn demnächst übernehmen.

    Für meine Zukunft benötige ich natürlich Geld, mein "Vermögen" steckt im Haus. Fordere ich das Geld, muss das Haus wohl verkauft werden. Damit entziehe ich meinem Sohn die Zukunft, meinem Bruder vermutlich auch.

    Alles irgendwie Mist....

    Es ist schon sehr, sehr heftig für mich. Besonders, weil wir schon lange zusammen sind. Mein Mann und ich kennen uns nun seit fast 50 Jahren, sind seit 41 Jahren ein Paar, davon 33 Jahre verheiratet. Wir sind beide 60+ und haben die Rente quasi schon in Reichweite, ich hatte mir meinen Lebensabend sicher nicht so vorgestellt.

    Natürlich könnte ich sagen: er schlägt mich nicht, er wird nicht ausfallend oder gemein, er geht regelmäßig arbeiten und ist dort zumindest zuverlässig - also warum die letzten 10 - 20 Jahre nicht noch aussitzen?

    Spiele nicht den Seelentröster.

    Seelentröster bin ich nicht, denn Trost sucht er nicht, mir ist der manipulative Versuch hinter seiner Message bewusst. Er lebte bisher recht gut in seiner Blase, aber es wird dort für ihn immer ungemütlicher, ich mache nichts mehr von dem, was ich bisher an Aufgaben übernommen habe. Obwohl wir noch unter einem Dach leben sind Begegnungen extrem selten, schriftlich wird bis auf ganz wenige Versuche seinerseits (s. heute) nur Verwaltungskram besprochen.

    Vielleicht ergibt sich morgen, dass ich eine neue Wohnung habe, bisher ca. 40 Absagen bekommen, da ich kein Einkommen vorweisen kann. Trennungsunterhalt werde ich am Donnerstag mit meiner Rechtsanwältin klären und hoffe, dass die erste Zahlung nicht zu lange auf sich warten lässt. Er hat einen gut bezahlten Job, war dort auch immer zuverlässig und hat nie alkoholbedingt gefehlt. Aber so muss es natürlich nicht bleiben, daher liegt mein Augenmerk aktuell auf meiner finanziellen Absicherung.

    Ich halte nichts davon, die Kommunikation komplett einzustellen, aber ich halte die Augen offen, mich nicht mehr in die Rolle der Fürsorgerin drängen zu lassen. Nicht einfach, aber mittlerweile habe ich hier sehr viele Threads gelesen und bin da schon viel sensibilisierter.

    Außerdem möchte ich ihm trotz allem unterstützen, sollte er tatsächlich einsichtig werden und sich in therapeutische Behandlung geben. Er hat weder in der Familie noch im Freundeskreis Unterstützung (alle mit ähnlichem Alkoholkonsum). Vielleicht nicht mehr als Ehefrau und Partner, aber als Freund.

    Bei genauer Betrachtung sind nur mein Bruder und ich alkoholabstinent - eine kleine Minderheit in der riesigen Mehrheit derer, für die Alkohol sozusagen zum "guten Ton" gehört....

    Vor gut einer Stunde kam von meinem Mann ein "es tut mir auch Leid, dass alles so gekommen ist" - per Whatsapp!

    Mein erster Impuls: Wut. Keine wirkliche Entschuldigung (Auge in Auge), keine Reflexion über den eigenen Beitrag zu dieser Situation. keine Auseinandersetzung mit der Thematik.

    Nachdem ich eine Stunde lang meinen Hund bespaßt und diesen lapidaren Satz ausgeblendet habe, schrieb ich ihm zurück:

    Zitat

    es gibt nur 2 Möglichkeiten: man will etwas ändern oder man will es nicht.

    leid tun bedeutet nur, dass man nichts ändern will.

    es sind deine Entscheidungen, dein Leben. mach was draus oder lass es.

    Vielleicht wird er heute mit mir sprechen wollen, wir wohnen noch im gemeinsamen Haus und laufen uns zwangsläufig über den Weg. Ich möchte standhaft bleiben und werde versuchen, die Mutter Theresa in mir nicht zu Wort kommen zu lassen.

    Lanananana Danke für die Impulse.

    Ich denke, ich bin schon dabei, vieles zu hinterfragen, auch meine eigenen Motive und Handlungsmuster. Vieles hat sich im Laufe der Jahrzehnte eingeschliffen und ist nicht "mal eben so" zu ändern. In gewisser Weise auch eine Form der Sucht, auch mit psychischen und physischen Folgen, wenn auch nicht so gravierende wie Suchtmittel.

    Hast du nicht Lust, einfach wieder frei zu leben? Ohne tagtäglich diesen Zerfall mit anzusehen?

    Ein Teil von mir bejaht es, der andere Teil appelliert an mein Verwantwortungsgefühl: kann ich einen Menschen einfach fallen lassen, wohl wissend, dass er untergehen kann?

    Am Donnerstag habe ich einen Termin bei einem Anwalt, der mich in Sachen Unterhalt, Scheidung usw. beraten wird.

    Heute auf meiner morgendlichen Runde mit meinem Hund fast den ganze Weg über geweint. Ich weiß nicht, wie ich die aktuelle Situation gestalten soll.

    Ja schlimmer geht immer, kenne ich von meinen Eltern. Mein Vater war jähzornig und gewalttätig, seine Hemmschwelle sank immer tiefer. Schläge, Prügel und Gewalt waren da an der Tagesordnung. So bin ich aufgewachsen und das hat vielleicht dazu beigetragen, die schleichende Alkoholsucht bei meinem Mann nicht sofort zu bemerken, denn für mich war Alkoholabhängigkeit lange Zeit immer mit Gewalt verbunden, die ich ja bei meinem Mann nie erlebt habe. Oder anders ausgedrückt: WEIL er nicht gewalttätig war, mich liebevoll und zuvorkommend behandelt hat, habe ich seinen stetig zunehmenden Alkoholkonsum verdrängt oder bagatellisiert.

    Ja es ist schwer, so viele unterschiedliche Gefühle vermischen sich: Liebe, Verantwortung, Schuld, Trauer, Wut, Zukunftsangst, Sehnsucht ...

    Ich muss viel Gewohntes aufgeben und mich Neuem stellen - weiß nur noch nicht wie...

    Du kannst nichts tun, so hart das ist.

    Der Kopf weiß das wohl, nicht aber das Herz. Wenn es mir leicht fallen würde, wäre ich nicht hier. Mein Vorschlag war wohl eher ein schwacher Versuch, eine vage Hoffnung.

    Es ist ja nicht so, dass er gewalttätig wäre oder zu Ausbrüchen neigt. Auch säuft er sich nicht ins Koma, geht seiner Arbeit nach und kümmert sich (noch) um Haus und Hof.

    Was mir halt sehr zu schaffen macht sind die Veränderungen in der Persönlichkeit: Er war früher (wir kennen uns seit fast 50 Jahren) war er ehrlich, zuverlässig und immer zur Stelle, wenn jemand Hilfe brauchte.

    Die letzten 15 oder 20 Jahre hat sich das immer mehr geändert, Lügen und Betrügen fiel ihm plötzlich ganz leicht. Und immer hat er es sich so gedreht, dass ich der Grund für seinen Rückzug und sein Trinken war: ich meckere zu viel, ich gehe nicht zu Feiern seiner Freunde mit (alle, auch die Frauen, trinken Alkohol bis zum Abwinken), ich wäre abweisend. Mit meinem Freunden kommt er nicht klar, denn da wird kaum Alkohol getrunken.

    Ich finde es erschreckend, wenn sich ein Mensch so derart verändert, obwohl ich das jahrzehntelang bei meinen Eltern beobachten konnte. Schrecklich, einfach nur schrecklich.

    Mein Mann war früher ein witziger, liebevoller und intelligenter Mensch, der gern Menschen um sich hatte. Mittlerweile hat er sich stark isoliert, hat keine Freunde mehr, nur noch Trinkkumpane. Zieht sich zurück, schaut TV und trinkt sein Bier.

    Früher haben wir viel unternommen, waren neugierig auf Gott und die Welt. Haben uns unterhalten, gelacht, Pläne geschmiedet. Das fehlt mir so sehr.

    Heute von seiner Seite der Vorschlag, seinen Alkoholkonsum zu reduzieren. Auf meine Nachfrage, ob mit oder ohne fachliche Unterstützung sagte er: ohne Unterstützung.

    Auf meinen Vorschlag, eine Woche lang komplett auf Alkohol zu verzichten kam die prompte Antwort: mache ich nicht.

    Es tut weh, so viele gemeinsame Jahre, so viele Gefühle und es scheint vorbei zu sein...